Keyboarder - Musiker in 2ter Reihe?

[Distance]

der Verrückte, der noch Burgen baut

Lasst uns das als neuen Begriff für Bandkeyboarder in der Welt etablieren...

 

[andi85]

Ha. Da bin ich auch dabei

Ich selbst kann mich nicht beschweren, das liegt aber auch an den Bands, in denen ich die letzte Zeit gespielt habe. Salsaband ohne Pianist ist eben wie bei 160 und Vollgas plötzlich auszukuppeln, und von meinem Orgeltrio würde man ohne die Orgel nicht besonders viel hören.

Was mich eher nervt ist, dass man leicht als Alleinverantwortlicher für die Technik angesehen wird. Wenn bei der Frage nach dem Gesangsmikro die erwartungsvollen Blicke mich und nicht die Sängerin treffen, läuft irgendwas gewaltig schief. Freundlich fragen ist ok, aber nicht dieses ätzende Anspruchsdenken.
Noch viel mehr nervt mich aber das in manchen Bands vorkommende dauernde Dreinreden. Ich sag dem Trompeter doch auch nicht, was er tun soll, was brauche ich mich da für jeden Ton rechtfertigen... Vielleicht bin ich auch einfach nur so schlecht

 

[Funkeybrother]

Ich führe dann mal die Banks-Emerson-Skala ein.

Würde mich auch eher zur Sorte Tony Banks dazurechnen - zumal ich auch noch Sitz-Keyboarder bin (wie Ober-Uncool).
Aber wenn man Top40-Mucke ohne Midi-Files macht, muß man auch schon mal mehrere Pedale gleichzeitig bedienen und sich ganz schön konzentrieren.
Bei Nummern wie Jump (ich muß brechen, aber die Leute wolln's hören) steh ich dann auch schon mal...

Bei allem Rumjammern darf man allerdings nicht vergessen, daß solche Top40/Tanzmucke-Gigs gerne mal fünf oder sogar sechs Stunden gehen können - Pausen natürlich mitgerechnet.
Über so lange Zeit in der Front Show machen und singen ist nicht gerade unanstrengend.
Und unser Drummer verbrennt da wohl auch ein paar mehr Kalorien als ich.

 

[lucjesuistonpere]

Wie schon bereits in diesem Faden herausgestellt - "Keyboarder" ist der englische Sammelbegriff für alle Musiker, die Tasteninstrumete spielen. Auch wenn jemand Cembalo und Kirchenorgel spielt, ist er strenggenommen Keyboarder. Somit wird auch der Satz "Keyboarder werden nicht wahrgenommen" zumindest als allgemeingültige Aussage entkräftet. Das kommt vor allem auf die Umstände an, denn in einem Trio oder einer Synthie-Truppe oder was auch immer stehen die Keyboards durchaus im Mittelpunkt, während die Sache hingegen bei Coverbands oft ein echtes Problem ist.

Aus meiner eigenen (momentan eher inaktiven) Funk-Band habe ich die Erfahrung, daß ich, als wir noch rein instrumentell gespielt hatten, viele Soli hatte und mich dementsprechend (falls die Rahmenbedingungen günstig waren, s.u.) auf der Bühne durchaus publikumswirksam austoben konnte. Seitdem eine Sängerin dabei ist, geht das allerdings nicht mehr so intensiv. Irgendwie überwiegen dann auch plötzlich die Gitarren-Soli, "weil das im Orginal auch so ist"...

Um aber mal alte Feindbilder zu schüren: Als Hauptverantwortliche für das Image der Keyboarder sehe ich vor allem eine große Anzahl von Tontechnikern, die in ihrer Ausbildung scheinbar Weisheiten beigebracht kriegen wie:

- alle Bands sind Rockbands
- die Gitarre muß lauter sein als das Keyboard
- Keyboarder spielen keine Soli

In letzterem Punkt sind oftmals auch Bandmitglieder unkooperativ, die nie dran denken, während des Pianosolos zumindest ein wenig mit der Lautstärke herunterzufahren. Das ist echt ein Problem und - zumindest in improvisationslastiger Musik - ein bedeutender Maßstab für die Professionalität einer Band: wie diszipliniert kann sie mit Lautstärke und Dynamik umgehen?

Die Position mag auch zum Erscheinungsbild beitragen. Hinten links frontal zum Publikum mag zwar bezogen auf das Publikum kommunikativer sein, aber - wenn die Bühne es zuläßt - bevorzuge ich eine seitliche, zur Band hin gerichtete Stellung, sodaß die Zuschauer mir zumindest halbwegs auf die Tasten schauen können.

Wem auch das nicht genug ist, der stelle sich am besten wie Xaver Fischer nur einen kleinen Virus TI Polar auf einem dezenten Snare-Ständer hin und steuere allein mit dem - schön weit vorne, versteht sich - sein ganzes Rack an.
http://www.bonefunk.de/FOTOS/bone/bone_19.html

 

[sketch1002]

Bei allem Rumjammern darf man allerdings nicht vergessen, daß solche Top40/Tanzmucke-Gigs gerne mal fünf oder sogar sechs Stunden gehen können - Pausen natürlich mitgerechnet.
Über so lange Zeit in der Front Show machen und singen ist nicht gerade unanstrengend.
Und unser Drummer verbrennt da wohl auch ein paar mehr Kalorien als ich.

Da kann ich ein Lied von singen - im Härtefall haben wir Abende, wo wir (mit Pausen) 8 Stunden-Gigs spielen und dabei steh ich die meiste Zeit bloß auf einem Fuss und bedien mit dem anderen meine Fussleiste. Das gibt dann nach nem Auftritt schon mal derbe Blasen...
Bin auch gerade am überlegen, ob ich mir nicht doch ne Stehhilfe für die härteren Gigs zulege - sonst spielen vielleicht irgendwann mal die Gelenke nicht mehr mit. Ach man hat's schon nicht leicht...

LG, Sketch

 

[dr_rollo]

Es ist immer wieder interessant, wie sich Threads entwickeln, zum einen vom eigentlichen Thema abschweifen, durchaus auch in interessante Richtungen, die im Grunde oft schon einen neuen Thread sinnvoll machen würden, also auch Futter für weitere Diskussionen mit sich bringen.
Zum anderen erkennt man im Verlauf, dass man vor allem als Thread-Ersteller sich doch sehr klar ausdrücken muss, um auch klar verstanden zu werden. Auch immer wieder interessant, wie unterschiedlich doch Meinungen und Auffassungen über Themen sein können.

Für mich ist das genau das, was ich mir von einem Forum wie diesem vorstelle. Also danke schon mal für alle Beiträge.

Ja, es sind immer wieder welche dabei, die querschießen, absichtlich - die sollte man ignorieren, oder wie es in manchen Threads auch konsequent getan wird, deren Beiträge gelöscht werden - oder unabsichtlich, dadurch dass sie sich missverständlich ausgedrückt haben. Ein typisches und normales Symptom einseitiger Kommunikation, wie es bei Schrift nun mal der Fall ist, und durch die in Foren übliche lockere Schreibweise - anders als in Geschäftsbriefen - auch noch zusätzlich unterstützt wird. Eine lockere Schreibweise sollte auch weiterhin beibehalten werden, sonst werden die Beiträge nicht mehr gelesen, oder man hat einfach nicht die Lust, so viel zu antworten. Und ein Forum - wie ich es mir zumindest als interessant vorstelle - lebt von einer großen Beteiligung.

Um den Text nicht zu lang werden zu lassen, und Euch zu langweilen, gleich weiter mit Kommentaren...

 

[dr_rollo]

Ich werde mich nach wie vor offiziell als Keyboarder bezeichnen, und auch andere, die "Tasten drücken", weil ich der Meinung bin, dass dies die verständlichste Beschreibung dieser Spezie Musiker ist, und zwar ohne jede Wertung.
Spielt einer nur Klavier oder Orgel, dann wird er auch als Pianist oder Organist bezeichnet - wobei Organist im Grunde für einen Hammond-Spieler schon wieder leicht den Touch in Richtung Kirchenmusiker haben könnte. Wie man's macht ist es sowieso für einige immer verkehrt. Also... mir egal.

Ich werde auch weiterhin den Aufwand, den ich als Keyboarder betreibe, nicht runterfahren, höchstens durch Optimierung versuchen klein zu halten. Warum? Weil ich wohl auch ein Perfektionist bin, und genau das brauche um Musik so zu machen, wie ich es für richtig halte.

Ich werde auch weiterhin versuchen, meine Musikerkollegen zu erziehen, dass sie sich eigenes vernünftiges Equipment zulegen, ich denke, dass ist eh ne Selbstverständlichkeit. Wer das finanziell nicht hinbekommt, klare Sache - da muss man natürlich Verständnis haben, aber wer das konsequent ablehnt, nach dem Motto: "ich erwarte, dass mir alles gestellt wird", der ist in meiner Band fehl am Platz. Zum Glück hatte ich es noch nicht mit solchen Leuten zu tun

 

[Moogman]

Bei den meisten Bands bin ich der Orgler oder 'der Verrückte, der noch Burgen baut', aber ich hab meinen Spass dabei und eine Bezeichnung, die andere dafür verwenden oder deren Vorbelastung interessiert mich nicht, so viel Selbstbewusstsein hab ich dann schon.

Macht ja auch Spaß, mal etwas mehr Equipment auf der Bühne zu haben. Auch wenn es meist alternative Wege gäbe, den Sound so zu realisieren, so macht ein schönes Türmchen auch optisch immer was her. Das Auge hört ja schießlich mit.

 

[Martman]

In meiner Band hab ich das Problem nicht. Gut, wir sind doppelt so viele Keyboarder wie Gitarristen. Gut, wir spielen obendrein Musik, bei der man nun mal Unmengen an Tasten braucht (außer man hat ein eigenes Streichensemble und eine perfekte Kopie der Phenix Horns, und selbst dann noch...). Und auch zugegeben, die Keyboards spielen bei uns eine tragende Rolle. Wieviele Songs werden von einem der Keyboarder oder gar beiden eröffnet und/oder abgeschlossen? Nee, bei uns ist das wirklich angenehm. Zu tun gibt's eigentlich immer was, auch ein paar Soli, nur ein paar dünn arrangierte Kool & the Gang-Nummern sorgen für Spielpausen. Der zweite Keyboarder und zweite Sänger will mir obendrein noch mehr Tastenparts übergeben, so daß er vermehrt die Rampensau machen kann. Und spätestens der Vocoderpart bei Let's Groove sollte als Hingucker ausreichen.

Natürlich ist es für einen Keyboarder schwierig z. B. in der Klischee-Metalband, die mit zwei Gitarren, Baß und Drums Thrash/Death/Metalcore gespielt hat, bis ihnen mal einer Children of Bodom auf Youtube gezeigt hat und sie unbedingt auf Melodic Death Metal umsteigen mußten. Shouter und Katzendarm dominieren die Szene optisch wie akustisch, der Drummer wirbelt mit womögich bloßem Oberkörper hinter den Drums herum, selbst der Basser trägt zur Show bei. Und irgendwo hinten in einer Ecke steht der Dödel, den sie zum Keyboardspielen bequatscht haben, mit seinem X-50 oder PSR und drückt unhörbare Streicherflächen in den ohrenbetäubenden Sound.

Krasses Gegenbeispiel: Justin Timberlake, der Keyboarder in seiner eigenen Band ist. Man muß sich das mal reinziehen: Ein (Ex-)Teenieschwarm steht mit zwei Kompagnons vorne auf der Bühne, die jeweils ihre eigenen Keyboardburgen haben, alle mit Roland AX-7 behangen... Ich glaub, drei Remotekeyboards bei einer Show gab's sonst nur bei Jarre.

Es ist natürlich auch nicht nur eine Frage, in was für einer Band man spielt, sondern auch, wie man rüberkommt. Da wäre zum einen der Sound. Wenn man eine Metalband von Black Sabbath in Rhapsody verwandeln kann, macht man schon mal was richtig. Man darf es nicht übertreiben, klar, man darf sich aber auch nicht an die Wand spielen lassen. Und ich wage zu behaupten, daß selbst der unbedarfte nichtkeyboardende Zuhörer wie auch der nichtkeyboardende Mitmusiker - und sei es unterbewußt - einen Unterschied bemerkt zwischen simplem Abfeuern von Presets ohne Controller und dem Spielen selbstgebauter, an das Einsatzgebiet angepaßter Sounds mit allen Schikanen, also Modwheel, Aftertouch, Pedalerie usw.

Du spielst in den falschen Bands...
Mir ist sowas noch nie passiert.

Wenn du einer Band beitrittst, bist du ja auch von Keith Emerson aufwärts, und wenn Keith mit ELP aufspielte, haben die Leute Greg Lake und Carl Palmer großzügig ignoriert.

Wahlweise auch einer von Jarres Mitstreitern. Wär doch mal was für einen deiner nächsten Gigs, ein rechteckiger Spot pro Synthesizer.

am besten hast du´s, wenn du viele leadsounds, also wirklich fette wie bei nine inch
nails programmierst, dann kann man die leute noch mit irgendwelchen live-modulationen
beeindrucken...

Such mal die Liveaufzeichnung von Fanfare for the Common Man von Emerson, Lake & Palmer bei Youtube raus. Keith an der mächtigen Yamaha GX-1. Das ist Keyboarder-Präsenz, von Gearporn ganz zu schweigen.

Das stundenlange Auf- und Abgebaue und Geschleppe bei vielen Schlagzeugern und Keyboardern ist schon laestig, mE. Aber es gibt beide "Spezies" ja auch in Mini. Gerade letztens wieder einen Tastentypen gesehen mit nur einem Teil. Paar Piano-, paar Orgelsounds und 2 Stunden gut unterhalten worden...

Tja, wenn man nur bummelig ein halbes Dutzend Presets einzeln abfährt, braucht man nicht viel. Aber wenn man auch mal zwei, drei, vier und mehr Sounds stapelt und splittet, aus Prinzip (und weil man es kann) alle Synthisounds selbst baut und natürlich auf geeigneten Geräten besteht (keine Analogsynthisounds aus dem Rompler, wenn der VA es besser kann, und keine GM-Flöte als Ersatz für eine Peter-Gabriel-Shakuhachi, wenn man einen Sampler am Start hat), dann ist das schon was anderes.

Aber in einem hat MC Prodigy schon recht: Obwohl ich als Keyboarder oft am meisten Geraffel anschleppe, bin ich doch meistens schneller mit dem Aufbau fertig als der Gitarrist oder Drummer. Bin vermutlich durch Floorboard, Racks und Multicores besser organisiert. Keyboarder sind halt oft Perfektionisten und Tüftler.

Ja, das ist schon eigenartig. Auch mein Zeugs war bei unserem letzten Gig als erstes betriebsbereit, obwohl ich noch eine zusätzliche Workstation dabei hatte, also Rack und 2 Keyboards. Lag wohl auch daran, daß meine Gear-Mengen mich vom Aufbau der Anlage befreien.

Um aber mal alte Feindbilder zu schüren: Als Hauptverantwortliche für das Image der Keyboarder sehe ich vor allem eine große Anzahl von Tontechnikern, die in ihrer Ausbildung scheinbar Weisheiten beigebracht kriegen wie:

- alle Bands sind Rockbands
- die Gitarre muß lauter sein als das Keyboard
- Keyboarder spielen keine Soli

Dabei sieht die Wahrheit ganz anders aus:

- alle Bands sind Metalbands
- die Gitarre muß lauter sein als alles andere, das Keyboard muß leiser sein als die Grillen draußen
- Keyboarder spielen nur Flächen

Klar gibt's auch Bands, in denen man Keyboarder hört, aber die spielen nicht, die "liefern ab".

Macht ja auch Spaß, mal etwas mehr Equipment auf der Bühne zu haben. Auch wenn es meist alternative Wege gäbe, den Sound so zu realisieren, so macht ein schönes Türmchen auch optisch immer was her. Das Auge hört ja schießlich mit.

Eben! Ich meine, ich könnte im Prinzip ein Weilchen sparen und dann alles mit einer einzelnen Workstation machen, Motif XS7 zum Beispiel. Aber wie sieht denn das aus, verglichen mit zwei Keyboards und einem netten Rack daneben?


Martman