Ich habe mir die vollen 1 1/2 Stunden dieses Panels angesehen und fand es eine sehr deprimierende Erfahrung. So sehr ich die anwesenden Koryphäen für das, was sie geleistet haben, bewundere, habe ich doch den Eindruck, dass sie mittlerweile zu sehr "alte Hasen" sind, die die Bedeutung moderner Entwicklungen nicht mehr sehen können. Dies war besonders bei den Zuschauerfragen am Ende zu erkennen.
Ein paar Punkte:
- OSC schien den Panel-Experten nur halbwegs ein Begriff und wurde nur als Ersatz für MIDI gesehen. Das ist m.E. Quatsch, denn zwar löst OSC teilweise die gleichen Probleme wie MIDI, setzt aber auf eine ganz andere Infrastruktur auf (IP-Netzwerke) und definiert auch, im Gegensatz zu MIDI, keine verbindliche "Sprache", es ist nur ein Kommunikationsprotokoll.
- Es wunderte mich ein wenig, dass keiner das Fehlen einer verbindlichen MIDI-Merge Funktion im MIDI Standard als Manko nannte. Dabei ist hier gefühlt jede zweite MIDI-Frage von jemand, der darüber stoplpert, dass man bei mehr als zwei MIDi-Geräten, von denen mindestens zwei MIDI-Daten senden, nicht mehr alleine mit den MIDI-Thru Buchsen auskommt.
- Wie in der Diskussion (die ja eher ein Reminiszieren war) ab und zu anklang, ist MIDI viel zu sehr auf Keyboarder (und heutzutage DAW/DJ-Controller) ausgerichtet. Vernünftige MIDI-Unterstützung für andere Instrumentengattungen, die deren Ausdrucksmöglichkeiten voll unterstützt, ist auch nach 30 Jahren selten.
- Die MIDI Ascociation tut eigentlich seit Jahren nichts, als den Status Quo zu bewahren. Die großen Hersteller machen nicht mal mehr den Versuch, einen würdigen Nachfolger von MIDI zu schaffen und zu etablieren.
- Findet es eigentlich keiner außer mir problematisch, dass sich mit Apples Implementierung von RTP-MIDI mittlerweile etwas als Quasi-Standard für MIDI über Netzwerk etabliert hat, das nur teilweise dem Standard entspricht und Teile dessen nicht offengelegt sind und deswegen von anderen nur durch Reverse Engineering implementiert werden kann? Scheinbar gibt es da jetzt wohl Standardisierungsbestrebungen der MMA. Ich bin mal gespannt, wie offen das wird...
Meiner Meinung nach wird sich in Zukunft die Innovation im Bereich der elektronischen Instrumente bzw. solcher, die zumindest elektronisch miteinander kommunizieren können, immer mehr auf kleinere Hersteller und den DIY Bereich verlagern. Die Explosion bei den Tools für die günstige Entwicklung von Mikrocontroller-gesteuerten Gadgets trägt hier einen großen Teil zu bei und ein andere Faktor ist, dass es viele Programmierer gibt, die sich (meist im Rahmen von VST oder OpenSource Audio-Frameworks) mit DSP-Programmierung beschäftigt und Kompetenz gesammelt haben. Die ersten Open Source Synthesizer (z.B. Shruthi) gibt es ja schon. In der Zeit der 3D-Drucker scheinen hochwertige DYI-Kontroller sogar mit Tasten o.ä. in Zukunft nicht mehr unmöglich.
Chris
