Wie viel Ehrgeiz beim Singen ist gesund?

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Sterntanz
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Hi. Ehrgeizig zu sein kann ja schon was gutes sein, weil man dann mit Ausdauer an einer Sache dran bleibt, auch den festen Wille hat usw aber kann einen zu viel Ehrgeiz und Verbissenheit nicht auch behindern? Darauf gekommen bin ich, weil ich wegen meinem Ehrgeit beim Singen angesprochen wurde, mit dem Kommentar ob ich mich evtl selbst unter Druck setzen würde, weiter kommen- und besser werden zu MÜSSEN. Aus meiner Sicht ist es zwar nicht der Fall dass ich mich unter Druck setze, sondern ich finde einfach nur ehrgeizig zu sein aber trotzdem immer Freude dabei zu haben. Doch trotzdem hat es mich dazu gebracht, über die Sache nachzudenken. Ich wollte euch mal fragen, da doch jeder von euch irgendwann mal klein angefangen hat, wie das mit eurem Ehrgeiz denn so war und wie viel davon ihr für gut befindet bzw ab wann es eher mehr schdet.

Lg Sterntanz.
 
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Hallo Sterntanz

Um es gleich vorweg zu nehmen, meine Antwort bezieht sich - surprise surprise! - nur auf den klassischen (Amateur-)Gesang.
Und hier, denke ich, kommts drauf an, was du mit deinem Gesang machen willst:

Bist du z.B. ChorsängerIn in einem nur mässig ambitionierten Laienchor, wo das soziale ebenso wichtig ist wie das Singen selbst, brauchts nicht besonders viel Ehrgeiz. Solche Chöre sind i.d.R. so ausgerichtet, dass (unausgebildete) Hobbysänger die ganze Literatur innerhalb der Chorproben lernen können. Würdest du zuhause fleissig die Stücke üben, GU nehmen und an deiner Stimme arbeiten, wird das nicht selten in einer frustrierenden Situation enden. Du bist sehr bald deutlich besser als der Rest des Chores, langweilst dich in den Proben, regst dich auf, wenn im Chor was nicht klappt, was für dich selbstverständlich ist usw. Zuviel Ehrgeiz kann da zu einer regelrechten Spassbremse werden! :(

Anders ist es in einem Chor (egal ob Konzertchor, Kirchenchor, Vokalensemble etc.) wo höhere Ansprüche ans Musikalische gestellt werden. Hier brauchts schon einen gewissen Ehrgeiz um mithalten zu können: es wird z.B. verlangt, dass man die Literatur selbstständig erarbeitet, dass man an der Stimmbildung des Ensembles teilnimmt und zuhause regelmässig die entsprechenden Übungen macht, ev. ist es sogar obligatorisch, dass man zusätzlich privaten GU nimmt.

Und absolut unerlässlich ist Ehrgeiz, wenn man ernsthaft solistisch singen will. Wenn man nicht zu den ganz ganz wenigen Ausnahmetalenten gehört, fliegt einem die klassische Technik nicht einfach mal so zu. Ein solides solistisches Niveau erreichen, bedeutet deshalb immer viel Arbeit. Das heisst neben dem GU auch regelmässig und diszipliniert zuhause an sich und seiner Stimme arbeiten. Den Ehrgeiz haben, sängerische Tiefs, die immer mal auftreten können, zu überwinden und an der Sache dran zu bleiben! Auch dann zu üben, wenns wie jetzt sehr heiss ist, wenn man sich nach einem langen Arbeitstag eigentlich lieber faul auf der Couch ausstrecken möchte, wenn man gerade etwas Kopfschmerzen hat, usw. usw.
Um ein wirklich gutes solistisches Niveau zu erreichen, kann meiner Ansicht nach der Ehrgeiz eigentlich fast nie zu viel sein :).
Aber, ganz wichtig: dieser Ehrgeiz sollte immer von einer total positiven Grundstimmung geprägt sein! Es darf nie in ein frustriertes "ich muss ich muss ich muss" ausarten, das wäre äusserst kontraproduktiv! Sollte der Spass am Singen gesamthaft verloren gehen, brauchts eine längere Gesangs-Pause oder ein neues Hobby ;)

Und am besten ist es wohl, wenn man, so wie ich, so sehr vom Virus "klassischer Gesang" infiziert ist, dass Ehrgeiz als Antrieb gar nicht mehr notwendig ist, sondern dass man das Singen so absolut zum Überleben braucht, wie Sauerstoff und Wasser ;), ganz nach dem Motto: "Ein Tag ohne Singen ist ein schlechter Tag!" :)
 
Ehrgeiz ist solange gut, wie man ihn nicht als solchen bemerkt.

Wenn man plötzlich merkt, dass man kaum noch Freunde hat, alles andere nicht mehr gebacken kriegt und trotzdem auf der Stelle stehen bleibt - dann wars wohl zuviel und auch noch umsonst.
 
Da Tonja auf die Klassik eingegangen ist, versuch ich jetzt mal, die typische Band-Konstellation abzudecken. Eine Band kann, wenn ein Mitglied keinen Ehrgeiz hat, nicht auf Dauer funktionieren, weil die Prioritäten dann auch meist zu verschieden sind. Wenn jemand sich keine Mühe mit seinem Spiel gibt, macht es mir persönlich keinen Spaß, mit demjenigen Musik zu machen. Natürlich gibt es Hobbybands, wo es eigentlich dann nur um den Spaß am Zusammenspiel geht. Auch da kann zuviel oder zuwenig Ehrgeiz schädlich fürs Klima sein. Die Prioritäten sollten für alle Bandmitglieder möglichst gleich sein, sonst sorgt das schnell für Spannungen.

Als Sänger ist Ehrgeiz so lange gut, wie man sich nicht Dinge aufbürdet, die einfach noch zu schwer sind. Mehr als regelmäßig üben kann man nicht. Eine Garantie fürs Besser werden gibt es nicht. Wenn also die Anforderungen an sich selbst zu hoch sind, hemmt man unter Umständen die eigene stimmliche Entwicklung, weil die psychische Verfassung sich eigentlich immer auf die Stimme niederschlägt.
 
Und am besten ist es wohl, wenn man, so wie ich, so sehr vom Virus "klassischer Gesang" infiziert ist, dass Ehrgeiz als Antrieb gar nicht mehr notwendig ist, sondern dass man das Singen so absolut zum Überleben braucht, wie Sauerstoff und Wasser ;), ganz nach dem Motto: "Ein Tag ohne Singen ist ein schlechter Tag!" :)

Sehe ich auch so. Es sollte vorallem Spass machen und eine gut tun, mit dem beiden im Gepäck kommt auch der Ehrgeiz im richtigen Maße und die Motivation. Es gibt Menschen, die zuviel Ehrgeiz haben und bereit sind über Leichen zu gehen. Vielleicht ist es anfangs für denjenigen gut, aber nicht für die Umgebung und am Ende auch für einen selbst nicht!
 
Als Sänger ist Ehrgeiz so lange gut, wie man sich nicht Dinge aufbürdet, die einfach noch zu schwer sind. Mehr als regelmäßig üben kann man nicht. Eine Garantie fürs Besser werden gibt es nicht. Wenn also die Anforderungen an sich selbst zu hoch sind, hemmt man unter Umständen die eigene stimmliche Entwicklung, weil die psychische Verfassung sich eigentlich immer auf die Stimme niederschlägt.

In Bandkonstellation gibt es für Sänger vor allem eine Sache, die mir persönlich ein paar Mal widerfahren ist und was bei einer Freundin von mir echt ihre Stimme kaputt gemacht hat: übermäßiger Ehrgeiz anderer Bandmitgilieder in Bezug auf die eigene Stimme.

Gitarre, Keyboarder, Basser und Drummer haben selten ein Problem damit, den Sound ihres Vorbilds halbwegs hinzukriegen. Sie haben eine Klangvorstellung im Kopf, und wollen dass diese allgemein verwirklicht wird. Zu dieser gehört meist ein prägnanter Sänger, und der eigene Sänger soll ebenfalls so klingen, damit es passt. Das Problem natürlich: im Gegensatz zu den Anderen kann sich der Sänger nicht aussuchen, was für einen Sound er grad haben will (verzerrt oder unverzerrt :D), das erfordert meistens viel Erfahrung, um seine Stimme verschieden klingen zu lassen. Das führt meistens dazu, dass vom Sänger verlangt wird, er solle doch "höher singen" oder "einfach mehr schreien" oder "irgendwie dreckiger". Dass das für Sänger schwer ist und teilweise nicht möglich, verstehen scheinbar einige nicht. Der Sänger gerät unter Druck, und versucht wildeste Experimente, wo er am Ende als Verlierer aussteigt.

Das heißt: Ehrgeiz ist gut, aber nur im vernünftigen Rahmen. Ich für meinen Teil weiß, dass ich mit meinem Bass-Bariton immer Schwierigkeiten haben werde, einen Robert Plant überzeugend nachzusingen - ich muss dann versuchen, die Songs anders anzugehen, oder das einfach sein lassen, bevor ich mir die Stimme ruiniere. Klar, wenn ich eine Led Zeppelin Memorial Band gehe, ist das auch die eigene Dummheit :rolleyes: aber prinzipiell muss man sich grad als Sänger drauf einstellen, dass andere Bandmitglieder keine Ahnung haben, wie empfindlich das eigene Instrument sein kann.
 
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Das führt meistens dazu, dass vom Sänger verlangt wird, er solle doch "höher singen" oder "einfach mehr schreien" oder "irgendwie dreckiger". Dass das für Sänger schwer ist und teilweise nicht möglich, verstehen scheinbar einige nicht. Der Sänger gerät unter Druck, und versucht wildeste Experimente, wo er am Ende als Verlierer aussteigt.

Bin jetzt davon ausgegangen, dass hier nur derjenige Ehrgeiz gemeint war, den man sich selber gegenüber hat. Wenn der Ehrgeiz von anderen Personen ausgeht, wirds natürlich höchst problematisch!
Solcher Ehrgeiz kann nur mal angebracht sein, wenn die andere Person a) viel vom Singen versteht und b) die Stimme des Sängers sehr gut kennt. Also z.B. ein GL, der erkennt, was für Möglichkeiten ein begabter aber fauler Schüler eigentlich hätte. Ab und zu ein kleiner Tritt in den Allerwertesten ist da sicher nicht das Verkehrteste. Ein guter GL erkennt, was realistisch erreichbar ist und wo der Sänger seine Grenzen hat.

Und egal ob jetzt Ehrgeiz der Antrieb dazu ist: wenn ich mir vorstelle, dass Instrumentalisten an meiner Stimme rumkritisieren und diesbezüglich Forderungen stellen würden :mad:: ein absolutes No-Go! Die dürfen gerne kritisieren, wenn ich beim Rhythmus pfusche oder wenn mal die Intonation nicht stimmt, bin da sogar dankbar um feedback, aber sonst: vergesst es!
Habe so was zum Glück nur ein einziges Mal erlebt: ein, mir sonst unbekannter, Organist wollte vor Jahren kurz vor einem gemeinsamen Auftritt mir noch allerlei "nützliche Tipps" zu meiner Stimme geben. Oho! Dem lieben Mann habe ich aber meine Meinung gegeigt (allerdings erst nach dem Auftritt ;)). Ich hatte damals erst 2-3 Jahre GU und kann sein, dass das, was er sagte zumindest teilweise gar nicht so falsch war, aber trotzdem: eine stimmtechnische Kritik, wenn ich nicht explizit darum gebeten habe, ist einzig und allein Sache der/des GL! Das machen ja sonst i.d.R. nicht mal die Korreps, obwohl die oft jahrelang mit dem Sänger zusammenarbeiten und sich dadurch eine sehr gute und vertraute Beziehung ergeben kann.

Und nochmal zum Ehrgeiz von aussen: ein nettes Beispiel sind da jeweils auch Eltern, die denken aus ihren ach so begabten Kids den nächsten Jahrhundert-Gesangsstar machen zu müssen und dabei mal eben kurz "vergessen" die Kinder zu fragen, ob sie das auch möchten. :mad: Brrr, schüttel!
 
Das kannst du mit Anfänger- und Hobbybands aber nicht vergleichen. Die haben manchmal nicht mal genug Ahnung von ihrem eigenen Instrument, das kann man dann eh nicht ernst nehmen.

Ich hab meiner Band gleich mal eingetrichtert, dass 2x die Woche 3-4 Stunden Probe nicht durchgängig zu machen ist. Und die finden es voll ok, wenn ich ne Oktave tiefer singe, die ganz hohen Dinger weglasse oder sonstwas.
Auf Dauer sind so lange Proben eh nix. Eine Band die so lang proben muss, sollte das am besten erst mal ohne Sänger machen.

Man muss halt konsequent sein und sagen: Das geht, und das geht nicht. Wenn man rummurkst, ist man selbst schuld.
 
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