Hi Sammy!
Eigentlich hat Hans schon alles erklärt. Trotzdem ist mir eine Sache aufgefallen. Aus Deiner Frage schließe ich darauf, dass Du Dein "normales" Vibrato (z.B. auf der G-Saite) so spielst, dass Du gleichzeitig sowohl nach unten als auch nach oben ziehst. Dies widerspricht ein wenig dem, was ich bis jetzt gelernt habe: Vibrato ist eigentlich nur eine Aufeinanderfolge von gleichmäßigen, kleinen Bendings, die sich allerdings immer zentriert um die Grundnote bleiben. Greif z.B. mal ein D im 7. Bund auf der G-Saite, und hör Dir genau an, wie es klingt, was Du machst: lass den Grundton D für einen kurzen Moment stehen, und dann fang an mit der Bewegung. Wichtig ist es, dass Du nach jeder kleinen Bewegung zur Grundnote D zurückkehrst - sonst klingt der Ton falsch, genau so, wie ein schiefes Bending. Die Note D musst Du also immer als Ausgangspunkt behalten. Dies kannst Du m.E. allerdings nur dann, wenn Du Deine Bewegung nach untern ODER nach oben machst. Wenn Du zuerst nach oben ziehst und dann - ohne für einen Augenblick die Ausgangsnote zu halten - sofort mit der Bewegung nach untern weitermachst, verlierst Du leicht die Orientierung, und es klingt falsch. Ich würde Dir dazu raten, Dich entweder auf die Bewegung nach unten ODER nach oben zu konzentrieren. Ganz wichtig ist es noch, dass Du bei jedem der kleinen Bendings auf den Ausgangston zurückkehrt und nicht etwa eine Viertel- oder Achtelnote zu weit oben bleibst.
Natürlich kann es sein, dass einige Gitarristen auch mit der "oben und unten"-Technik gute Ergebnisse erzielen, aber die meisten, die ich mir aufmerksam angeschaut und angehört habe, entscheiden sich je nach der konkreten Spielsituation entweder für die Bewegung nach unten oder nach oben. Du solltest Dich im Falle der hohen E-Saite auf die Bewegung nach oben konzentrieren. Viel anderes bleibt Dir ja nicht übrig, da Du sonst immer das von Dir angesprochene Problem haben wirst. Du befindest Dich aber in guter Gesellschaft: schau Dir z.B. mal aufmerksam das El Mocambo-Konzert von Stevie Ray Vaughan an! Seine Hand wird da oft in Nahaufnahme gezeigt, und Du siehst klar, dass er beim Vibrato auf den drei hohen Saiten immer nach oben zieht.
Es gibt ganz sicher die eine oder andere Ausnahme. Insbesondere viele der wirklich überragenden Gitarristen haben ein ziemlich eigenes Vibrato. Ich habe z.B. lange vergeblich versucht, das Vibrato von BB King zu kopieren. Bei ihm kann ich es nicht ausschließen, dass er bei der extrem schnellen, flachen Bewegung sowohl ein wenig nach unten als auch nach oben zieht - wenn man seine "Massage" des Gitarrenhalses überhaupt als ziehen bezeichnen kann. Da sein Vibrato aber - wie schon erwähnt - sehr schnell und flach ist, fällt dies nicht weiter auf. Aber wer von uns hat schon ein Hummingbird-Vibrato? Also: lieber auf das Standard-Vibrato konzentrieren!
Hoffe, dass ich ein wenig helfen konnte!
Mark