Skalen »rückwärts« nachschlagen: elektronischer Thesaurus gesucht

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Hallo zusammen,

manchmal stehe ich vor der folgenden selbstgestellten Aufgabe: ich habe die Idee für eine Akkordfolge -- in der Regel ist sie eher minimalistisch und passt nicht so ganz in die übliche I/V-Tonalität. Sowas wie: Fmaj7 - Cm7.

Dann ist eine meiner nächsten Fragen immer: wie sähe wohl diejenige Skala aus, die den kleinsten gemeinsamen Nenner dieser zwei Akkorde bildet? Was käme also heraus, wenn ich das Tonmaterial der beiden kombiniere? Bis hierhin erstmal kein Problem. In diesem Beispiel:

c d# e f g a bb,
oder, in universeller Schreibung: 3112212

...mit dieser Information, vor allem der 3112212, würde ich dann gerne weiterarbeiten. Und da kommt die eigentliche Aufgabe ins Spiel. Ich wüsste nämlich dann z.B. gerne Dinge wie

1) ob es für diese Skala einen konventionellen Namen gibt (damit ich weiß, wonach ich suchen muss, wenn ich sehen will, was andere Leute mit dieser Skala anstellen)

2) ob es sich bei dieser Skala vielleicht nur um einen Modus einer viel verbreiteteren Skala handelt (würde es sich um einen Modus von landläufigeren Sachen wie, sagen wir, mel. Moll handeln, 2122131, dann erkenne ich das meistens noch, aber hier: keine Chance)

3) wie die Skala wohl harmonisiert aussähe (was sind die leitereigenen Drei- und Vierklänge?)

Mit einiger Frickelarbeit lässt sich das natürlich schon irgendwie rauskriegen. Die letzte Frage kann man sich sowieso selber beantworten, und für 1 und 2 hilft natürlich Google mit einer Suche wie wie »scale 3112212«. An guten Tagen erhalte ich für die Skala, so wie sie ist, schon einen Treffer -- z.B., dass es sich hier um das Mela Vagadhisvari (34) handelt [lassen wir mal die Frage beiseite, was mir dieses Wissen dann konkret bringt und betrachten das hier alles als zweckfreien Zeitvertreib für Möchtegern-Geeks]. An schlechten Tagen aber handelt es sich eben nur um einen Modus einer anderen Skala, und ich muss, bis ich fündig werde, die Skala für die Suche bis zu sechsmal umstellen, um zu einem Ergebnis zu gelangen. Und an ganz schlechten Tagen ist es eine Skala, die scheinbar noch nie jemand für nähere Betrachtung würdig erachtet hat, geschweigedenn ihr einen Namen gegeben. Denn selbst wenn man sich auf siebentönige Skalen beschränkt, die nur halbe, ganze und einen 3er-Schritt enthalten, ist deren mögliche Zahl ja durchaus nicht klein [hat das eigentlich, apropos Geeks, mal wer ausgerechnet?]. Und vor allem ist es ja nicht so, dass meine Schreibweise die einzige wäre, die Verwendung findet. »-3 H H W W H W« mag jemand anders bevorzugen, gerne auch ohne Leerzeichen, der Deutsche vielleicht eher G-H-... etc. Kurz: die Dunkelziffer dessen, was allein im Netz an Antworten zu meinen Fragen lagert, ist extrem hoch verglichen mit dem, was ich mit diesen Mitteln tatsächlich rausfinden kann.

Manchmal denke ich, hier würde eine Software-Lösung extrem weiterhelfen, eine Art Datenbank, die nicht nur unheimlich viele Skalen verzeichnet wie ein Wörterbuch, sondern auch smart genug ist, zu erkennen, dass es sich bei einer gegebenen Skala um einen Modus einer anderen handelt. Oder wenigstens eine papier-basierte Lösung. Ich meine mal das Buch von Slonimsky in der Hand gehabt zu haben, als ich mir solch komische Fragen noch nicht gestellt habe. Es war ziemlich eindrucksvoll, aber ich bin mir nicht mehr ganz sicher, ob es hier weiterhelfen würde, weil ich ja quasi »rückwärts« suche. Gibt es hier vielleicht andere Bücher, die man sich in dem Zusammenhang mal anschauen könnte?
 
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Wie Du schon schreibst, lässt sich mit einer gewissen Erfahrung erkennen, ob zwei Akkorde aus einer gemeinsamen "konventionellen" Skala stammen. Wenn das nun nicht der Fall zu sein scheint, und Du die vorkommenden Akkordtöne als Skalentöne betrachtetst und entsprechend ordnest, dann verlässt Du mit dem Vorkommen einer kleinen Terz den Bereich der diatonischen Skalen und müsstest im Harmonisch-Moll Kontext weitersuchen. Doch auch unter den "konventionellen" Harmonisch-Moll-Skalen wirst Du keine finden, in der zwei Halbtonschritte aufeinander folgen. (btw: Melodisch Moll wurde erfunden, um den "großen Sprung" der kleinen Terz in der Harmonisch-Moll-Skala zu vermeiden.)

Die Frage nach dem Modus einer "konventionellen" Skala ist im Grunde zweitrangig. Denn so lange sich keine konventionelle Skala erkennen lässt, kann es auch kein Modus einer solchen sein.

Gehen wir an diesem Punkt davon aus, dass es keine "konventionelle" gemeinsame Skala für Deine Akkordauswahl gibt, so dass man konventionellerweise die Skala wechseln würde, um z.B. über beide Akkorde etwas zu spielen, dann handelt es sich bei Deiner konstruierten Skala um eine Folge von Intervallen, die nicht den "konventionellen" Regeln folgt. Diese "Skala" könntest Du nun nach den üblichen Regeln harmonisieren und Dich an den Dissonanzen erfreuen. ;)

Gruss, Dietlaib
 
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Na, dann hast Du die 159 wichtigsten Skalen ohnehin schon beieinander, und somit alles, was man so für die von Dir genannte Problemstellung brauchen kann ...
 
dann verlässt Du mit dem Vorkommen einer kleinen Terz den Bereich der diatonischen Skalen und müsstest im Harmonisch-Moll Kontext weitersuchen. Doch auch unter den "konventionellen" Harmonisch-Moll-Skalen wirst Du keine finden, in der zwei Halbtonschritte aufeinander folgen. (btw: Melodisch Moll wurde erfunden, um den "großen Sprung" der kleinen Terz in der Harmonisch-Moll-Skala zu vermeiden.)

ich sehe, du interessierst dich vor allem für den praktischen Nutzen der ganzen Geschichte :) ...ich bin mir wie gesagt durchaus bewusst, dass der eher beschränkt ist, weshalb ich ja auch meinte, dass das für mich quasi eher Theorie-Spielerei ist.

Gerade das Verlassen der Diatonik, das du ansprichst, ist ja überhaut erst mein Ausgangspunkt. Wie harmonisch und melodisch Moll und ihre Modi theoretisch funktionieren, weiß ich wohl. Jenseits davon beginnt erst meine »Schwierigkeit«, oder besser die denksportliche Herausforderung, die in einer Frage steckt wie: »okay, ich hab jetzt die Skala, sagen wir, 1112223 ermittelt, aber hat die auch einen Namen? Und handelt sich bei ihr vielleicht um einen Modus einer etwas bekannteren Skala?«.

Diese "Skala" könntest Du nun nach den üblichen Regeln harmonisieren und Dich an den Dissonanzen erfreuen.

Ja, so gehe dann meist auch vor -- im zweiten, hier bewusst ausgesparten Schritt, wenn's dann mal praktisch wird. Macht durchaus Spaß, auch wenn ich dann nach einer Weile immer wieder denke »vielleicht solltest du erstmal was anständiges wie melodisch Moll wirklich in der Praxis beherrschen, bevor du dich mit dem sechsten Modus des dreiundzwanzigsten Mela Vishnukrishnu beschäftigst« :)
 
..., dass das für mich quasi eher Theorie-Spielerei ist.

Hallo Mario,

da es zunächst einmal um rein theoretische Überlegungen und Gedankenspiele geht, möchte ich hierzu noch etwas beisteuern:


Wie viele verschiedene Skalen gibt es theoretisch?

Gehen wir von folgenden Rahmenbedingungen aus:

  1. Wir beschränken uns auf die 12 wohltemperierten Halbtonschritte
  2. Die Skala wiederholt sich im Oktavabstand
  3. Die Anzahl der Töne in der Skala liegt zwischen 1 und 12 :)
  4. Die Skala beginnt immer mit dem Grundton (alles andere sind Transpositionen)
Eine Skala kann man also eindeutig festlegen, wenn man in einer Liste der zwölf möglichen Töne diejenigen kennzeichnet, die zur Skala gehören. Sinnvollerweise (Punkt 4) beginnt man immer mit dem Grundton, sagen wir also beim C (ohne Beschränkung der Allgemeinheit).
So etwas läßt sich hervorragend durch eine 12stellige Binärzahl darstellen: Wenn ein Ton zur Skala gehört, setzt man eine 1, sonst eine Null.

Beispiele:
Unisono100000000000
Chromatisch111111111111
Ganzton101010101010
Dur101011010101
Äolisch Moll101101011010

Der erste Ton definitionsgemäß immer gesetzt und für die restlichen 11 Töne, von denen jeder einzelne entweder zur Skala gehören kann oder nicht, gibt es folglich 2^10 = 2048 Möglichkeiten und somit auch 2048 theoretisch denkbare Skalen.
Die beiden Extremfälle mit nur einem Ton (unisono) und allen 12 Tönen (chromatische Skala) sowie alles "dazwischen" ist möglich.

Die Darstellung/Denkweise als binäre Zahl hat den informationstechnischen Vorteil, daß sich jede Skala eindeutig durch eine einzige Integer-Zahl darstellen läßt. Dur hätte beispielsweise den Dezimalwert 2773. :D
Deine Schrittgrößen-Darstellung läßt sich ja leicht ein die Binärdarstellung bzw. deren Zahlenwert umrechnen und so ließe sich die Suche nach der Skala sehr einfach programmieren.

Die Schrittweiten-Information, mit der Du gerne weiterrechnen würdest, z. B. 3112212, wäre also leicht in Binärdarstellung umzurechnung: 100111010110 (dezimal: 2518).

Jenseits davon beginnt erst meine »Schwierigkeit«, oder besser die denksportliche Herausforderung, die in einer Frage steckt wie: »okay, ich hab jetzt die Skala, sagen wir, 1112223 ermittelt, aber hat die auch einen Namen? Und handelt sich bei ihr vielleicht um einen Modus einer etwas bekannteren Skala?«.

... und wie heißen sie?

Das "einzige" Problem wäre dann noch, die Skalen zu benennen (sofern sie einen Namen haben).
Aber auch da gibt es Hilfe: Der Wikipedia-Artikel zum Thema "Tonleitern" verweist auf diese Datenbank aller 2048 möglichen Skalen in 12 Tönen im .xls und FileMaker Format, System zur Kategorisierung von Skalen und dort gibt es ein Riesen-Excel-File: Database of approx. 2400 unique scales, with scalecoding, pitchset, binary coding, and lists of playable triads for each in Excel (.xls) format.
Das Umfeld sieht zwar recht esoterisch aus, aber hier solltest Du fündig werden.

Deine genannte 1112223-Skala hätte den Binär-Code 111101010100 (im Excel Spalte "Binary 12notes 1&0") bzw. dezimal 3924 (im Excel Spalte "Pitch Set Binary"), nach denen Du suchen kannst. Leider steht in diesem Fall "Theoretical - No Known Name" in der Spalte "Name Of Scale". - Pech gehabt! :redface:

Viele Grüße
Torsten
 
wunderbar, ich fühle mich verstanden, 1000 Dank! <3

Ja, genau solche Berechnungen habe ich, quasi als Nebenstrang zu dieser Frage hier, auch öfters mal begonnen. Für sowas ließe sich (für Experten vielleicht sogar ohne großen Aufwand) prima was programmieren, das solche Permutationen, mit einstellbaren Rahmenbedingungen, bildet. Dass man z.B. sagen kann: »wieviele Skalen sind möglich, die x Töne haben und aus Intervallen bestehen, die nicht größer sind als y Halbtöne?«, etc. Werd ich mal suchen, ob das schon wer gemacht hat (würde mich wundern, wenn nicht).

Aber stimmt natürlich -- wenn man die Binärdarstellung wählt und sagt, 12bit, jedes Bit heißt »Note an/aus«, wird schonmal einiges klarer, was die Größenordnungen angeht, von denen wir sprechen. Diese Datenbank ist ja wohl mal genial, und in diesem Kontext ist »esoterisch« ausnahmsweise mal ein Qualitätssiegel. Genau das, was ich suche!

PS: 2^11 mögliche Skalen kommt mir plötzlich enttäuschend wenig vor, wenn man bedenkt, dass alle Einschränkungen (außer 12tET und der Oktave) ja aufgehoben sind.
 
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