meine unglaubliche geschichte

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paulsn
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hallo zusammen!

vergangenen sonntag hatte ich einen kleinen job in einer musikschule in meiner nähe. was mir da passiert ist, ist so absurd dass ich es einfach mal niederschreiben muss :D

also das ganze fing mit einem anruf eines bis dato mir unbekannten verleihers an, der mich für besagtes datum buchen wollte, da er selber keine zeit hatte und auch alle anderen techniker nicht verfügbar waren. angeblich handelte es sich dabei um "eine total lockere sache". workshop in einer musikschule, einfach ein paar mikrofone anstöpseln und dann breitschaftsdienst in einer ecke, falls was schief gehn sollte. anlage sei schon von einem anderen verleiher gestellt worden und ist schon aufgebaut. klingt ja wirklich nach ner gemütlichen sache, da muss man ja zusagen.

hab mich dann sonntag morgen aus dem bett gequält um rechtzeitig um 9:00 vor ort zu sein. dort erwartete mich schon eine dame aus new york, die sowas wie die organisatorin zu sein schien. da ich bis zu diesem zeitpunkt noch nicht genau wusste, was jetzt eigentlich zu tun sei, fragte ich nach, wo ich als erstes gebraucht werden würde. dann schon der erste kleine dämpfer: das equipment der dozenten (dazu später noch mehr) sollte in ein anderes gebäude gebracht werden, da man sich kurzfristig dazu entschlossen hatte den workshop dort abzuhalten.... 9:00 morgens, schon gut 25 grad warm, equipment schleppen :-( davon war nicht die rede. gott sei dank stellte die dame mir liebenswerter weise ihren neffen als helfer zur verfügung. also drumset, cases, und so weiter in den bus einladen, 500 meter weiter ins nebengebäude rein tragen. 2. stock ohne lift.... ich war schon leicht angefressen, aber dennoch guter dinge in freudiger erwartung auf einen entspannten restlichen tag.
aber damit war noch nicht genug. danach wurde ich gefragt ob ich mir vielleicht noch kurz die konzertlocation anschauen will. WTF?!? konzert?!?! location?!?! ich bin hier für einen workshop gebucht, nicht für ein konzert. was kommt denn da noch alles zum vorschein?? die nette dame erklärte mir, dass die dozenten (welche ich wohlgemerkt noch nicht zu gesicht bekommen habe... waren schon fast mystische gestalten für mich) am abend gegen 19:00 ein kleines konzert in einem gastgarten etwas ausserhalb geben würden mit 250 geladenen gästen. na wunderbar. ich erklärte ruhig und gelassen, dass ich eigentlich nur bis 19:00 gebucht wurde und von einem konzert nicht die rede war. anscheinend gab es in der informationskette ein klitzekleines nadelöhr.

naja, ich hatte sowieso nix besseres vor, und lies mich vom delux catering im haubenrestaurant locken. für nen wirklich lächerlichen aufpreis, bleibe ich noch bis zum schluss. kann die leute ja doch nicht so hängen lassen.
die location war wie gesagt ein kleiner gastgarten. die anlage würde noch aufgebaut werden (hoffentlich nicht von mir): 2 schwindlige noname fullrange boxen mit nem verstaubten behringer powermixer... dafür brauch man nen techniker? ... naja wie se meinen...

im auto zurück zum workshop erfuhr ich, dass das equipment der musiker ja auch noch zum gastgarten gebracht werden sollte. wenn es mir nichts ausmacht wärs klasse wenn ich das mit hilfe meines allseits hilfbereiten und ebenso inkompetenten helfer bewerkstelligen könnte. F*CK DICH.... "jaja, is kein problem. bin ja schließlich der einzige mit nem großen auto." wieder in der musikschule angekommen betrat ich den raum, in dem in 2 stunden der jazzworkshop stattfindne sollte. dort sah ich nun endlich auch die mysteriösen dozenten.
einige gesichter kamen mir komischerweise bekannt vor, was sich klärte, als ich vorgestellt wurde: marco minnemann (drummer für u.a. nena), mike kenally (gitarrist bei frank zappa, steve vai, sting, uvm), adam holzman (keys von u.a. miles davis) und bryan beller (bass für steve vai und frank zappa)....
...
äähm...
...
ich musste mich zwangsläufig vor die frage stellen "was zur hölle soll das ganze und wie pass ICH da rein?!?!?! ein junger hüpfer der grade mal seit nem knappen jahr im geschäft ist" wo waren die heerscharen von roadies und technikern?! wo waren die manager? ... die musiker hatten aber vor allem eine frage: wo war die backline?
stimmt... keine gitarren und bassamps... hm... als ich aus meiner geistigen umnachtung erwachte, wurde ich gleich mit dem nächsten schock konfrontiert: der verleiher, der auch die schwindlige anlage im gastgarten gestellt hatte, sollte wohl auch die backline bringen. hatta aber nicht. telefon war ausgeschalten. in 2 stunden sollte der workshop losgehen. was soll denn der sch****?! die veranstalterin blickte mich erwartungsvoll an: "couldn't you work something out?" wie jetzt? ich soll jetzt innerhalb von 2 stunden gitarren und bassamps auftreiben, die solch hohen ansprüchen gerecht werden?

eigentlich hätte an diesempunkt meine sachen packen sollen und einfach gehn. aber die aussicht darauf, oben stehende namen in meine referenzliste eintragen zu können war zu verlockend. also telefon gezückt und in rekordzeit 2 halbwegs akzeptable amps organisiert und rechtzeitig zum beginn der workshops abgeliefert. ich kam beim setup mit den musikern ins gespräch, die sich von den veranstaltern wohl genauso verarscht fühlten wie ich. es stellte sich heraus, dass es zu teuer gewesen wäre, ihre persönlichen roadies und stagetechs mit einzufliegen, stattdessen wurde vereinbart, dass die musikschule hiesiges personal stellen würde. das war dann wohl ich, und der depp von neffe, dem ich erstmal erklären musste wie man die kniffligen verschlüsse an einem case öffnet. naja die jungs nahmens relativ locker und ich konnte ihnen klar machen, dass ich an nix schuld war und eindeutig mehr opfer als verbrecher war. somit hatte ich schon mal mächtige verbündete, was mich zuversichtlich stimmte.
während die junge den workshop abhielten, machte ich mich wieder auf den weg zum gastgarten um mit meinem liebenswerten helfer aus den new yorker ghettos alles für das konzert am abend vorzubereiten. die anlage klanr einfach nach müll und es gab aus keine möglichkeit da irgendwas dran zu ändern. 2x 400 watt für 250-300 leute open air... ja... was solls. augen zu und durch. gegen 17:00 kamen die musiker vom workshop und halfen freundlicherweise selbst tatkräftig beim aufbauen. die stimmung wurde wieder besser, und man verbündete sich miteinander in anbetracht des gemeinsamen feindes, namens veranstalter... kurzer linecheck, alles okay (klang nach arsch, aber hilft ja nix). bevor die jungs loslegten spielten noch eine musikkapelle und ein kleines jazz ensemble, bestehend aus schülern der musikschule. ich versuchte irgendwie ein halbwegs akzeptablen sound aus den boxen zu bekommen, bevor die großen stars die "bühne" (ein zeltdach auf der wiese) betraten.... und dann plötzlich der supergau... stromausfall. alles dunkel, alles still. schaute hilfesuchend richtung bar, hinter der sich der sicherungskasten verbarg.
wenn ich noch kraft zum schreien gehabt hätte, wäre jetzt die hölle losgebrochen. der gastwirt, der mir den strom zur verfügung gestellt hatte ("jaja ich kenn mich schon aus, das machen wir 2 mal jährlich") hatte mich an den selben stromkreis, wie die küche dran gehängt. ich mir entwich nur ein resignierendes grinsen und eine kleine träne. wenn der koch seine fritöse anschmiss, flog die sicherung. okay, ultimatuum an den ganzen sauhaufen von veranstaltung: entweder die pommes werden für den restlichen abend von der karte gestrichen, oder die veranstaltung wird mit sofortiger wirkung abgebrochen. ich mein, was soll das??? sowas kann man doch nicht machen? hat hier irgendjemand auch nur den leisesten hauch einer ahnung von dem, was er macht???

kleinlaut drückte der koch die hauptsicherung wieder rein... ich informierte meine lieb gewonnenen freunde von der band darüber, dass ich ab sofort nur mehr aus liebe zu ihnen hier bin und keinerlei verantwortung für nicht übernehmen werde, in der hoffnung dass sie den veranstaltern die hölle heiß machen würden.
ich fand, es war an der zeit meinen auftraggeber (den unbekannten verleiher) zu kontaktieren. ich rief an und berichtete von meinem kummer. er war wohl genauso erstaun wie ich und bedanke sich für meine vermeindliche nervenstärke. er würde versuchen raus zu finden, wer für das ganze verantwortlich sei, und dann dementsprechende konsequenzen daraus ziehen..

naja, was solls. schlimmer kanns nicht werden. daumen halten, dass der strom hält, kein feuer ausbricht, niemand umkommt. in mir machten sich selbstzweifel breit, ob es in so einer situation nicht fahrlässig sei, die veranstaltung am laufen zu halten... und vor allem in wie weit es meine verantwortung und kompetenz sei, abzubrechen. naja jetzt wars ohnehin zu spät. die jungs machten sich schon bereit zu spielen. ein herr namen lew soloff (googlen, wer ihn nicht kennt) gesellte sich auch noch mit seiner trompete hinzu, und es ging los.

naja was soll ich sagen. es ging alles glatt, soweit man das in diesem chaos noch so nennen kann. will sagen: niemand ist tot umgefallen. die gäste waren besoffen genug um nicht über den sound zu meckern, und ich hatte telefonnummern von leuten im handy gespeichert, um die mich noch viele beneiden werden ;)

die ganze geschichte ist so verrückt, dass ich selbst noch nicht wirklich realisiert habe, was da eigentlich abgegangen ist. naja, wollt's einfach mal los werden. vielleicht gibts machne unter euch die schon ähnlichen dreck fressen mussten und beim lesen einige male schmunzeln mussten :)

in diesem sinne: prost.... was man in dem job nicht alles erlebt.
 
Eigenschaft
 
Hast Du wenigstens Geld dafür bekommen?
 
Hast Du wenigstens Geld dafür bekommen?

haha, ähm ja schon... um nich als volldepp abgestempelt zu werden, nenne ich aber keine zahlen ;) sagen wir mal so: für den job, von dem ich ausgegangen bin (also 5 mikrofone anstecken und dann in der ecke hocken und zeitung lesen) wärs ne gute entlohung gewesen.
 
nette Geschichte... :D

hat dich wenigsten die Qualität der Dozenten bzw. deren Spiel entlohnen können?
Mit wirklichen Profis zusammenzuarbeiten muss aber auch Spaß machen...

Kopf hoch & Schwamm drüber, was uns nicht tötet...

Grüße Cello und Bass
 
schön ist die geschichte nich, aber leider heutzutage zunehmend :-(((

wie du schon geschrieben hast: die "größen" haben genau wie du die sachlage erkannt und das beste draus gemacht.
also zusammenfassend: "lehrgeld" bezahlt, probleme gelöst, nicht untergegangen und schlecht bezahlt worden, halt ein job aus der abteilung "nicht schön und hoffentlich nie wieder, aber viel gelernt" ;-)
hab in der richtung 3 mal "lehrgeld bezahlt", allerding nich ganz so "heftig" wie du.

kopf hoch und mach weiter! grüße, humi
 
Hi Paulsn,

so ähnliche Storys habe ich in meinem Musikerleben auch schon erlebt ... allerdings über 30Jahre verteilt ...

Ich bewundere dich, dass du durchgehalten hast, ich hätte i-wann das Handtuch geschmissen ...

Greetz :)
 
ich hab gekocht und gelacht und gebrüllt - danke für die geschichte ...

Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll - aber ich hätte mindestens drei Zeitfenster gesehen, wo es für mich gehießen hätte: auftraggeber - meine gage beträgt das fünffache oder das ganze findet nicht statt. Ende der Durchsage.

Ich weiß nicht, inwieweit das realistisch ist, aber alles in allem kommt der Veranstalter, der alles deligiert, für nichts Verantwortung übernimmt, aber nachher alles in seine Referenz abbuchen und die Unstimmigkeiten auf "angemietete Subunternehmer" abwälzen kann, eindeutig zu gut weg in dieser ganzen Geschichte ...

Ansonsten: Ich finde klasse, was Du gemacht hast vor Ort und wie Du da warst - und Du hast auf sicher eine Geschichte, die in Deine Annalen eingehen wird.

x-Riff
 

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