Wie lange dauert es für einen fortgeschritten Pianisten Blattspiel zu erlernen?

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Didistreu
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Hallo ihr lieben :)

Ich lese seit einigen Jahren immer gerne, was hier im Forum so gefragt und geschrieben wird und habe jetzt selber auch mal eine Frage.

Ich befinde mich in einer Situation, mit der sich vermutlich einige Pianisten identifizieren können. Ich bin anfang 20 und spiele seit über 10 Jahren Klavier. Ich habe mal mehr mal weniger geübt, befinde mich aber auf einem ganz guten Level.
Die letzten Stücke, die ich gespielt habe waren:
-Chopin Op.9 No.2 Nocturne
-Debussy Arabesque No.1
Nur leider habe ich nie gelernt vom Blatt zu spielen. Versteht mich nicht falsch. Ich kann selbstverständlich Noten lesen und tatsächlich fällt es mir überhaupt nicht schwer mithilfe von Akkorden Begleitungen zu improvisieren.
Da ich seit 3 Jahren im Chor singe und bei einem Musicalprojekt mitwirke ergibt sich immer öfter die Situation, dass spontan ein Pianist gebraucht wird.
Deswegen habe ich mir vorgenommen das Blattspiel zu lernen.
Ich übe seit einem Monat täglich mit einem Metronom (uuuuuunglaublich langsam :/) und merke langsam Fortschritte. Praktischerweise hat ein Musikgeschäft in der Nähe Second-Hand-Noten für kleines Geld, die ich jetzt regelmäßig plündere ;)

Um zu meiner Frage zu kommen:
Angenommen ich behalte meinen Übetonus bei und übe jeden Tag 30 Minuten.
Wie lange dauert es, bis ich gängige Chorliteratur mehrstimmig spielen und begleiten kann?
Wie lange dauert es, bis ich mittelschwere Stücke vom Blatt spielen kann (Besitze Piano Piano 2, mittelschwer)?
Habt ihr irgendwelche insider Tips abgesehen von den gängigen Ratschlägen, wie langsam spielen, nicht auf die Finger schauen, usw...?


Vielen Dank für eure Antworten

Liebe Grüße
 
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Hi,

ich versuche auch schon länger das Blattspiel zu trainieren (theoretisch kann ich, praktisch zieht sich noch). Mein Tipp orientiert sich auch dan dem Prinzip wie man 10-Finger schreiben auf der Computertastatur trainiert: Einfach viel machen, sich auch dazu zwingen blind zu tippen. Der ersten Monate läuft das schleppend, aber es wird immer und immer besser.
Beim Blattspiel spiele ich ganze Bücher durch und vernachlässige im ersten Schritt den Rythmus komplett. Ich konzentriere mich darauf die Bewegungen der Finger so zu organisieren, dass die Abläufe rund warden. Sobald das gut klappt (also motorisch) versuche ich mich auch an den Rythmus zu halten.
Meine Hoffnung ist, dass es irgenwann so funktioniert, dass ich den Rythmus mit den Noten zusammen erfassen und umsetzen kann. Bei sehr einfach gesetzten Stücken klappt das auch schon fast und macht richtig Freude.
Vielleicht ist das auch was für Dich.

Dieses Video erklärt das Vorgehen noch etwas besser als mein Text ;-)



Viel Erfolg!
 
gängige Chorliteratur mehrstimmig spielen und begleiten
Tip: Reduzieren!

Wenn man Chöre o.ä. ad hoc begleiten möchte, ist es hilfreich, wenn man Akkorde und harmonische Zusammenhänge direkt aus den Noten erkennen kann und das ganze dann vereinfacht. Wenn es sich um Pop-Literatur handelt, ist es nicht so entscheidend, daß jeder Ton genau so wie in den Noten gespielt wird, sondern daß der Groove und die Harmonik stimmt. Bei klassischer Literatur kann man z.B. Stimmen weglassen oder die Lage ändern. Man kann versuchen, alles auf das Wesentliche zu reduzieren.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Wie lange es bei einem bestimmten Überhythmus dauert, bis man eine bestimmte Fähigkeit erlangt, kann man so pauschal nicht sagen. Das hängt vom persönlichen Talent ab, und das ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Einige Leute werden das Vom-Blatt-Spielen auch bei beständigem Üben nie lernen, andere sind dagegen Naturtalente und können es sehr bald. Die große Masse der Pianisten liegt auf der ganzen Bandbreite dazwischen. Wie das bei dir ist, kannst du nur selbst ausprobieren.

Beim Vom-Blatt-Spielen muß man in der Lage sein, Akkorde und zusammenhängende Noten als Ganzes sofort zu erkennen, so wie man beim Lesen ganze Worte oder Halbsätze nicht buchstabenweise, sondern als Ganzes sofort erfaßt. Ebenso beim Rhythmus, sofern die Notenwerte übersichtlich (d.h. z.B. Achtel und Sechzehntel verbunden und nicht einzeln) geschrieben sind.

Grundsätzlich wird aber auch ein Profi beim Vom-Blatt-Spielen irgendwo an eine Grenze kommen bzw. nicht alles gleich korrekt machen. Bei unserem Piano Club habe ich einmal "Indigo" von Yiruma nach Noten vorgespielt, wonach eine Klavierstudentin, die zugegen war, etwas abfällig meinte, das könne man ja vom Blatt spielen. Sie hat es dann auch gleich getan, allerdings an einigen Stellen nicht korrekt (am Anfang Achtel, wo Viertel standen, zwei schnellere Einwürfe in der rechten Hand hat sie gleich ganz weggelassen, weil sie die so schnell nicht erfaßt hat). Trotzdem eine gute Leistung (wobei sie das Stück zuvor natürlich von mir gehört hat, was das Nachspielen erleichtert), aber eben nicht ganz richtig.

"Üben" kann man m.E. das Vom-Blatt-Spielen nur dadurch, daß man es immer wieder macht bzw. probiert. Ich selbst tue es eher ungern, weil das Ergebnis besser wird, wenn ich ein Stück richtig einübe. Und die meisten klassischen Stücke, die ich mag, sind dann doch so komplex, daß ich sie nicht vom Blatt spielen kann. Wenn ich dagegen nur per Leadsheet mit Akkorden begleiten sollte, wäre das etwas anderes, besonders wenn ich das Stück auch noch kenne.
 
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Hallo zusammen,

danke für eure Antworten :)

@Voyager: Das Video ist hilfreich. Ich denke grade für Choralspiel (was ja bei Chören durchaus vorkommt :D). Ich werde das mal auf ein paar Bachchoräle anwenden.

@Pianist: Ich spiele auch erheblich lieber Stücke, die ich richtig geübt habe, aber ich bin der Meinung, dass beides dazugehört. Aber ich habe schon länger die Vermutung, dass es (grob vereinfacht) zwei Lager unter Instrumentalisten gibt. Die Blattspieler und die nichtblattspieler :)

Ich denke Harmonien erkennen werde ich explizit üben. Mir fällt es immer schwer die Harmonik aus den Noten abzulesen, ohne dass ich meine Finger auf den Tasten habe :D
Also bleibt mir nur weiter spielen, spielen und spielen :D

Liebe Grüße
 
Was auch hilft (und was man "on top" zu den 30 Minuten täglich machen kann) ist "mitlesen": Aufnahme anhören und das Notenblatt im Originaltempo lesen. Das trainiert weniger die spielerischen Fähigkeiten als vielmehr das schnelle und sichere Notenlesen, ist aber mindestens genauso wichtig. Das ist genauso wie beim Vorlesen von Texten: wen das Lesen an sich noch ausbremst, weil es nicht schnell genug geht (man denke an Leseanfänger, mit dem Finger die Zeile verfolgend...), der wird beim laut Vorlesen schnell ins Stocken geraten - auch wenn das Sprechen an sich reibungslos funktioniert.
 
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@.Jens: Das ist eine gute Idee. Ich glaube das werde ich auch machen.

Danke :D
 
Hallo,
Was mir sehr viel hilft, ist auch beim Vom-Blatt-Spiel natürlich vorauszulesen, was bis zu einem bestimmten Schwierigkeitsgrad machbar ist. Dadurch kann sich zwar mal eine Leseungenauigkeit einschleichen, aber bei mir klappt das meist recht gut:engel:
Die Idee von .Jens finde ich super, denn schnelles Notenlesen ist da wirklich die Basis dafür:great:
Je mehr man auf einen Blick erkennt, desto besser - sei es ein melodischer Zusammenhang oder ein Akkord. Wenn man in jedem Akkord jede Note einzeln entschlüsseln muss, ist es natürlich schwieriger. Also, Notenlesen üben, auch wenn du schon sehr lange spielst und das natürlich schon kannst. Es geht nur darum, dass du es noch schneller können kannst..wirst..wie auch immer:)
Was auch, finde ich zumindest, hilfreich ist, ist ein gutes Gehör, man kann dann teilweise vorausahnen, was als nächstes kommt, oder man erkennt ein Sequenzschema, ähnliche Melodien etc. .
Wie schnell du das lernen kannst, hängt von Talent und Lerntempo ab, das ist sehr individuell, wie ja schon gesagt wurde.
Hoffe ich konnte ein bisschen helfen,
LG Peter
 
Was dir vielleicht auch helfen könnte: Neben dem Mitlesen, während du die Musik hörst, auch mal nur lesen.

Also Noten aufschlagen und anfangen, sie durchzugehen. Dabei gründlich sein. Ohne die Klaviatur vor der Nase zu haben, schon mal gucken: Welche Stellen könnten schwierig sein? Wo sind schwere Rhythmen? Stell dir diese Stellen schon mal ganz genau vor. Spiele also das Stück so gut wie möglich im Kopf. Dabei darfst du stocken, Stellen wiederholen, noch mal genau nachlesen, etc. Wenn du willst, kannst du auch was reinschreiben in die Noten. So, wie du halt üben würdest, bloß ohne Klaviatur und auch ohne die Finger zu bewegen. Das passiert nur in der Vorstellung. Danach (und zwar erst, wenn du denkst, jetzt kann ich es), spielst du die Noten zum ersten Mal wirklich und versuchst dabei möglichst flüssig und fehlerfrei zu spielen, wie man es halt beim Blatt-Spiel sich wünscht. Nicht perfekt und noch nicht im Originaltempo vielleicht, aber flüssig. Je häufiger du das machst, desto mehr schulst du dein Auge, schwere Stellen zu erkennen und darauf vorbereitet zu sein. Außerdem schult es, sich den Klang und die Fingerbewegung vorzustellen. Das brauchst du, wenn du schon mal etwas vorweg liest, während du noch was anderes spielst. Evtl ist aber diese Übemethode, wenn man sie beherrscht, auch sehr gut, wenn man vor einer Chorprobe, die man begleiten soll, nur ne halbe Stunde im Zug Zeit hat, sich die Noten anzugucken ;)
 
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