Der Gitarrenbauer, meine Gitarre und ich

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Hallo Leute,

da das Thema "Gitarren vom Gitarrenbauer" bisher nur einen winzigen Raum im Forum einnimmt, möchte ich Euch davon berichten, wie ich an das Thema "Ich lasse mir meine Gitarre bauen" herangegangen bin.

Daher wird dies kein Thread im üblichen Sinne sondern mehr ein Blog, den ich in mehrere Posts unterteilen werde.

Eure Frage oder Kommentare sind natürlich wie immer höchst willkommen!

Etwas Wichtiges vorweg: das, was ich hier beschreibe, ist meine persönliche Vorgehensweise. Diese dient als Beispiel, ist völlig subjektiv und erhebt keinerlei Anspruch auf Allgemeingültigkeit.

Die Vorgeschichte

Diejenigen von Euch, die schon länger im Forum sind, wissen von meinem Hang zum Celtic Fingerstyle: einem Stil, den man bei Gitarristen wie John Renbourn, Tony McManus, Ian Melrose, Franco Morone, Olaf Sickmann und anderen hervoragenden Künstlern findet.

Es ist nun nicht so, dass ich nicht schon hervoragende Gitarren hätte. Zudem halte ich mich im Vergleich zu den oben genannten Herren bestenfalls für einen leicht fortgeschrittenen Anfänger. Ich hatte es mir aber in den Kopf gesetzt eine Gitarre zu finden, deren Eigenschaften perfekt zu Celtic Fingerstyle im Allgemeinen und meinen persönlichen Anforderungen im Besonderen passen.

Ich machte mich also auf die Suche nach einer solchen Gitarre in den hervorragenden, auf Akustigitarren spezialisierten Fachgeschäften meiner Wahl (Tommy in Viersen, Viertmann in Köln, die Kiste in Kaltenkirchen, Schalloch in Hamburg, Acoustic Dream in Fröndenberg usw.). Ein spannendes Erlebnis, da ich im Zuge dieser Suche wirklich ausgezeichnete Gitarren anspielen durfte. Die Palette reichte von Lowden über Santa Cruz, Collings, Huss & Dalton, Rozawood, Stevens, McIlroy und Froggy Bottom bis Goodall. Sogar eine Avalon war dabei.

Einen wichtigen Punkt, der gar nichts mit meiner Suche zu tun hatte, konnte ich für mich dabei endgültig klären:

Hochwertige Hölzer sind wichtig, aber nicht entscheidend.

Natürlich war jede einzelne der oben genannten Gitarren aus besten Hölzern gefertigt.
Aber wie unterschiedlich zwei Dreadnaughts mit vergleichbarer Holzwahl klingen können, wenn sie aus unterschiedlichen Häusern stammen, war eine echte Offenbarung.

Jede einzelne dieser Gitarren war in meinen Augen jeden Cent wert, der auf dem Preisschild stand. Aber trotzdem wurde ich nicht fündig. Entweder war der Wert der Gitarre höher als mein Budget oder die Gitarre war zwar genial, entsprach aber nicht der Vorstellung, die ich von meiner Neuen hatte.

Der relevante Punkt war der: ich hätte nicht bis ins Detail beschreiben können, was genau ich erwartete. Aber wenn ich eine von diesen Prachtstücken anspielte, fiel mir auf, was mir fehlte oder was ich gern anders gehabt hätte.

Also formte sich der Gedanke, mir meinen Traum bauen zu lassen.


Mehr dazu dann in Teil 2.
 
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Direkt mal eine Frage. Besteht nicht auch die Gefahr, dass man nicht das Gewünschte bekommt was man sich vorgestellt hat? Und dann?
Gruß
Frank
 
Berechtigte Frage. Ich habe in den letzten Monaten die Erfahrung gemacht, dass gerade das ein Punkt ist, der weniger relavant ist, als ich befürchtet hatte.

Ein Gitarrenbauer hat eine "Handschrift". Und die ist so deutlich, dass ich das Risiko, nicht das zu bekommen, was ich mir vorgestellt habe, als vergleichsweise klein einstufe.

Klangliche Wünsche zu beschreiben und dann darauf zu hoffen mich so klar ausgedrückt zu haben, dass das Ergebnis 100%ig stimmt, das wäre mir auch zu risikoreich.

Deshalb war es mir ja so wichtig, den direkten Kontakt zu finden, un anhand von vorhandenen Gitarren herauszuarbeiten, was ich möchte und was nicht.
 
Also bleibt ein kleines Restrisiko!
Gruß
Frank
 
Zuerst musste ich einen Punkt klären, der zwar lästig, aber für die meisten von uns leider zwingend zu berücksichtigen ist: was kostet eine Steelstring in Einzelanfertigung überhaupt?

Und ich war erstaunt: Sooo teuer ist das gar nicht. Natürlich bin ich über Gitarrenbauer gestolpert, die erst bei 3.800 Euro anfangen. Aber es geht auch deutlich darunter. Zum Beispiel bekommt man – die Grundausstattung als Basis betrachtet – eine Kraushaar bereits für 1.550,- EUR, eine Dreier beginnt bei 1760,- EUR, eine Stevens gibt es ab 2450,- EUR.
2.500 EUR ist die Marke, in der sich bereits viele renomierte Gitarrenbauer tummeln.

(Eine Anmerkung dazu: mir ist durchaus klar, dass solche Preise für viele hier im Forum jenseits von Gut und Böse liegen. Bei mir war das auch sehr lange Zeit so und ich bin mir der Privilegien sehr wohl bewusst, die mir durch meine derzeitige finanzielle Situation ermöglicht werden.)

Mit Verlaub: wenn ich mir anschaue, was für Gitarren in dieser Preislage seitens einiger (nicht aller!) der renomierten Marken (vor allem in Bezug auf einen amerikanischen Hersteller, der zu den ältesten, renomiertesten und - zumindest im akustischen Bereich – zu den überschätztesten Anbietern überhaupt gehört) unters Folk gebracht wird, dann finde ich das, was ein „Luthier“ für seine Arbeit nimmt, völlig in Ordnung.

Das Finanzielle war also abgeklopft und geklärt.

Jetzt musste ich nur noch den Gitarrenbauer finden, der A) meinen finanziellen Rahmen nicht sprengte und B) gleichzeitig Erfahrungen im Bau von der Art Gitarren hatte, die ich mir vorstellte.
 
Also bleibt ein kleines Restrisiko!
Gruß
Frank

Ja, das bleibt tatsächlich. Und das wird sich wohl auch nie vermeiden lassen, wenn man Etwas - egal was - in Auftrag gibt.

Ich hab mal ein Haus bauen lassen... Gegen das Risiko, was man da eingeht, verblasst alles andere.
 
Moin Bernd!
Spannend aufgemacht, sogar mit Cliffhanger:great:... ich bin ja echt gespannt, ob Du uns im Teil 2 auch verrätst, wer nun der Erbauer Deiner Traumgitarre ist. ;)
 
Bin gespannt auf deine weiteren Ausführungen, da ich darüber nachdenke mir eine Gitarre bauen zu lassen. Erhoffe mir jede Menge Tipps wie ich vorgehen kann.:great:
 
Was die Preise angeht: In einer handgebauten Gitarre stecken schnell mal 100 Stunden (habe ich mir sagen lassen). Wenn dann noch beruecksichtigt wird, dass der Mann bzw. die Frau noch Steuern und andere Abgaben zahlen muss...
Aber eigentlich wollte ich mal fragen, nach welchen Kriterien die genannten Läden ausgesucht wurden - und ob es den in Fröndenberg noch gibt (finde keine Website...).
 
Den Fröndenberger Laden gibts nicht mehr - zumindest nicht für A-Gitarren.

Meine Kriterien: Läden, die in meinen Augen eine hohe Kompetenz im Bereich Akusikgitarren haben.

Der Music Store in Köln gehört z.B. meiner Meinung nach nicht dazu. Das Guitar Center in Köln aber schon.
 
Ich find es auch sehr interessant, was Bernd hier für Erfahrungen preis gibt, weil ich mich ja in der gleichen Lage befand. So kann ich einige Dinge gut nachvollziehen, andere weniger.
Extrem lustig finde ich auch die Aufzählung der Läden im ersten Post, hab ich mich doch auch lange Zeit bei Tommy's und Viertmann rumgetrieben ;-) (Viertmann dürfte für den Bernd in Sachen Steelstrings aber eher eine Enttäuschung gewesen sein, und man kann da echt schlecht parken..!!)

Möchte jetzt hier noch ein paar Kleinigkeiten anmerken zum Risiko sich eine Gitarre bauen zu lassen. Ich bin auf meinen Testfahrten zu einem anderen Ergebnis gekommen als Bernd. Als ich anfing dachte ich auch, dass ich mir auf jeden Fall eine Gitarre bauen lasse, musste dann aber feststellen, dass ich die "Handschrift" eines Gitarrenbauers oft nicht erkennen konnte. Da gab es teilweise massive Unterschiede in den Gitarren, sowohl klanglich als auch handwerklich. Dazu sei gesagt, dass ich auf dem klassischen Sektor unterwegs war, der sich doch extrem vom Steelstring-Sektor unterscheidet. Gibt es doch kaum Stangenware im Bereich über 2500€ bei den Klassischen. Und auch das Preisgefälle ist sehr ungewöhnlich.
Da gibt es Gitarren die kosten zig Tausende Euros und ich wusste nicht warum. Oft ist es nämlich so, dass man nicht den Klang bezahlt der herauskommt, sondern Holz und Arbeitszeit. Das sollte man sich umbedingt klarmachen. Ich hatte eine Gitarre für schlappe 24.000€ in der Hand, die klang gut, aber nicht so gut, dass ich dafür soviel Geld bezahlen würde, wenn ich es übrig hätte. Der Gitarrenbauer sagte mir dann, dass der Preis quasi nur wegen dem Holz zustande kommt (Königsholz, optisch extrem toll), was man einfach nicht in der nötigen Qualität bekommt und sich zudem noch schwer bearbeiten lässt, so dass da 250 Arbeitsstunden reingeflossen sind.

Wenn man rein nach dem Klang geht, ist man manchmal schon verhältnismäßig günstig ganz oben mit dabei.

Um noch mal auf das Risiko zurückzukommen: Klar ist es da. Man sollte auch nicht anhand einer einzelnen Gitarre ein Urteil über den Gitarrenbauer fällen. Hier ist es wichtig eine Vertrauensbasis aufzubauen, den Menschen hinter den Gitarren einzuschätzen, seine Erfahrung, seine Vorstellungen von Sound. Wenn man da auf einer Wellenlänge liegt, ist das schonmal gut.
Und entweder wagt man es dann, egal was bei rauskommt oder eben nicht.
Ich persönlich hab es nicht gewagt, aus dem Grund, dass ich eine fertige Gitarre in der Hand hielt, die mich dermaßen beeindruckt hat, dass es schwer gewesen wäre da noch etwas zu verbessern. Wozu dann das Risiko eingehen eine bauen zu lassen, die da vllt gar nicht herankommt?

So zum Schluss um alle zu ärgern, die vor Spannung schon platzen zu erfahren wer denn für Bernd seine Gitarre baut: Ich weiß es ;-)

Ach ja und: Music Store Köln und A-Gitarrenkompetenz war nen guter Witz Bernd ;-)
 
Wissen ist Macht, deswegen teilt man es ja auch nicht unbedingt...;)

So zum Schluss um alle zu ärgern, die vor Spannung schon platzen zu erfahren wer denn für Bernd seine Gitarre baut: Ich weiß es ;-)

Jaja, kaum haben sie 'nen grünen Schriftzug für ihren Nickname, grenzen sie das gemeine Volk aus...;)
 
Tja, dieser erlesene Kreis der Macht;)
Allerdings glaub ich nicht, dass wir allzulange auf eine Auflösung diese Spanungsbogens warten. Denke es wird hier jeder weiterlesen.
Also schön die Wartezeit zum Spielen nutzen.:rolleyes:

Habedieehre A.Tobi
 
Wie gesagt dreht es sich bei meiner Neuen um eine Gitarre, die für Celtic Fingerstyle gedacht ist und so gut wie möglich meinen Vorstellungen entsprechen soll.

Sicherlich ist nicht jedes Detail vorher zu fixieren. Und natürlich sollte ein Gitarrenbauer einen auch individuell beraten. Blöd wäre ich, wenn ich dieser Beratung gegenüber nicht offen wäre. Ich bin schließlich nur Amateur ;)

Trotzdem halte ich es prinzipiell für eine gute Idee, mir vorher intensiv Gedanken darüber zu machen, welche Dinge für mich wichtig sind.

In meinem speziellen Fall sieht das wie folgt aus:

1) Korpusform und Hölzer: Ich habe einen recht langen Oberkörper. Und außerdem spiele ich mit Kuppe/Nagel und das auch noch vergleichsweise leise. Daher möchte ich einen eher großen Korpus (in den Hüften mindestens 400mm) Richtung Jumbo in Verbindung mit einer Konstruktion und Hölzern, die die Gitarre schon von sich aus laut machen. Trotzdem soll der Klang nicht „schwimmen“. Und trotz langen Hin-und Herüberlegens: doch lieber kein Cutaway. Und auch keine Tonabnahme.

2) Mensur: die Standardstimmungen meiner Neuen werden DADGAD und Dropped D sein. Daher möchte ich eine Mensur, die länger als die üblichen 650mm ist, damit die Saiten trotz des Herunterstimmens nicht labbrig klingen.

3) Griffbrettweite: 45mm. Meine Lakewood hat 46mm, meine Martin 11/16 inch . Glaubt es oder nicht: für mich sind 46mm exakt 1mm zu viel.

4) Klangbild: Das Schwierigste überhaupt. Satte, trotzdem trockene Bässe. Klare Mitten mit Volumen. Der Diskant ist das Schwierigste des Schwierigen: warm und trotzdem kristallklar ohne schneidend zu wirken.

5) Das Drumherum: goldfarbene, exakt arbeitende Mechaniken, goldfarbene Gurtpins, eine schlichte Schalllochrosette, kein Abalone.
Der einzige Schmuck außer dem Decal: Das dezente Symbol des Aquarius in Perlmutt auf dem 12. Bund.

6) Der optische Gesamteindruck: homogen und kontrastreich, ohne überladen zu wirken. Fein abgestimmt.

Soweit zur 100%-Lösung. Wobei ich wie schon gesagt durchaus bereit war, von dieser Linie abzuweichen, wenn die Gründe dafür Sinn machen.

Wie gesagt: Dieser Thread ist mehr ein Blog, der zeigen soll, wie ich bei meiner Entscheidung vorgegangen bin. Und daher kam die Suche nach dem Gitarrenbauer erst nach meinen Überlegungen zu den Details meiner Neuen.

Bernd
 
Sehr spannend geschrieben macht richtig Laune das zu lesen ;) bin schon gespannt auf was es herauslaufen wird ;)
 
Hi

interressant wäre noch zu wissen welche Hölzer verbaut werden um deinen Klangvorstellungen
zu entsprechen.

*flo*
 
Da das Thema Hölzer ja schon angesprochen worden ist, kann ich das glaube ich schon veraten:

Folgende Hölzer werden verwendet: ostindischer Palisander, Adirondack-Fichte und Zwetschge.
 
Hi Bernd,

du hast einen aufmerksamen Leser mehr ... :D

Greetz :)
 
Da das Thema Hölzer ja schon angesprochen worden ist, kann ich das glaube ich schon veraten:

Folgende Hölzer werden verwendet: ostindischer Palisander, Adirondack-Fichte und Zwetschge.

Hi

ich gehe mal davon aus:
Palisander=Korpus
Fichte=Decke
Zwetschge=Griffbett + Steg?, Hals?, wobei ich auf Griffbett tippe, da es ein extrem
hartes Holz ist,aber noch nie gehört habe, daß es dafür verwendet wird


*flo*
 
Autsch. Meine Schuld: Ebenholz hab ich bei der Auflistung vergessen. Damit hätte sich Deine Frage wahrscheinlich erübrigt.
 

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