Wie hört man / ihr Klassik? Empfehlungen für mich?

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A.N. Other
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Die Frage hört sich zwar etwas strange an, ist aber durchaus ernst gemeint.

Ich habe nach einer Ewigkeit "Klassik-Abstinenz" beschlossen, mich entgültig richtig in Klassik einzuhören. Das Problem ist nur: Das Feld ist unendlich und ich weiß nicht, wo anfangen.

Des weiteren, weiß ich nicht, wie man "richtig" Klassik anhört.

Zu meinen musikalischen Wurzeln, ich höre mittlerweile bis auf einige Ausnahmen "interessanten" Black Metal (Nocte Obducta, Dornenreich, Burzum, Negura Bunget, Alcest uvm.) und "normalen" Metal (Fear Factory, Therion, Die Apokalyptischen Reiter, Eisregen), des weiteren bin ich anderen Musikrichtungen, wie 80er (Sisters, Joy Division, Cure), Mittelalter, "früher" Elektro (Jarre, Kraftwerk), Post-Rock (Explosions in the Sky, Mogwai, Sigur Ros) durchaus zugeneigt.

An Klassik gefällt mir sehr:

Verdi - Requiem - Dies Irae (Bombast ohne Ende)
Beethoven - Sinfonien
Schubert - Winterreise
Vivaldi - Vier Jahreszeiten - Sommer
Mozart - Requiem
Chopin - Etudes

Wagner will ich schon ewig anhören, aber woher nehmen, wenn nicht stehlen...


Mein Hauptproblem bei Klassik ist, dass es so viele verschiedene Interpretationen gibt, so dass ich nie weiß, was man anhören sollte und was nicht.

Es ist nicht: Band - Album - Lied

sondern z.B: Komponist - Dirigent - Orchester - Werk - genaue Liedbezeichung

Das kann sich doch kein Mensch merken?

Gibt es in der Klassik Dirigenten / Orchester / Labels, die durchweg gut und anerkannt sind? Oder bleibt mir nichts anderes übrig, als jede einzelne der Vivaldi - vier Jahreszeiten Vertonungen durchzuhören und mir die Beste rauszusuchen?


Des weiteren weiß ich nicht, wie hört man eigentlich "richtig" Klassik.
Klassik ist für mich zum Großteil extrem komplex und uneingängig (z.B. Mozarts Requiem) und ich behaupte, dass man das nur gut finden kann, wenn man es einmal mit Partitur "durchgearbeitet" hat, weil man sonst von der Fülle der Details erschlagen wird?

Vermutlich sind dann auch gute Boxen Pflicht, um alle Details erfassen zu können, bzw. gute Kopfhörer und Dunkelheit und Konzentration?

Ist es so, dass Klassik keine "Nebenbei hören" Musik ist, sondern wirklich 100% Aufmerksamkeit erfordert? Beim Metal geht es großartig nebenbei und dann fällt oft auf: "Ah, geiles Riff, das Lied merk ich mir." Bei der Klassik scheiterts schon daran, dass sich manche Sachen für meine ungeübten Ohren wie eine gigantische Soundwand ohne "eingängige" Stimmen anhören - ganz zu schweigen vom Titel ;)

Was ich mich auch frage, gibt es "Underground Komponisten", oder gilt bei Klassik die Regel, was bekannt ist, ist auch gut? Ich meine, "Imperium Dekadenz" wird wohl den Wenigsten etwas sagen, "Burzum" hingegen vermutlich schon.

Was mir sehr gefällt, sind, wie man aus meinem "normalen" Musikgeschmack entnehmen kann, eher düstere Sachen, die Winterreise, die Kindertotenlieder etc. finde ich sehr gut, aber auch von Bombast (Verdis Dies Irae) lasse ich mich sehr gerne vom Hocker reißen. Des weiteren mag ich "simpel" gestaltete, eingängige Schönheit (Chopins Regentropfen Prelude, Beethovens Mondscheinsonate) auf dem Klavier.


Kurzfassung meiner Fragen:

Wie hört man Klassik?
100% Konzentration? Geht es auch "nebenbei"?
Partitur Pflicht? Wenn ja, bei was? bei Kunstliedern wird es wohl nicht so nötig sein wie bei einer Motette?
Welche Dirigenten / Orchester / "Labels" sind durch die Bank weg gut?
Gibt es empfehlenswerde "Undergroundkomponisten", oder gilt bei Klassik Bekannt = gut?
Oder ist das alles reine Geschmackssache, kann auch eine 1 € CD vom Grabbeltisch eine hervorragende Interpretation sein?
Was gibt es, aufgrund meines oben genannten Musikgeschmacks für Empfehlungen?


Viel Text, ich hoffe, ich bekomme einige gute Antworten, ich halte viel von diesem Forum hier und weiß, dass es hier einen Haufen kompetenter Leute gibt und ich denke mir - wo bekomme ich gute Antworten, wenn nicht hier? :great:
 
Eigenschaft
 
Wenn du hier blätterst, findest du einige ansichten über fragen die du aufwirfst, und die dich von einigen vorurteilen befreien könnten.
Mein erster rat ist ganz einfach: wachen sinnes zuhören, verfolgen, was in der musik sich abspielt, im konzert die musiker beobachten, im TV macht das für dich ein regisseur außer bei produktionen von Karajan, der alles auf die eigene person konzentriert. Bei anderen dirigenten kann das aber aufschlussreich sein, sie geben impulse, die auch hörbar werden.
Die zweite stufe wäre information über musikgeschichte, biographien, musikalische stile, musikinstrumente, die organisation von klanggruppen vom soloinstrument zum großen orchester mit dem ziel, differenzierter zu hören, etwa wenn man eine oboe von einer klarinette unterscheidet.
Die dritte stufe wäre partiturstudium, um auch zu sehen, was der komponist hinterlassen hat. Auch dem laien erschließt sich mit einiger übung die graphische darstellung der musik, zumindest im groben. Es gab einmal eine andere kultur in Deutschland, da wurden studienpartituren wie programmhefte verkauft.
Lass das suchen nach der "besten" interpretation, im vordergrund sollte das werk stehen, unterschiede in technischer qualität und eine bandbreite bei der wiedergabe sind selbstverständlich. Ich möchte keinen pianisten hören, der ein werk so spielt wie ich, ich bin neugierig, wie er herangeht. Richtigen murks gibt es in der klassik nicht, ohne ein gewisses niveau kann sich keiner mehr hören lassen. Eher kann man sagen, so gut und exakt wie heute ist noch nie gespielt worden.
Auf ehrliche fragen gibt es ehrliche antworten, nicht nur von mir. Dann man tau!
 
Hi - das sind viele Fragen, und ich werde gar keine beantworten.

Zum Teil, weil ich eher klassik-noob bin.
Was mich aber in gewisser Weise Dir verbunden macht. Weshalb ich Dir ohne weiter Begründung folgendes anempfehlen möchte: Eric Satie - er hat gar nicht soooo viele Sachen gemacht, aber sozusagen sehr reduzierte und melancholische Musik auf Klavier (das hier geht so in die Richtung: http://www.youtube.com/watch?v=GWrxs2RDNRU&feature=related - und das ist er bzw. eine seiner Kompositionen: http://www.youtube.com/watch?v=WSxDjW9bLCQ ). Dann würde ich Dir einfach mal Yann Thiersen anempfehlen - er ist zwar kein "Klassiker" - aber er macht wunderbare klassische Musik - ich möchte Dir einfach das folgende zum Reinhören (und eben auch mal "nebenbeihören" empfehlen http://www.youtube.com/watch?v=FJifgV5bjZA&feature=related bzw. ) bzw. auf jeden Fall den song von ihm "Le jours tristes".

Dann hör doch mal rein in Tschaikowsky Opus 35 http://www.youtube.com/watch?v=hWOudPyNvM0 - mich haut das einfach um ... Also das ist mit Sicherheit keine Musik zum Nebenbeihören, aber ich finde sie emotional so dicht und gleichzeitig so zerrissen - unglaublich.

Und dabei fällt mir folgendes auf: Ich habe, da dieses opus mein Lieblingswerk ist, locker über 10 Fassungen gehört. Du hast vollkommen recht: die Interpretation und der Dirigent und das Orchester haben ihren Einfluß - das ist einfach so. Trotzdem kann das ein Werk nicht zerstören. Also - wenn Dich etwas packt ist das sozusagen der song selbst - egal wer ihn jetzt gerade covert. Auf der anderen Seite habe ich gemerkt, dass mir bestimmte Dirigenten neue Welten öffnen können - ganz einfach durch ihre Art, wie sie an klassische Werke herangehen. Wenn ich mich an die gehalten habe, konnte ich sozusagen nicht fehlgehen - denn das wäre in gewisser Weise auch mein Zugang gewesen.

Also höre ruhig von einem Werk sehr viele Fassungen, schaue dann, welcher Dirigent und welches Orchester Dir etwas sagen, folge dann dem Pfad und schau wohin er Dich führt. Und lass Dir Zeit - es geht nicht darum, etwas abzuhaken. Manchmal sagt Dir klassische Musik nichts - das ist so.

Ach so - einer der Dirigenten, die mich gepackt haben, war Ozawa http://de.wikipedia.org/wiki/Seiji_Ozawa - weil er einfach sehr vielschichtig und "extrem" ist - beispielsweise gegenüber Karajan.
Hör auch mal in die Vivaldi-Version der 4 Jahreszeiten von diesem Menschen herein: http://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaus_Harnoncourt

Also es gibt bei der Klassik so wenig "gut" wie "schlecht" oder objektiv wie subjektiv wie im Rock oder Metal auch - es gibt anerkannt und erfolgreich und innovativ und modisch wie überall - lass Dich da nicht allzusehr beeindrucken, sondern freu Dich lieber darüber, dass es woanders auch so ist.

Ach so: Und benutz einfach die Gelegenheit und geh mal sozusagen in ein "live Konzert" - also in eine Aufführung klassischer Musik - das Klangerlebnis läßt sich nicht auf CD bannen.

Und: wenn Deine Boxen Metal gut rüberbríngen, dann bringen sie Klassik auch gut rüber - die Frequenzen sind gar nicht so weit auseinander (und ich schwöre Dir, dass manch ein klassischer Komponist gern einen amp gehabt hätte oder mindestens einen ordentlichen subwoofer ...).

Also: viel Spaß bei der Entdeckungsreise in die Welt der Klassik!

x-Riff
 
Einige ergänzende Notizen bzw. Antwort auf eure Posts:

Ich bin nicht 100%ig "neu" in der Klassik, d.h. Instrumente unterscheiden, Partitur, musikalische Stile o.ä. ist kein Problem :)

Was mich sehr freut, allein diese beiden Posts haben mir in gewisser Weise schon (wieder einmal) die Augen geöffnet. Ich habe hier zwei verschiedene Versionen von den vier Jahreszeiten, einmal mit Karajan, einmal mit Nigel Kennedy und beide haben ihre Stärken und Schwächen - perfekt wird es kaum geben, genausowenig wie es das "perfekte Album" ohne "Füllsongs" nur extrem selten gibt, ist eben eine Frage des Geschmacks.
Was ich hingegen extrem interessant finde, ist, dass für mich persönlich die Nigel Kennedy Version des Sommers wesentlich näher an meiner Vorstellung liegt als die Karajan Fassung, obwohl ich bereits dachte, dass Karajan fast perfekt wäre... Wie gesagt, vermutlich eine Sache der persönlichen Stimmung und Hörwilligkeit, bzw. des aktuellen Geschmacks - was mich auch dazu bringt, dass dieser Satz, dass eine andere Aufnahme bzw. ein anderer Dirigent ein als gut empfundenes Werk nicht in seinen Grundfesten erschüttern kann. Genial bleibt genial, egal ob auf billigen 6,99 € Aldi Boxen oder auf 50 € Sennheiser Kopfhörern, egal mit gutem oder schlechtem Solist, dann ist es halt etwas weniger genial und etwas mehr genial, aber nichtsdestotrotz - genial :D

Satie hab ich vorgemerkt, Yann Tiersen finde ich großartig, technisch extrem simpel aber sehr bewegend - bewundernswert :)

Das mit der Live-Sache - wenn ich Lust drauf habe, gehe ich in ein klassisches Konzert, aber bislang war ich immer eher weniger in Stimmung - mittlerweiel freue ich mich aber schon richtig auf mein erstes "großes" Konzert, wenn ich mir ein Werk richtig erschlossen habe und es dann vielleicht hier in Karlsruhe aufgeführt wird, das wäre schön :)

Kleinere Konzerte - in Karlsruhe gibt es ja dank Musikhochschule und Schlosskonzerten mehr als genug Möglichkeiten - werde ich in nächster Zeit auch wieder vermehrt besuchen - fester Vorsatz :D

Das mit dem "abhaken" ist tatsächlich irgendwie ein nerviges Denken von mir, ich habe den Drang, mir ein musikalisches Allgemeinwissen anzueignen und sorge mich, dass darunter die Musik leidet - aber wie ich meine Faulheit kenne, werde ich nichts überstürzen :D
 
Ich habe in Karlsruhe einige schöne opernaufführungen gesehen, wenn auch ein bekannter von mir, dort kapellmeister, sich über die beamtenmentalität der älteren musiker beklagte. Aber nach langem "dienst" ist das verständlich. Wie sagte ein alter "philharmoniker", gefragt, wie er denn dirigentenallüren ertrüge "Ich höre schon lange nicht mehr hin, was da vorn geredet wird".
Ich habe mir das werten abgewöhnt, ich gehe ja auch nicht durch den wald und suche den "besten" baum oder die gelungenste blume auf der wiese.
Auch in der "klassik" gibt es triviales und leeres getöse und mancherlei schaumschlägerei bei interpreten, es geht in der musik so zu wie woanders auch.
@A.N. Other
bei deinen vorkenntnissen verstehe ich dein problem nicht recht, zuhören und allmählich sein répertoire erweitern, ist doch nicht schwer. Unsereiner, der vieles kennt und vieles oftmals gespielt, produziert, gehört hat, hat es viel schwerer, sich die freude am hören zu erhalten und nicht in routine zu verfallen. Ein freund von mir schreibt kritiken, in oper und konzert denkt er immer "Was schreibe ich darüber?", andere sind so übersättigt, dass sie nichts mehr genießen können. Ich saß hinter dem ordinarius/musikwissenschaft einer Uni, er klappte am schluss zweimal in die hände und stelzte davon. Was für ein armer teufel (und selbst ein miserabler musiker) ! Er hatte zuhörend "dienst" gemacht.
Mich stört der applaus und das gebrüll, sobald der letzte ton noch in der luft schwebt. Sind diese leute froh, dass es endlich vorbei ist, haben sie irgendetwas erlebt oder nur den abendanzug oder das -kleid spazierengetragen? Die musik-genres sind auch klassenbezogen und der Philister im Schumannschen sinne sind viele, wenigstens zahlen sie und ermöglichen so den musikbetrieb.
 
meine anfänge waren schonmal recht falsch. ich schob die CD rein und ließ es so laufen, wunderte mich, dass die CD noch gar nicht zuende war als ich mal wieder genauer hinhörte. dann beschloss ich genauer hin zu hören, lieh mir was aus der bibliothek aus. natürlich einen komponisten der so hochgelobt bei einigen als gott der musik schlechthin verschrien ist: Bach
nun hörte ich also genauer hin und wurde förmlich erschlagen. was für ein wirrwarr und das dudelte immer weiter und hörte gar nicht mehr auf.
"das ist wohl nichts für mich" dachte ich mir und beließ es dabei.
ähnlich ging es mir bei den beethoven sinfonien. man kennt die bekannten motive aber das dazwischen blieb doch rätselhaft.
dvoraks 9. Sinfonie gefiel mir hingegen sofort komplett.
meine persönliche erkenntnis: willst du in die welt der klassik einsteigen, wähle für die ersten gehversuche zugängliche werke. sozusagen klassik für anfänger :D
beethoven spricht durch seine musik, malt abstraktes, während vivaldi konkrete bilder malt (jemanden der auf dem eis hinfällt) - das ist leichter verständlich und daher zugänglicher. noch schwerer wird es wenn wir uns wagner oder gar schönberg nähern wollen. die ganze welt lobt wagners Ring - "den musst du doch gut finden" dachte ich mir und war wieder überfordert.
deshalb solltest du mit den leichten sachen anfangen.
deshalb deine frage "bekannt = gut?"
ja warum nicht? aber wo stehen schon die normen für "gut"? bekanntes muss aber nicht immer eingängig sein. bekanntes muss nicht deinem geschmack entsprechen. bekanntes kann gehyped sein.

besorge dir hintergrundinformationen zu werken. stravinskys Frühlingsweihe ergibt beim "einfach so hören" keinen sinn. klar sind die melodien hörbar aber wenn man weiß dass in der "szene" ein Mädchen während eines heidnischen rituals geopfert wurde hört man das doch ganz anders. und wenn man weiß was für einen eklat die uraufführung mit sich brachte ebenso (das publikum war so verstört dass ein Tumult im konzertsaal zwischen "buu" rufern und leuten die das konzert weiter verfolgen wollten. damals wie heute haben skandale immer zur popularität beigetragen).

zu hintergrundiformationen gehört auch ein (grobes) wissen über die form des werkes. als ich wusste was fugen eigentlich waren hab ich es nochmal mit bachs kunst der fuge probiert und siehe da - ein licht geht auf und die musik macht klick.
"sonatensatz" ist hier ein wichtiges schlüsselwort... und wieder hat es klick gemacht und ich verstehe was beethoven da im ersten satz seiner sinfonie macht (zumindest formell).
du magst vivaldis 4 jahreszeiten? dann versuch doch mal herauszufinden was eigentlich ein kozert im vivaldistil ist. (Tutti/Solo/Ritornell/Modulation/programmatische motive) du wirst dich wundern welchen regeln die komponisten insgeheim folgen und welche sie brechen.

mit dem verstehen kam bei mir meistens auch das gefallen.

die partitur mitlesen macht bei recht übersichtlichen sachen sinn. bei großen werken wird man als anfänger vielleicht die übersicht verlieren und ist eher bemüht darum dem notentext zu folgen als zuzuhören. allerdings kann der notentext auch intresse an neuen passagen wecken... "hmm mozart hat dort eine chromatisch abfallende tonleiter im bass notiert - da muss ich nochmal genauer hinhören".
zu den dirigenten wurde viel gesagt. ich achte nicht mehr drauf. mit karajan hab ich gute erfahrungen gemacht, gebe aber gerne auch anderen dirigenten den vorzug.

inzwischen komme ich eigentlich ganz gut klar mit dem hören. kopfhörer auf und nicht durch andere tätigkeiten ablenken lassen. mal versuchen eine hohe stimme zu verfolgen, mal darauf achten ob eine bestimmte musikalische floskel wiederholt wird. ich muss mich aber auch immernoch an größere werke herantasten.

ps: ich finde mozarts requiem eigentlich noch relativ geeignet für den einstieg
 
Hallo!

"Hermeneutischer Zirkel" oder "Feedbackschleife":
Man hört etwas und will es verstehen.
Oder versteht etwas, und hört daraufhin etwas nochmal neu.
Hören - Verstehen - Hören - Verstehen ... das ist ein ewiger Kreislauf.
Reflektiert und reflektierend Musik hören.
Deine Hörerwartung ändert sich mir dem, was Du schon gehört hast, und umgekehrt.
Hat schon fast was östlich-philosophisches.

Mir ging das ähnlich mit Jazz und Free-Jazz.
Inzwischen hab' ich die Musik in mir und mich in der Musik gefunden.
Das war ein sehr langer, spannender und toller Weg ... und man geht ihn, obwohl man nie ankommt. Der Weg ist das Ziel.
Ich hab' noch (hoffentlich vile) spannende Jahrzehnte mit Musik vor mir.

Ich bewege mich allerdings in der erweiterten Feedbackschlief, da ich auch hobbymässig selbst Musik mache.

Und wenn einer sagt: "Das musst Du toll finden!" ... das stimmt nicht. Sein Weg ist nicht Dein Weg.

Philosophierende Grüße
Roland
 
in bibliotheken gibt es auch sehr viel für kostenlos. ist meine persönliche fundgrube - momentan hab ich hier mehr Cds rumliegen als ich hören kann...
 
Eins meiner Erlebnisse zum Thema Klassik-hören:

Meine Eltern hatten (haben? weiss net, lange her) ne reecht grosse CD-Sammlung an E-Musik-Werken jeglicher Epochen. Die sind früher schon immer bei uns im Wohnzimmer rauf-und-runtergespielt worden. Später hab ich dann auch für mich selbst hinzuhören begonnen, dann auch zu meinen Lieblingen Partituren besorgt etc.
Und irgendwann dann ging ich in die Zürcher Tonhalle und habe mir live Mahlers 6te angehört. Und dies war dermassen, wie soll ich sagen, orchestral.. ich konnte sie danach nicht mehr zu Hause hören, für mich verlor sie so viel Wirkung. Und immer herrschte der Gedanke: Wie soll den ein ganzes Orchester in meine Wohnung passen?

Als ich dann bisschen später auch noch Tschaikowskys Sklavenmarsch live erleben durfte, hatte ich mir das "zu-hause-hören" sichtlich verbaut. Jetzt mach ich das wirklcih nur noch selten, Dass ich "grosse" Stücke zu Hause ab Platte höre. Wenn dann eig. immer mit Partitur..
Übrig ist mir im Bereich E-Musik (was ich übrigens ne saudämliche Bezeichnung finde :)) noch die Kammermusik, oder Solo-Stücke etc..

Mag auch nur an mir liegen, aber wollte die Erfahrung mit euch teilen, dachte auch, das passt hier rein, zum Stichwort, wie man Klassik hört. :)

mfGLue
 
Zweifellos ist das Live-Erlebnis sehr viel wirkungsvoller als Musik aus der "Dose".
Wenn ich das richtig erinnere, war es im Jahr des Mauerfalls, als ich die Gelegenheit hatte, die Berliner Philharmoniker unter Daniel Barenboim mit Bruckners 4. Sinfonie zu hören, ein gewaltiges Werk, das mich sehr berührt hat. Obwohl nun fast 20 Jahre vergangen sind, bleibt mir ein Vorfall in Erinnerung, den ich so nie wieder erlebt habe:
Der letzte Ton war gerade verklungen, als eine Stimme aus dem Hintergrund laut und vernehmlich rief: "Die reine Willkür...", momentane Stille, dann aber tosender Beifall für Orchester und Dirigent.
Für mich war das Konzert Anlass genug, mich mit Bruckners Musik zu befassen, die ich bis dato kaum kannte. Man braucht oft einen gewissen Auslöser, um sich weiter umzusehen(besser: umzuhören). Die Musik ist so reichhaltig, so vielfältig, so spannend, gerade, wenn man sich auf Neues einläßt, neue Entdeckungen macht, dazu reicht wohl nicht einmal ein ganzes Menschenleben.
Wer sich ernsthaft für Musik interessiert, der wird sein Leben lang neugierig bleiben, ob es sich um verschiedene Interpretationen eines Werkes handelt oder ob es um neue Entdeckungen geht, ganz gleich...
Und in unserer heutigen Zeit ist der Zugang zur Musik durch die Medienschwemme leichter denn je. Partituren zum Ausleihen in Bibliotheken, ebenfalls Bücher über Komponisten und Werke, Internetrecherchen, Rundfunksendungen u.ä. geben uns Hilfen an die Hand, die genutzt werden sollten.
Allerdings kenne ich kein Patentrezept zum "richtigen" Hören von Musik. Jeder Mensch hat nun mal in seiner besonderen aktuellen Situation eine innere Befindlichkeit, die durch äußere Einflüsse wie Raumakustik, Aufnahmetechnik u.ä. zwar mitgeprägt wird, aber niemals rundum erklärt und auf den anderen Hörer übertragen werden kann.

Beste Grüße
Effjott
 
Es gibt ein einfaches rezept: hinhören! Das geht ohne alles vorwissen, und bei jedem quentchen, das man sich aneignet, hört man ein wenig mehr.
Ob der leichte zugang förderlich oder hinderlich ist, möchte ich nicht entscheiden, oft wird etwas durch überangebot entwertet, oder es vergeht der appetit. Die dinge sind so, wie sie sind, und wir müssen/können damit leben, das "wollen" fällt weniger leicht.
 
Ich finde es empfehlenswert, die Musik wirklich von CD anzuhören (kein MP3. 192er Bitrates reichen bei Metal aus, aber nicht bei Klassik), am besten auch nicht mit einfachen PC-Lautsprechern, sondern auf einer Anlage, damit du wirklich, wenn auch nur unterbewusst, alle Höhen, Tiefen, Obertöne usw. wahrnehmen kannst.

Wenn nicht live, hört sich klassische Musik mE am besten abends mit einem Glas guten Wein an :great:
 
Noch empfehlenswerter: im konzert ! Da hat man zum "naturklang" zusätzlich das gemeinschaftserlebnis, sieht die musiker, darf applaudieren, und das glas wein kann in der pause oder danach sein.
Wenn es aber aus der konserve sein soll, geht nichts über gute kopfhörer.
 
ins konzert gehen - da erlebt man was.
grade eben komm ich von einer aufführung der "Carmina Burana". schönes werk - schön interpretiert. der aufführungsort (ein großer innenhof eines stiftungskomplexes - damit "open air") bot kuriose "zwischenfälle":
ein ultraleichtflieger überflog den veranstaltungsort während einer der solisten einen ruhigen teil sang.... und die motoren dieser maschinen hören sich an wie ein moped auf vollgas... es dauerte ewigkeiten bis er nicht mehr zu hören war, doch bevor das geschah, folgte ihm sein kumpel im anderen flieger.
im 2. drittel zog eine meute feiernder fußballfans am aufführungsort vorbei (natürlich während eines sologesanges) - vorher hörte man hin und wieder mal "tooor" gejubel aus der ferne.
streitende passanten und ein der solistin 'antwortender' vogel... schlussendlich fing beim klavier intro zu einem stück der nahe kirchturm an zu läuten... der dirigent hat ganze arbeit geleistet, sich nicht von dem nur leicht langsameren tempo der glocken anstecken zu lassen... das zusammen mit dem magenknurren meines nachbarn und dem 2 minutügen vibrationsalarm 'irgendwo hinter mir' war doch mal eine besondere carmina burana :D - und das ist eigentlich keine beschwerde.


dumm nur dass hinterher mehr über diese sachen geredet wurde als über die gut aufgeführte musik.
 
Das macht "open air" so reizvoll: man weiß nie, was passiert, und was so alles hineinspielt. Kunst und leben bunt gemischt und nichts für dirigenten mit schwachen nerven.
Aber die lauen sommernächte im freien mit Shakespeare und Mendelssohn-Bartoldy möchte ich nicht missen. Puck stieg schon lange vor beginn auf einen baum, um zum gaudi des publikums ihm gleichsam vor die füße zu fallen, da schlug die turmuhr von ferne, nachtigallen stimmten ein, die elfen waren reizend - - -, was in einem fall 30jährige (unkriegerische) konsequenzen hatte.
 
lieben:

https://www.digitale-bibliothek.de/scripts/ts.dll?mp=/pi/3/&blm=/sel/6/

Auf der Seite fast bis ganz unten scrollen. Da gibt es eine Kassette, die 3 DVDs randvoll mit Klassik im mp3-Format, das sind 275 Stunden Musik für 24,95 Euro. Ich kann es nur empfehlen.

Und wer nicht die "Katze im Sack" kaufen möchte, unter dem Link:

https://www.digitale-bibliothek.de/scripts/ts.dll?s=3&id=6F5229AD&mp=/art/1809/&sc=Klassik.htm

auch ganz unten auf der Seite kann man sich das vollständige Booklet zu der Sammlung im PDF-Format ansehen.

Gruß
Schräubchen

Ich meine nur so als Tip
 
Ich denke, man muss auch klassische Musik nicht unbedingt immer so akademisch-analytisch sehen, bzw. hören. Für mich ist sie einfach eine Form von Lebensgenuss. Sie bringt mir Freude, Entspannung, Stimmungs-Aufhellung usw. Besonders Barockmusik kann auch sehr gut im Hintergrund laufen (Tafelmusik) und man kann bewusst hinhören oder sich einfach unterhalten lassen.
Sehr viele Werke aus allen Epochen erkenne ich heute schon nach wenigen Takten als "alte Bekannte". Nicht weil ich sie mit Partitur studiert hätte, sondern weil ich sie immer wieder mehr oder weniger bewusst hörte.
Vielem, was schon gesagt wurde kann ich nur zustimmen: Eine gute Anlage oder gute Kopfhörer sind schon von Vorteil. Man muss heute nicht mehr Tausender dafür auslegen, auch kleine Geräte wurden in letzter Zeit immer besser.
Noch mehr erlebt und hört man selbstverständlich in einem Live-Konzert, in einer Kirche (Oratorium) oder in der Oper. Auch hier muss man nicht die teursten Karten kaufen: In der Wiener Staatsoper bin ich mal für 8€ bei 5 Stunden Wagner fast weggetreten - und zwar nicht aus Müdigkeit sondern vor Begeisterung!
Aber am meisten hat man davon, wenn man einmal in einem Chor ein grösseres Werk selbst mitsingt. Allerdings ist das dann wieder mit einiger Anstrengung (und Ausdauer) verbunden: man muss sich mit Noten befassen und seine Stimme lernen. Aber wer einmal eine Bach-Kantate oder gar ein Oratorium einstudiert und mit aufgeführt hat wird dieses Erlebnis in seinem ganzen Leben nicht mehr vergessen.
Trotzdem gilt auch hier: Musik ist das Gegenteil von Pflicht und Leistungszwang, sie soll immer ein Vergnügen sein, ev. zu einem Hobby werden.
 
Schade dass ich den Thread so spät entdeckt hab :(...sehr viele gute Beiträge

Ich komme auch aus dem Metal und bei mir war es so dass ich mich sofort mit bach angefreundet hab. Als Gitarrist fand ich besonders die Lautensuiten sehr attraktiv. Die vielen Polyphonen Sätze in Bachs Musik weisen viele Parallelen zum Metal auf und machen so den Einstieg für einen Metaller eigentlich ziemlich leicht. Hör einfach mal Kreuz und quer. Ich mag besonders die Brandenburgischen Konzerte.

Übringends haben einige bekannte Metalbands wie z.B. Children of Bodom von Klassischen Komponisten "geklaut". Yngwie Malmsteen benutzt viel barrocktypische Riffs und klingt nach meinen Ohren ein wenig wie "modernisierte" klassische Musik ;). Besonders Reizvoll ist übrigends seine "Concerto Suite for Electrical Guitar in E-flat minor Open" da er halt mit E-Gitarre als Soloinstrument mit einem Orchester zusammen spielt.

Hier mal als Beispiel das Allegro und das Adagio: http://www.youtube.com/watch?v=4UZWF-8Kpno

Hoffe ich konnte helfen :)
 
Die vielen Polyphonen Sätze in Bachs Musik weisen viele Parallelen zum Metal auf und machen so den Einstieg für einen Metaller eigentlich ziemlich leicht.
beispiel?

ok yngwie und laiho - das scheint mir auch offensichtlich aber ich habe bisher in "normalen" metal (also nicht grade die steve vai, malmsteen oder satriani virtuosen) selten wirklich komplexe polyphone - barock klingende passagen gefunden.
die "progger" haben es auch manchmal versucht aber bleiben in erster linie durch rhytmik (polyrhytmik) so anspruchsvoll.
würd mich intressieren.

edit: ja die e gitarrenkonzerte von malmsteen. lederhose und frack :D
schade dass man mit so viel gain nicht so differenziert spielen kann wie mit klassischen instrumenten. naja ich kann die e gitarre im orchester einfach nicht ab ;)

edit2: und bitte nicht uli roth ... schlimm ist das mit dem
 

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