Meine Meinung:
- Veranstalter will Band haben, weil er sich davon einen Vorteil (z.B. mehr Geld oder einfach nur gute Stimmung) verspricht: Veranstalter sollte bezahlen.
- Band will Auftrittsmöglichkeit haben, weil sie sich davon einen Vorteil verspricht (z.B. Geld, Bekanntheit, Spaß): Band sollte bezahlen (Zum Beispiel wenn die Band eine Halle für einen Auftritt mietet.)
- Beide wollen sich gegenseitig, weil sie sich Vorteile davon versprechen und die Vorteile sind etwa gleichwertig (Veranstalter bekommt Musik, Band bekommt auftritt): Beide haben ihren Lohn bekommen.
Aber genau so ist es doch in der Realität. 1 ist klar, 2 auch: Jede Band kann sich einen Raum mieten, Plakate drucken, Werbung machen, Eintritt verlangen und gucken, was dabei rauskommt. 3 Sowieso.
Jede Band, die in irgendeiner Form rauskommen will, merkt daran, wie oft und zu welchem Preis sie gebucht wird (oder eben selbst Konzerte veranstaltet), wie beliebt sie ist und welchen Marktwert sie hat. Bei guten Bands steigt der auf Dauer; viele Bands haben irgendwann eine Phase, wo es gut läuft, aber es hält sich nicht lange; ein paar schaffen es nach oben; eine ganze Menge kommen nie aus ihrem Keller raus.
Wenn Du willst (und obwohl der Vergleich insgesamt hinkt wie sonstwas), ist es im Sport genau so: Wer ambitioniert ist, gut trainiert und am Ball bleibt, schafft es aus dem Amateur- ins Profilager und landet vielleicht irgendwann in der zweiten Bundesliga und dann in der ersten und dort von einem schlechten Verein zu einem besseren bis zum Spitzenverein - das ist sozusagen Marktwert im Sport.
Nochmal ausdrücklich: Es geht nicht darum, dass Musiker mit ihrer Musik Geld verdienen. Das dürfen sie selbstverständlich. Auch sage ich nicht, dass alle Musiker so sind, wie ich beschrieben habe. Es sind manche und um die geht es.
Ich denke, die Widersprüche kommen daher, dass wir an unterschiedliche Situationen denken. Auf der einen Seite gibt es die Musiker, die angefragt werden von Veranstaltern, Brautpaaren oder Fans, 'bitte macht Musik für uns'. Auf der anderen Seite gibt es die Musiker, die anfragen, um auftreten zu dürfen, 'bitte lasst uns Musik machen'. [Änderung: 'bitte lasst uns auftreten']
Mir geht es um die zweite Art.
In meinem Verständnis meinst Du einfach Menschen, die ihren eigenen Wert oder den ihrer Leistung oder Darbietung überschätzen.
Die gibt es aber in jedem Bereich und auch sowohl im Amateur- wie im Profilager. Die Eigenheit vom Profi-Lager ist, dass der Markt einem den eigenen Marktwert zurückspiegelt und das ist eine ziemlich klare Münze. (Wobei der Marktwert auch nicht alles ist - aber das ist ein anderer Bereich.) Die Eigenheit vom Hobby-Lager ist, dass man sich lange auf dem Sofa "verkannter Künstler" oder auf dem Diwan "geniale, aber wegen Blindheit, Blödheit der Massen, des allgemeinen Musik-Business, der Verlage und Medien (beliebig erweiterbar) unerkannt gebliebene Band..." ausruhen kann, wenn man will. (Wobei ich dieses Lager auf Dauer auch nicht sehr bequem finde ...).
Wollen wir jetzt über Menschen im Musikbereich sprechen, die sich und ihre Fähigkeiten überschätzen?
Mal checken: Findet jemand gut, dass Menschen sich und ihre Fähigkeiten überschätzen?
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Ich finde einen anderen Aspekt viel interessanter: Musik ist wie sehr, sehr viele Bereiche, einer, der durch fließende Übergänge von Hobby/Amateur bis Profi gekennzeichnet ist.
Man kennt das vom Fotografieren, vom Handwerkern, vom Stricken, Kochen, Web-Seiten machen: Jemand schafft sich zunächst irgendwas drauf. Merkt dann, dass er/sie ganz fit darin ist, fängt an, sich "semiprofessionelle" Ausrüstung zu kaufen. Wird aus dem Umfeld gefragt: Kannste nicht auch mal für mich? Zunächst Gefälligkeiten auf Gegenseitigkeit, dann gibt´s einen Ausgleich der Kosten (Material, Fahrt etc.), dann ein Handgeld ... und irgendwann gibt´s dann den Schritt: Mach ich aus meinem (gefragten) Hobby einen Nebenverdienst und mache ich aus meinem Nebenverdienst einen Hauptverdienst? Das ist nicht immer zum Gefallen der Leute, die sich schon in der Neben- oder Hauptverdienstphase befinden, aber hey - das ist ein freies Land und jede/r kann sich nach Belieben austoben ... Und mit jedem Step auf dieser Strecke steigt der Faktor Marktwert, steigen die Ausgaben, wird es professioneller. So ist es halt in der Musik auch.
Spannend finde ich auch den Faktor Ruhm und Genie - weil die nicht so einfach zu messen sind wie der Marktwert.
Ruhm = Beliebtheit, okay: aber ist jemand, der berühmt ist, auch ein guter Künstler? Zeichnet ein Genie nicht aus, dass es nicht erkannt wird - jedenfalls nicht zu Lebzeiten? Tatsächlich gibt es ja beispielsweise Musiker, die wenig bekannt sind, aber von denen sich aber viele andere Musiker*innen haben inspiriert lassen - "music for musicians" nennen das die Engländer. Und "Geheimtipps" kennt eigentlich auch jeder. Also: ein Körnchen Wahrheit ist schon dabei - aber es gibt eben auch einfach haufenweise sehr von sich eingenommene Menschen, deren größte Fähigkeit die Einbildungsfähigkeit ist. Haben die dann noch Geld, lassen sie sich Songs schreiben oder kaufen sich Profi-Musiker ein und heraus kommt irgendwas, das zumindest nicht übelst negativ auffällt, manchmal sogar in den Charts landet ...
Das Besondere, was da passiert und auffällig wird, ist nicht, dass es im Bereich Musik stattfindet - es liegt daran, dass es ein allgemein menschliches Phänomen ist und daran, dass sich im Bereich Musik halt Menschen tummeln. Vielleicht ändert sich das, wenn die KI in Musik einfällt und dort den Markt aufrollt ...
Also: laßt uns die Zeit genießen, so lange es sie gibt ...
x-Riff