Virtueller Dirigent?

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Hallo zusammen,

ich spiele unter Anderem in einem Blasorchester Saxophon. Natürlich übe ich meine Parts zu Hause damit ich mich in der gemeinsamen Probe auf die Koordination mit den anderen Konzentrieren kann. Timing und Rhythmus kontrolliere ich punktuell mit dem Metronom, besonders bei komplizierten Takten. Um Feeling und "Störungen durch Mitmusiker" daheim schon zu üben, suche ich mir wenn möglich eine fertige Aufnahme des Stücks zu der ich dann meinen Part spiele.

Gestern beim Üben habe ich aber wieder ganz schmerzlich einen Dirigenten vermisst. In den Aufnahmen ist gerade bei den sinfonischen Werken oft kein ausgeprägter Rhythmus hörbar. Das geht manchmal nur auf Sicht (bspw. Taktart /Tempowechsel nach einer Fermate, Einsatz auf 4+ bei gehaltenen Tönen im Takt, ...) bzw. stur nach Metronom. Wenn man da anfängt nach Gefühl "zur vorhandenen Vorlage" zu spielen kann man sicher sein, dass es live genau SO nicht gespielt wird. In den Orchester Proben haben wir natürlich einen Dirigenten, aber der dirigiert nicht mir zuliebe 50x meinen Part bei dem ich Schwierigkeiten habe sondern erwartet, dass ich selbstverständlich "automatisch" genau auf seine Anweisungen achte. Allerdings will eben auch das geübt sein, nur wie?

Es scheint für alles Mögliche Software Unterstützung zu geben, aber gerade einen virtuellen Dirigenten, der mir stumm am Bildschirm beispielsweise 7/8 (3,2,2) mit 67 BPM dirigiert gibt es offenbar nicht. Zumindest finde ich zu dem Thema garnichts. Noch nicht einmal auf Youtube gibt's "16 Takte 4/4 bei 60 BPM" oder sowas. Ich habe "wie lerne ich dirigiern?" Videos gefunden und "was macht eigentlich ein Dirigent?", aber einfach "verschiedene Grundrhythmen 'ordentlich' dirigiert zum Dazu spielen" nicht. Umgekehrt schein es was zu geben, also ein künstliches Orchester das ich vor der Kamera virtuell dirigieren könnte.

Natürlich hat jeder Dirigent seine eigene Artikulation, aber es ginge mir nur darum irgendeine visuelle (erkennbare) Geste als Taktgeber zu bekommen. Optimal natürlich mit wählbarer Geschwindigkeit und Taktart, mit oder ohne Einzählen und cool wäre natürlich, wenn der virtuelle Dirigent nicht nur stur nach Metronom fuchtelt, sondern gelegentlich auch mal ein Ritartando oder Accelerato einbaut.

EINE Erwähnung einer solchen Lösung habe ich gefunden. Ein Uni Projekt. Da gibt es aber nur eine Publikation zum Thema aber keine konkrete Software. So viel würde ich aber gar nicht verlangen. Ein Satz Videos mit den verschiedenen Grund Patterns würde mir für den Anfang schon helfen.

Bin ich mit meinem Wunsch alleine und es gibt einfach keinen Markt für so etwas, oder ist das viel komplizierter wie ich mir das vorstelle?

Vielleicht sollte ich einfach mal eine Video Kamera aufstellen, unseren Dirigenten eine ganze Probe lang aufnehmen und mir die Teile dann zusammen schneiden.
 
Eigenschaft
 
EIN Problem eines solchen Projektes könnte darin bestehen, daß - wie Du ohnehin angedeutet hast - jeder Dirigent seine ganz eigene Zeichen- und Körpersprache hat. Ein Auftakt schaut bei dem einen so aus, bei dem anderen halt anders. Ich glaube, da hilft nur, sich dem jeweiligen Dirigenten möglichst anzupassen, seine "Sprache" verstehen zu lernen, und ihn gegebenenfalls bei Problemstellen um eine deutlichere Zeichengebung zu ersuchen.

LG - Thomas
 
Ich glaube, da hilft nur, sich dem jeweiligen Dirigenten möglichst anzupassen, seine "Sprache" verstehen zu lernen, und ihn gegebenenfalls bei Problemstellen um eine deutlichere Zeichengebung zu ersuchen.
Nein, da hast Du mich missverstanden. Ich habe keine Probleme mit der Zeichengebung unseres Dirigenten. Der macht das schon super. Ich habe an einigen Stellen GENERELL Probleme "gewunkene" Angaben als Taktgeber in mein Spiel zu integrieren, weshalb ich gerne an "irgendeinem" Dirigenten das üben möchte.

Ich habe da beispielsweise ein paar Takte mit überbundenen Noten sowie 8tel und 16tel gemischt. Da neige ich eher dazu nach innerem Metrum zu spielen und merke erst am Ende der Phrase, ob der Dirigent und ich uns an der nächsten 1 wieder treffen. Was ich brauche wär eben jemand, der mir Handzeichen gibt und ich versuche mit meiner Phrasierung dann diesen korrekt zu folgen. Ein Metronom hilft nur begrenzt, weil das einerseits akustisch ist und auch das Blinklicht nur punktuell den Schlag anzeigt, aber nicht den Weg dahin. Bei Handzeichen habe ich ja einen kompletten Bewegungsablauf an dem ich mich im wechselnden Tempo orientieren kann.

Ich könnte meine Frau bitten, mir einfach Handzeichen zu geben. Das muss sie nicht gelernt haben. Das kann ich ihr aber nicht dauerhaft zumuten.
 
Technisch ausgedrückt: Du willst ein "animated gif", das Du auf Deinem Fernseher mit 1,40 Diagonale ablaufen lässt und wozu Du dann spielst? (und eigentlich ein animated gif je Tempo in 5er Schritten ...).
... das scheint mir nicht so schwierig zu sein - frag einmal irgendwelce Softwarefuzzis (ich bin einer, aber leider nicht an der Ecke animated gif).

H.M.
 
...Da neige ich eher dazu nach innerem Metrum zu spielen und merke erst am Ende der Phrase, ob der Dirigent und ich uns an der nächsten 1 wieder treffen.
Bist Du denn mit dem Spielen deiner Stimme wirklich sicher?
Das würde ich zunächst unbedingt mit Metronom üben. Erst durch die technische Beherrschung der Stimme wird die Freiheit der Interpretation möglich.

Allerdings gilt in diesem Fall nicht deine Interpretation und daher auch nicht dein inneres Metrum, sondern allein der Wille des Dirigenten.
Den bekommst Du mit offenen Augen (Dirigent) und Ohren (Klangkörper) mit, wenn dich die Stimme nicht übermäßig fordert.
Als Orchestermusiker ist man eben das Instrument des Dirigenten. Die Belohnung für die erforderliche Zurücknahme des Ego beim Spielen ist m.E. das tolle Gefühl, sich als Teil eines imposanten Klangkörpers zu erleben.

Insgesamt glaube ich nicht, dass dein Anliegen eine Übungssache, sondern dass es mehr eine Kopfsache ist.

Gruß Claus
 
Technisch ausgedrückt: Du willst ein "animated gif", das Du auf Deinem Fernseher mit 1,40 Diagonale ablaufen lässt und wozu Du dann spielst? (und eigentlich ein animated gif je Tempo in 5er Schritten ...).
... das scheint mir nicht so schwierig zu sein - frag einmal irgendwelce Softwarefuzzis (ich bin einer, aber leider nicht an der Ecke animated gif).
Ich bin auch Softwarefuzzi und ich habe sogar vor vielen Jahren selber GIF programmiert, lange bevor JPEG auf den Markt kam.
:weird:

Die Idee könnte man sicher weiterverfolgen. Es bleibt allerdings noch das Problem der fehlenden Vorlage. Dazu hatte ich ja schon auf YT recherchiert und nichts brauchbares gefunden. Vielleicht mache ich mit meinem Dirigenten ein Projekt daraus. :gruebel:

So richtig cool wäre natürlich eine in Echtzeit gerenderte 3D Animation mit den Presets "H. v. Karajan", "Zubin Metha", "Seiji Ozawa", "Riccardo Muti", .. Gängige Spielliteratur gibt's fertig mit feingetunten Bewegungen und der Rest wird vom Blatt aus der Partitur interpretiert. :w00t:
:stars:

Dann habe ich also richtig recherchiert. Ich finde nichts, weil es eben nichts gibt, weil das offenbar außer mir keiner braucht.
Insgesamt glaube ich nicht, dass dein Anliegen eine Übungssache, sondern dass es mehr eine Kopfsache ist.
Naja, schon. Kopfsache. Muss geübt werden. Es liegt nicht an der Stimme. Die kann ich. Es liegt daran, das mit dem optischen Reiz auch zu synchronisieren. Ganz offensichtlich ist das bei mir nicht angeboren.

Ich habe kein Problem mit einzelnen Noten die schön auf den Schlag folgen. Ich kriege auch Vierteltriolen oder punktierte Viertel mit Achteln brauchbar hin. Sync Probleme bekomme ich, wenn ich mehrere verschieden lange Noten mit beispielsweise überbundenen Achteln kombiniert in den Takten habe, meine Noten also nicht auf die Zählzeiten fallen. Da muss ich die vierschiedenen Zeitspannen im Voraus auf eine noch unbekannte Zeitspanne die der Dirigent für den Takt erst vorgibt verteilen. Das fällt mit mit dem Metronom leichter. Wenn es aber im Orchester keinen Metronom Puls gibt, sondern gewunkene Anweisungen, stimmt oft meine "Vorausberechnung" nicht.

Swing Achtel mit Einsatz auf der 2+ sind auch so ein Fall. Im musikalischen Kontext kann ich das akustisch meist recht gut. Aus der Pause heraus mit "auf zwei" (also die 1 und die 3) gewunkenem 4/4 Swing ist es leider oft daneben.

Darum würde ich gerne mehr mit optisch gewunkenem Reiz üben um das zu verbessern.
 
Aus der Pause heraus mit "auf zwei" (also die 1 und die 3) gewunkenem 4/4 Swing ist es leider oft daneben.
Das könnte man sehr schön mit dem Metronom erarbeiten, dann könnte man auch ohne den musikalischen Kontext oder optische Hinweise sattelfest einsetzen.
Bei Swing schlägt das Metronom auf die Zwei und die Vier, man könnte zu Beginn beim Blattspiel daher schon mit "ganz normalen" Einsätzen auf der Eins seinen Spaß haben. :D

Ein bekanntes wie interessantes Übungsgebiet wäre dafür das Charlie Parker Omnibook. Als Beispiel nehme ich einmal die Einsätze bei den Formteilen von Moose The Moochie, die man etüdenhaft mit dem Metronom erüben könnte.
Dazu könnte man eine mehrtaktige Pause zählen und dann das kurze Motiv am Anfang des jeweiligen Formteils spielen.
Der A Teil beginnt nach einem Intro mit Einsatz auf der Eins, der A'-Teil auf der Zwei-und, die Bridge wieder auf der Zwei-und sowie der abschließende A-Teil wieder auf der Eins.
Der zweite Chorus beginnt auf der Drei, A' nun auf der Eins-und, die Brigdge auf der Eins-und, der Schlussteil A auf der Eins.

Fehlen noch Einsätze auf vorgezogene Achtel von Formteilen, die finden sich "in the wild" z.B bei Anthropology und das sowohl einzeln artikuliert wie überbunden.

Gruß Claus
 
jeder Dirigent seine ganz eigene Zeichen- und Körpersprache hat.
Aber es gibt doch zumindest einen Lehrbuch-Satz an Bewegungen (z.B. http://www.kultiversum.de/Musik-Partituren/Essay-Dirigieren-fuer-Anfaenger.html).
Im Wien im Haus der Musik gibt es das Gegenteil, da kann man zur Musik dirigieren und ein Programm analysiert die Bewegungen und benotet, also muss es ja wohl standardisierte Muster geben. Diese grundlegend im einfachen Stil aus einer Notenvorlage animiert zu kreieren sollte meiner Ansicht nach technisch schon möglich sein.
 
Diese grundlegend im einfachen Stil aus einer Notenvorlage animiert zu kreieren sollte meiner Ansicht nach technisch schon möglich sein.
So eine mechanistische Animation hätte allerdings so gut wie nichts mit dem musikalischen Dirigieren zu tun. Das geht aus dem verlinkten Artikel klar schön hervor.
Die berichteten Schwierigkeiten mit dem Zählen-Spielen kriegt man dadurch gegenüber dem Üben zum Metronom-Klick auch kaum besser in den Griff.

Gruß Claus
 
Doch, das gibt es schon. Du brauchst den GTX 2007 XL.

Noch ein paar unkonventionelle alternative Überlegungen:

Du suchst auf Youtube nach "Conductor Cam" und einem passenden Takt und Tempo und stellst dann den TON AUS. Z.B. hier (6/8):



Oder: Du nimmst mit dem Handy in der nächsten Probe Euren Dirigenten als Video auf
und übst damit zu Hause ohne Ton.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Doch, das gibt es schon. Du brauchst den GTX 2007 XL.
JAAAA, genau das suche ich! :juhuu:
Wo kriegt man das?

Danke für das Stichwort "Conductor Cam". Wenn man das nicht kennt, findet man nichts brauchbares. Meine Frau ist sonst immer total verblüfft was ich im Internet auf Anhieb finde, nachdem sie oft ewig lange erfolglos sucht. Es kommt eben immer darauf an, das man das richtige Stichwort kennt.
:great:
 
EINE Erwähnung einer solchen Lösung habe ich gefunden. Ein Uni Projekt. Da gibt es aber nur eine Publikation zum Thema aber keine konkrete Software.

Hast Du mal versucht, den entsprechenden Lehrstuhl zu kontaktieren und nachzufragen, ob aus dem Projekt noch was geworden ist bzw. ob die Software in irgendeiner Form verfügbar wäre?
 

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