Nun gut, dann gehe ich mal zum Gesangsunterricht

  • Ersteller Sylvana
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@chris_sun
Ja, ich weiß ganz genau was deine Sprecherzieherin meint.

Dieser Satz "Man ist seine Stimme" klingt im ersten Moment wie eine große Behauptung. Fast überhöht. Als würde man sich damit selbst zu etwas Besonderem erklären oder sich über andere stellen. Und genau deshalb fühlt er sich für andere Menschen, die nicht nach außen aufblasen, sondern echt bleiben wollen, erst mal anmaßend an.

Aber hier ist der Unterschied: Man sprichst das nicht aus, um sich zu erhöhen, sondern um sich zu erklären.
Man sagt nicht: "Ich bin besonders", sondern: "Ich kann gar nicht anders." Weil die Stimme eben nicht ein Werkzeug ist das sich beliebig einsetzen lässt. Sondern etwas, das mit einem selbst untrennbar verbunden ist. Wenn sie bricht, wenn sie versagt, dann bricht man auch selbst. Das ist keine Pose. Das ist existenziell.

Es ist nur für manche schwer zu greifen, wie tief dieser Zusammenhang wirklich geht. Wer das nicht kennt, kann es leicht missverstehen. Aber für jemanden, der es fühlt ist es schlicht und einfach wahr. Nur manchmal tut Wahrheit weh, weil sie größer ist als Worte.

Man muss es nicht kleinreden, nur damit man bescheidener wirkt. Die Erkenntnis ist nicht arrogant. Sie ist klar.


Liebe Grüße Sylvana
 
"Man ist seine Stimme"
vielleicht ist damit auch gemeint, dass deine Stimme du ist. Bist du fröhlich, ist sie es auch. Bist du traurig, ist sie es. Bist du ängstlich, ist sie es. Nur so mal als Gedankenanstoß (von einer Nichtsängerin :D )
 
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@lil
Ja, genau so fühlt es sich an. Wenn ich singe, bin ich das. Nicht "etwas" das ich abrufe, sondern ich. Und wenn es in mir stürmt oder still ist, dann hört man das oder man bekommt die Stimme einfach nicht warm. Manchmal wünsche ich mir, ich könnte das kontrollieren, aber vielleicht ist gerade das mein Weg: nicht kontrollieren, sondern zulassen.
Ich würde einer Nichtsängerin nicht ihren Wissensschatz absprechen :)


Liebe Grüße Sylvana
 
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Vielleicht noch ein wichtiges Zitat aus dem Sprechunterricht: „Ehre die Tagesform!“

Ja, ich weiß ganz genau was deine Sprecherzieherin meint.
Nach deinem Posting bin ich mir ehrlich gesagt nicht hundertprozentig sicher, ob ich (bzw. meine Sprecherzieherin) genau verstanden wurden. Das ist eigentlich trivialer.

Lass es mich mal so versuchen: Wenn du immer in Kleid und hohen Schuhen unterwegs wärst und irgendwann aber mitkriegen würdest, dass Stiefel, Jeans und Lederjacke viel eher deins wären, dann wäre das ja auch mit einer recht starken Veränderung der Persönlichkeit verbunden. Aber es gäbe ja Gründe, warum du vorher in Kleid und hohen Schuhen unterwegs warst. Das gehört ja genauso zu dir. Und vielleicht kommen da aufgezwungene Verhaltensmuster zum Vorschein, mit denen man dann plötzlich zu kämpfen hat.

Bei der Stimme ist es noch extremer: Jeder "Fehler" den du dir jemals angeeignet hast, hat ja einen Grund. Das bist alles du. Ob es dir gefällt oder nicht. Und vielleicht magst du das irgendwann nicht mehr sein. Unsere Persönlichkeit reagiert aber äußerst sensibel auf Änderungen. Da wehrt sich viel. Das ist eben leider nicht nur ein Werkzeugkasten, den man aufmacht und sich das rausnimmt, was man da gerade braucht. Das hat ziemliche Nebenwirkungen.
 
Ich würde das jetzt nicht überbewerten. Ohne Wertung: so wie ich hier rausgelesen habe, bist du eine Sängerin, die ausschließlich covert, d.h. eine Dienstleistung erbringt, und da muss man in erster Linie abliefern und zu jeder Zeit funktionieren, und da darf das persönliche Befinden möglichst keinen Einfluss haben, sondern Du hast sogar vertraglich einen Auftrag, den Du erfüllen musst. Da interessiert es niemanden, ob es dir gut geht, ob Du in Stimmung bist oder nicht. Das wiederum bedeutet, dass die Stimme hier ein Werkzeug ist, das beherrscht sein will. Insofern war es schon einmal die richtige Entscheidung, Gesangsunterricht zu nehmen. In deinem Fall kommt noch hinzu, dass du alleine auf der Bühne stehst, also da ist niemand anderes auf der Bühne, der/die dich auffängt oder entlastet.
Ich kenne diese Situationen, mache seit über 40 Jahren Tanzmusik, und habe hier erkannt, dass die Musik eine Art Ventil ist, mit der ich auch jede aktuelle persönliche Befindlichkeit ausblenden und kompensieren kann. Nichtsdestotrotz muss ich funktionieren, und da ist es schon wichtig, dass der Stimmapparat funktioniert. Und wenn ich selber merke, dass ich das ohne Probleme im Griff habe, kann ich um so freier da ran gehen, und fühle mich entsprechend wohl dabei. Und gerade hier hat mir der Gesangsunterricht unheimlich viel gegeben und dazu beigetragen. Ob meine jetzt was besonderes ist? Keine Ahnung, ob man hier von Authentizität sprechen kann oder sollte. Ich merke nur, je weniger ich mich darauf konzentrieren muss, richtig zu atmen und Töne zu treffen, umso eher kann ich mich auf den Ausdruck kümmern, anstatt einfach nur gefühllos die Songs herunter zu singen, wie ich es früher oft gemacht habe. Mittlerweile ich auch mal ganz entspannt auf einem Barhocker sitzen, wo ich früher nie im Sitzen singen konnte, sondern wegen korrekter Haltung immer stehen musste.
 
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Vielleicht noch ein wichtiges Zitat aus dem Sprechunterricht: „Ehre die Tagesform!“
Vielleicht noch ein wichtiges Zitat aus dem Leben: "Manchmal hilft der Gedanke: Am Ende war’s nur 'ne Gesangsstunde, kein Weltuntergang."
 
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Mich interessiert als erstes : Wo genau willst du denn hin ?
 
Liebe Sylvana,
ich habe unglaublichen Respekt vor dir und wie du es schaffst, an dir zu arbeiten. Umso mehr tut es mir leid, dass du gerade so mit dir haderst.
Was dr_rollo schreibt finde ich da sehr hilfreich, und mir ist, als ich es gelesen habe, so ein persönlicher Aha-Moment in den Sinn gekommen. Mir selbst sind der Text und die Botschaft von Songs extrem wichtig und ich habe lange Zeit versucht, all meine Gefühle in den Gesang zu legen.
Meine Gesangslehrerin meinte dann irgendwann mal, wenn man all das was man mit dem Lied ausdrücken möchte im Moment des Singens tatsächlich so erlebt, dann hat man ja eigentlich gar keine Kapazitäten mehr fürs Singen frei. Also quasi wenn man vom Gefühl her gerade heulend in der Ecke sitzt, kann man halt nicht singen. Ich denke, es geht darum, sowas wie eine Essenz des Gefühls, das ich transportieren möchte, abzuspeichern. Und dann einen Weg zu finden, dem Publikum ein Bild dieser Emotion möglichst authentisch zu vermitteln. Ohne dass man durch die Gefühle „in echt“ durch muss. Klingt wie fake? Ich denke nicht, ich denke das ist Kunst, andere emotional so zu berühren dass sie diese Gefühle in sich selbst entdecken können. Aber eben ohne dass man sich dabei selbst darin verliert.

Ich wünsche dir sehr dass du einen Weg findest wie du die Freude am Singen wieder zurückholen kannst.
 
Boah du hast im letzten halben oder Dreivierteljahr so unglaublich viel erreicht 😀 mach Dir keinen allzu schweren Kopf....

Dass Dich Deine Aufgaben drücken ist verständlich aber ich denke Du schaffst das gut.

Du hast dich enorm entwickelt als Sängerin. Das ist schon einmal eine sowohl technische als auch persönliche Grundlage auf die du vertrauen kannst.

Schließlich hat dich deine Band nicht ohne Grund ausgewählt vor ein paar Monaten.

Zweifel kommen dann und wann. Aber ich meine du kannst mittlerweile damit fertig werden sofern du nicht glaubst 100% so klingen zu müssen wie das wo auch immer verortete "Original".

Aber Tina Turner, Whitney Houston, Kate Bush oder Adele in einer Person geht halt aus vielen Gründen nicht.


Sei Du selbst, vertraue auf Dich und dann kommt der Spaß am eigenen Ausdruck wieder von ganz allein.
 
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