Ich denke nicht, daà man's einfach auf Bohlen und seine Schergen abwÀlzen kann - obwohl's die sicher ihren Anteil dran haben. Aber dieses Problem gab's auch schon vor dem ganzen Casting-Humbug.
Mir ist das zuerst bei Liveauftritten von Coverbands aufgefallen, sogar noch bevor youtube in aller Munde war. Ich kann mich, ganz ehrlich, nicht an eine Coverband erinnern, bei der die SĂ€ngerin nicht gegen jede x-beliebige einer Ă€hnlichen Band austauschbar gewesen wĂ€re. Bei den mĂ€nnlichen Vertretern der Zunft ist das nicht so kraĂ. Gerade vor kurzem hab' ich einem Auftritt einer regional ziemlich bekannten Band beigewohnt (also nur halb, wir sind in der Pause gegangen, aus eben diesem Grund), die drei SĂ€ngerinnen hat. Und sobald man die Augen schloĂ, konnte man nicht mehr sagen, wer da eigentlich gerade singt - obwohl der Sound durchaus differenziert und die Band an sich nicht schlecht war.
Ich finde so etwas sehr schade, weil oftmals einiges an Potential vorhanden ist und dann geht's halt doch als Dutzendstimme im allgemeinen Sumpf unter...
Das ist jetzt nur eine Theorie, aber es scheint daran zu liegen, daĂ Marlene Musterstimmchen zwei wichtige (vielleicht die wichtigsten) Aspekte der Musik nicht begriffen oder vielleicht auch nie davon gehört hat. Ich kann mir nicht vorstellen, daĂ die Jungs diesbezĂŒglich schlauer wĂ€ren - wahrscheinlich unterscheiden sich MĂ€nnerstimmen einfach etwas mehr...
Erstens: Sobald man singt oder ein Instrument spielt (auĂer zu Ăb- und Lernzwecken natĂŒrlich) geht es nicht um Techniken jedweder Art, die mĂŒssen im Hintergrund automatisch ablaufen, sie stellen sozusagen den Werkzeugkasten dar. Es geht um "being in the moment" - wenn ich das mal neudeutsch so sagen darf, da mir gerade keine wirklich treffende Formulierung in deutsch einfĂ€llt - will sagen, es geht darum, das zu tun, was der Song genau in diesem Moment braucht. Die meisten spulen halt einfach irgendwas ab, was sie gepaukt haben und jetzt als Schema F ĂŒber jeden Song drĂŒberstĂŒlpen - wie eine Art Sachbearbeiter, anstatt sich wirklich in den Moment hineinzuversetzen und ihn zu interpretieren.
Und zweitens fehlt es sehr hĂ€ufig am notwendigen Fundus. Wenn ich nur ________________ (hier bitte eine Chartband eigener Wahl eintragen) höre und singe, werde ich dementsprechend geprĂ€gt und in meinem Werkzeugkasten ist dann eben auch nix anderes drin. Jeder richtig gute Musiker mit dem ich es je zu tun hatte, hat sich mit allem möglichen beschĂ€ftigt, genre-, geschlechter-, Ă€raĂŒbergreifend etc.
Je mehr Musikstile ich kenne, desto mehr GewĂŒrze stehen mir zur VerfĂŒgung, um den groĂartigen
Billy Ward frei zu zitieren.
Alle wollen immer ihren eigenen Stil haben, aber wo soll der denn bitteschön herkommen, wenn ich mich immer mit demselben Schmus umgebe? Wenn ich nur einen Buchstaben kenne, weil ich mich nur fĂŒr eben diesen einen Buchstaben interessiert habe (oder mein Lehrer mir nur diesen einen gezeigt hat!), dann kann ich hinterher nur "Aaaaaa aaa aa aaaaaaaaa aa aaaa aaaaa" sagen und vor allem denken. Je mehr Buchstaben ich lerne, desto mehr Worte kann ich bilden und irgendwann kann ich dann zum richtig versierten Sprecher werden. Bleibe ich aber ausschlieĂlich beim A, gebe mich damit zufrieden und umgebe mich mit lauter Leuten, die auch nix anderes sagen - dann stimmen wir zwar immer bestens ĂŒberein, interessant werden die GesprĂ€che aber wohl eher selten sein :gutenmorgen:
Und da ist natĂŒrlich der Bohlen-Faktor mit drin. Die Leute lassen sich halt von dem berieseln (und somit prĂ€gen), was um sie herum ist, schauen somit nicht mehr ĂŒber den Zaun hinaus und suchen sich keine anderen EinflĂŒsse - womit sie dann eben auch zum Berieslertum verdammt sind.
Umso leichter ist es dann aber auch, die Rosinen herauszupicken, weil sie einen quasi sofort anspringen.