Natürliches Moll trotz Dominante in Dur?

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Ich habe eine Melodie im natürlichen Moll.
Aber bei der Begleitung verwende ich eine Dominante in Dur.

Wenn ich mich nicht irre, ist das Lied "Where did you sleep tonight" von Amy Mc. Donald ein Lied im natürlichen Moll, dass man wahlweise natürlich (Dominante in Moll) oder harmonisch (Dominante in Dur) begleiten kann.

Was mit der Tonleiter und den Akkorden passiert, muss mir keiner nochmal erklären. Das bringe ich selbst anderen bei.

Was mich ein wenig irritiert ist der Unterschied zwischen Melodie und Begleitung.
Gibt es eine besondere Beziehung dafür, wenn die Melodie eine andere harmonische Strukrur hat, als die Begleitung? (Weiß nicht, wie ich es besser ausdrücken soll).

Gibt es einen Terminus Technikus (Fachwort) für Musikstücke, deren Melodie im natürlichen Moll und die Begleitung im harmonischen Moll steht?

Es gibt noch andere Eigentümlichkeiten, die in ähnliche Richtung gehen. Beispielsweise eine Melodie wie "Amazing Grace" als Pentatonik aber eine Begleitung in einer Durtonleiter.

Es geht mir darum, wie man diesen Unterschied im Anfängerunterricht vermittelt.
Soll ich entsprechenden Fachbegriffe suchen oder einfach die Unstimmigkeit beschreiben?
 
Eigenschaft
 
Irgendwie habe ich das Gefühl, du denkst zu kompliziert und auch zu kategorisch.

Die Anzahl der verschiedenen Töne, die eine Melodie benutzt sagt per se noch nicht allzu viel über deren Harmonisierung aus. So hat "Amazing Grace" zwar nur 5 verschiedene Töne, ist aber deswegen nicht sofort eine pentatonische Melodie. Im Gegenteil weist ihr Anfang mit Quarte aufwärts und Dur-Akkord-Melodie unmittelbar darauf hin, dass sie eine Dur-Melodie ist und am adäquatesten mit einer auf der zur Tonart gehörenden Dur-Kadenz-orientierten Harmonik begleitet werden möchte.

Es gibt jede Menge Melodien, die nicht den ganzen Tonvorrat ihrer Skala ausschöpfen, bekanntlich kann man mit nur drei Tönen schon attraktive Melodien bilden. Typischerweise nutzen viele Melodien die 7. Stufe ihrer Skala nicht (z.B. "Fuchs, du hast die Gans gestohlen" - habe gerade ein Anfänger-Spielbuch hier vor mir liegen).
Wenn eine Melodie in natürlich-Moll die 7. Stufe ihrer Skala nicht benutzt, dann bis du sowieso frei, die Dur-Dominante zur Harmonisierung zu verwenden. Wenig passend wäre es nur, wenn jemand auf die Idee kommt, die 7. Stufe/kleine Septe als Melodieton mit der Dur-Dominante zu unterlegen, die die große Septe der (dann harmonischen) Skala dazu erklingen lässt.

Wie jeweils die adäquateste und klanglich passendste Harmonisierung ist, hängt vom Klangcharakter der Melodie ab und nicht sozusagen rein schematisch von der Anzahl der aus der Skala verwendeten Töne, wobei diese natürlich einen Hinweis geben (logischerweise liegt es nahe, die Dur-Dominante zu verwenden, wenn in einer Moll-Melodie die große Septe der Skala als Melodieton auftaucht). Es gilt, den harmonischen Spannungsverlauf der Melodie zu erspüren.
Dem widerspricht nicht, auch mal eine Melodie harmonisch ´gegen den Strich´ zu bürsten und sie dabei ganz bewusst ganz anders zu harmonisieren, als es zunächst nahe liegt und sich quasi als "Standard" aus der Melodie ergibt. Das kann auch zu sehr spannenden und schönen Ergebnissen führen.
 
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Vor allem muß man sich von der Vorstellung verabschieden, daß ein Stück z.B. in natürlich Moll oder in harmonisch Moll "Steht". Die verschiedenen Molltonleiter können durchaus alle in ein und demselben Stück auftauchen. Bei Bach passiert das mitunter innerhalb von nur zwei Takten:

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Daran sieht man, daß sich Dur-Dominante und natürliche Molltonleiter nicht beißen müssen.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Gibt es einen Terminus Technikus (Fachwort) für Musikstücke, deren Melodie im natürlichen Moll und die Begleitung im harmonischen Moll steht?

Ja: MOLL!

Bis zur Mitte des 19. Jh. haben einige Theoretiker Moll ganz pragmatisch als "Dur mit kleiner Terz" behandelt (Ausgangsskala war also die "melodische Mollskala aufwärts" : a h c d e f# g# a!)
Die angeblich unterschiedlichen Mollskalen sind Folge des musiktheoretischen "Systematisierungszwangs" im ausgehenden 19. Jahrhundert und im Prinzip überflüssiger Ballast.

Insbesonders die "harmonische Skala" wird zum praxisfernen Konstrukt, wenn man ihr Konstruktionsprinzip nicht kennt. Es handelt sich hier nicht um eine diatonische Skala mit einem "irregulären" 2. Tetrachord (Halbton-überm. Sekunde-Halbton), sondern um die skalare Darstellung einer harmonischen Beziehung, wobei die drei Hauptfunktionen t, s, D (die Dominante muss ein Durklang sein, um durch den Leitton zum Grundton "dominantisch" funktionieren zu können!) als Terzkette dargestellt werden, was dann durch Komprimierung auf den Oktavraum lediglich "wie eine Tonleiter aussieht":
d f a + a c e + E G# H = d f a c E G# H = a H c d E f G# a. (fett=t, kursiv: s, groß: D).

Man sollte Moll besser als variablenTonvorrat begreifen, für den es ein paar elementare Regeln gibt, wobei der 1. Tetrachord durch die kleine Terz das Tongeschlecht definiert (a h c d), und der 2. Tetrachord variabel ist (e f g a / e f# g a / e f# g# a) und einigen elementaren Regeln folgt:

* In melodischer Aufwärtsführung wird der 2. Tetrachord "verdurt" (e f# g# a), im harmonischen Einflussbereich der Dominante gilt dies auch für die melodische Abwärtsführung.
* In allen anderen harmonischen Situationen wird bei melodischer Abwärtsführung der 2. Tetrachord in seiner "phrygischen Variante" (e-f-g-a) verwendet, im Bereich der Subdominante auch aufwärts.
* Der übermäßige Schritt f-gis (der durch den verminderten Septakkord g#-h-d-f oder die unmittelbare Abfolge von s und D entstehen könnte), wird erst in der Spätromantik als "Exotismus" (Zigeunerskalen, Pseudo-Orientalismus) hoffähig, davor war er verboten und wurde durch die Melodieformeln f-e und g#-a umgangen - die "harmonische Mollskala" müsste also eigentlich als a h c d + f e g# a notiert werden!

Diese Regeln waren jedem Komponisten bekannt, und bedurften daher keiner zusätzlichen Tonleitern! Siehe dazu das entsprechende Kapitel in der historisch informierten Harmonielehre von Diether de la Motte.

NB: Im in Südspanien häufigen Phrygischen (modo de MI) sind Melodieformeln wie e-f-g-f über einem E-Dur-Akkord durchaus keine Seltenheit, zumal der Konflikt zwischen dem g der Stimme und dem gis der Akkordbegleitung durch die unterschiedlichen Klangfarben gemildert wird.

Wenn ich mich nicht irre, ist das Lied "Where did you sleep tonight" von Amy Mc. Donald ein Lied im natürlichen Moll, dass man wahlweise natürlich (Dominante in Moll) oder harmonisch (Dominante in Dur) begleiten kann.
Gemeint ist der Song "This is the Life", und wenn er in Moll wäre, bliebe bei der Dominante keine Wahl, weil diese in Moll immer ein Durakkord sein muss (sonst ist es kein "Moll").
Aber der Song ist modal (Aeolisch) gedacht, was im Original durch die Molldominante verdeutlicht wird.
 
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Ich habe das mit dem natürlichen Moll immer anders verstanden.

Und einige Stücke in Moll sind mangels fehlender Dominante in Moll also nicht Moll, sondern äolisch.

Habe ich noch nie irgendwo so gehört oder gelesen. Das werde ich weiter verfolgen.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Was es alles für Kuriositäten in der Musik gibt, dessen bin ich mir bewusst. Ich stelle mich nicht dagegen und ich sträube mich auch nicht dagegen.

Nur weiß ich, dass einige Auffälligkeiten dokumentiert sind, und mit Fachbegriffen belegt werden. Ist es so verwunderlich, dass ich nachfrage, ob es solches gibt?
 
Nur weiß ich, dass einige Auffälligkeiten dokumentiert sind, und mit Fachbegriffen belegt werden. Ist es so verwunderlich, dass ich nachfrage, ob es solches gibt?
Selbstverständlich nicht! Wie heißt es so schön: "Es gibt keine blöden Fragen".
 
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Ich habe das mit dem natürlichen Moll immer anders verstanden.

Nämlich wie?

Und einige Stücke in Moll sind mangels fehlender Dominante in Moll also nicht Moll, sondern äolisch.

Das ist zu pauschal und bedarf der weiteren Differenzierung, weil in Kompositionen in den Kirchentonarten (nicht mit CS-modes zu verwechseln!) in der Praxis so häufig die VII. Stufe vor der Finalis leittönig hochalteriert wurde (d-Dorisch cis-d, harmonisiert als A-Dm, a-Aeolisch gis->a, harmonisiert als E-Am, G-Mixolydisch fis-g, harmonisiert als D-G), dass eine Unterscheidung zur Dur-Moll-Tonalität spätestens seit dem 16. Jahrhundert nicht mehr am Vorhandensein einer Dur-Dominante festgemacht werden kann. Dazu kommt noch die häufige Tiefalterierung des B durum (H) zum B molle (in F-Lydisch bV, in d-Dorisch bVI), was letztlich ja auch zur Überführung der Modi in die Dur-Moll-Tonalität beigetragen hat. Natürlich gibt es Kriterien, um z.B. a-Aeolisch mit E-Dur-Dominante von a-Moll zu unterscheiden, dazu bedarf es dann aber im Detail meist einer historisch informierten Analystechnik - ansonsten steht man nämlich ziemlich verwundert auf dem Schlauch, wenn z.B. eine Komposition in e-Phrygisch in einer plagalen IV-I-Kadenz mit den Akkorden d-Moll und A-Dur endet, und das auch noch als absolut regelkonform betrachtet wurde (kleine Denkaufgabe: was könnte an dieser Akkordfolge "e-Phrygisch" sein?).

Wir müssen im Prinzip nicht nur zwischen modal und tonal differenzieren, sondern auch zwischen historischer Modalität (Kirchentonarten) und volkstümlicher bzw. "moderner" ("neo-modaler") Modalpraxis (die ebenfalls nichts mit CS-modes zu tun hat).

Merkmal der "volkstümlichen" Modalität ist eine gewisse Unbekümmertheit in Fragen der harmonischen Begleitung, da hier ohne Rücksicht auf satztechnische Ge- und Verbote der akademischen Harmonielehren oftmals rein haptisch, d.h. grifftechnisch gedacht wird. Ein typisches Beispiel ist die "phrygische Dominante" des südspanischen modo de MI (grundsätzlich mit "verdurter" Tonika, d.h. E-Dur!), bei der der abwärtsführende Leitton f-e durch Gegenbewegung im Bass (d-e) als Dm5/6 -> E schulmäßig zu harmonisieren wäre. Die übliche und als stilistisch korrekt angesehene Lösung ist aber weniger raffiniert und rein grifftechnisch gedacht: F - E, d.h. schlichte Parallelführung aller Töne durch Verschieben eines Akkordgriffes!
Die "moderne" Modalität (z.B. in der Popmusik) ist nochmals etwas anders gestrickt, weil man hier - meist in Ermangelung von Kenntnissen über die historische Harmonisationspraxis der Modi - das Tonleitermaterial der alten Tonarten "wörtlich" nimmt und im Sinne der Stufentheorie behandelt (im Gegensatz dazu entspricht z.B. die oben genannte F-E-Kadenz als Dominant-Tonika-Folge einem funktionalen Akkorddenken). Nach dieser etwas naiven Auffassung ist dann die "Dominante" in Dorisch und Aeolisch "naturgegeben" ein Mollklang (Am bzw. Em), die man auch gegebenenfalls durch ihre Dur-Parallelen (C bzw. G) ersetzen kann, was dann zur absichtsvoll primitiven "Pendelharmonik" der Marke "Lady in Black" (Am-G) oder "What shall we do with the drunken sailor" (Dm-C) führt.

Dein Beispiel "This is the Life" ist ein Grenzfall, weil melodisch und formal nichts gegen deinen Vorschlag spricht, hier im Sinne der Moll-Tonalität eine Dur-Dominante zu spielen (nach a-Moll transponiert: Am-F-C-E7, harmonisch handelt es sich hier um eine simple, halbschlüssige I-IV-I-V-Kadenz, wobei IV (Dm) durch die Parallele F ersetzt wird, und C Paralle von Am ist, funktional also t-sP-tP-D). Erst die Entscheidung für die Molldominante erzeugt hier den "neo-modalen" Anklang, allerdings auf einer so untergeordneten Ebene, dass ich Zweifel habe, ob hier wirklich ein "Aeolisch" vorschwebte, oder ob die Molldominante nicht einfach nur ein rein intuitiv gewählter Klang der Kategorie "ist mal was anderes" ist.
 
Nämlich wie?
Natürliches Moll entspricht dem äolischen. Gleiches Tonmaterial der parallelen Durtonart, aber das Tonale Zentrum auf der 6. Stufe der Durtonleiter unter Meidung von Ton- und Akkordfolgen, die eine Schlusswirkung auf die Dur-Tonika auslösen könnte. (Ausnahme: Modulation bzw. Ausweichung)

Harmonisches Moll = nat. Moll mit hochalterierten Septime

Melodisches Moll = harm. Moll mit hochalterierten Sexte.

Wobei eine unterschiedliche Melodieführung bei aufwärts und abwärts gerichteter Tonfolge zu beachten ist.

Soweit müsste es verkürzt dargestellt stimmen.

Den sehr freien Umgang mit den Modis habe ich in der iro-schottischen und bretonischen folkloristischen Musik entdeckt. Da werden Modis gewechselt, Modulationen, Ausweichungen, Dominant-Wendungen und was es sonst noch so gibt, verwendet. Wobei eine nicht unerhebliche Anzahl von groben Fehlern mit eingerechnet werden muss, da sehr viele Tunes von Laien erstellt wurden.

Das ermangeln der historischen Kompositionstechniken ist natürlich bedauerlich. Ich selbst kann mich davon nicht frei sprechen, obwohl ich als Diletant recht viele alte modale Stücke kenne. (Viele aus der Kirche.)

Das Problem ist, dass Hobbymusiker in der Regel nicht an historischer Aufführungspraxis interessiert sind.

Dennoch möchte man denen eine solide Harmonielehre vermitteln, für die sie nicht von Profis ausgelacht oder verspottet werden.

Was die Dominante angeht, so finde ich den Gebrauch des Begriffes im modalen Bezug recht verwirrend, so dass ich persönlich den Begriff lieber meide, sofern es nicht die Quinte (Akkord) ist, und diese nicht verdurt wurde. Aber das ist ein anderes Thema.

Ich käme nie auf die Idee bei dorischen Lieder die (vereinfacht ausgedrückt) ursprüngliche Tonika der zugrundeliegenden Durtonika (ionische System) als Dominante zu bezeichnen.

Man wirft da m.E. den Repercissa bzw. Tenor mit der Dominante unzulässigerweise in einen Topf. Das ist aber wieder ein anderes Thema.

Will sagen, das hat alles nichts mit der ursprünglichen Frage zu tun.

Es geht mir um die naive und primitive Betrachtung der Harmonielehre eben für die Hobbymusiker und die Musiker, die sich ehr im Bereich Rock, Pop und Jazz bewegen. Also die Mehrzahl der heutigen Musiker.
 
Natürliches Moll entspricht dem äolischen. Gleiches Tonmaterial der parallelen Durtonart, aber das Tonale Zentrum auf der 6. Stufe der Durtonleiter

Damit tappst du in die Falle, eine bewußt simplifizierende Eselsbrücke ("parallele Tonarten haben das gleiche Tonmaterial") mit der doch etwas weniger simplen musikalischen Praxis zu verwechseln. Das "tonale Zentrum" von Dur, Moll oder irgendeinem Modus ist der Grundton, der bei Tonleiterdarstellungen im Oktavraum gewohnheitsmäßig den Ausgangs- und Endpunkt bildet. Eine Mollskala beginnt oder endet daher nicht auf der 6. Stufe einer anderen Skala, sondern ist als selbständiges System mit "eigener I. Stufe" zu begreifen. Das beliebte, aber zweifelhafte Verfahren, tonale und modale Erscheinungen anderer Zeiten und anderer Kulturen immer irgendwie auf C-Dur zurückführen zu wollen, ist ebenso engstirnig, wie für das tiefere Verständnis kontraproduktiv und selbst unter fadenscheinigen methodischen Aspekten ("Leute abholen, wo sie stehen") kaum zu rechtfertigen.

Wobei eine nicht unerhebliche Anzahl von groben Fehlern mit eingerechnet werden muss, da sehr viele Tunes von Laien erstellt wurden.
Auch das spricht für ein nicht wirklich tiefer gehendes stilistisches Verständnis, weil nicht berücksichtigt wird, dass "musikalische Laien" im volksbräuchlichen Musizieren durchaus wissen, was sie tun und innerhalb ihres kulturellen Umfelds oftmals mehr wissen und können, als manch notenfester Profi, der beim Zusammenspiel mit traditionellen Musikanten schon Probleme hat, im Takt zu bleiben. Wenn ein solcher "Laie" innerhalb seiner Kulturgemeinschaft einen "groben Fehler" macht, wird er in der Regel sehr schnell und oftmals sehr unfreundlich darauf aufmerksam gemacht. Traditionelle, oftmals spontan entstehende Musik kann nicht mit den Vorgaben elaborierter Kunstmusik beurteilt werden - das wäre ein grober Fehler.

Das Problem ist, dass Hobbymusiker in der Regel nicht an historischer Aufführungspraxis interessiert sind.

Was auch für viele klassische Berufsmusiker zutrifft - aber um die aufführungspraktische Komponente geht es beim Verstehen von weniger geläufigen oder nur noch historisch bedeutsamenTonsystemen ohnehin nicht, zumindest nicht in erster Linie.

Dennoch möchte man denen eine solide Harmonielehre vermitteln, für die sie nicht von Profis ausgelacht oder verspottet werden.
Kein menschlich einigermaßen integrer Profi würde einen Hobbymusiker wegen seiner mangelnden Harmonielehrekenntnisse auslachen. Wenn sich Laien zum Gespött machen, liegt das meist daran, dass sie ihr Halbwissen als Weisheit letzter Schluss verkaufen wollen, schlimmstenfalls in Form von schlaumeiernden Ratgebern und lächerlichen Elaboraten der Marke "Harmonielehre von Deppen für Deppen" - der Markt ist voll von diesen Machwerken, was dann aber schon nicht mehr lustig, sondern höchst ärgerlich ist. Wobei im Zeitalter des ungehemmten Dilettantismus die Abteilung "Machwerk" allerdings auch von etlichen "Profis" mit nie endendem Nachschub versorgt wird ...

Es geht mir um die naive und primitive Betrachtung der Harmonielehre eben für die Hobbymusiker und die Musiker, die sich ehr im Bereich Rock, Pop und Jazz bewegen.
Eine "naive" Herangehensweise kann durchaus zu tieferen Einsichten verhelfen. Auch "primitiv" ist noch akzeptabel, wenn man darunter eine vertretbare Reduktion auf elementarste Grundlagen versteht. Problematisch wird es jedoch, wenn man unter einer "naiven und primitiven Betrachtung " eine der Sache nicht mehr angemessene Simplifizierung versteht, die einerseits durch die eigenen Wissensdefizite bedingt ist, und andererseits auf der meist irrigen Annahme beruht, Hobbymusiker und Musiker bestimmter Genres seien entweder grenzdebil, nicht an differenzierteren Einseiten interessiert, oder beides.
Methodische Lücken sind bei einem komplexen Wissensgebiet unvermeidbar und daher ebenso legitim, wie methodisch vertretbare Vereinfachungen. Bei vielen auf "populär" getrimmten Publikationen, seien es Bücher, Webseiten oder Video-Tutorials, kann ich mich allerdings nicht des Eindrucks erwehren, dass Lücken und Vereinfachungen auf falschen Voraussetzungen der Autoren beruhen, die schlichtweg keine Ahnung von der Materie haben und dabei nicht einmal merken, dass sie Unsinn verbreiten.
 
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Dem möchte ich nichts weiter hinzufügen.

Es gibt zwar angeblich keine dumme Fragen, aber augenscheinlich zu kluge Antworten.
Kluge Frage darauf fallen mir keine mehr ein, und mit jeder Antwort mache ich mich hier lächerlich.

(Lieber schweigend den Eindruck von Inkompetenz verbreiten, als durch Reden den letzten Zweifel davon zu beseitigen.)
 
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Vor allem muß man sich von der Vorstellung verabschieden, daß ein Stück z.B. in natürlich Moll oder in harmonisch Moll "Steht". Die verschiedenen Molltonleiter können durchaus alle in ein und demselben Stück auftauchen.
Richtig. Nach meiner Erfahrung ist das eher die Regel als die Ausnahme.

Näher beschäftigt habe ich mich mit "Sultans of Swing" von Dire Straits. Das Stück steht in D-moll. Die griffige Akkordfolge (Andalusische Kadenz) am Anfang der Strophe ist Dm - C - Bb - A, weiter geht es dann mit F - C - Bb - Dm. Und auch Dm7 kommt im Refrain vor.

Offensichtlich stammen C, F und Dm7 nicht aus der harmonischen Mollskala, weil sie ein C und kein C# enthalten. (In der harmonischen Mollskala wären das C#dim, Faug und DmMaj7.) Erst wenn der dominantische Teil mit A kommt, wird von C auf C# gewechselt. Das ist nicht nur bei den Akkorden so, sondern der Wechsel zwischen C und C# kommt auch sehr auffällig bei der Begleitung vor.

Ich soliere dann im dominanten Teil über A-phrygisch-dominant (5. Stufe der harmonischen Molltonleiter) A - Bb - C# - D - E - F - G - A. Knopfler hingegen schiebt ab und zu mal ein B statt Bb ein, ein Ton aus der (echten) A-Dur-Skala. Im restlichen Teil halte ich mich beim Solieren an D-moll bzw. dessen Stufen.

Nachdem mir das beim selbst Spielen klar geworden ist, habe ich andere Lieder gezielter beobachtet. Wie gesagt - dieser Wechsel zwischen natürlich und harmonisch Moll scheint mir eher die Regel als die Ausnahme zu sein. Ein Stück in D-moll, in dem dann konsequent C#dim, Faug und DmMaj7 statt C, F und Dm7 verwendet werden, ist mir noch nicht untergekommen (was nicht heißen soll, dass es sowas nicht gibt...).

Was hingegen nach meiner Erfahrung unterschiedlich gehandhabt wird, ist die verwendete Skala im dominantischen Teil (also hier beim A-Dur-Akkord). Da gibt es Stücke, die bleiben konsequent in harmonisch Moll und nehmen ihre Töne aus der A-phrygisch-dominanten Skala, und es gibt Stücke, die wechseln in ein echtes A-Dur. Und manchaml sogar gemischt in einem Stück (von Django Reinhard gibts da ein Beispiel).
 
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Offensichtlich stammen C, F und Dm7 nicht aus der harmonischen Mollskala, weil sie ein C und kein C# enthalten.

Hier bist du aber in mehrfacher Hinsicht auf einen gewaltigen Holzweg geraten: Wie kommst du darauf, dass der Song in d-Moll ist?
Die für d-Moll konstitutive Akkordfolge A(7)-Dm kommt nirgendwo vor! OK - Schritt für Schritt:

1. Auch wenn ich mich jetzt wiederhole: Die "harmonische Mollskala" ist keine Leiter der Stufentheorie, auf deren Tonleiterstufen man beliebig Akkorde aufbauen kann, sondern ein aus Systemzwängen entstandenes Konstrukt, siehe dazu bitte Beitrag #4!

Der erhöhte 7. Ton von "HM" beruht allein auf der Notwendigkeit, dass eine Dominante in Moll analog zu Dur-Tonarten eine grosse Terz als Leitton zur I enthalten muss. So ist z.B. die Dominante in d-Moll immer A-Dur (meist als A7), egal ob es sich um "natürliches" oder "melodisches" oder Hurz-Moll handelt! Gleiches gilt übrigends auch für modale Tonarten mit kleiner Terz (Dorisch und Aeolisch), die so häufig authentische (V-I) Kadenzen verwenden, dass sie nur noch in Details von tonalen Molltonarten zu unterscheiden sind.

Wenn du schon nicht auf deine HM-Skala verzichten kannst, dann nutze sie bitte nur im Zusammenhang mit dominantischen Akkorden, in d-Moll also A, A7 oder C#dim7, sonst kommt so krauses Zeug heraus, wie deine "harmonische Analyse".

2. Damit wir Dm überhaupt als Tonika wahrnehmen können, muss der Akkord irgendwo im Rahmen einer Kadenzwendung metrisch als Zielklang erscheinen.
Das ist nur am Ende der jeweils vierten Strophenzeile und am Ende des Refrains der Fall. Die Kadenzformel ist aber nicht "authentisch" (Dominante-Tonika), d.h. A-Dm, sondern "plagal" (Subdominante-Tonika), d.h. Bb-Dm (wobei Bb die Subdominantparallele des hier "schulmäßig" zu erwartenden Gm ist). Eine plagale Schlusswendung ist aber immer ein Signal dafür, dass es sich hier um eine modale Tonart handeln könnte (wie d-Dorisch, d-Aeolisch oder sogar A-Phrygisch)

Ob man die Eingangsakkorde von SoS als "andalusische Kadenz" bezeichnen will (wie in dem dilettantischen Wiki-Artikel zu diesem Stichwort), ist Ansichtssache. In diesem Fall würden die ersten beiden Songzeilen aber nicht auf d-Moll verweisen, sondern auf A-Phrygisch, weil die AK immer auf der verdurten phrygischen Tonika schließt!

Betrachtet man hingegen die Folge Dm-C-Bb-A unter dem Aspekt, dass Dm die Tonika ist (und nicht die phrygische Subdominante) dann haben wir hier keine andalusische Kadenz, sondern einen sogenannten "phrygischen Halbschluss", was im harmonischen Kontext des Songs schlüssiger erscheint.

Der Akkord F der dritten Textzeile ist die schulmäßige Durparallele von Dm, eine klangliche Aufhellung, die in Moll relativ häufig vorkommt.

Jetzt wird es etwas kniffelig:
Wenn ich die Akkordfolgen der 1. und 2. Zeile mit der 3. und 4. vergleiche, dann habe ich auf den ersten Blick zwei schulmäßige Andalusische Kadenzen in A-Phrygisch, einmal beginnend mit der Subdominante Dm, einmal mit der Subdominantparallele F:

Dm-C-Bb-A / F-C-Bb [A]

Das klingt dermaßen nach 1970er-Touristen-Flamenco, dass eigentlich nur noch die Sangría-Karaffe fehlt (Anmerkung für die Jüngeren: in den 1970er hat man Sangría noch nicht aus Eimern getrunken ;) ...).

Möglicherweise war dem Komponisten das ausgelutscht klischeehafte dieser Akkordfolge bewußt, also hat er die Sache auf dem letzten Meter noch schnell ins d-Dorische oder d-Aeolische gedreht: F-C-Bb und - grosse Überaschung: Dm!

Knopfler hingegen schiebt ab und zu mal ein B statt Bb ein, ein Ton aus der (echten) A-Dur-Skala.

Den geistigen Schlenker nach A-Dur muss er gar nicht machen, weil das H wäre auch in d-Moll ein legitimer Ton ist, da der 2. Tetrachord von Molltonarten grundsätzlich variabel ist:

1. Tetrachord: d-e-f-g
2. Tetrachord: a-h-cis-d ("melodisch aufw.") / a-h-c-d ("dorisch") / a-b-c-d ("phrygisch" bzw. "melodisch abwärts" bzw. "natürliches Moll")

Dass er das H verwendet, läßt die Option zu, dass er die Tonart teilweise als d-Dorisch empfindet.

Fazit:
1. Nicht alles, was nach Moll aussieht, ist auch Moll,
2. Vergesse den Quark mit der "harmonischen Mollskala"! Zum Aufbau von Akkorden sollte man besser vertikal und harmonisch denken, nicht horizontal in Skalen. Wenn du nämlich in Moll (oder sonstwo) eine Dominante mit starker Schlusswirkung, d.h. mit einem #VII-Leitton zur I haben möchtest, dann bleibt dir gar nichts anderes übrig, als die VII nach #VII zu alterieren - egal, was das Skalenmaterial aussagt. Skalen sind abstrakte und vereinfachende Darstellungen, die aus Gründen der Übersichtlichkeit und aufgrund bestimmter Systemzwänge immer nur einen Ausschnitt aus dem potentiell möglichen Material demonstrieren - sie sind keine Kompositions- oder Improvisationsvorschriften (auch wenn manche unkreative Kleingeister das so sehen mögen).
 
Mann ist das alles kompliziert. Da mache ich lieber Musik als mich mit solchen Theorien zu beschäftigen.
 
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Da mache ich lieber Musik als mich mit solchen Theorien zu beschäftigen.

Dann verschwende deine Zeit zum Musikmachen nicht mit überflüssigen Kommentaren.

"Kompliziert" ist Ansichtssache, und die Dinge sind eben bisweilen nicht immer so einfach, wie es manche Leute gerne hätten. Aber wo ist hier denn wirklich von "Theorie" die Rede? "Echte" Musiktheorie beschäftigt sich mit ganz anderen, weitaus abstrakteren Fragen.

Was wir hier diskutieren, sind Handwerksgrundlagen, vergleichbar mit dem Basiswissen eines Kochs, der ja auch keine komplizierten physikalischen Phänomene erkunden muss, trotzdem aber den Unterschied zwischen Kochen, Dünsten, Schmoren und Braten zumindest in der Wirkung kennen sollte, weil er ansonsten ungenießbaren Fraß produziert. Letzteres läßt sich natürlich uneingeschränkt auch auf die Musik übertragen.
Und mit Moll ist das, wie mit einer Frikadelle: Erst wenn ich reinbeisse, und dabei auch erkennen und benennen kann, wonach sie schmeckt, kann ich mit Bestimmtheit sagen, woraus sie besteht.
 
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Ich lese zwar weiter interessiert mit, frage mich bei einigen Antworten aber echt, was das noch mit der eingangs gestellten Frage zu tun hat?

Es geht mir tatsächlich nur um die Basics.

Ich habe da streckenweise irgendwie den Zusammenhang verlohren.

Mir reicht es zu wissen, dass öffensichtlich niemand auf den Unterschied des Tonmaterial für die Melodie und der Begleitung eingeht. (Zumindest in einfachen Musiklehren.)

Ich gebe zu, das Beispiel mit der Pentatonik war nicht glücklich, aber ich denke schon, dass es ein qualitätsmäßigen Unterschied macht, ob man nicht alle zur Verfügung stehende Noten verwendet, oder tonleiterfremde Töne vorkommen. (Zeigt sich ja auch als Außnahme im Notensystem.)

Natürlich nicht in der Art, dass man das nicht machen darf, sondern dass man sich des Unterschieds bewusst sein soll, wie ein Koch den Unterschied eines Rühreis vom Spiegelei kennen sollte.

Die anderen Themen sind ja alle irgendwie interessant, aber Offtopic.
 
... ob man nicht alle zur Verfügung stehende Noten verwendet, oder tonleiterfremde Töne vorkommen ...

Aber dafür gibt es doch den Begriff chromatisch = nicht leitereigen.
Was bräuchte man sonst noch ... ?

LG
Thomas
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Mann ist das alles kompliziert. Da mache ich lieber Musik als mich mit solchen Theorien zu beschäftigen.

Das eine schließt das andere ja nicht zwangsläufig aus.
Manch einem hilft das eine sogar, beim anderen besser zu werden.

LG
Thomas
 
käptnc
  • Gelöscht von Claus
  • Grund: off topic
Mir reicht es zu wissen, dass öffensichtlich niemand auf den Unterschied des Tonmaterial für die Melodie und der Begleitung eingeht. (Zumindest in einfachen Musiklehren.)
Doch, eigentlich wollte ich mit meinem Beitrag genau darauf eingehen. Andere sind es auch schon, vielleicht hast du das nicht gemerkt. Aber vielleicht eine Gegenfrage:

Die Melodie in natürlich Moll. Der Ton der 7. Stufe - wo kommt der vor? Kommt der an genau derselben Stelle vor, an der du mit der Dur-Dominante begleitest? Das würde ich schon merkwürdig finden, weil dann kleine und große Septime gleichzeitig klingen.

Oder kommt der nur dann vor, wenn du gerade NICHT mit der der Dur-Dominante begleitest? Dann sehe ich da auch keinen Widerspriuch, es wird einfach zwischen kleiner und großer Septime gewechselt, je nachdem ob es gehörtechnisch passt oder nicht. Es kann also durchaus sein, dass NUR für den dominantisch klingenden Teil die 7. Stufe erhöht. Und wenn in der Melodie ausgerechnet in diesem Teil die 7. Stufe nicht benutzt wird, dann wirkt es scheinbar so, als würden Melodie und Begleitung unterschiedliches Tonmaterial benutzt. Tun sie aber nicht, sondern es wechselt für beide.

Vielleicht würde es auch für uns einfacher, wenn du konkret Noten oder eine Hörprobe verlinken würdest? Ansonsten fischen wir im Trüben.
 
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Genau wie der Koch auf seine Geschmacksnerven achten sollte sich der Musiker viellecht mehr auf sein Gehör verlassen..

Das ist zwar ganz generell und (fast) immer ein guter Ratschlag, führt im Konkreten hier aber auch ein wenig am Ziel vorbei.

LG
Thomas
 
Vielleicht würde es auch für uns einfacher, wenn du konkret Noten oder eine Hörprobe verlinken würdest?

Hat er ja gemacht (This is the Life). Die Melodie umgeht den Leitton, daher ist es im Prinzip egal, ob man hier die molltonale Dur-Dominante oder - wie im Original - deren modal klingende Mollvariante spielt.

Es geht mir tatsächlich nur um die Basics.

Und nichts anderes ist hier bisher erörtert worden. Zu diesen Basics gehört eben auch die Einsicht, dass Moll keine Ansammlung fixierter Skalen, sondern eine Materialskala mit variablen Stufen ist. Mag sein, dass ich einen etwas erweiterten Begriff von "Basics" habe, aber nach meiner Ansicht gehört es zu den Grundlagen, nicht nur zwischen Spiegel- und Rührei unterscheiden zu können, sondern auch zwischen Rührei und Omelette.

Mir reicht es zu wissen, dass öffensichtlich niemand auf den Unterschied des Tonmaterial für die Melodie und der Begleitung eingeht. (Zumindest in einfachen Musiklehren.)

Die sogenannten "(Allgemeinen) Musiklehren" sind konzeptionell ohnehin ein schwieriges Unterfangen. Der Musikwissenschaftler Carl Dahlhaus hat diesbezüglich die kluge Bemerkung gemacht, diese Musiklehren wären eigentlich erst zum Abschluss einer Musikerausbildung sinnvoll, weil sie nicht in die Materie einführen, sondern den Stoff zusammenfassen und erst unter diesem Aspekt sinnvoll werden. Darüber hinaus sind die herkömmlichen Musiklehren keine praktischen Satzlehren, sie können also nicht auf jedes Thema eingehen.

Dass bestimmte Themen von manchen Autoren, die vorgeben, "nur" für den Popularmusik-Sektor zu schreiben, nicht vermittelt werden, liegt allerdings bisweilen auch schlichtweg daran, dass diese dem aktuellen musikwissenschaftlichen Diskurs um Jahrzehnte hinterherhinken, oder ihn ignorieren und einfach nur irgendwelches Halbwissen wiederkäuen, das sie irgendwo mal aufgeschnappt und selber nicht wirklich verstanden haben.

Im aktuelleren Schrifttum werden die von dir angeschnittenen Fragen durchaus kompetent abgehandelt, allerdings meist auf einem Level, das man sich vorab erst mühsam erarbeiten muss.
Angesichts deiner Formulierungen keimt in mir allerdings der Verdacht, dass du möglicherweise vorhast, die von dir benannte thematische Lücke durch irgendeine Publikation zu schließen. Das ist löblich, sollte allerdings besser Leuten überlassen werden, die im Thema sattelfester sind, als du.

Es geht mir darum, wie man diesen Unterschied im Anfängerunterricht vermittelt.

Das ist eine zusätzliche Baustelle. In einem Forum "Schwarmwissen" abzugreifen, um es im Unterricht anzuwenden, ist legitim, dieses Wissen steht dann aber meist auf so wackligen Beinen, dass man seine Schüler damit so lange verschonen sollte, bis man die Informationen selber wirklich verstanden hat und sie sicher im eigenen Wissensbestand verankert sind.

Genau wie der Koch auf seine Geschmacksnerven achten sollte sich der Musiker viellecht mehr auf sein Gehör verlassen.

Wohl wahr. Allerdings gilt auch für das menschliche Gehör die schlichte Tatsache, dass man nur erkennt, was man bereits kennt und nur hört, was man versteht. Eine mir fremde Sprache kann ich als "mir fremde Sprache" zwar akustisch wahrnehmen, verstehen werde ich sie jedoch nicht. Und ein Koch, der bestimmte Kenntnisse und die damit verbundenen praktischen Abläufe nicht verinnerlicht hat, wird niemals professionell arbeiten können, weil dies nämlich punktgenaues und schnelles Arbeiten voraussetzt - und zwar ohne die Notwendigkeit, jedesmal alles abschmecken zu müssen.


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