unser besuch bei lakewood

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Ich möchte euch hier von unserem besuch bei lakewood in gießen berichten. (http://www.lakewood.de/de/)

Wir, das waren Uli, sein kumpel Peter und ich.

bilder hab ich noch nicht eingebunden, dankenswerterweise könnt ihr aber in ulis album stöbern https://www.musiker-board.de/vb/members/28259-albums861.html.

Für alle handwerker unter euch: ich bin kein handwerker, sondern kaufmann. Die wahrscheinlichkeit, dass ihr beschreibungen, wortwahl und erläuterungen findet, die eines handwerkers nicht würdig sind, ist absolut gegeben.

Lakewood-guitars ist eine der wenigen in deutschland ansässigen gitarrenmanufakturen von zumindest europaweitem ruhm.
Ich benutze hier bewusst das wort manufaktur, weil die fertigung bei lakewood mit sicherheit nicht "fabrik"-charakter hat, die abläufe aber schon nicht mehr vergleichbar sind mit denen eines gitarrenbauers, der vielleicht noch 2 oder 3 gesellen in seinem handwerksbetrieb beschäftigt.

Lakewood ist ein inhaber-geführtes unternehmen. Martin seeliger beschäftigt geschätzte 10-15 mitarbeiter. Die jahresproduktion hochwertiger massivholzgitarren liegt zur zeit bei 800-900 stück, wobei ca. die hälfte in deutschland in den handel kommt. Stärkste exportmärkte sind italien und frankreich. Großes potential wird in großbritannien gesehen.

Martin Seeliger begleitete uns auf dem rundgang durch die werkstätten und erläuterte geduldig auch die dümmsten unserer fragen. Um euch diese zu ersparen, erzähle ich euch nun von unserem rundgang und damit dem werdegang einer lakewood.
Oder zumindest dem, was wir davon gesehen haben.

Wir beginnen mit den hölzern. In temperierten räumen lagern die rohlinge für die hälse
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, die deckenhölzer, zargen- und bodenhölzer
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sowie die schwarzen ebenholzrohlinge für die griffbretter
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. In diesen räumen werden neben dem sortieren der deckenhölzer auch die schallochverzierungen vorbereitet. Mit einer fräse werden die gewünschten werkstücke aus den dünnen hölzern herausgearbeitet.
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Nicht nur der boden, auch die decke jeder gitarre besteht fast immer aus 2 hölzern. Erstaunlicherweise ist das bei der fertigen gitarre nicht mehr zu sehen, da diese beiden hölzer nach aussägen der form, einsetzen der schallochverzierung und anschleifen so zusammengeleimt werden, dass der eindruck entsteht, es handle sich um ein einziges stück deckenholz. Die verleimte decke
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wird in einer speziellen vorrichtung
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per vakuum fixiert
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, die beleistung aufgeleimt
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und das ganze dann luftdicht mit enormem unterdruck fixiert
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. Dadurch entsteht im übrigen auch die leichte wölbung der decke.

Parallel dazu werden die zargenhölzer gewässert und auf erhitzten pressen
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in ihre form gebracht. Dann erhalten sie verstärkungen, die sogenannten konsolen. Um die auflagefläche zwischen zarge und decke bzw. boden von den 2mm der zargenstärke auf 7mm zu erhöhen, werden sogenannte reifchen verleimt. Wieder und wieder wird geschliffen um vor dem verleimen eine möglichst glatte und damit optimale grundlage für den verleimvorgang zu schaffen.

Der fertige korpus wird dann für das einsetzen der randleisten oder bindings vorbereitet
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. Diese dünnen hartholzstreifen werden zusammengeklebt und genau wie die zargenhölzer gewässert und unter hitze in form gebracht, bevor sie auf die ränder des korpus geleimt werden.

Anschließend wird der korpus mit 4 - 10 schichten grundierung und lack optisch in form gebracht. hochglanzgitarren brauchen dabei mehr lackschichten als eine offenporige lackierung.

Der hals hat inzwischen eine ähnliche prozedur aus sägen, schleifen und leimen hinter sich gebracht. Aus dem klotz wurde der rohling herausgesägt, die oberflächen gehobelt und die nut für den halsstab einfräst, das vorbereitete griffbrett und auch das vorher mit dem intarsienlogo verzierte kopfplattenbrett aufgeleimt
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. Dann werden halsfuß und halsshape in form gebracht sowie die bohrungen für die mechaniken gesetzt. Abschließend wird lackiert.
Mehr kann ich euch hierzu nicht berichten, da während unseres besuches keine arbeiten an hälsen durchgeführt wurden.

Erst jetzt werden korpus und hals miteinander verbunden. Es folgen die abschließenden arbeiten bevor die fertige lakewood in den versand geht.

Im anschluss an den rundgang hatten wir zeit, martin seeliger im showroom
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ein paar fragen zu stellen, die u.a. auch hier im board immer wieder zu diskussionen führen:

Wie lange braucht so ein kompletter fertigungsgang, bis die gitarre in den versand gehen kann?
Im optimalfall 12-15 stunden. Besonders aufwändige intarsienarbeiten BILD26 mit abalone oder perlmutt können daraus aber leicht 30-40 stunden machen.

Wie entsteht der laute, volle klang, den man ja auch bei kleinen lakewood korpi wie der "A"-größe hören kann?
Unter anderem durch die art der beleistung. (breites grinsen)

Wie verteilt sich (grob) die entstehung des klangs einer gitarre auf die einzelnen teile?
Exakt messbar ist das nicht. Grob gesagt ist für 2 drittel, vielleicht sogar 3 viertel die decke verantwortlich. Das bezieht sich natürlich nicht nur auf die holzqualität und-art,sondern auch auf die fertigung, wölbung und beleistung. Der rest entsteht hauptsächlich durch den boden und das gesamtkonzept der gitarre. Die zargen sind eigentlich nur dazu da, einen möglichst festen abstand zwischen decke und boden zu bringen.

Nach gut 180 minuten gitarre pur ließen wir das lakewood-team wieder in ruhe seine arbeit machen und machten uns auf den rückweg.
 
Eigenschaft
 
Nicht nur der boden, auch die decke jeder gitarre besteht fast immer aus 2 hölzern. Erstaunlicherweise ist das bei der fertigen gitarre nicht mehr zu sehen, da diese beiden hölzer nach aussägen der form, einsetzen der schallochverzierung und anschleifen so zusammengeleimt werden, dass der eindruck entsteht, es handle sich um ein einziges stück deckenholz.
Ergänzend möchte ich dazu noch anmerken, daß der Vorgang des Zusammenfügens der beiden Hälften (sog. Matching) bei Fichtenholz aufgrund dessen unauffälliger Längsmaserung besonders oft zur 'Unsichtbarkeit' des Stoßstelle führt. Bei anderen Deckenhölzern ist das oft nicht so leicht zu verbergen.

Wer sich, über unsere oben verlinkte Fotodoku hinaus, ein weitergehendes Bild über den grundsätzlichen (Auf)bau einer Akustikgitarre machen möchte, sei an dieser Stelle beispielhaft auf diese Seite verweisen. Natürlich gibts im Netz jede Menge davon, hier finde ich zB zum Grundverständnis das Bildmaterial ganz hilfreich, besonders solche Bilder. Die Begrifflichkeiten weichen dabei oft etwas voneinander ab (Reifchen, Riemchen etc...), ich habe bei den Erläuterungen unserer Bilder daher weitgehend auf Fachbegriffe verzichtet und versucht so zu erläutern, daß auch ein völliger Laie durchblickt.

Schöne Zusammenfassung, Bernd!:great:
 
Vielen Dank für den ausführlichen Bericht!
Zwar schade, dass ich es (und euch ;) ) nicht selbst miterleben konnte, aber die erläuternden Worte und die dazu passenden Bilder machen wenigstens eine virtuelle Firmenbesichtigung möglich. :)

Gruß,
Matthias
 
tolle Fotos und anschauliche Erklärung
Gruß
Wo
 
vielen Dank für den Bericht und die Bilder !
echt Klasse :) :great:
 
Vielen Dank für den Bericht. Es gab ja damals schon einen Thread, in dem du die Mitfahrer gesucht hast, wenn ich mich nicht irre. Hatte das Thema schon fast abgeschrieben, aber das jetzt so eine Zusammenfassung kommt ist klasse. :great:

Liebe Grüße

rob :)
 
"Du musst einige Beiträge andere Benutzer bewertet haben, bevor du Akquarius bewerten kannst" :redface: :(

Schöner Bericht :great:

Ist schon ein Stück größer, als die Werkstatt von Christian Stoll, die ich vor vielen Jahren mal besucht habe (die ist mittlerweile sicher auch größer geworden ;) )

Greetz :)
 
Haja, die kochen halt alle nur mit Wasser :D

Diese Vakuumpressen haben sich auch einige Hobbyluthier in den USA schon selbst gebaut, ich glaube man kann die da auch kaufen bei lmii oder stewmac.

Gruß,
Matthias
 
Ich durfte bewerten.

Toller interessanter Beitrag!!! Danke dafür!!! :)
 
Mittlerweile sollten diese Verstärkungsstreben und diese Pressen, doch Stand der Technik sein :)
Schon klar! ;) War auch mehr als 'Beweisfoto' gedacht, daß diese Maschinen eben nicht von (bzw für) Lakewood speziell hergestellt wurden, wie zB hier angenommen, auch wenn sie auf den ersten Blick stellenweise tatsächlich nicht sonderlich professionell wirken.
 
Achso, darum gings :)
Ja, diese Pressen sind wirklich keine Seltenheit. Ich war vor Jahren mal bei einer Werksführung bei Gretsch und die hatten diese Dinger auch.
 

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