Jazz üben - alles in 12 Tonarten spielen, wie seht Ihr das?

opa_albin
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Moin,

oft wird ja gesagt, man solle "alles" in 12 Tonarten üben.

Mal angenommen, man könnte wirklich alle Tonarten gleichwertig gut bedienen, wäre das durchaus eine tolle Sache. Beliebig transponieren können, damit Sänger flexibel begleiten, mal eine Chorus einen halben Ton höher spielen und ähnliches.
Dem gegenüber steht ein erheblicher Übeaufwand. Zeit ist für die meisten von uns begrenzt und man will ja das üben, was einen am besten voranbringt.

Andererseits baut man damit natürlich auch Fertigkeiten auf, die man sehr flexibel nutzen kann. Je mehr man das transponieren übt, desto einfacher wird es.

Ich persönlich habe immer mal Songs in ein zwei anderen Tonarten gespielt, aber nie in allen 12. Wenn mir mal ein Lied harmonisch nicht so eingängig ist, spiele ich es normalerweise erstmal neben der Originaltonart auch in C-Dur, da mir dort manche harmonische Zusammenhänge schneller auffallen. Dann vielleicht nochmal in einer anderen häufig vorkommenden Tonart. Damit bin ich aus praktischer Sicht bis jetzt immer ganz gut klargekommen. Welche Band spielt schon All of you in H-Dur? ;)

Etwas anders sehe ich das bei Licks. Ich habe früher selten Licks geübt, mal ein paar typische Blues-Sachen, aber auch die in den üblichen Tonarten C, F, Bb, Eb, vielleicht noch G.
Im Moment habe ich mir mal ein paar jazzigere Licks aus Stücken rausgesucht und mache sie doch mal in allen Tonarten. Das sind aber relativ kurze, also maximal ein Takt oder eine überschaubare II-V-I-Verbindung.
Licks, die man so im Netz findet oder was ich aus Noten kenne, finde ich meistens zu lang, um sie sinnvoll einzusetzen. Für mich wären das eher kurze Bausteine, die man flexibel kombinieren und abwandeln kann, also rhythmisch variieren, vorn und hinten was dranhängen usw.

Dabei denke ich weniger, dass ich die Licks genau so wie sie sind abrufen oder in eine Impro einbauen kann. Das ist weder mein Ehrgeiz noch ein musikalisches Ziel. Aber ich merke nach ein paar Tagen schon, dass sich gewisse Dinge auch in F#-Dur oder Eb-Moll vertrauter anfühlen.
Ich möchte mal probieren, wie sich das allgemein aufs Improvisieren auswirkt, zB ob / wie dann einfacher mal ein Motiv Outside zu spielen geht oder ähnliches.

Interessieren würde mich, wie Ihr das aus eigener Erfahrung seht, zum Beispiel
  • ist es für Euch sinnvoll auch ganze Stücke in mehreren / allen Tonarten zu können?
  • ... oder doch lieber nur kurze Licks?
  • wie seht Ihr das vom "pädagogischen" Lerneffekt - sollte man gleich in allen Tonarten beginnen oder lieber erstmal ein, zwei und dann nach und nach Tonarten dazunehmen? Das würde mich auch fürs Unterrichten interessieren.
  • wie betreibt Ihr das in Eurer Übepraxis oder beim Unterrichten?
  • kurze "Bausteine" oder doch längere "Originalzitate"?

Würde mich freuen, wenn das Thema die/den einen oder anderen auch interessiert ;)
 
Vorstellen könnte ich mir das bei der Gitarre, wenn überhaupt, nur für reine Melodielinien oder reine Akkordbegleitungen. In dem Moment wo Mehrstimmigkeit im Spiel ist, sind bestimmte Klänge oder Effekte nur durch eine bestimmte Lage der verschiedenen Töne zueinander auf dem Griffbrett möglich, und vieles würde bei Veränderung der Lage zueinander nicht mehr oder nur noch eingeschränkt funktionieren. Aber auch ganz allgemein ändern sich Klang und Stimmung eines Stückes beim Spielen in beliebigen anderen Tonarten, die eigentliche Stimmung (für die das Stück ja bewusst geschrieben wurde) geht verloren.
 
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Ich habe es immer so gemacht, wie ich es auch meinen Schülern empfehle: die wichtigen und üblichen Tonarten zuerst, dann die selteneren. Wer Jazz studieren will, soll alle 12 machen.

In der Praxis heißt das: man geht von einer Ursprungstonart einer Übung aus und arbeitet sich nach links und rechts durch den Quintenzirkel durch. Im Extremfall kommt man halt unten an, wenn man alle 12 Tonarten durch hat, ansonsten ist ein (geringerer) Lernerfolg, z.B. für ein Bluesschema, auch schon da, wenn man nur zwei Quintenzirkelschritte nach links und rechts zusätzlich zur Originaltonart beherrscht.
 
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oft wird ja gesagt, man solle "alles" in 12 Tonarten üben.
wer sagt das:rolleyes:?
Es kommt doch immer auf den Gesamtkontext an. Welche Instrumente sind noch beteiligt, welche Stimmung erreiche ich in welcher Tonart.
Wenn man nachspielt, sollte man sich Gedanken machen, warum wohl die Komposition in der oder der Tonart erstellt wurde.
Jede Tonart ändert irgendwie auch den Klang des Stückes. Es macht durchaus Sinn, verschiedene Tonarten auszuprobieren, aber gleich alle
halte ich für übertrieben. Als Gitarrist oder Gitarristin ist es schon sinnvoll, mit jeder Tonart klar zukommen, aber es muß auch zum jeweiligem Stück passen.
Wobei, erlaubt ist ja alles:).
 
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Außerdem ist "Take it through all 12 keys and you're good to go!" die Signature Line von Adam Maness in seinen aktuell ziemlich bekannten Jazz-Piano-Lehrvideos, z.B. auf Instagram.
 
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Wenn ich den Eingangsbeitrag richtig verstehe, geht es um Gitarre?
 
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es geht um Akkordeon/Klavier.
 
Musikpädagogik ist grundsätzlich übergreifend, instrumentenspezifisch würde besser im Fachbereich diskutiert.

Der Anspruch, "alles" in allen Tonarten zu üben wurde von vielen (amerikanischen) Jazzlehrern der ersten Generation formuliert. Unter anderem Jamey Aebersold äußerte sich mehrfach in seinen Veröffentlichungen in diesem Sinn, z.B. so:
Practicing scales, chords (arpeggios), exercises in all keys will help gain facility which will help unlock the ideas that are now being held prisoner in your mind.
Quelle: Jamey Aebersold, Free Jazz Handbook, S3 als erste von mehreren Fundstellen

Ich sehe es wie Harald oder "mein" Jonny May im Fernkurs. Grundlagen wie eine Handvoll Tonleitern übe ich nach und nach bzw. noch gelegentlich durch alle Tonarten. Stücke oder Licks übe ich in den Originaltonarten und dann, wenn etwas ggf. in anderen Tonarten gebraucht wird, z.B. weil Sänger/innen oder Blasinstrumente im Spiel sind.

Gruß Claus
 
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hier in der Gegend arbeitet ein Jazzgitarist, der ist berühmt/berüchtigt dafür, daß er extrem bekannte Licks von Jobim in allen Stücken, die er spielt zitiert - natürlich in der passenden Tonart.
 
Wenn ich den Eingangsbeitrag richtig verstehe, geht es um Gitarre.
Es ist ein allgemeines Thema. Bei mir persönlich geht es um Klavier, bzw alles was Tasten hat.
Gilt aber grundsätztlich für alle Instrumente, die Tonarten bedienen und natürlich grundsätzlich fürs improvisieren. Flöte, Sax, Gitarre, Bass, Orgel usw.
(Ob Sänger sich angesprochen fühlen sollen, lasse ich mal offen ;) )

Es kommt doch immer auf den Gesamtkontext an. Welche Instrumente sind noch beteiligt, welche Stimmung erreiche ich in welcher Tonart.
Das war jetzt erstmal nicht mein Fokus.

Mal als Beispiel, was ich meine:
Wenn ich zB ein Motiv in Bb-Dur habe, dann kann ich es "outside" mal fix in H-Dur spielen, dann wieder zurück. Oder mal fix ein Intro machen, wo man ein II-V-Motiv halbtönig nach unten geht.

Klar, wer nur "reinen" Blues spielt oder Dixieland, braucht sicher nicht alle 12 Tonarten.

die wichtigen und üblichen Tonarten zuerst, dann die selteneren.
So hab ich es bisher auch gehalten. Was natürlich dazu führt, dass ich mich in manchen Tonarten eben nicht zu Hause fühle.
Dafür hat man idealerweise mehr Zeit für die "wichtigen" Tonarten verwendet...

Wer Jazz studieren will, soll alle 12 machen.
Du siehst es also mehr als akademische Übung ... ohne großen praktischen Wert? Mehr so Richtung Hanteln stemmen .. ;)
Für mich fühlt es sich erstmal wie Techniktraining an. Ich versuche aber auch immer, die Sachen in Stücke einzubauen. Und wenn man da ein bisschen reharmonisiert, zB eine Tritonussubstitution, dann kommen auch ungewöhnliche Tonarten schnell mal vor.

der ist berühmt/berüchtigt dafür, daß er extrem bekannte Licks von Jobim in allen Stücken, die er spielt zitiert - natürlich in der passenden Tonart.
Ja, sowas macht Spaß. In meiner einen Band werden gern mal Klassik-Motive zitiert, Bach, Mozart, auch Kinderlieder oder ähnliches. Auch bekannte Charlie-Parker-Themen oder Monk-Schnipsel kommen immer gut an.
Das kann man natürlich auch direkt üben.
 
hier in der Gegend arbeitet ein Jazzgitarist, der ist berühmt/berüchtigt dafür, daß er extrem bekannte Licks von Jobim in allen Stücken, die er spielt zitiert - natürlich in der passenden Tonart.
Ja klar, er ist eben ein Profi.
Das Üben ist eben eine Frage des eigenen Anspruchs und der Zeit, die man für's Üben hat. Meine "Freizeit" ist nur wenig größer geworden als in früheren Lebensabschnitten, das hätte ich mir früher nicht träumen lassen.
Der Lockdown während der Pandemie vermittelte mir außerdem die Erkenntnis, dass ich doch nicht der Typ bin, der jeden Tag vielleicht 4 Stunden am Digitalpiano sitzt oder gar den ganzen Tag mehrere Instrumente abarbeitet. :spicy:
Jeden Tag ein bis zwei Stunden üben und bei schlechtem Wetter am Wochende gelegentlich bis zu vier Stunden über den Tag verteilt, das verschafft mir dagegen Motivation.

Gruß Claus
 
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Practicing scales, chords (arpeggios), exercises in all keys will help gain facility which will help unlock the ideas that are now being held prisoner in your mind.
Das klingt verlockend nach einen Zen-ähnlichen Zustand, "free floating" durch alle Tonarten spielen zu können.

Tonleitern und Akkorde waren in meinem klassischen Klavierunterricht damals selbstverständlich alle dran, da hat meine Lehrerin ein klares Programm gehabt. Die II-V-I hab ich auch mehr oder weniger alle drauf, und für jede Tonart irgendein typisches Voicing, womit man sich zumindest als Begleiter durch alle Sheets durchwursteln kann.

Schwieriger finde ich es bei Tonarten, wo es über die Kreuz/Bb-Grenze drüber rausgeht, also zB von Fis-Dur die Parallele, wer denkt da in D#-Dur? Das nimmt man als Eb wahr und muss dann geistig schon ein bisschen arbeiten.

Aber Melodien / Licks / ganze Stücke sind nochmal was anderes, finde ich. Da denke ich schon, dass man mehr Freiheit gewinnt.

Der Ansatz, den auch @HaraldS und @Claus beschreiben, ist wahrscheinlich das verbreitetste und auch praxisbezogen.
Also die häufigsten Tonarten zuerst, und man lebt damit, in den seltenen Fällen, wo die anderen vorkommen, holprig zu spielen ... und übt es dann, wenn man's braucht.

Ich glaube, ich werde trotzdem probehalber versuchen, das mal eine Weile durchzuziehen und schauen, wie es mir damit geht.
Da wie @Claus es schreibt die Zeit ja begrenzt ist, werde ich dadurch weniger Zeit für andere Sachen (neue Stücke, Klassik ...) haben, aber Versuch macht kluch.

Interessieren würde mich, ob jemand mit dem Aebersold-Ansatz oder Adam Maness als Lehrer wirklich immer mit Schülern in allen 12 Tonarten übt.
 
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Bei mir kam das mit den Tonarten mit dem Bedarf. Zusammenspiel mit Bb - Intrumenten, Sängerinnen, die das Stück transponiert brauchen ...

Und dann kommt es drauf an: Einen 4-Chord Song spiele ich aus dem Stand in jeder beliebigen Tonart. Stücke mit ungewöhnlichen Akkordfolgen (viele der Jazz-Titel) sind da schwieriger.
Bei mir kommt dazu, dass ich meist mit der Gitarre den "Klavierpart" im Trio füllen muss (kein 2. Akkordinstrument). Wenn ich da solistisch unterwegs bin, dann ist es hilfreich, wenn ich zwischendrin auch mal ungegriffene Leersaiten einbauen kann und da sind die Tonarten G - D - A - E bzw. deren parallelen Molltonarten natürlich einfacher und vorteilhaft.

Speziell geübt habe ich das eigentlich nie - das kam aus der Anwendung. Und ja, es ist hilfreich, wenn man es kann.
 
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oft wird ja gesagt, man solle "alles" in 12 Tonarten üben.
Liest man Terefenko, "jazz theory - from basic to advanced study", dann werden die 12-e nach seinen Einführungen vorausgesetzt, und wenigstens noch die Kirchentonarten mit dazu ...

spiele ich es normalerweise erstmal neben der Originaltonart auch in C-Dur, da mir dort manche harmonische Zusammenhänge schneller auffallen.
Mache ich genauso, zumal das vorzeichenfreie Notenblatt ja C-Dur meint ...

Generalisieren wird (für mich) einfacher, und damit auch übertragbarer, zB. in Triaden gedacht, alle weißen Tasten entlang:

C-Dur: C - d - e - F - G - a - !h! (alle Dur, Moll, !h! wäre als Triaden Tritoni)
Allgemeiner Dur: I - ii-iii- IV- V - vi - VII
Wechsel auf Dorisch: I biii IV V bVII + bV für den Blues // grundtonunabhängig

Was bereits ein Tool ergibt, für mein nächstes Zitat:
  • Stück bisher in Dur-Skala
  • Wechsel auf zB Dorische Skala (zB aus e-Akkord wird be-Akkord)
  • einzelne punktuelle tonale Korrekturen an Melodieskala oder Harmonien
Mal als Beispiel, was ich meine:
Wenn ich zB ein Motiv in Bb-Dur habe, dann kann ich es "outside" mal fix in H-Dur spielen, dann wieder zurück. Oder mal fix ein Intro machen, wo man ein II-V-Motiv halbtönig nach unten geht.
Ich würde an dieser Stelle eine Modulation einsetzen, wobei ein Halbton Unterschied schon krass ist. Kommt aber auf's Stück an: wenn's gut klingt ist ja Alles prima.

Ich vermute, "How to play from a Real Book", Robert Rawlins könnte Dir mehr Anregungen und Auftrieb geben, falls Du es nicht schon kennen solltest. Da sind im Grunde alle Bausteine in praktikabler Form drin, im Gegensatz zum Analytiker Terefenko. Das Oberthema darin ist im Grunde "Improvisation" iSv. "was kann ich in diesem Tonmaterial entdecken, wie zu etwas Neuem umgestalten?"

Schwieriger finde ich es bei Tonarten, wo es über die Kreuz/Bb-Grenze drüber rausgeht, also zB von Fis-Dur die Parallele, wer denkt da in D#-Dur? Das nimmt man als Eb wahr und muss dann geistig schon ein bisschen arbeiten.
Das wird einfacher, wenn man sich klarmacht:
  • in C-Dur sind die weißen Tasten von 1-7 durchnummeriert
  • als generalisierte Skala gedacht (I-ii- ...) ... ebenso
  • Grundtonwechsel ändert daran nichts ... sobald ich in Dur-Skala richtig verortet wieder meine 1-7 wiederfinde
  • Skalenwechsel, z.B. auf dorisch-C ... ändert nichts, nur dass jetzt der 3. Ton (als Ton) be und der 7. bH sind.
In meiner einen Band werden gern mal Klassik-Motive zitiert, Bach, Mozart, auch Kinderlieder oder ähnliches.
Mit den o.g. Mitteln tun sich da schon neue klangliche Welten auf. Als Beispiel eine Bach-Phrase auf Dorisch, geshuffelt oder nicht, wären ein paar musische Erkundungs-Versuche wert.

Auch umsortierte Akkorderweiterungen können harmonsich wie melodisch bereichern.

Beispiel 1, Konstruktion, gemeint sind die Töne:

c - e - g C (Dur) 1 - 3 - 5
c - e - g - h C maj7 1 - 3 - 5 - 7
c - e - g - h - d C maj7 9 1 - 3 - 5 - 7 - 9
c - e - h - d C ma7 9 omit 5 1 - 3 - - 7 - 9(=2)
c d - e - h inversion 1 2 - 3 - 7
c d -be - bh dorian 1 2 -b3 -b7

Die Inversion und ihre dorische Variante ergeben interessante Wirkungen, wenn man die 1 wenigstens 1 Oktave tiefer ansiedelt. Auch handweise Akkordaufteilungen sind je nach Kontext hühsch anzuhören, z.B.

L: 1 - 3 R: 2 - 7 oktavgetrennt
L: 1 -b3 R: 2 -b7 oktavgetrennt

Beispiel 2, das Chillie der Musik:

c -be - bg - a auf Vierton erweiterte Tritoni 1 -b3 - b5 - 6
c be bg a bg be g als kurze Melodie 1 b3 b5 6 b5 b3 5

Beispielsweise könnte die Begleitung ihre übliche Kadenz machen, zB I-ii-V-I, oder I-bvii-bvi-V-I, zB als taktweise Akkorde der linken Hand, und an geeigneter Stelle, zB auf der V o.g. Melodie-Chillie, ergibt krasse Effekte.
 
... "How to play from a Real Book", Robert Rawlins könnte Dir mehr Anregungen und Auftrieb geben,... im Gegensatz zum Analytiker Terefenko.
Ja, Rawlins, How to.. ist ein schöner Leitfaden und das Buch eine niederschwellige ganz praxisbezogene Einführung.

Terefenko ist dagegen aufwendig und viel theoretischer, es gibt zum Buch weitere Onlineinhalte. Er ist außerdem spröder zu lesen als z.B. Sikora und weitgehend aus Transkripten seiner Dozententätigkeit an der Eastman School of Musik entstanden. Ich würde sein Buch rückblickend nur noch empfehlen, wenn man sich mit Sikora langweilt, was bei Interesse am Stoff schwer genug fallen sollte. :D

Gruß Claus
 
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Beide Bücher schön umschrieben (y)

Ergänzend: Nach Terefenko kann man gut analysieren, was eine Qualität für sich sein kann, aber nicht unbedingt mitreißend komponieren.
 
Ich persönlich habe immer mal Songs in ein zwei anderen Tonarten gespielt, aber nie in allen 12. Wenn mir mal ein Lied harmonisch nicht so eingängig ist, spiele ich es normalerweise erstmal neben der Originaltonart auch in C-Dur, da mir dort manche harmonische Zusammenhänge schneller auffallen. Dann vielleicht nochmal in einer anderen häufig vorkommenden Tonart. Damit bin ich aus praktischer Sicht bis jetzt immer ganz gut klargekommen. Welche Band spielt schon All of you in H-Dur? ;)

Der einzige Song, den ich öfters durch alle 12 Tonarten spiele, ist "Mack the knife". Einfach, weil schon die Sinatra-Version ein paar mal einen Halbton höher geht. Und mit 6 Harmonien ist das auch nicht so schwer und eine gute Übung. Ansonsten hin und wieder mal "Girl from Ipanema" in F#-Dur, damit die Bridge dann mit einem schön einfachen G-Dur-Akkord anfängt. Und in der Tat spielt keine Band All of you in H-Dur, aber Bb- und C-Dur kommen meiner Erfahrung nach schon dran.

Der Kern vom Transponieren von Licks, Akkordfolgen und Stücken ist aber natürlich, dass man dahin kommen soll, im Kopf in tonartunabhängigen Strukturen zu denken. Zum Realisieren auf einem Instrument muss dann halt die Struktur in eine konkrete Tonart umgesetzt werden, aber je schneller und problemloser das geht, desto freier ist man beim Spielen. Bei gesprochener Sprache formt man ja auch eine inhaltliche Idee innerhalb von Hundertelsekunden durch Wortwahl, Grammatik und Sprechbewegungen in eine gesprochenen Äußerung - da sind ähnliche Denkvorgänge am Werk.


Du siehst es also mehr als akademische Übung ... ohne großen praktischen Wert? Mehr so Richtung Hanteln stemmen .. ;)
Für mich fühlt es sich erstmal wie Techniktraining an. Ich versuche aber auch immer, die Sachen in Stücke einzubauen. Und wenn man da ein bisschen reharmonisiert, zB eine Tritonussubstitution, dann kommen auch ungewöhnliche Tonarten schnell mal vor.

Musikalische Strukturen durch alle 12 Tonarten zu spielen, sehe ich nicht so sehr als akademische Übung, denn angehende Jazzstudenten brauchen vor allem Spielpraxis und Kompetenzen, die idealerweise direkt zu besserer Musik führen. Falls du mit "akademisch" eher theoretisch meinst, würde ich nicht zustimmen, Transposition sollte immer in einem praxisrelevanten Ausmaß drankommen. Wer einen 12-Takt-Blues im Klavier-Mittelstufenunterricht spielt, macht das bei mir z.B. in C/F/G-Dur, wer da tieferes Interesse entwickelt auch in Bb/Eb/D/A-Dur, wer Jazz-Aufnahmeprüfung macht, in allen Tonarten (obwohl man es selbst dafür nicht braucht).

Bill Dobbins in seinem Buch "Jazz Piano" richtet sich vom Niveau her an Jazzstudenten und beginnt damit, closed Voicings der 5 üblichsten Akkordtypen durch alle Tonarten zum Einspielen zu üben (allerdings im Quarten- statt im Quintenzirkel, das Ergebnis ist aber das Gleiche). Das ist durchaus praxisrelevant, damit man beim Comping mit Links assoziativ und spontan arbeitet und alle gängigen Voicings in kürzester Zeit parat hat.

Auch wenn Schüler bei mir Wiener Klassik spielen, übe ich mit ihnen mit der linken Hand oft die Umkehrungen der Dreiklänge in Bb/F/C/G/D, damit Alberti-Bässe bloß nicht als Einzeltöne, sondern als Spielmuster in bekannten Harmonien aufgefasst werden.
 
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Jazzstandards kann ich mit Leadsheet (iReal pro) in jeder beliebigen Tonart begleiten und darüber solieren. Vom Blatt transponieren geht prinzipell auch in jede Tonart, aber das erfordert viel Konzentration, und es kann sich der ein oder andere Fehler einschleichen. Themen kann ich nicht in allen Tonarten. Bei den ganz einfachen ist das kein Problem: Summertime, oder bluesbasiertes wie Worksong. Musicalthemen gehen einigemaßen vom Blatt zu transponieren, Bebopthemen müßte ich vorbereiten.

Ich habe nie Licks in allen Tonarten geübt. Aber ich habe überhaupt nie Licks geübt ... :D Ich habe geübt, Licks zu erfinden, und das mache ich in jeder Tonart anders.

Einmal hat eine Schülerin eine Burgmülleretüde im Unterricht so lange gespielt, daß ich sie nicht nur auswendig konnte, sondern ihr dann, ohne sie jemals selbst geübt zu haben, in allen Tonarten vorgespielt habe.

Viele Grüße,
McCoy

Edit:
Neulich habe ich Stücke von Ben Wendel und Immanuel Wilkins gespielt. Da hätte ich Probleme, das mal eben so in einer anderen Tonart zu spielen. Da greifen meine Denkmuster von Tonika, Mollsubdominante, Tritonussubstitution und Backdoorprogression nicht. Sehr interessantes Zeug!
 
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Als Amateur-Bläser (Posaune) kann ich zwar einigermaßen nach Noten spielen, aber (leider noch) nicht frei, was vermutlich auch daran liegt, dass man bei der Posaune halt nix optisches vor Augen hat wie beimk Klavier sondern die Töne in der entsprechenden Lage einfach sicher treffen muss. Mit entsprechenden Noten ist der Zug und die Lage klar, jedoch nicht wenn man einen Ton treffen will, den man nur im Kopf hat.

Auf meine Frage an einen befreundeten Jazzposaunisten - wie man entsprechendes freies Spiel, - halt die Töne zu treffen, die man im Kopf hat, erreichen kann, kam folgende Antwort:
Spiele einfache Volkslieder so lange bis sie sicher auswendig laufen.
Und wenn sie auswendig funktionieren, spiele sie ebenso auswendig aber auf allen 12 Tönen als Anfangston!

Und ja, das klingt für mich sehr logisch, um die Töne (mit den entsprechenden Lagen und Zügen) zu verinnerlichen,
aber ich habe es noch nicht geschafft, steht also noch auf meiner To-Do-Liste.

Klar, ich meine mit 'freies Spiel' nicht eingeübte Licks, die sich dann in den meisten Tonarten abrufen lassen. Beispielsweise fände ich Standard-Jazzlicks in der Weltmusik tendenziell eher unpassend.
 
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