Wieviel "Lebenserfahrung" ist nötig, um "richtigen" Blues spielen zu können?

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Echolot
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Hallo an alle,

Viele vertreten ja die Meinung, dass es einem erst mal richtig schlecht im Leben ergangen sein muss, um richtig Blues spielen zu können, also um ihn ehrlich rüber bringen zu können..
Konsequenz davon ist die Ansicht, dass das Ganze eine Frage des Alters und der geistigen Reife sein soll....(die man meistens erst im fortgeschrittenen Alter hat!?)

Was meint ihr?
 
Eigenschaft
 
Hier in diesem Forum sind Paradebeispiel, dass das nicht so ist
z.B. Hotrod und Fingers Freddy, wobei Erfahrung ganz sich nicht hinderlich ist:D
 
ich würde sagen es muss einem nicht unbedingt dreckig gehen
aber es ist vieleicht hilfreich

clapton war ein uneheliches kind - heroin und alkoholsüchtig -sein einziger sohn ist gestorben als er 5 war

b.b kings mutter starb als er zehn war
er arbeitete irgendwo bei nem weisen farmer

bie john lee hooker starb sein vater schon sehr bald

also es könnte durchaus sein das es was hilft

grüße b.b
 
Das ist imho absoluter Quatsch.

Das Argument Lebenserfahrung greift am Ziel vorbei, denn um Blues zu spielen und zu fühlen braucht man keine Lebens- sondern Blueserfahrung.
Den Blues versteht man nicht durch Erlebnisse, sondern durch intensive Beschäftigung mit mit dem Blues.

Und Blues mit Negativerfahrungen gleichzusetzen ist mir absolut zu stereotyp und entlarvt eigentlich schon einen Blues-Noob.
Denn Blues ist viel mehr als Heulbojen-Musik.
Gerade neuerer Blues thematisiert oft frech gesellschaftliche No-Nos, Witziges oder völlig Belangloses. Als Beispiel ist eine Candye Kane etwa mit ihrem "Masturbation Blues" zu nennen; auch live ist sie alles andere als ein Trauerklos.
Und nicht nur thematisch, auch musikalisch und stimmungsmäßig ist Blues oft erfrischend, fröhlich und bewegungsdrängend.
Blues ist also nicht auf Gejammer und Selbstmitleid zu reduzieren und das sollte er auch auf keinen Fall, denn Blues ist für mich vor allem Freiheit und Zwanglosigkeit!
Und Blues ist ehrlich! Es geht nämlich nicht darum, wie oben geschrieben, etwas "ehrlich rüber bringen zu können", sondern darum, den Blues tatsächlich ehrlich zu meinen und dahinter zu stehen.

Ach ja, die biographischen Beispiele, die als empirische Beweise herhalten sollen, hinken auch:
Denn die Genialität Claptons auf seinen frühen Werken ließ er im Alter doch deutlich vermissen, ja, teilweise hat er sich damit sogar entzaubert.
John Lee Hookers Tränen scheinen bei einigen Songs auch schon lange getrocknet und B.B. King war sicher auch kein Mann von Traurigkeit.

Am Ende versteht sowieso jeder ein bisschen was anderes unter Blues, wie eben bei allem.

Das Video ist der Knaller! Der macht sein Ding, zumindest das hat was von Blues! :great:
 
bruchpilot schrieb:
um Blues zu spielen und zu fühlen braucht man keine Lebens- sondern Blueserfahrung. Den Blues versteht man nicht durch Erlebnisse, sondern durch intensive Beschäftigung mit dem Blues.

Alle Daumen hoch :great:

Man muss nicht vom Leben gezeichnet sein, seine Kinder verloren haben oder Minderwertigkeitskomplexe haben, weil man kein Schwarzer ist;)

Als Motivation reicht es, wenn man Blues spielen will/spielt, weil man spürt, dass es einem einem tiefe Befriedigung verschafft.

Und ein musikalischer Reifeprozess ist eh immer Voraussetzung, besser zu werden. In jeder Stilrichtung. Der entsteht dann durch die besagte intensive Beschäftigung. Da das jedoch Zeit braucht, ist derweil die Zunahme von Lebenserfahrung(en) nicht ausgeschlossen ;)
 
Der Blues ist ein Kosmos, der weit über: got no money - got no job - got no girl hinausgeht.

Blues ist mehr als Blues-Schemata - blues ist mit einem gewissen Feeling verbunden, das Leben auf eine bestimmte Art und Weise zu empfinden und auszudrücken.

Wenn man dieses Blues-Empfinden hat, kann man den Blues eben "blue" spielen - sonst kann man den Blues spielen wie jede andere Art von Musik-Richtung, die man lernen kann (Jazz, Rock, metal, emo etc.). Ausreichend, aber nicht inspirierend.

Lebenserfahrung bereichert dabei das Ganze, ist aber keine Voraussetzung. Manche Leute lernen aus der zehnten miesen Erfahrung nix - manche begreifen´s schon, wenn´s anderen passiert.

x-Riff
 
Ich kann es auch nur meinen Vater verdanken, dass ich ein blues und kein Rapper oder ähnliches bin. Mein vater hat michs chon mit 10 auf etliche Blueskonzerte mitgeschliffen. Und wenn man dann diese Musiker "live" in ihrem Element erlebt hat, ist man wirklich unglaublich angetan.
Seit dem bin ich bei jedem Konzert dabei, auch wenns mal was jazziges ist. Ich finde ein Konzert ist ein wirklich guter Ort um Erfahrungen zu sammeln. Natürlich kann man auch einfach der Musik lauschen, doch es gibt immer wieder Gigs bei denen die Musiker faszinierende Sachen machen. Ich will mir das auch imemr merken leider bleibt dann später nichtmehr allzuviel davon hängen! :D

Von Bluesbüchern, also Lernbücher evtl. von irgendwelchen Ex-Metallern halte ich nichts. Ein Abend zusammen mit einem guten blueser bringt mehr als diese ganzen Bänder die es gibt.
 
@bruchpilot:

is ja gut
sei halt ned glei so grantig
ich hab ja blos gesagt das es vieleicht was hilft aber nicht das es zwinged notwendig ist
ich hab auch so gut wie gar keine lebensefahrung und spiele leidenschaftlich gerne blues

@hotroddeville

das mit den büchern stimmt voll und ganz
das hat keinen sinn
man muss das gezeigt bekommen oder es sich selbst durch zuschauen aneignen
und mit besseren zusammenspielen is da immer hilfreich
man kann nicht sagen "hey du zeig mal wie blues get"
man muss sich da allmählich reinarbeiten

gruß b.b
 
Echolot schrieb:
Konsequenz davon ist die Ansicht, dass das Ganze eine Frage des Alters und der geistigen Reife sein soll....(die man meistens erst im fortgeschrittenen Alter hat!?)

Was meint ihr?

Ich sach dazu nur: klick mich!

:D
 
bruchpilot schrieb:
Und Blues ist ehrlich! Es geht nämlich nicht darum, wie oben geschrieben, etwas "ehrlich rüber bringen zu können", sondern darum, den Blues tatsächlich ehrlich zu meinen und dahinter zu stehen.
Schön gesagt! :great:

Ansonsten ist es mir reichlich egal ob jemand "den Blues hat" oder wie man "ihn bekommt", für mich zählt alleine die Emotionen die bei einem Song vermittelt werden, und das geht meiner Meinung nach am besten mit Blues. Ob man zum bluesen jetzt ein tragisches Schicksal haben muss, eine besondere Lebenseinstellung, viel Erfahrung oder gar nichts von alledem, ist mir - wie schon gesagt - wurscht.
 
bruchpilot schrieb:
Und Blues mit Negativerfahrungen gleichzusetzen ist mir absolut zu stereotyp und entlarvt eigentlich schon einen Blues-Noob.

:great: Da stehe ich absolut hinter!

Es geht einzig und allein um das Gefühl. Wenn man den Blues einmal richtig gespürt hat, ist die Lebensgeschichte eher zweitrangig.
 
Zitat von B.B. King (B.B.King Anthology DVD):

What I'm trying to proove or to show you is that...when people say "blues" they always think about the negative side. But to us blues singers and a lot of the blues lovers we don't just sing it or play it because we blue or want to get blue or tryin' not to be blue. We play it because we enjoy it.
 
Man muss Blues mit der Seele verstehen und fühlen können......... !!!!!!!

Nur dann klappt es mit dem Spielen.
:great:

Alles andere ist Kinderkacke !



Topo :cool:
 
Echolot schrieb:
Hallo an alle,

Viele vertreten ja die Meinung, dass es einem erst mal richtig schlecht im Leben ergangen sein muss, um richtig Blues spielen zu können, also um ihn ehrlich rüber bringen zu können..
Konsequenz davon ist die Ansicht, dass das Ganze eine Frage des Alters und der geistigen Reife sein soll....(die man meistens erst im fortgeschrittenen Alter hat!?)

Was meint ihr?
Hallo,

eine sehr interessante Frage die du da stellst.

Wenn man sich mit dem Blues auseinandersetzen möchte, sollte man sich ein wenig mit den Spirituals auskennen. Das waren Sklavengesänge mit religiösem Inhalt. An oberster Stelle stand Gott und die Freiheit der Sklaven. Die Menschen akzeptierten nie die Unterdrückung durch ihre Herren, aber jeder kleinste Aufstand bedeutete den Tod. Durch ihren Glauben jedoch wussten sie, dass Gott sie erlösen wird und die weißen Unterdrücker ihre gerechte Strafe bekommen werden. Zentral war hier also Gott.

Der Blues hingegen ist ein weltlicher Musikstil. Es geht hier um den Alltag der Schwarzen,
und nicht mehr um die transzendente Gotteserfahrung. Historische Tatsachen allein spielen hier die große Rolle. Keineswegs darf man jedoch deshalb annehmen, dass der Blues atheistisch durchtränkt ist. Hier geht es um die klallharte Realität, um die Liebe, Sexualität der Schwarzen usw.

Wer den Blues richtig fühlen will und ihn auch richtig spielen will , der muss sich in die Lage eines Schwarzen hineinversetzen, was für uns Weiße natürlich sehr schwierig sein kann. Man muss wissen, wieviel diese Menschen durchgemacht haben, sei es im 17. Jahrhundert, später oder auch heute noch.
Aber wer sich natürlich nur auf die Traurigkeit beschränkt, macht etwas falsch. Man kann sagen, dass sich Traurigkeit und Fröhlichkeit im Blues die Waage halten. Es gibt Songs die handeln vom einen, und es gibt Songs die handeln vom anderen.

Um deine Frage kurz zu bentworten: Damals war die Lebenserfahrung natürlich notwendig, damit diese Musikstile überhaupt entstehen konnten. Wer die Lebenserfahrung in dieser Hinsicht vernachlässigt, hat etwas falsch verstanden.
 
Vielleicht ist es tatsächlich hilfreich, wenn man sich etwas mit den Spirituals auskennt:
In den Spirituals ging es zwar thematisch immer um Gott und Religion, allerdings war den Sklaven auch jegliche andere Thematisierung in ihren Liedern untersagt.
In den Spirituals waren demnach Gott und Religion oft nur Mittel zum Zweck, um sich über scheinbar religiöse Metaphern zu verständigen und verschlüselte Nachrichten zu übermitteln, etwa über Fluchtpläne.
Zentral waren also oft eben nicht Gott und Religion, sondern - nur im Mantel der Religion - Wunsch, Aufforderung und Pläne zur Flucht und damit die Freiheit.

Blues als Produkt aus Sklaverei, Worksongs, Spirituals und der Lebenserfahrung der schwarzen Sklaven zu sehen ist nicht erschöpfend.
Blues enstand nämlich vor allem durch das Zusammentreffen afrikanischer und europäischer Musikformen, die eben von vornehmlich Schwarzen Musikern kombiniert wurden.
Aufgrund der Separation drang diese Kombination teilweise gar nicht zu der weißen Bevölkerung durch und falls doch, war es gesellschaftlich verwerflich sie zu mögen oder zu imitieren. Deshalb war der Blues also vorerst ein Teil der Unterhaltungsmusik der schwarzen Gesellschaft.
Zum Glück änderte sich das und der Blues wurde schließlich von Musikern jeden Geschlechts jeden Alters und jeder Hautfarbe gehört, gespielt und weiterentwickelt.
Also warum um alles in der Welt sollte man sich beim Blues in einen stereotypisierten Schwarzen hineinversetzen und sich seine Leidensgeschichte klarmachen?!?
Das ist mir unverständlich.
Denn moderner Blues ist schließlich eben nicht schwarz oder weiß, alt oder jung, traurig oder fröhlich.

Und Blues handelt auch nicht vom "Alltag der Schwarzen", sondern, wenn überhaupt, vom Alltag desjenigen, der den Blues spielt.
Und derjenige muss sicher nicht schwarz, sondern höchstens er selbst sein.
 
bruchpilot schrieb:
Vielleicht ist es tatsächlich hilfreich, wenn man sich etwas mit den Spirituals auskennt:
In den Spirituals ging es zwar thematisch immer um Gott und Religion, allerdings war den Sklaven auch jegliche andere Thematisierung in ihren Liedern untersagt.
In den Spirituals waren demnach Gott und Religion oft nur Mittel zum Zweck, um sich über scheinbar religiöse Metaphern zu verständigen und verschlüselte Nachrichten zu übermitteln, etwa über Fluchtpläne.
Zentral waren also oft eben nicht Gott und Religion, sondern - nur im Mantel der Religion - Wunsch, Aufforderung und Pläne zur Flucht und damit die Freiheit.
Das ist so einfach nicht richtig interpretiert. Gott steht hier an oberster Stelle, und zwar deshalb, weil gerade er die Freiheit ermöglichen soll. Wenn in den Spirituals vom Himmel die Rede ist, dann bedeutet er zweierlei: Einmal bedeutet er die Freiheit der Sklaven, das heißt vor allem sich auf den Weg nach Norden zu machen und andererseits bedeutet er der göttliche Himmel, sprich das, was sie nach dem Tod erwartet. Wer beim Spiritual Gott unten ansiedelt, der hat ihn schlicht falsch interpretiert.

Blues als Produkt aus Sklaverei, Worksongs, Spirituals und der Lebenserfahrung der schwarzen Sklaven zu sehen ist nicht erschöpfend.
Blues enstand nämlich vor allem durch das Zusammentreffen afrikanischer und europäischer Musikformen, die eben von vornehmlich Schwarzen Musikern kombiniert wurden.
Wer sagt denn, dass der Blues eben nur diesen Quellen entspringen soll? Hier wird es schwierig, die genauen Ursprünge des Blues historisch festzulegen. Hier weiter zu diskutieren, kann unter Umständen fatale Folgen haben, weil hier sehr gerne Tatsachen verdreht werden. (Das betrifft auch so Dinge, wie die Schwarzen hätten die Choralgesänge zu einem Spiritual umgeformt). Fest steht, dass er mit dem Spiritual eng verwandt ist und am wichtigsten erscheint hier immer noch die Lebenserfahrung des Schwarzen, die er widerspiegelt.
Aufgrund der Separation drang diese Kombination teilweise gar nicht zu der weißen Bevölkerung durch und falls doch, war es gesellschaftlich verwerflich sie zu mögen oder zu imitieren. Deshalb war der Blues also vorerst ein Teil der Unterhaltungsmusik der schwarzen Gesellschaft.
Zum Glück änderte sich das und der Blues wurde schließlich von Musikern jeden Geschlechts jeden Alters und jeder Hautfarbe gehört, gespielt und weiterentwickelt.
Also warum um alles in der Welt sollte man sich beim Blues in einen stereotypisierten Schwarzen hineinversetzen und sich seine Leidensgeschichte klarmachen?!?

Das ist mir unverständlich.
Muss man doch auch gar nicht.
Denn moderner Blues ist schließlich eben nicht schwarz oder weiß, alt oder jung, traurig oder fröhlich.


Und Blues handelt auch nicht vom "Alltag der Schwarzen", sondern, wenn überhaupt, vom Alltag desjenigen, der den Blues spielt.
Notgedrungen falsch. Gerade der Blues handelt vom Alltag des Schwarzen. Wenn dem nicht so wäre, wäre es kein Blues.
Und derjenige muss sicher nicht schwarz, sondern höchstens er selbst sein.
Ich bin nicht schwarz, und ich versetze mich auch nicht ständig in einen Schwarzen, und mir gefällt der Blues dennoch verdammt gut.
...............
 
bruchpilot schrieb:
Blues enstand nämlich vor allem durch das Zusammentreffen afrikanischer und europäischer Musikformen, die eben von vornehmlich Schwarzen Musikern kombiniert wurden.

Das wusste ich gar nicht! Welche Elemente wurden denn von der afrikanischen Musik übernommen?
 
Moerk schrieb:
Das wusste ich gar nicht! Welche Elemente wurden denn von der afrikanischen Musik übernommen?
Polyrhythmik, Offbeat, Blue Notes, Call-and-response, (Kollektiv-)Improvisation,...
Nur wurden diese Elemete schließlich "europäisiert", heißt in europäische Musik-Muster gepresst.
So kennt man den Offbeat etwa als "Spielen auf 'und'" und die Blue Notes als verminderte Quinte, was so natürlich nicht ganz stimmt.


drum_machine schrieb:
Notgedrungen falsch. Gerade der Blues handelt vom Alltag des Schwarzen. Wenn dem nicht so wäre, wäre es kein Blues.
Dazu fällt mir nichts mehr ein... :rolleyes:
 
Danke, Bruchpilot!
 

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