Welche Art von PA-Anlagen werden hier benutzt?

Luckie
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Hallo,
ich bin E-Gitarrist und bisher noch nie aufgetreten. Habe also keinerlei Erfahrung mit PA-Anlagen. Das spielt hier jetzt zwar keine Rolle, aber um mich etwas ein ordnen zu können. ;)

Alsooooo. Bis 2012, mit 38 Jahren war ich auf meinem ersten Live-Konzert in einem Stadion. Bruce Springsteen im Olympia Stadion in Berlin. Ich kannte so was bisher nur von Fotos. Und auf den Fotos waren da immer links und rechts neben der Bühne riesige Lautsprechertürme. Wie man das eben so kennt von Fotos aus den 70'ern und 80'ern. Bei Springsteen war ich etwas verwundert. Ich dachte erst, sie hätten die Lautsprechertürme vergessen, weil da nichts war. :eek:

2016-06-19 - Berlin 3. Tag 031 - Bruce Springsteen Konzert, Olympia Stadion.jpg
(Foto vom Konzert 2016.)

Dann habe ich die "kleinen Dinger" links und rechts an den Pfosten neben der Bühne gesehen. "Sieht aus wie die Laustsprecher von dem 5:1 System bei meinen Eltern im Wohnzimmer nur in groß", dachte ich.

So, dann habe ich gerade ein Video von den Beatles im Shea Stadium gesehen. Da habe ich gar keine PA gesehen. Kann das sein? Haben die das Stadium wirklich nur mit den Verstärkern und Lautsprechern auf der Bühne beschallt? :eek:

Jetzt habe ich ich den Faden verloren und die Frage vergessen. :engel:

Ach ja, wie ist es möglich, dass so kleine Lautsprecher, wie bei Springsteen, ein ganzes Stadium beschallen können? Wo kommt da der "Druck" her?

Bonus Frage, weil ich sie aufgrund meiner Hörbehinderung nicht beantworten kann. Mein Vater wollte damals nicht mit zu Springsteen, weil er Angst um sein Gehör hatte. Er hatte noch seine Konzertbesuche in den 70'ern von Meat Loaf und den Dire Straits in der lokalen Eissporthalle im Gedächtnis. Und das sei Sau laut gewesen. Muss man mit einem Gesundengehör um selbiges fürchten bei einem Tribünenplatz, wie ich ihn 2012 und 2016 bei Springsteen im Olympia Stadium hatte (siehe Foto)? Oder ist das da "gehobene" Zimmerlautstärke, also nicht so wie in der Disco, wo man ich ins Ohr schreien muss.
 
Eigenschaft
 
Die hängenden Lautsprecher-"Bananen", die auf dem Bild zu sehen sind, sind Lautsprecher-Array-Systeme. Diese haben ein anderes Abstrahlverhalten als die "Hörner", die man früher gerne benutzt hat. Sie beschallen gleichmäßiger über eine größere Entfernung hinweg. (Die Subwoofer für die tiefen Frequenzen, die von den Arrays nicht übertragen werden stehen wahrscheinlich hinter den schwarzen Stoffwänden.)

Was man auf dem Bild nicht sieht (aber sicher vorhanden war), sind Delay-Lautsprecher-Systeme, also zusätzliche Lautsprecher, die etwas entfernter von der Bühne im Zuschauerbereich stehen. Diese müssen aber (digital) verzögert werden, damit sich deren Wellenfronten zeitgleich mit den von der Bühne kommenden Hauptsystemen treffen, sonst gäbe es unschöne Überlagerungen.
Früher gab es keine für diesen Zweck brauchbaren Delays, schon gar kein digitalen Delays wie sie heute selbst in Billig-Pulten normal sind. Da musste die Power praktisch komplett von vorne kommen.
Es ist also immer noch ein gehöriger Aufwand nötig, um eine sehr große Fläche mit einem so riesigen Publikum zu beschallen, aber die Power muss nicht mehr vollständig von vorne kommen und die modernen Lautsprecher machen, eben auch wegen der Array-Technik, reichlich Druck auch ohne monströse Ausmaße zu haben.

Was die Bemerkung deines Vaters angeht, mag das sicher stimmen. Denn in früheren Zeiten gab es noch keine gesetzlichen Beschränkungen der Maximallautstärke wie es mittlerweile üblich und vorgeschrieben ist. Dazu sind die Veranstalter sogar verpflichtet, entsprechende mitlaufende Messungen vorzunehmen, mit der die Lautstärken über die Dauer des Konzertes juristisch nachvollziehbar aufgezeichnet werden kann und mit der sie gewährleisten können, die vorgeschriebenen Grenzwerte nicht zu überschreiten.
 
Was man auf dem Bild nicht sieht (aber sicher vorhanden war), sind Delay-Lautsprecher-Systeme, also zusätzliche Lautsprecher, die etwas entfernter von der Bühne im Zuschauerbereich stehen.
Richtig. Im Innenraum in Höhe des Mischpultzeltes (Ich nehme mal an das war das Mischpultzelt.) Standen noch zwei Masten links und rechts mit Lautsprechern.

Zu deinem letzten Absatz: Also heutzutage wäre seine Angst unbegründet? Er wäre auch nicht mir einem Pfeifen auf den Ohren vom Konzert gekommen? Wie gesagt, ich bin schwerhörig und hatte ohne Hörgerät für mich etwas lautere Wohnzimmerlautstärke. Für mich gerade richtig. Aber für einen normal Hörenden? Ich kann es einfach nicht mehr einschätzen.

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2016-06-19 - Berlin 3. Tag 053 - Bruce Springsteen Konzert, Olympia Stadion.jpg
 
Ob seine Angst heute unbegründet wäre, kann ich nicht sagen. Die Grenzwerte sind allerdings sicher plausibel und sollten verhindern, dass Zuschauer mit Schäden am Gehör aus dem Konzert kommen - wenn sie eingehalten werden.
Was man als laut empfindet, ist aber durchaus subjektiv. Ich selber habe ein sehr empfindliches Gehör, mir wird schnell etwas zu laut, und ich gehe deshalb nicht auf laute Konzerte, und wenn es mir mal tatsächlich zu laut werden sollte, dann stecke ich mir etwas in die Ohren. Im übrigen komme ich aus der "Klassik" und da geht es zumindest im Zuschauerbereich eher erträglich zu, auch für mich. Für den Unterricht (für einige besonders laute Gruppenstunden) habe ich sog. "Musiker-Ohrenstöpsel", die über den Frequenzbereich gleichmäßig -12 dB dämpfen.

Zum Nachlesen habe ich hier etwas recht anschauliches gefunden:
https://www.delamar.de/pa-licht/schallpegelmessung/

Ebenfalls sehr informativ dazu ist diese Seite:
http://www.sengpielaudio.com/TabelleDerSchallpegel.htm
 
Hm. OK. Dank dir. Ich frage das, weil, nun ja. Mein Vater hatte mich damals zu Springsteen gebracht und ich war etwas enttäuscht über seien Absage und die Begründung.
 
Ich schrieb ja auch schon anderswo: Die Sound-Technik ist ausgefeilter als "damals". Klar, vorn und direkt vor der Box ist es immer noch laut(er), aber so im Feld oder gar auf dem Rang ist es deutlich angenehmer als "früher". Das liegt zum Teil an der etwas kontrollierteren Lautheit, an der besseren Verteilung im Raum dank Delays usw. (hinten wird's durch die Speaker hinten laut, das muss nicht alles der Turm vorne machen), und dank besserer Ton-Qualität. Es kreischt und zerrt weniger, das bekommt meinen Ohren besser.

Früher bin ich immer mit Elacin im Ohr aufs Konzert und die blieben drin.
Dann wurden die Filter langsam durch die weniger starken Versionen ersetzt.
Heute gehe ich je nach Location oft ohne Elacin hin, und wenn brauche ich nur die "kleinsten" Filter.

Es gibt immer noch Konzerte der Kategorie "viel zu laut", gerade auch in kleinen Locations wo eben die Technik zum Einsatz kommt, die da ist ... und wo der Act zu "klein" ist, um eigenes Profi-Equipment dabei zu haben. Oder wo irgendeine FeldWaldWiesen-Rockband droben steht die immer noch auf die 100-W-Fullstack-Schneisen steht weil sie meinen das ist toll.
 
Bei größeren und Großkonzerten werden heute - wie schon geschrieben - gerne sogenannte Line Arrays genutzt, welche typischerweise geflogen, also auf einer entsprechenden Höhe an einer entsprechenden Konstruktion angebracht sind. Die Physik hinter diesen Line Arrays ist die sogenannte Zylinderwelle, welche pro Abstandsverdopplung nur um -3dB im Schallpegel abnimmt, im Gegensatz zu einer klassichen Schallwellenfront, welche mit -6dB pro Entferungsverdoppliung abnimmt. Auch sind diese neueren Boxen so ausgefeilt, dass sie ihre Schallenergie sehr gezielt und gleichmässig über einen wohldefinierten Öffnungswinkel abgeben. In der Regel reden wir hier über 10-20x80-120° je nach Modell/Hersteller. Das bedeutet, dass jedes LS Element ganz gezielt einen Bereich ausleuchtet/beschallt und man das zu beschallende Areal Schichtweise aufteilt. Durch die Bündeltung der Schallenergie erhält man relativ gesehen eine höhere Reichweite vor allem in Verbindung mit dem Phänomen einer Zylinderwelle. Leider geht diese Zylinderwelle irgendwann auch wieder in eine normale Wellenfront über und das heißt dann wieder -6 dB pro Entfernungsverdoppling. Ein weiteres ist der enorma Schalldruck, den ein einzelner LS abgeben kann. In der Regel sind das je nach Modell und Hersteller bis zu 143 dB / 1 m.

Einer der ersten Herstller der Neuzeit war L'Acoustices mit ihrem V-DOSC. Dies hat - nach Meinung der Franzosen - als erstes System die Zylinderwelle genutzt. Naja, wer's glaubt. Allerdings haben sich damit die Franzosen einen guten Namen gemacht und das V-DOSC kam weltweit bei Großkonzerten zum Einsatz und hat die ältere Technik der Punktquelle/Hornboxen abgelöst.

Vor dieser Zeit waren Punktquellen und Hornsysteme, wie z.B. das Flashlight von Turbosound oder das C4 von d&b am drücker. Diese LS Systeme konnten ähnlich hohe Schalldrucke erzeugen und bündelteten sehr gezielt und eng, meist 25x25 oder 35x35°. Damitkonnte man auch ganz gezielt, wie mit einem fokusierten Scheinwerfer, Bereich "ausleuchten" und somit waren 1-2 LS für einen bestimmten Bereich im Beschallungsfeld zuständig. Dies unterscheidet sich deutlich von dem Schichtansatz bei den Line Arrays und damit haben diese (die Line Arrays) einen gewissen Vorteil, was die Gleichmässigkeit der Ausleuchtung und Reichweite angeht.

Ein Nachteil an den Line Arrays ist, dass diese wirklich gut erst ab einer gewissen Länge und Höhe funktionieren. Das wird immer wieder vergessen und deswegen ist es absolut sinnfrei Line Arrays als Groudstack oder nur mit 2-3 Elemten pro Seite zu betrieben.

Bei Stadtfesten z.B oder im normalen Festzelt würde ich immer noch eine Horn PA einem Line Array vorziehen, da einfacher und fehlertoleranter aufzubauen. Wenn man so ein Line Array nicht korrekt winkelt, dann ist das einfach für'n A.... Wird auch immer wieder vergessen bzw. ignoriert.

Der "Druck" kommt von den getrennt und meist auf dem Boden stehenden Subwoofer. Diese werden bei solchen Konzerten auch in Arrays betrieben, damit man eine entsprechende Richtwirkung bekommt. Auch werden die Bässe teilweise in den Arrays mit gefolgen. Warum und wieso und was da am besten funktioniert wird im Vorfeld per Simulation geklärt.

Dazu kommen dann, je nach Arealgröße, die schon genannten Delaytürme, also zeitlich verzögerte und zur Hauptwellenfront von der Bühne kommend angepasste LS Arrays oder auch Punktquelleen.Diese sorgen für eine "Aufholung" der Schallenergie, Stichwort Direktschall vs. Diffusschall.

Der Optik und auch des Wetters geschuldet werden die Lautsprecher oftmals in den sogenannten Sidewings (Konstrukte rechts und links der Bühne) hinter Gaze versteckt. Manchmal sieht man aber diese Lautsprecherbananen auch. Dies ist aber vollkommen unabhängig von der Beschallungstechnik und dient eben nur dem Schutz und der Optik.

Betreffend Schallschutz.
Hier ist es zwingend notwendig, dass Personen nicht in die Nähe dieser Waffen (143 dB sind für das Gehör töldich) kommen und seit neuerem werden auch in Deutschland (in der Schweiz schon seit längerem) Schallschutzmaßnahmen ergriffen bzw. der Pegel bei solchen Konzerten entsprechend Limitiert. Leider sind die Auflagen manchmal auch vollkommen widersinnig bis unhaltbar, in beide Richtungen.

Es ist generell davon auszugehen, dass das Gehör schaden nimmt, sobald man Schallpegeln größer 80 dB dauerhauft ausgesetzt ist. Je größer und je länger die Einwirkzeit und damit die Dosis ist, desto eher erfährt das Gehör eine dauerhafte Schädigung.

Auch hat ein Pfeifen auf den Ohren primär nicht viel mit einer Schädigung zu tun. So ein Pfeifen kann auch sehr schnell bei kleineren Pegeln entstehen, sofern diese sich im empfindlichen Bereich unseres Gehörs abspielen (400 - 4000 Hz). Hör dir mal so einen 800 Hz oder 1 kHz Siunston für eine Weile an. Selbst bei kleinen Lautstärken ist dies 1. unangenehem und führt 2. sehr schnell zu jenem Pfeifen. Eine Schädigung ist aber zunächst nicht sehr wahrscheinlich. Unsereins bezeichnet so etwas auch als Ohrenkrebs, bisweilen so manche Budgetboxen eben dies tun, weil eben der Klirrfaktor jenseits von gut und böse liegt.
Eine gute Box mit wenig Klirr erzeugt nicht so schnell Ohrenkrebs, sprich es pfeift nicht oder nicht so schnell. Allerdings erfährt man einen gewissen Druck auf den Ohren und das ist ein Zeichen, dass es zu laut war. Ich würde sagen, dass eine gute Box viel gefährlicher ist, da man eben nicht direkt mitbekommt, dass es zu laut ist, als bei einer schlechten Box mit viel Klirr.
 
Was der Kollege Yamaha4711 da ausgeführt hat: So ein Line-Array hat, bedingt durch die Zylinderwelle, eine höhere Reichweite, man kann denselben Bereich also mit weniger Material beschallen. Der Vorteil der Zylinderwelle geht jedoch bei Seitenwind sofort flöten, die Wellenfront bricht auseinander, und man hat wieder das Verhalten einer Kugelwelle (mit entsprechend weniger Reichweite). Ich habe das mal bei einem Konzert erlebt, wo gegen Mitte der Veranstaltung ein böiger Seitenwind aufkam. Das war fast wie Morsezeichen: Musik - entferntes Gemurmel - Musik - entferntes Gemurmel - und immer so weiter. Seitdem hat meine Begeisterung für LineArrays deutlich nachgelassen. In geschlossenen Hallen jedoch, wo man sicher vor Seitenwind ist, ist das nach wie vor eine fantastische Technik.
 
Zu Zeiten der Beatles gab es noch keine Firma die richtig große PA´s herstellten. Da gibt es schöne Dokumentationen dazu. Da haben sozusagen die Beatles mit den Herstellern solche großen Lautsprecher mit richtig viel Wums erst so nach und nach entwickelt. Leider weiß ich nicht mehr welche Dokus das waren.

Da gab es vorher auch noch keine großen Konzerte. Das kam da erst mit den Beatles und den Stones auf.
 

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