Welchen Kammerton bevorzugt ihr?

  • Ersteller Christian_Hofmann
  • Erstellt am
das es scheinbar Zeiten gab wo der Kammerton sehr viel Höher noch war.

Vielleicht liest Du Dich mal etwas genauer ein.
"Der Kammerton" war niemals höher oder tiefer, es gab niemals einen allgemein verbindlichen Ton !
Es war immer lokal/landschaftlich/instrumentenspezifisch/individuell unterschiedlich. Und ist es bis heute.
Alleine auch aus physikalischen Gründen.

Zur Erinnerung: Stimmgabeln wurden im 18. Jahrhundert entwickelt. Das Pariser Urmeter ist von 1799.
Und das bedeutet nicht, daß dies dann innerhalb von zwei Wochen bis ins letzte Alpental gedrungen ist.
Längenmaße waren lange z.B. der "Fuß", welcher in verschiedenen Fürstentümern verschieden war.
Genaue Zeitmessung ist noch viel jünger. Es gab also lange Zeit gar keine technische Möglichkeit, Kammertöne in der Genauigkeit von einzelnen Hertz zu bestimmen. Ganz davon abgesehen, daß es keinerlei Notwendigkeit für eine globale Abstimmung gab.
Und das zusätzlich zur wechselnden Temperatur z.B. bei Blasinstrumenten.
Der Begriff von Genauigkeit war damals noch ein anderer.
Jede Orgel im 18. Jahrhundert war ein Unikat und wurde mal höher, mal tiefer gebaut.
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Das bedeutet: Kalter Proberaum im Winter klingt schnell mal einen guten Halbton tiefer als ein gut warmer Proberaum im Sommer.
Wir reden also bei 440 Hz nicht über eine Abweichung von 8 Hz, sondern mehr als 25 Hz ...

Ganz so schlimm ist es nicht - 25 Hz sind immerhin ein Ganzton.
Aber es ist schon klar, was Du gemeint hast und Du hast völlig recht.


Es gab also lange Zeit gar keine technische Möglichkeit, Kammertöne in der Genauigkeit von einzelnen Hertz zu bestimmen.

Muss man doch auch nicht können, denn den gängigen Verschwörungstheorien zufolge "sprürt" man das doch und muss lediglich so stimmen, dass man mit dem Kosmos in Resonanz gerät.
Aber Scherz beiseite: So ist es und genau das ist eine Tatsache, die gerne völlig ignoriert wird und erst mit Erfindung der Stimmgabel 1711 war eine bestimmte Frequenz "transportabel" geworden, denn ohne direktes Vergleichshören ging es ohne die erforderlichen Messmöglichkeiten einfach nicht.


Und da sind wir schon bei der Frage nach einem "natürlichen" Kammerton.

Für mich ist der "natürliche Kammerton" instrumentenabhängig: ganz einfach der Kammerton, für den das Instrument gebaut wurde und bei dem es so klingt, wie es klingen soll.

  • Bläser sind aus genannten Gründen stark temperaturabhängig und können nicht immer mit Gewalt auf einen bestimmten Kammerton gebracht werden: Entweder geht das Mundstück nicht weiter "rein" oder es fällt heraus. Zudem stimmen Blasinstrumente "in sich" nicht mehr, wenn man zu sehr von der Soll-Stimmung abweicht.
  • Streicher klingen "brillanter", wenn man die Saiten stärker spannt. Geschmacksache, die dazu geführt hat, dass z. B. Karajan in irrwitziger Weise den Orchester-Stimmton immer weiter nach oben getrieben hat.
  • Im Zusammenspiel gilt, dass man sich nach einem evtl. mitspielenden Klavier oder einer Orgel richtet, weil die nicht mal eben umgestimmt werden können.

Nur noch einen kurzen Satz zu bereits hinlänglich diskutierten 432-Hz-Esoterik:
Beethovens Stimmgabel (ist in der British Library in London zu bewundern) steht auf knapp über über 455 Hz.
Wahrscheinlich war das für den armen Beethoven so unerträglich, dass er es vorzog, zu ertauben.

Viele Grüße
Torsten
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Nur noch einen kurzen Satz zu bereits hinlänglich diskutierten 432-Hz-Esoterik:
Beethovens Stimmgabel (ist in der British Library in London zu bewundern) steht auf knapp über über 455 Hz.
Wahrscheinlich war das für den armen Beethoven so unerträglich, dass er es vorzog, zu ertauben.
Also zusammenfassend könnte man sagen dass man gut beraten ist so zu musizieren wie es einem selber am besten gefällt, wenn man gemeinsam mit anderen Instrumenten spielt muss man sich auf einen gemeinsamen Nenner einigen der für alle sinnvoll ist. Was dann bedeutet das diese Diskussion in der Praxis dann wohl kaum eine Rolle spielt und eher von Ideologien getrieben wird.

Habe ich es soweit richtig verstanden?
 
... gute Quelle zu dem Thema die objektiv daran geht ...

Eine gute Frage ... und bei einem diffusen, weltweiten Sujet gar nicht einfach ... ;)
Es geht ja letztlich ums Zusammenspiel verschiedener Leute und das hat viele Aspekte.

Ich selbst kam wegen meiner alten Tuba darauf, mich mit Stimmtönen zu beschäftigen. Die Tuba war einfach viel zu hoch und ich mußte mir eine Mundrohrverlängerung bauen lassen. Das war dann der Start zu genauerer Betrachtung.
Einen kleinen Orgelbauer-Hintergrund habe ich auch noch aus alter Zeit.

Ein Einstieg kann der Chorton/Orgelton sein, der dem türkischen Ton ähnlich ist oder gar gleichzusetzen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Orgelton

Eher zufällig stieß ich auf den schon erwähnten Joachim Quantz, mit seiner Flötenschule.
Da stehen generell interessante Dinge drin, sowohl zur Spieltechnik als auch generell zu Musik und Theorie.
Im 17. Hauptstück, 7. Abschnitt, §6 ff. stehen ein paar Sätze zum Kammerton/Stimmton.

https://de.wikisource.org/wiki/Vers...Flöte_traversiere_zu_spielen/XVII._Hauptstück

Diese Flötenschule entspricht natürlich nicht mehr unserem aktuellen didaktischen Struktur-Anspruch, da gehen die Themen manchmal ineinander über. Trotzdem interessant zu lesen.
(Z.B. ist für Quantz ein "Gis" tiefer zu stimmen als ein "As". Ihm waren die reinen Terzen noch wichtig, Leittöne dagegen weniger. Der Terminus "Leitton" taucht bei ihm noch nicht einmal im Schlagwortregister auf)
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Was dann bedeutet das diese Diskussion in der Praxis dann wohl kaum eine Rolle spielt und eher von Ideologien getrieben wird.

Persönlich würde ich das so sagen. Wer an kosmische Resonanzen glaubt, wird das wohl anders sehen ... ;)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Persönlich würde ich das so sagen. Wer an kosmische Resonanzen glaubt, wird das wohl anders sehen ... ;)
Wobei ich solche Aussagen schwierig finde im Bezug auf Musik. Es ist ja bekannt das Musik große Wirkung auf uns Menschen haben und bestimmte Frequenzen wohl scheinbar besondere Wirkungen haben. Ob es nun Physikalisch/Biologische Gründe hat oder der Glaube daran sei mal dahingestellt aber Musik tut doch mit uns allen irgendwas. Wobei es da ja egal ist ob Beethoven oder Metal. Wobei ich ersteres bevorzuge :)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Ach quatsch, die flache Erde wird als Referenz genommen. Offizielle Angaben sind doch nur Fake News :evil:
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Und genau die 432-Esoteriker spielen konsequent einen Halbton am Planetenton der Erde vorbei.
Super Wirkung !! :claphands:

... und verhindern damit, dass die Erde durch eine Resonanzkatastrophe aus der Bahn katapultiert wird! :rofl:

Vgl. hierzu auch die Posaunen von Jericho, die allerdings durch die starke von @omnimusicus erwähnte Temperaturabhängigkeit nur bei geeigneten Witterungsbedingungen funktionieren..
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
... und verhindern damit, dass die Erde durch eine Resonanzkatastrophe aus der Bahn katapultieren wird! :rofl:

So habe ich das noch nie gesehen. Esoterik rettet somit die Welt.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Esoteriker sind gute Kunden. Man wirft einen Sinusgenerator an, speichert 75 Minuten als Audio, brennt es auf CD und verkauft es als Tonheilung die ein neues Konzept nutzt um mit Schall alle schädlichen Frequenzen zu eliminieren wie 2G-8G Netze, Magnetfelder, vertreibt effektiv alle Reptiloide, zieht Ufos an und noch vieles mehr.

Kostet auch nur 199 Euro zzgl. Versand. Ihr seid miserabel wenn es um Marketing geht :)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Mist, und ich schlage mich noch mit Einhorn-Essenz und Feenstaub herum ... Ja, da habe ich noch viel zu lernen.


Posaunen von Jericho

der entgültige Nachweis steht noch aus, aber einige ernsthafte Forscher gehen inzwischen davon aus, daß die Posaunen damals überwiegend pickel- und spatenförmig gebaut wurden und relativ temperaturunabhängig waren.
Es hing wohl eher am Temperament der Benutzer ...

So, dann habe ich auch mal Fake-News in die Welt gesetzt ;)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
der entgültige Nachweis steht noch aus, aber einige ernsthafte Forscher gehen inzwischen davon aus, daß die Posaunen damals überwiegend pickel- und spatenförmig gebaut wurden und relativ temperaturunabhängig waren.
Wenn man bedenkt das Blasinstrumente mit die ältesten Instrumente sind kann man da viel spekulieren. Ich denke einmal vor 4000 Jahren waren solche Dinge über die wir heute diskutieren unbekannt und vermutlich wird man Musik aus dieser Zeit nach heutigen Maßstäben eher als Lärm bezeichnen :)

Wenn man mal logisch an die Sache geht ist ein Kammerton ja auch nur das Ergebnis alles in Normen zu stecken. Theoretisch kann ich ja einen beliebigen Ton/Frequenz nehmen nach dem ich mein Instrument dann stimme. Nach unseren Normen wäre das dann quatsch aber akustisch sollte es ja Sinn ergeben, so lange alle mitspielenden das selbe machen.
 
Klar, dem einsamen Flötenspieler vor 40000 Jahren, dessen Flötenreste bei mir in der Gegend gefunden wurden, war es noch ziemlich egal, was sein Grundton war. Der kam sich mit keiner Oboe oder einem Cembalo in die Quere.

Verstehen kann ich Vereinheitlichungsbestrebungen späterer Zeit schon, denn es macht schon Sinn, wenn ich eine in Polen gebaute Klarinette auch in Portugal verwenden kann, ohne sie - oder die Noten - vorher umbauen zu müssen.
Saiteninstrumente haben es da gerne leichter, weil die Saiten sowieso ständig gestimmt werden müssen und ein relativ großer Stimmbereich möglich ist, zumindest im Vergleich mit Blasinstrumenten.

Aber wenn drei bestimmte Musikanten zusammen irgend etwas anders machen, dann machen die drei es eben anders. Wie Du schreibst, es ist beliebig. Wenn die drei in sich zusammenpassen, ist es ok und nutzbar.

Es hat vieles rein mit (lokaler) Konvention und Gewohnheit zu tun. Griffweisen, Notationsdetails, da ist viel Spielraum für Spezifika. Selbst heute, wo man meinen könnte, es sei alles geregelt.
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Wenn man mal logisch an die Sache geht ist ein Kammerton ja auch nur das Ergebnis alles in Normen zu stecken.
Ja, aber diese Normerei hat in der Praxis den unschätzbaren Vorteil, dass jeder, der sich einfach nur an die Norm hält, in der Lage ist, mit anderen zu spielen, die das auch tun. Ich stelle mir gerade eine europaweite Jamulus-Session vor, bei der in jedem Land ein anderer Kammerton gilt. Da ist die Latenz das kleinste Problem.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Gibt es eigentlich Kombinationen wo Instrumente unterschiedliche Stimmungen haben um besser zu harmonisieren? Wobei es ja nicht nur der Kammerton ist bei Stimmungen. Vermutlich ein Bereich zu den man Bibliotheken füllen könnte
 
Gibt es eigentlich Kombinationen wo Instrumente unterschiedliche Stimmungen haben um besser zu harmonisieren?
Was meinst du damit?
 
Gibt es eigentlich Kombinationen wo Instrumente unterschiedliche Stimmungen haben um besser zu harmonisieren?
Die Stimmung eines Instruments ist nicht das Gleiche wie das Stimmen auf eine Kammertonfrequenz, oder besser gesagt auf einen Stimmton.

So kann z.B. eine Altflöte in G oder in F mit einer Trompete in Bb, C, D oder Eb samt Geigen zusammenspielen, aber sie werden sich auf eine gemeinsame Kammertonfrequenz einigen müssen, sonst klingt es etwas ungewöhnlich.



Gruß Claus
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben