Eric Johnson Sound - wie geht das?

Moerk
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Hallo!

Ich schau gerade Eric Johnson auf Youtube:YouTube - Eric Johnson - Cliffs of Dover und denke mir: "Verflixt nochmal - das geht doch gar nicht!"

Ich dachte mir, so ein Sound geht nur mit Delay, Chorus, Mörder-Eq und Kompressor. Und siehe da, ich musste ein zweites Mal vom Glauben abfallen: guitargeek | eric johnson of eric johnson

Ok, ok - mit nem schönen angeblasenen Amp gehts zwar, aber immerhin hat er ja noch Delay drauf, wovon wir alle wissen - die Gitarre schön singt. Aber wenn ich ganz genau hinhöre (auch der Schluss beim Abschlag), höre ich noch nicht einmal was davon!

Ich weiß, dass der Sound in erster Linie von den Fingern und einem selbst abhängt. Ich habe dabei selber schon etliche Überraschungen erlebt. Aber bei EJ geht doch irgendetwas nicht mit rechten Dingen zu. Wo ist der Trick, dass es sooo sehr fantastisch klingt? Das kann doch nicht einfach nur an den Fingern liegen oder doch? Und welchen Verzerrer benutzt er euren Ohren nach bei den meisten Leadparts in dem oben gelinkten Clip? Das Fuzz Face oder den Tubedriver? Ich habe ne Strat, einen Hotrod Deluxe und einen BD-2 Boss Blues Driver.

Ich möchte ihn weder kopieren, noch glaube ich, dass ich das auch nur annähernd kann. Aber gibt es irgendwie einen Tipp oder Trick, dass sein Ton so wunderschön klingt?

Danke!

Markus
 
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Aber gibt es irgendwie einen Tipp oder Trick, dass sein Ton so wunderschön klingt?

Abgesehen von den Grundeinstellungen (mäßige und mittentonte Zerre unter Beteiligung eines Fuzz etwas Delay und Hall) ist die Antwort zunächst:

Es klingt so, weil er so spielt. Da haben wir z.B.

# Schöne Melodieführungen
# Rhytmisch gut verteilte schnellere und langsamere Teile
# Minipausen statt Endlosgedaddel, damit die Themen atmen können
# Perfekte Technik, jeder Ton sitzt da, wo er hingehört
# Saubere Fingervibrati und gelegtlich Ganzton- sowie Halbtonbending
# Sehr flüssiges Spiel: Anschläge, Legatospiel, Bendings und Vibrati fügen sich nahtlos zusammen
# UNbedingter Wille und die Fähigkeit, eine Melodie nicht nur zu spielen, sondern zum Klingen zu bringen, auf jeden Ton wert zu legen. So wie das jeder Kaffeehausgeiger macht: Der gewisse Schmelz muss rein (meine ich durchaus positiv, überhaupt erinnert mich sein Spiel stark an die eleganten Ausdrucksformen von Violinen)
# Die Fingervibrati werden ohne Verzögerung angesetzt, quasi sofort schon mit dem Anschlag

usw.


Ein Wort noch zum Fuzz Face, das EJ vermutlich gar nicht (mehr)benutzt, Guitargeek ist ja nicht gerade eine Newsagentur. Bestimmte Fuzzs klingen anders als andere. "Mutter" ist das Fuzz Face, das sich weicher und "unbrutaler" lässt als andere. Die Gitarre bekommt dann einen schönen Schub in den oberen Mitten und etwas Glanz obendrauf, ohne allzu hart zu werden. Wichtig bei der genauen Soundabstimmung kann dabei sein, den Volume-Regler von der Gitarre - optimal: Single Coils) etwas zurückzunehmen. Dadurch wird sie etwas mittiger, den Rest setzt das Fuzz Face dann wieder dazu.

Es gibt alternativ Clones des Fuzz Face (http://www.analogman.com/fuzzface.htm), die extra einen Regler haben, um das Eingangsvolumen etwas abzusenken. Dann "klingen" die Transistoren weicher. Dennoch gehört auf jeden Fall ein schön aufgerissener Röhrenamp (!) dahinter, der dem Fuzz die letzte Gemeinheit nimmt und Saättigung hinzubringt. MIt Transistor- oder Modelling-Amps funktioniert das nämlich überhaupt nicht gut.

Angeblich beutzt Johnson eh ein Fulltime Fuzz mit selektierten Transistoren und erweiterten Regelmöglichkeiten:
Musik Produktiv > Bodeneffekt E-Gitarre Fulltone The"69" Pedal
Fulltone '69 Fuzz Pedal - 69
Fulltone Products
FULLTONE 69 Pedal Fuzz - E-GITARREN - Effektgeräte - Verzerrer / Booster - Musik-Schmidt Frankfurt

Realisieren lässt sich das Ganze nämlich nur mit Fuzz Boxen, die mit nachgebauten Germanium-Transistoren bestückt sind, wie sie in den 60er Jahren üblich waren. Leider rauschen die Dinger etwas - aber es gibt keine Alternative dazu, wenn es diese Art von Klangerzeugung sein soll. Was nicht rauscht klingt auch nicht ;) Das macht auch klar, warum die Endverstärkung nicht nochmals über "neue" Transistoren erfolgen darf, sondern nur über die wärmere Röhrensättigung.

DAs Ganze beruht also auf einer Feinabstimmung der "richtigen" Komponenten. Tauscht man auch nur ein Glied der Kette aus - wozu selbstverständlich auch der Spieler gehört - dann funzt es nicht mehr.


Delay drauf, wovon wir alle wissen - die Gitarre schön singt.

Delay bringt die Gitarre nicht zum Singen. Das passiert erst beim Spieler, dann in der Verzerrung und wird vom delay allenfalls etwas breiter gemacht. Das Delay kann und darf da nur ein Farbtupfer sein. Wer da verscht, das Pferd von hinten zu besteigen, wird scheitern.


Der leichte Kompressions-Effekt entsteht durch das Fuzz.


*EDIT* sorry für den etwas umständlichen Post. Es sind da Unmengen von Details zu ordnen. UNd da ich nicht dafür bezahlt werde... Man sieht aber, wie detailliert es schon werden kann, wenn man sich nur mal 1 Stunde mit dem "Sound" eines bestimten Gitarristen auseinandersetzt. Schließlich hat der Mann über 30 Jahre Entwicklung hinter sich. Wie soll man das in 2 Zeilen pressen... oder in 20...
 
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wenn ich hier auch noch was anfügen dürfte:
der Haupttrick bei "Cliffs of Dover" (neben Satriani´s "Always with me.." übrigens eines meiner absoluten Lieblingsstücke) ist, daß der werte Herr eigentlich mehr oder weniger aus Dreiklangsarpeggien heraus arbeitet, dafür aber sehr (für den Normalgitarristen) ungewöhnliche Voicings verwendet. Wenn man die mal raushat, hat man meiner Meinung nach schon mehr als die halbe Miete!
Es gibt ein Buch mit Transkriptionen der "Ah-via-Musicom" auf der eine lahme Studioversion von "Cliffs" enthalten ist, die aber nicht viel taugen. In der amerikanischen GuitarOne war vor Jahren mal eine bessere Transkription, leider gibt es aber meines Wissens keine zu der Live-Version aus AustinCityLimits, die auf irgendeinem GuitarSampler und mal als Soundfolie im GuitarPlayer zu finden war - und die dann wirklich abgeht.
Nebenbei, daß Video auf YouTube stammt zwar angeblich auch aus AustinCityLimits (einer Fernsehshow), aber kommt immer noch nicht an besagte Audio-Aufnahmen heran!
Aber - ich mein´ja nur!
 
dafür aber sehr (für den Normalgitarristen) ungewöhnliche Voicings verwendet.

Kannst Du spezell Beispiele anfügen? Wäre interessant.

Das Thema Voicing kommt hier im Forum leider viel zu kurz, da es ja meist schon Mühe genug macht, einen Fingersatz für A-Dur zu erklären :rolleyes: :mad:

"Voicing" hat leider in meiner eigenen musikalischen Entwicklung auch keine bewusste Rolle gespielt und es ist schwer, diese Versäumnisse dann in sein festgelegtes Impro-Spielrepertoire anzufügen. Ich meine jetzt nicht verschiedene Akkordvoicings (die ja relativ "billig" zu erlernen sind). Sondern spezielle Spreizungen im Solobereich, die eben nicht zum 1000. Male einschläfernde Arpeggien über 1-3-5-7 wiederholen.
 
mach´ ich, dauert aber noch, weil ich mich erst mal durch meine Bibliothek, bzw. meine Magazinsammlung wühlen muss (und beide sind leider:rolleyes: etwas umfangreicher:) ).
Wer die komplette Transkription von der "Ah Via Musicom" haben will, die war in GuitarOne 06/2000.
 
@hans3
also du meinst eher nicht 0815 gevoice Arpeggien? Damit hab ich mich noch nicht wirklich intensiv beschäftigt, außer so 1-5-9 Zeugs. Müsste ich mal mehr machen, das klingt vielversprechend. Was ich allerdings recht gerne mache ist die Arpeggien in verschiedenen Oktaven zu spielen, also z.b. 1-3 in einer Oktave und die 5 und die 7 dann eine Oktave weiter oben als gewöhnlich, das klingt schon wesentlich interessanter.

Gruß
Andy
 
So, da wär´ ich wieder:
Dat Dingens läuft in G-Dur, Einleitung E-Moll-Pentatonik bzw. -Bluestonleiter, die auf E-Dur-Pent endet. Dann geht´s über verschiedene Arps (Em,Am,G,C und wieder G den Hals rauf.
Das Thema läuft mehr oder weniger immer über G/G/C/D (viermal) und ist mehr oder weniger komplett arpeggiert.Wenn ich´s richtig habe, läßt der Gute dabei immer noch die leere G-Saite als Drone oder Pedal mitlaufen.
Wenn er dann wieder oberhalb des 12.Bundes spielt, ist die Akkordfolge Am/D/G/Em (richtig, viermal), dann wieder 8 Takte G wie nach der Einleitung bzw. immer als Zwischenteil.

Das wär´s so im Groben.
Wichtig ist bei der ganzen Kiste, daß er mehr oder weniger aus Akkorden heraus spielt, und eben nicht "single note", will heißen, die Finger bleiben möglichst liegen.
Das, und die Verwendung von reinen Dur- bzw. Molldreiklängen macht viel für den violinartigen Ton bzw. den klassischen Touch, und damit den Reiz des Stückes aus, während die verwendeten Effekte oder die Verzerrung meiner Meinung nach fast vernachlässigbar sind.
Größte Hürde dürfte neben den argen Spreizfingern, die der Herr macht, das Tempo sein. Da üb´ ich nämlich auch noch dran, allerdings: die Nummer ist so genial, daß man sich das besser nur anhört und gar nicht erst versucht, sie nachzuspielen. Allerdings läßt sich aus der Analyse viel lernen.

P.S. Ich suche noch nach meinen Transkriptionen, denn irgendwo muß ich noch eine haben. Im GuitarPlayer war mal ein Artikel mit Bildern und Interview so um 86,87 rum, und Anfang der 90er war auch noch was (anscheinend werd´ ich langsam alt).
Aber ich bleib´ dran! Und die Voicings kommen, wenn ich fündig geworden bin.
 
Auf der Crossroads DVD spielt er ein altes Marshall top!:confused:
 
Danke erstmal euch allen, insbesondere dir, Hans, für deinen ausführlichen Beitrag! :)

Ich muss feststellen, dass solche Soundgeschichten doch um einiges komplexer sind, als ich mir das bis jetzt vorgestellt habe. Ich werde mich mal ausführlicher mit der Voicinggeschichte auseinandersetzen. Aus der Sichtweise der Arpeggiengreifweise habe ich das noch gar nicht betrachtet...

Die DVD werde ich mir vielleicht auch besorgen. Darin scheint ja etliches interessantes zum Lernen drin zu sein.

Danke nochmal! :)
 
Also natürlich kommt der Sound nicht nur aus den Fingern, man braucht schon auch das geeignete Equipment. Ganz genau kommt man sicherlich nicht an den Cliffs of Dover Ton ran, da es vermutlich das Produkt vieler Komponenten ist. Ich hatte einen sound in meinem ersten Line 6 Amp, der danach benannt war und tatsächlich ziemlich ähnlich klang, richtig fett. Daher denke ich, wenn man etwas im Bereich der Simulations-Amps herumsucht, sollte man fündig werden.
 
Das wollt ich auch nicht diskutieren.
 
Ich war gestern Abend im Proberaum und habe mal meinen alten Line 6 AX212 in Betrieb genommen. Wie ich mich erinnerte, habe ich tatsächlich einen Künstler Preset namens Cliffs of Dover gefunden und der ist gar nicht schlecht. Diese Amps kriegst du inzwischen für 150 -200 €.
 
hat jemand noch tipps für den Clean Sound?

Ich weiß, dass er Twin Reverb spielt, aber die sind ja sehr groß und schwer. Gibt es eventuell eine kleine Lösung für zuhause, wo die Nachbarn nicht gleich böse werden? :D
 

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