als etwas "erfahrener" Pianist Noten lesen lernen?

Darin sind dann Wege zum freien Spiel aufgezeigt.

Ja, es gibt viele Wege zum freien Spiel, aber alle setzen eine gute musikalische und klaviertechnische Ausbildung voraus, und die habe ich nicht. Sowohl Klavierspielen ohne Noten als auch freie Improvisation sind höhere Stufen des Klavierspielens. Wer dahin will, muß erstmal das Klavierspielen beherrschen.

Gruß, Bert
 
Ich bin recht schnell zum freien Spiel gelangt ohne klassische Ausbildung (die hätte mir den Weg verbaut)
 
Ein Autodidakt, der weder eine formale Ausbildung genossen hatte noch Noten lesen konnte, war Erroll Garner. Der hat dann aber seinen Lebensunterhalt mit Klavierspielen und Komposition verdient. Das ist sicher eher die Ausnahme als die Regel, aber auch solche Fälle gibt es. Da kann man nur staunen.
 
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Das ist sicher eher die Ausnahme als die Regel (...)

Auch ihm ist es nicht in den Schoß gefallen, auch er hat(te) seine spielerische Kunst der langen/harten Arbeit am Klavier zu verdanken.

In meiner Jugend war ich mit einer Klavierspielerin (Studium Klavier als Hauptfach) befreundet; nach Noten spielte sie schon mit 6 Jahren, mit 19 konnte sie ganze Klavierkonzerte aus dem Blatt im Kopf durchspielen, zu Hause dann spielte sie das Konzert direkt vom Blatt mit nur gelegentlichem "Nachfassen". Und freies Spiel? Ein Gedicht - Beatles, Bee Gees, Jazz - wie aus dem Ärmel geschüttelt.
Sicherlich sehr talentiert, aber sie hatte seit ihrem 5. Lebensjahr jeden Tag 7-8 Stunden am Klavier verbracht; unermüdlich und mit Spaß - das Klavier war ihre Welt.

Angeblich (hab ich nur vom Hörensagen) braucht man 10.000 Stunden praktische Übung, bis man ein Instrument einigermaßen beherrscht. Na, dann mache ich mich gleich an die Arbeit, um die restlichen 8.000 Stunden noch zu stemmen.

Gruß, Bert
 
Die populär gewordenen 10.000 Stunden beziehen sich auf Exzellenz, "einigermaßen" Klavierspielen sollte bei durchschnittlicher Begabung und solider Stetigkeit des Übens in bis zu 2.000 Stunden erreichbar sein.
Der Aufwand ist aber aufgrund (unwissenschaftlicher) Untersuchung von erfolgreichen Menschen verschiedener Fachgebiete sehr originell gedacht, Ursprung der Zahl ist ein Bestseller von Malcolm Gladwell, Outliers.
https://en.wikipedia.org/wiki/Outliers_(book)
Für Piano gibt es ein schönes Video zum Thema anhand der biografischen Daten der kanadischen Klavierlehrerin Alyssia:


Knappe Zusammenfassung des Videoinhalts: Schüler üben am Anfang zwischen einer halben und 1 Stunde. Sie brauchen dann meist ungefähr 2 Jahre, bis sie mit den Noten gut zurechtkommen und 1, 2 "große Stücke" spielen können. Das sind nicht hochkomplexe Stücke, aber so fortgeschritten, dass sie einige Monate lang geübt werden mussten, z.B. Yann Tiersen, comptine d'un autre été (in gruseligem französisch ausgesprochen), die leichtesten J.S. Bach Stücke und vielleicht der A-moll Walzer von Chopin.
Nach dieser 2-Jahresmarke für die Grundlagen erkennen Schüler, dass der Großteil an interessanter Klavierliteratur auf einem mittlerem Schwierigkeitsgrad beginnt (early advanced level, dt. fortgeschritten, z.B. Henle 4).
Die Mehrheit der Schüler braucht dafür mindestens 5 Jahre Unterricht, was auf 1.000 bis 3.000 Übungsstunden hinausläuft.

Alyssias "Piano-Biografie": zwischen dem Alter von 7 bis 14 Jahren knapp 1.000 Stunden, ihr Stand war da "late intermediate" (ca. Henle 3), z.B. Yanni, Marching Season
Mit 20 Jahren stand sie bei 1.500 Stunden Übungsstunden und absolvierte das Grade 8 Exam RCM, es folgten bei 3.500-4.000 Stunden Üben für das Grade 9 RCM Exam und nach rund 5.000 Stunden das Grade 10 RCM Exam (ungefähr Henle 6/7).
Ab Grade 8 bleiben (Hobby-)Musiker nach ihrer Meinung dem Piano treu und "können Klavier spielen".

Gruß Claus
 
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(...) "einigermaßen" Klavierspielen sollte bei durchnittlicher Begabung und solider Stetigkeit des Übens in bis zu 2.000 Stunden erreichbar sein. (...)

Ach, Claus, das macht mir Hoffnung, daß bei mir Malz und Hopfen noch nicht verloren sind, da werde ich heute noch eine zusätzliche Stunde Üben draufpacken. Bei meinen 2.000 Stunden muß ich wohl die Hälfte abziehen, denn die habe ich mit reinem Notenlesen verbracht (nein, nein, nicht vergeudet), und die Finger warteten nur auf/über den Tasten, bis ich den Takt vom Blatt abstotterte.

(...) Ab Grade 8 bleiben (Hobby-)Musiker nach ihrer Meinung dem Piano treu und "können Klavier spielen". (...)

:claphands:

Gruß, Bert
 
RCM Grade 8 entspricht "nur" Stücken unserer Mittelstufe, z.B. Solfeggio in c-moll Wq 117/2, H. 220, Schumann Reiterstück op. 68,23 oder Oscar Peterson, Jazz Exercise No. 2
RCM Grade 8 Celebration Series 2015



Gruß Claus
 
Angeblich (...) braucht man 10.000 Stunden praktische Übung, bis man ein Instrument einigermaßen beherrscht.

Wie der Kollege Claus bereits korrekt festgestellt hat: Die 10.000 Stunden stammen aus Untersuchungen der sogenannten Exzellenz-Forschung, und zwar ausschließlich im Bereich einer professionellen klassischen Musikhochschulausbildung.
Es handelt es sich hierbei um einen Durchschnittswert, der die vor dem Beginn eines Musikstudiums absolvierte Übungszeit überdurchschnittlich guter Studierender im Gegensatz zu lediglich durchschnittlichen Musikstudenten abbildet. Während des Studiums kommen demnach bis zur Podiumsreife nochmals einige tausend Stunden hinzu.
Die Erkenntnis aller Untersuchungen geht allerdings dahin, dass die Quantität des Übungspensums nicht von der Qualität des Übens zu trennen ist - die 10.000 Stunden am Instrument bringen nur dann auch einen qualitativen Vorteil, wenn in dieser Zeit hoch konzentriert und effizient geübt wird ("deliberate practice").

Sicherlich sehr talentiert, aber sie hatte seit ihrem 5. Lebensjahr jeden Tag 7-8 Stunden am Klavier verbracht ...2

Mit solchen Zahlen muss man immer etwas vorsichtig umgehen: Da kommt man nämlich im konkreten Fall bei einer 5-Tage-Woche vom 5. bis zum 19. Lebensjahr auf gut 25.000 Stunden - ist das dann noch wirklich "talentiert" oder nicht vielmehr einfach nur "fleissig"?
 
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