Ich hätte zumindest noch einen eher "besonderen" Gitarrenkauf anzubieten. Ok, ein bisschen "aufregend" war es auch.
Früher habe ich zwar oft gebrauchte gebrauchte Gitarren gekauft, aber es gab schon Verkäufer die etwas mehr in Erinnerung blieben als viele Andere.
Auch schon weit über 10 Jahre her…..
Duisburg in einem Stadtteil, in dem man normalerweise nur dann anhält, wenn es wirklich sein muss.
Warum? Ich habe damals in einer Kleinanzeige eine relativ preiswerte “dicke Berta” (Archtop) gesehen. Wollte ich schon immer auch mal spielen. Ich wusste, dass die Gitarre auch gar nicht mal so ganz schlecht gemacht war. Zumindest alles was die Verarbeitung betrifft. War auch wirklich gar nicht mal so schlecht. Ich hatte auch schon mal eine Gitarre im 335 Style von dem gleichen Hersteller günstig erworben und ein bisschen umgebaut.
Das gesuchte Haus lag in der Nähe einer Bahnlinie in einem wirklich sehr maroden Stadtviertel. Ein größeres und sehr altes Mehrfamilienhaus. Irgendwie hatte ich auch das unangenehme Gefühl, bereits beim Parken von einigen jüngeren Anwohnern auf der Straße argwöhnisch beobachtet zu werden. Die schielten irgendwie auch sehr auf meine damalige Karre und tuschelten. Einer zeigte auch in meine Richtung und ich hatte das Gefühl, sie sprachen gerade über Autofelgen. Nun ja.
Es wurde auch schon so langsam dunkel.
Ich bin sicher jemand, der schon sehr viel rumgekommen ist, aber in dieser Ecke fühlte ich mich definitiv unwohl.
Die Klingel in dem Haus funktionierte nicht, dafür stand die Tür offen, weil das Schloss kaputt war. Das Treppenhaus war auch spannend und ziemlich düster. Ich war mir nicht ganz sicher ob man hier demnächst alles abreißen möchte, oder ob gerade seltsame Reparaturen durchgeführt werden. Da lag wirklich eine Menge Unrat und Dreck im Treppenhaus, eines der Fenster war mit Folie abgeklebt, weil ebenfalls kaputt. Na super!
Also denn, der Vermutung folgend, dass das passende Klingelschild zu der obersten Wohnung in diesem Gebäude gehört, bin ich dann mal ganz nach oben gelaufen. Kein Schild an der Tür, aber dafür funktionierte immerhin oben die Klingel.
Ein Mann mittleren Alters, vollständig in abgerockter, fleckiger grauer Jogging-Freizeitkleidung und mit einer Pulle Bier in der Hand macht die Tür auf. Die hinzukommende Frau im ähnlichen Alter, im Partnerlook und ebenfalls mit einer Pulle Bier ausgestattet, bestätigte meine Annahme, dass es sich hier wohl um ein Pärchen handelte.
Die Kommunikation lief dann ungefähr so:
Er: “Ahh, du bist dat mit der Gitarre, dann kommal rein. Bierchen?” Dat Ding is´ von unserem Sohn, der Jung hat da keinen Bock mehr drauf. Dat is´ auch wat teuer mit dem Unterricht. Dann muss et´ halt wieder wech. Kann man ja nix machen.” Kevin, komma her…”
Kevin taucht auf. Die grauen Jogginganzüge müssen irgendwo im Sonderangebot gewesen sein. Er hatte allerdings kein Bier in der Hand..
“Kevin, zeich dem Man dat doch ma alles.
(zum mir) Da is´ auch alles bei watte so brauchst. Tasche und Lautsprecher und so.”
Also ab mit dem schon eher recht erwachsenen und auch bereits bärtigen Kevin in sein winziges Jugendzimmer. Die Wände so schräg wie die ganze Situation.
An einer dieser Schrägen prangte ein riesiges Poster von irgendeiner Metalband, ich weiß nicht mehr genau welche, dachte nur kurz, wtf macht der Junge mit dieser Gitarre, wenn er doch auf solche Musik steht? Die Lösung des Rätsels war jedoch recht einfach, der Verkäufer meinte wohl seinerzeit, die wäre zum Lernen am Anfang einfach besser. Aha!? Na egal.
Ich bin ja auch grundsätzlich nicht sonderlich empfindlich, was die Sauberkeit hinsichtlich Gitarren betrifft, aber das Teil war echt “siffig”. Kann man nicht anders sagen. Schon wirklich sehr, sehr derb. Mir kam spontan der Gedanke, dass Kevin da womöglich häufiger mindestens ein Finger abwechselnd in der Nase und auf den Saiten hatte.
Zwischenruf der Mutter aus dem Wohnzimmer (gerade mit der Pulle vorm Fernseher):
“Eh Kevin, sach´ dem Mann mal wir ham´ auch noch ein paar Möbel zu vekloppen”.
Da
“der “Mann” ja sehr laut und deutlich mithören konnte, sagte ich Kevin sicherheitshalber gleich mal, dass ich bei Möbeln wohl eher keinen Bedarf hätte. Nein, auch nicht an dem Tisch, den seine Mutter aus dem Wohnzimmer heraus auch noch erwähnte.
Der Kevin war übrigens ein recht aufgewecktes und sehr nettes Kerlchen. Aber er hatte da wirklich keine Lust mehr auf Gitarre und wegen Fußball und einer Lehrstelle auch andere Prioritäten.
Also habe ich mir das dicke Schmuddelkind (die Gitarre!) mal genauer angeschaut und außer dem Dreck auch nichts gefunden, was mich davon abgehalten hätte das Ding mitzunehmen.
Die Gitarre und das gesamte Zubehör war auch noch gar nicht so alt, wie ich dann an einer Rechnung eines Musikgeschäftes sehen konnte.
Wir haben uns dann fix geeinigt. Bei dem Preis habe ich auch davon abgesehen noch irgendwie zu verhandeln. Da hätte ich mich schon ein bisschen geschämt.
Die Kohle hat dann Papa eingesackt. "Alles klar, dann mal tschö..." und damit wanderte er mit bereits frischer Flasche zurück ins Wohnzimmer. Kevin hat sich noch nett verabschiedet.
Ich bin dann also mit Gitarre, einem kleinen mini Vox, Gurt Kabel, Fußbänkchen, und diversem Zubehör vorsichtig die marode Treppe runter geschlichen. Licht war da auch echt nicht mehr viel.
Ein erster prü
Fender Blick ergab auch, dass immer noch alle Felgen am Auto waren und ich auch keine Menschen in unmittelbarer Entfernung sehen konnte, die sich vielleicht für mich oder mein Gepäck interessierten.
Also nichts wie weg….
Den Kleinkram und den kleinen Vox haben wir dann einer Freundin meiner Frau geschenkt.
Die Gitarre wurde dann erstmal gründlich gereinigt, bekam ein Setup und eine neue Elektronik, zwei Gibson Classic 57 (die hatte ich noch) Duesenberg Tuner und ein ordentliches Duesenberg Tremolo. Fand ich damals auch optisch ganz schick auf dieser Gitarre. Ich habe sie dann auch ein paar Jahre gespielt.
Die Basis war eine Baton Rouge Fat Mat V.