Selbstbezifferte Sonate u. Aussetzung

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Magnard
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Guten Tag,

hier ein Teil einer Sonate (A-Dur) für Violoncello und B.c. von Giuseppe Dall'Abaco. Ich habe sie selbst beziffert bzw. ausgesetzt, bin aber nicht ganz zufrieden mit dem Ergebnis. Weiß jemand von euch, wie das eleganter geht?

P.S. die Endung der Datei mit dem Namen "musescore" einfach von .pdf in .mscz ändern und mit Musescore öffnen...

Grüße!
 
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Schwierige Aufgabe, weil du mit den Begleitakkorden permanent im Register des Cellos, oder auch oberhalb liegst. Das soll jetzt aber noch nicht Thema sein.
Vorab ein paar Fragen:
  • Die Vorlage war ein unbezifferter Bass?
  • Hast du zunächst eine Gerüstsatz mit ganz- oder halbtaktigen Akkordwechseln geschrieben (wie in T 8 und 9)?
  • Wie bist du dabei arbeitstechnisch vorgegangen? Frei nach Schnauze oder mit System (bei unbeziffertem BC bietet sich z.B. die Oktavregel an)?
Bei dem Tempo des Stücks fallen ein paar kritische Stellen nicht ins Gewicht, es klingt an einigen Stellen noch nicht optimal, aber erstaunlicherweise weitaus besser, als es im Notenbild aussieht.
Grundsätzlich würde ich den BC-Satz weniger kompakt gestalten und ausdünnen. dafür aber z.B. Teile der Oberstimme imitatorisch übernehmen, z.B. die 16tel-Bewegung am Anfang:
musescore bearb-1.png
 
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Freue mich über die erste Antwort hier :)
Hätte direkt den ganzen Satz rein stellen sollen, dann wären einige Fragen wahrscheinlich nicht aufgekommen. Anders, als es die Figurationen des Ausschnitts und der Allabreve-Takt andeuten, ist das Tempo "Andante".

Ja, im Continuo befindet man sich oberhalb der Solostimme. So ist das nun mal bei der Cellosonate des Barock...
Genau, die Vorlage ist unbeziffert (in den mir vorliegenden Manuskripten gibt es aber in anderen Sonaten ganz vereinzelte Bezifferungen).
Gelernt habe ich damals nach Dandrieu (aber wenig praktiziert, weshalb mir die Routine fehlt), d.h. ich kenne die meisten Regeln, auch wenn ich natürlich Fehler mache. Ich möchte keine Oberstimme "im obligaten Stil" schreiben, sondern zur Übung und aus Spaß festhalten, wie mich ein Cembalist in der Praxis begleiten würde. Wenn man die Noten nicht in Stimmen, sondern als Akkorde mit Legatobögen aufschreibt, sehen sie etwas krude aus, aber ich glaube, dass es normal ist.
In Takt 8 u. 9 (jetzt T. 17 u. 18) bin ich nicht anders vorgegangen, als beim Rest des Stücks. Zwar bewegt sich der Bass in Achteln, aber da sich die Harmonie nicht ändert und der Affekt es m.M.n. nicht verlangt, betrifft das die rechte Hand nicht.

Würde mich interessieren, wie deine Ideen zum Rest des Stückes aussehen und was dir sonst noch auffällt.

(die Endung der Datei mit dem Namen "musescore" einfach von .pdf in .mscz ändern und mit Musescore öffnen...)
 

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Ich gehe mal davon aus, dass im MS tatsächlich "Violoncello" steht, aber die teilweise ungewöhnlich hohe Lage der Solostimme geht ja doch eher in Richtung Viola bzw. Viola da Gamba, was hier für den BC allerdings nicht relevant ist.
Der Bass ist offensichtlich nicht für ein Tasteninstrument geschrieben: Die Tonrepetitionen und die einfache Machart lassen ein zweites Streichinstrument in Lehrer-Schüler-Besetzung vermuten. Auch die Kombination gestrichen vs. gezupft ist denkbar, ebenso die harmonische Ausgestaltung des BC mittels Arpeggien und Doppelgriffen durch einen fortgeschritteneren zweiten Cellisten (dann ohne Cembalo). Das ist eine belegte Praxis. Oder eben Trio-Besetzung: Solostimme-Bassinstrument-Akkordinstrument.

Wenn ein zusätzliches Instrument den Bass mitspielt, kann man die Achtel-Tonrepetitionen bei Tasteninstrumenten getrost auf Viertel reduzieren (oder die Achtel im Lautenzug spielen, dann klingt es nicht so penetrant), denn spätestens bei der Triolen-Hackerei wie in T 8 fliegen dir auf dem Cembalo die Dokken weg - abgesehen davon, dass die rechte Hand ebenfalls Triolen spielt und damit das Cello völlig zukleistert. Wenn schon Triolen, dann ausgedünnt, z.B. so:
cello bc bearb-1.png

In T 9 ergibt sich bei dir ein 3:2 Konfliktrhythmus (Cello in Triolen, Akkorde in Achteln), der für den Zeitstil untypisch ist - d.h. Achtel sind in so einem Fall ebenfalls triolisch im Verhältnis 2:1 zu spielen. Besser sind hier allerdings schlichte Viertel, synchron zum Bass. Übrigend sind T 8 und 9 ein Beispiel dafür, dass motivische Beziehungen zwischen den Stimmen durchaus erwünscht sind: Der Bass gibt die Triolenbewegung vor, die dann vom Cello aufgegriffen wird. Das war auch die Idee bei der 16tel-Imitation in meinem Beispiel (Post #2). Das hat nichts mit auskomponiertem BC zu tun, sondern mit "Mitdenken" des Begleiters, was man auch bei improvisiertem Spiel erwarten darf.
 
Es ist eine Cellosonate, schließlich lautet der Titel im Autograph
Sonata a Solo per il Violoncello
del Sig. Giuseppe dall'Abaco

, so wie ich ihn auch in meine Edition übernommen habe.

Gewagte Thesen, die Du vertrittst. Prinzipiell sind alle Bässe von Solosonaten mit dem Cembalo spielbar. Manche Figurationen laden mehr zur Ergänzung durch ein zusätzliches monophones Bassinstrument ein, andere weniger. Manchmal weist die Beschaffenheit auch nur auf die Prägung des Komponisten hin, und da es sich bei G. dall'Abaco "nur" um einen komponierenden Violoncellovirtuosen handelt, wird das einen Einfluss auf seine Schreibart gehabt haben. Allemal wird er sich sicher nicht beschwert haben, wenn ihn ein sattes Continuo begleiten hätte.
Und sich der Cembalist über die Bassstimme auch nicht. Sicher, Figuren wie diese (16tel im Bass, letzte Zeile):


1636881674082.jpeg

(F. Veracini: Violinsonate Op. 1/1; Dresden, 1721)
...sind selten, sagen aber nichts Hinreichendes über die Continuo-Besetzung aus. So schnell fliegt da nichts weg.


2-gegen-3-Rhythmen sind ebenfalls nicht allgegenwärtig, aber auch keine Exoten. Quantz wünscht sich in seinem Versuch einer Anweisung... , dass dieser Rhythmus:
1636882483579.png

...auch genau so zu spielen ist, wie es die Notenwerte vorgeben.

Und schließlich beginnt ein Satz einer anderen Sonate von Dall'Abaco selbst folgendermaßen:
1636882571195.jpeg


Im Generalbassspiel hat die gehörige Harmonie natürlich Vorrang vor Imitationen. In Deinem Beispiel bewegt sich von T.1-T.2 der Diskant parallel zum Bass, nicht gut. Auch wird in T.2 die Bezifferung nicht vollständig wiedergegeben. In T.4 ist mir nicht klar, wieso Du den Registersprung machst, und dann ohne Not den Basston des Sextakkords verdoppelst. Auch im zweiten Beispiel machst Du einen Registerwechsel, nachdem der Affekt schon platziert sein sollte.
 
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Kehren wir doch mal zur Ausgangsfrage zurück:

Weiß jemand von euch, wie das eleganter geht?

Mein Vorschlag war, den Satz etwas auszudünnen, und durch gelegentliche motivische Imitationen Soloinstrument und Begleitung etwas mehr aufeinander zu beziehen.
Das habe ich anhand deiner Vorlage flüchtig (Betonung auf flüchtig!) zu skizzieren versucht, so dass z.B. die Parallelbewegung zwischen Diskant und Bass (schlichtweg eine offene und daher auch unschöne Oktavparallele!) hier auch getrost als Flüchtigkeitsfehler abgehakt werden kann, und somit auch keiner oberlehrerhaften Beckmesserei bedarf.
Trotzdem noch einige Anmerkungen zu einigen der geäußerten Einwände:
  • Spielfiguren besagen durchaus etwas über die Besetzung: Wie streichertypische Repetitionen auf Tasteninstrumenten umgesetzt wurden, kann man sehr schön bei JSBs Umarbeitung von BWV 1042 (Violinkonzert) zum Cembalokonzert BWV 1054 sehen - sie wurden z.B. in nachschlagende Doppelgriffe (hier: Oktaven) aufgelöst!
  • Dall'Abaco ist 1710 geboren. Ob er Sextakkorde bereits im Sinne Rameaus als Umkehrungen auffasste, ist daher fraglich. Terzverdoppelung im Sextakkord sind bis zur Wiener Klassik nachweisbar und somit erlaubt (s. dazu ausführlich: Diether de la Motte, Harmonielehre S. 42ff).
  • Abgesehen davon, dass Quantz (1752) mit seiner Auffassung einen relativ einsamen Gegenpol zu CPE Bach (1753ff), Marpurg (1755) und andere aufführungspraktisch bedeutsame Autoritäten bildet, sind punktierte 8el + 16tel etwas anderes, als die von mir als stilistisch bedenklich eingeschätzten einfachen Achtel gegen Triolen (die bei exakter Ausführung nämlich "vorschlagend" auszuführen wären)! Die gegenüber Triolen "nachschlagenden" 16tel bei Quantz (V. Hauptstück, § 22) kann man nicht einfach zum Beweisstück umfunktionieren, indem man § 21 (zur Frage der Überpunktierung) unterschlägt. Der französisch beeinflusste Interpretationsstil von Quantz läßt sich zudem nicht einfach auf die italienische Praxis übertragen.
Die Frage, ob es bei 3:2-Notationen primär um ein notations- oder ein aufführungspraktisches Phänomen geht, ist bereits vor über einem halben Jahrhundert ausführlichst abgehandelt worden (Sol Babitz, Donington usw.), wobei insbesonders die Kontroverse zwischen Eta Harich-Schneider (die Quantz folgt, sich dabei aber explizit immer auf den "französischen Stil" bezieht) und E. J. Jacobi (der sich anhand der Quellenlage dem überwiegenden Konsens anschließt, dass 2:3-Rhythmen anzugleichen sind), von Interesse ist, da sie beide Positionen darstellt (siehe: "Die Musikforschung", 12. bzw. 13. Jahrgang 1959 bzw. 1960).
Entsprechend der von mir in dieser Frage eingenommenen Position würde ich daher die Achtel deines Beispiels (auch unter Berücksichtigung der eher schlichten Motorik des Stücks) wie folgt angleichen:
1636882571195.jpg


Ansonsten ist für mich hier aber auch das Ende der Fahnenstange erreicht, weil ich nicht erkennen kann, was hinsichtlich der Ausgangsfrage bei weiteren Erörterungen noch herauskommen sollte. Als positives Fazit verbleibt für mich, auf einen Komponisten aufmerksam gemacht worden zu sein, der keine grosse, aber durchaus hörenswerte Musik geschrieben hat.
 
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