Warum wird bei einem Akkord die None notiert aber Sekunde gespielt?

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Hallo,

ich bin gerade ein paar Notenbeispiele für mögliches Ausgestalten von Leadsheets auf dem Piano durchgegangen. Dabei ist mir etwas aufgefallen, das ich schon öfters gesehen und gespielt habe und mir aber bisher keine Gedanken zu gemacht habe: das Akkordsymbol enthält die None, es wird aber in den ausnotierten Noten die Sekunde hinzugefügt. Mir ist soweit klar, dass eine None Oktav plus Sekunde ist, aber warum dann überhaupt die None notieren und nicht die Sekunde?

Beispiel: es wird C9 über dem Notensystem notiert, aber ausnotiert stehen dort die Töne c1, d1, e1 und g1. Warum nicht C2?

Danke und Gruß
Chris
 
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Hallo,

weil Zusatztöne (in aller Regel) als Töne aufwärts der Septime notiert werden. Kommt drauf an, wie man ihn spielen möchte. Nicht immer klingt jedes Voicing gut und für eine Schreibvariante sollte man sich entscheiden. Auch wenn da im generellen keine wirkliche Einigkeit herrscht.

Wenn du C2 schreiben würden, würde es die Septime gar nicht beinhalten, was beim C9 aber der Fall ist!
 
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X steht im Folgenden für eine der möglichen Tonbezeichnungen (C, C#, Db, D usw.).

Das Akkordsymbol X9 bezeichnet einen Dominantseptakkord (Grundton, Durterz, [optional reine Quint], kleine Septime, diatonische None).
Als Beispiel der Akkord in C Dur auf der fünften Stufe (G mixolydisch): G B D F A (B= dt. H)
Obwohl dieses Akkordsymbol dem Aufbau in der Grundstellung entspricht sagt es nichts über das Voicing an der betreffenden Stelle aus.
Voicing bezeichnet den tatsächlichen Aufbau der Akkordtöne, die diatonische None wird für den Klang in der zu spielenden Akkordfolge aber ausdrücklich gewünscht.
Für das zu spielende Voicing gibt es Anhaltspunkte (oder Regeln), die sich vor allem auf eine gut klingende Stimmführung (voice leading) und die Besetzung (z.B. rootless voicings) beziehen.

Wird eine "9" als Erweiterung zum Durdreiklang verlangt, also ohne die Dominantseptime, dann notiert man Xadd9.
Außerdem ist in Dur noch Cmaj9 denkbar, also der Durakkord mit großer Septim plus diatonischer None.

Umgekehrt bezeichnet u.a. Jamey Aebersold gerne allein mit der Funktion. Das wäre beim Dominantseptakkord z.B. G7, obwohl an der betreffenden Stelle ein G9 oder sogar G7b9 erklingt.

Literaturtips zum Spielen nach Akkordsymbolen auf dem Piano sind z.B.
Philipp Moehrke, Jazz Piano Voicing Concepts (mit CD)
https://www.stretta-music.com/moehrke-jazz-piano-voicing-concepts-nr-462458.html
Das ist ein sehr praktisch organisierter "Grundkurs", der die Materie gut erklärt und mit Übungen für's Spielen verfügbar macht.

Mark Harrison, The Pop Piano Book (keine CD)
https://www.stretta-music.com/mark-pop-piano-book-harrison-nr-176493.html
Umfangreiches Lehrbuch mit unzähligen Beispielen zu Pop Balladen, Rock und Hard Rock, New Age, R'n'B, Funk, Country und Gospel.

Gruß Claus
 
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Danke für die Antworten und Hinweise. Jetzt spiele ich schon viele Jahre, aber die vielen nicht zentral gepflegten Regeln für Akkordsymbole schaffen es immer wieder mich zu überraschen. ;)
 
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Bei Bedarf können wir hier Symbole und Voicings immer diskutieren, für eine optimale Betrachtung ist dabei der Zusammenhang wichtig, also die ein, zwei betreffenden Takte der Akkordverbindung samt Symbolen und Melodie, soweit vorhanden.

Gruß Claus
 
Wenn du C2 schreiben würden, würde es die Septime gar nicht beinhalten, was beim C9 aber der Fall ist!

C2 wäre dann also wohl z.B. c' - d' - e' - g' oder c' - d' - g' - e''. Analog könnte dann c' - f' - g' - e'' als C4 bezeichnet werden. Gibt es Leute, die das so schreiben?
 
C2 wäre dann also wohl z.B. c' - d' - e' - g' oder c' - d' - g' - e''. Analog könnte dann c' - f' - g' - e'' als C4 bezeichnet werden. Gibt es Leute, die das so schreiben?

Ich hoffe nicht!

Außerdem lohnt es sich, sich immer wieder mal zwischendurch den Grund für die "seltsame" Bezifferung (9 statt 2, 11 statt 4, 13 statt 6) in Erinnerung zu rufen: Stichwort Terzschichtung.

Man versteht dann vieles besser.

LG
Thomas
 
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... 13 statt 6) in Erinnerung zu rufen: Stichwort Terzschichtung.
Nachdem wir Grundlagen besprechen und beide Bezeichnugnen vorkommen ein Hinweis zum Unterschied:
C6 meint den (Tonika) Akkord ohne kl. Septime, C13 bedeutet Domnantseptakkord, also auf jeden Fall mit kl. Septime.

Gruß Claus
 
C6 meint den (Tonika) Akkord ohne kl. Septime, C13 bedeutet Domnantseptakkord, also auf jeden Fall mit kl. Septime

Gibt es einen Grund, warum man das bei C2/C9 und C4/C11 nicht genauso macht?

Schreibt man eigentlich auch dann C6, wenn diese 6 eine Tredezime über dem Grundton liegt, also z.B.: c' - g' - e'' - a'', oder wäre da Cadd13 besser?
 
Hmm, jetzt blick ich nicht mehr durch.

Schreibt man nicht z.B. G4-3 bei Quartvorhalt oder Gsus4 bei Quarte statt Terz? Also dass die 4 nie vorkommt, würde ich jetzt nicht behaupten.

Außerdem lohnt es sich, sich immer wieder mal zwischendurch den Grund für die "seltsame" Bezifferung (9 statt 2, 11 statt 4, 13 statt 6) in Erinnerung zu rufen: Stichwort Terzschichtung.

Ja, also ist die entscheidende Frage doch: Ist die "Quarte über dem Grundton" ein eigener Ton in der Terzschichtung eines Dreiklangs (-> schreibe 13) oder ersetzt er einen anderen Ton(-> schreibe 4 [zu drei, statt drei, etc.]). Außerdem denke ich, dass eine wesentliche Frage die der Zeit ist. Die Zahlen und Zeichen werden generell in den Ländern und Zeiten sehr unterschiedlich gebraucht: Stufentheorie, Generalbass, Funktionstheorie (schon hier schreiben unterschiedlich Autoren auf verschiedene Arten und Weisen), verschiedene Schriften in Pop-Büchern, von Jazz habe ich keine Ahnung...

Jetzt spiele ich schon viele Jahre, aber die vielen nicht zentral gepflegten Regeln für Akkordsymbole schaffen es immer wieder mich zu überraschen. ;)

Ja, jeder Musiktheoretiker stößt wohl irgendwann an die Grenzen seines genutzten Bezeichnungssystems und versucht dann, Lösungen und neue Bezeichnungen zu finden und dann versuchen andere, es wieder zu vereinfachen und andere wieder es zu präzisieren... Dann noch die Fälle, wo sich neu erfundene Zeichen früher nicht richtig drucken ließen und deshalb Ausweichzeichen erfunden wurden (früher). Es ist wie eine Sprache, da erfinden wir schließlich auch immer wieder neue Wörter und haben Dialekte.
 
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Also dass die 4 nie vorkommt, würde ich jetzt nicht behaupten.

Das HAT auch keiner behauptet, soweit ich das noch überblicke.

Aber in einem Domsept-Akkord (X7) ist die 4 halt keine mögliche Tension, sondern (man gehen die Terzschichtung nach oben) die #11.

In einem Moll-Sept-Akkord (Xm7) ist die mögliche Tension dann halt die 11.

LG
Thomas
 
in einem Domsept-Akkord (X7) ist die 4 halt keine mögliche Tension, sondern (man gehen die Terzschichtung nach oben) die #11.

Für mich ergibt sich daraus, dass die Bezeichnung "11" nur für eine Tension in der Jazz-Harmonik sinnvoll ist.
 
Aber in einem Domsept-Akkord (X7) ist die 4 halt keine mögliche Tension, sondern (man gehen die Terzschichtung nach oben) die #11.

So, jetzt komme ich auch nicht mehr mit. Warum #11 und nicht 11?
 
Weil einerseits in einem Dom.Sept.Akkord die 11 einen unschönen Clash mit der "normalen" Terz des Akkords bildet (Intervall b9 zwischen ihnen !),
und weil angesichts der Konstruktionsweise durch Terzschichtung nach der Tension 9 eben als nächstes die Tension #11 dran ist.

Thomas
 
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X11 ist problematisch (oops, turko war schon fleissig...)
Dominanten sind wegen der beiden Leittöne des Tritonus instabil, der Grundton des Imaj7 Akkords (also die "11") ist Ziel und Ruhepunt der kadenziellen Bewegung und würde daher in der Dominantfunktion als Avoid Note empfunden.
Auseinanderklamüsert: der Beispielakkord G7 enthält als Tritonus das h und das f, der Grundton des Imaj7 und damit Avoid Note ist natürlich das c.

Es gibt aber den wohlklingenden Xm11, sprich den erweiterten Mollseptakkord.

Etwas anderes ist sus4 oder - wie turko schon hinwies - die Alteration #11.

Graf/Nettles weisen darauf hin, dass bei einer subdomantischen Funktion des sus4 Akkords der Grundton vom Akkordaufbau getrennt notiert werden kann (hybrid chord).
sus4_subdom.jpg


Gibt es einen Grund, warum man das bei C2/C9 und C4/C11 nicht genauso macht?
Schreibt man eigentlich auch dann C6, wenn diese 6 eine Tredezime über dem Grundton liegt...
M.E. ja, deshalb mein Hinweis zur unterschiedlichen Funktion dieser beiden Akkorde C6 & C13.

Gruß Claus
 
Zuletzt bearbeitet:
Schreibt man eigentlich auch dann C6, wenn diese 6 eine Tredezime über dem Grundton liegt, also z.B.: c' - g' - e'' - a'', oder wäre da Cadd13 besser?
Da ist meiner Einschätzung nach ein grundlegender Denkfehler drin: Die Jazzharmonik und ihre Akkordsymbolik will nicht einen bestimmten gespielten Akkord in ein Akkordymbol übertragen, sondern sie beschreibt die grundlegenden harmonischen Zusammenhänge eines Stückes unabhängig der jeweils tatsächlich erklingenden Ausformung der Akkorde.

Anders ausgedrückt:

Zuerst ist das Akkordsymbol da, dann überlegt sich der Spieler, welche Möglichkeiten er hat, diesen Akkord an seinem Instrument umzusetzen. Bei 6 heißt das z.B., daß der Spieler sich aussuchen darf, wo genau die 6 liegt, eine Oktave höher oder tiefer, das ist nicht festgelegt. Das kann man sich je nach Gegebenheiten des Stücks, des Stils etc. dann einfach aussuchen. Je mehr Erfahrung der Jazzmusiker hat, desto mehr Varianten hat er, um ein Akkordsymbol am Instrument umzusetzen. Das kann bis dahin gehen, daß er z.B. bei einem C6 Akkord weder ein C noch ein A spielt, sondern z.B. e, g, h, d, fis, weil er aus dem Akkordsymbol herausliest: "Aha, hier ist Subdominante von G-Dur gemeint, da kann ich statt C6 auch Cmaj9 (#11) spielen, den Grundton spielt der Bassist (oder auch nicht), also lasse ich ihn weg."

Es ist nicht so, daß zuerst der gespielte Akkord da ist und man danach versucht, ihn mittels Akkordsymbol in exakt dem vorliegenden Voicing aufzuschreiben.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Zuerst ist das Akkordsymbol da

Hallo McCoy, also irgendjemand muss ein Akkordsymbol ja mal aufgeschrieben haben, bevor es dann da ist. Ich vermute schon, dass diese Leute das meistens auch erstmal selbst spielen, bevor sie es aufschreiben, und sich nicht nur alles theoretisch ausdenken. Viele werden sich auch irgendwas dabei denken, warum sie einen Akkord auf eine ganz bestimmte Weise aufschreiben, und darum geht es doch hier. Was ein Spieler dann daraus macht, ist ein anderes Thema.

Meine zitierte Frage habe ich nicht gestellt, weil ich ein Bedürfnis hätte, Akkorde ganz exakt aufzuschreiben und festzulegen, wie sie zu spielen sind. Im Gegenteil würde ich mich da eigentlich lieber rein auf die harmonischen Zusammenhänge beschränken. Sondern ich habe das gefragt, weil es mich irritiert, dass immer wieder überall gesagt wird, dass dass 2/4/6 falsch sei und man statt dessen 9/11/13 zu schreiben habe.
 
Das liegt ganz einfach daran, dass ein Akkord ja durch Terzschichtung entsteht.
Versieht man die Töne mit Zahlen, ist der Grundton die 1, die Terz die 3, die Quinte die 5, die Septime die 7.
Würde es nun Sinn machen, bei der nächsten Terzschichtung wieder bei 2 anzufangen? Eher nicht. Deshalb zählt man einfach weiter, 9, 11, 13.
 
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Hallo McCoy, also irgendjemand muss ein Akkordsymbol ja mal aufgeschrieben haben, bevor es dann da ist. Ich vermute schon, dass diese Leute das meistens auch erstmal selbst spielen, bevor sie es aufschreiben, und sich nicht nur alles theoretisch ausdenken. Viele werden sich auch irgendwas dabei denken, warum sie einen Akkord auf eine ganz bestimmte Weise aufschreiben, und darum geht es doch hier. Was ein Spieler dann daraus macht, ist ein anderes Thema.
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Ich vermute, McCoy wollte darauf hinaus, daß ein Akkordsymbol weniger den Akkord beschreibt, den ein Gitarrist/Pianist zu spielen hat, als vielmehr das gesamte harmonische Geschehen der ganzen Band und des Gesanges an einer bestimmten Stelle.

Thomas
 
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Hallo,

ich bin gerade ein paar Notenbeispiele für mögliches Ausgestalten von Leadsheets auf dem Piano durchgegangen. Dabei ist mir etwas aufgefallen, das ich schon öfters gesehen und gespielt habe und mir aber bisher keine Gedanken zu gemacht habe: das Akkordsymbol enthält die None, es wird aber in den ausnotierten Noten die Sekunde hinzugefügt. Mir ist soweit klar, dass eine None Oktav plus Sekunde ist, aber warum dann überhaupt die None notieren und nicht die Sekunde?

Beispiel: es wird C9 über dem Notensystem notiert, aber ausnotiert stehen dort die Töne c1, d1, e1 und g1. Warum nicht C2?
Die Akkorderweiterungen None (9), Undezime (11) und Tredezime (13) werden durch Terzstapelung erreicht.
Die aus dieser Terzanordnung hervorgehende "obere" Lage dieser 3 Akkorderweiterungen ist innerhalb eines Voicings nicht unbedingt zwingend.
Alle 3 Tensions (=Akkorderweiterungen) können durchaus auch als mittlere und untere Stimmen innerhalb eines Voicings auftreten.

Deine Angabe C9 seien die Töne c1, d1, e1 und g1 ist falsch.
 

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