Jazz üben - alles in 12 Tonarten spielen, wie seht Ihr das?

  • Ersteller opa_albin
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Neighbor tones meint mMn. nur die tonleitereigenen benachbarten (Leit-)Töne, Approach tones hingegen die chromatischen benachbarten Töne der Zieltöne (die zb. die Akkordtöne sein können).
Neighbor Tones bezieht sich auf die unmittelbar mit dem dem Zielton zusammenhängenden Töne, sie können je nach Umständen und Absicht tonleitereigen oder auch chromatisch sein.

Siskind p93.jpg

Quelle: Jeremy Siskind, Jazz Piano Fundadamentals, bk. 3, p. 93
Der Autor unterhält auch einen informativen YT Kanal, wenn auch ohne Ahnung vom Aufnehmen mit Mikrofon, einige Videos sind daher anstrengend zu hören.

Approach Tone Technique oder Approach Tones/Notes wird nicht von jedem Autor benutzt und scheint mir vor allem auf das spieltechnische Element bezogen. Insofern passt das hier ganz gut, wenn es um Übepraxis geht.
"Enclosure" oder "Encircling" bezeichnet dann jene Fälle von Approach Tones/Notes, die den Zielton von beiden Seiten angehen.
mDecks Music, Targets & Approach Notes
Chad Lefkowitz-Brown on Approach Notes
Jeremy Siskind, Üben des Aufbaus von (single note) Improvisation

Gruß Claus
 
Grund: mDecks & Siskind Link eingefügt
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@Claus: Du bist ja eine Enzyklopädie ... Siskind hast Du nicht wie ich nur im Regal stehen, sondern offensichtlich auch durchgearbeitet!
Dann noch auf Anhieb ein Video von mDecks zur Hand ... ich bin wieder mal beeindruckt.
 
Schön formuliert ;) ...ohne jemand zu nahe treten zu wollen, scheint mir die Gefahr bei Sax größer zu sein als bei Trompete, Klavier und Co. Liegt vielleicht am großen Vorbild.
Bei der Session hier höre ich aber auch immer Leute, die schöne Melodien spielen können.
Liegt letztlich auch am Unterricht, würde ich denken. Das Bewusstsein, wann und wie welche Fähigkeiten eingesetzt werden müssen, um ein gutes Solo zu spielen, kommt bei manchen vielleicht erst im 4. Studienjahr ... ;)
Ich habe bei mehreren Jazzmusikern beobachtet, dass eine "Wichtigkeitshierarchie" im Kopf zu verankert sein scheint: 1. Harmonik, 2. Sound, 3. Melodik, 4. Rhythmik
  • viele wollen keine harmonischen Fehler machen und legen ihre Aufmerksamkeit vor allem darauf, harmonisch richtige Töne zu spielen
  • wie man dabei klingt (also Sound, Gestaltung des Klanges, aber auch Artikulation, Wahl des Registers...) ist oft auch noch im Fokus
  • eine abwechslungsreiche und dramaturgisch interessante Melodik ist eher selten
  • originelle Rhythmen muss man mit der Lupe suchen (bzw. dem Hörgerät)
Und bei Sängern wird das alles nochmal überlagert vom Text und der Außenwirkung (Faktoren, die absolut wichtig sind!).

Von daher kann ich dir zustimmen, dass immer wieder mal Leute mit guten Melodien vorbeikommen - aber das ist ein Feld mit riesigen Entwicklungsmöglichkeiten. Ich nehme mich da selbst nicht aus. Wenn man sich so anschaut, wie starke Melodien im Barock komponiert wurden, kann man da auch für Jazz viel abgucken, die eigene Tonmenge erstmal um 50% reduzieren und am besten nur noch die richtigen und wichtigen Töne spielen.
 
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Ich habe bei mehreren Jazzmusikern beobachtet, dass eine "Wichtigkeitshierarchie" im Kopf zu verankert sein scheint: 1. Harmonik, 2. Sound, 3. Melodik, 4. Rhythmik
Das rührt glaube ich eher vom Klischee der Akkorde, die aussehen als wären sie dem Telefonbuch entnommen.
 
Grundsätzlich sinnvoll. In der Praxis werden wohl kaum Stücke in allen 12 Tonarten spielt. Im Jazz sind die B-Tonarten meist gefragt. Doch definitiv eine sehr gute Übung. Ich würd nicht drüber nachdenken, dass der Composer genau DIE Tonart gewählt hat. Änderung der Tonart kann GENAU das bewirken und den Song in neuen Sound bringen. Durchaus interessant. Aber ja… Mega Aufwendig. Das braucht man viel viel viel viel Zeit. Eine Alternative ist, die Songs nach Kadenzen zu spielen. Das ist nicht weniger Aufwand, aber tut der Gehörbildung gut. Zudem wiederholen sich sehr viele Kadenzen in den Songs. Z.B. die II-V-I ist in fast jeden Standard dabei.

P.S. Ich hab nicht alle Antworten gelesen. Durchaus möglich, dass schon ein andere diesen Gedanken geäußert hat.
 
Das rührt glaube ich eher vom Klischee der Akkorde, die aussehen als wären sie dem Telefonbuch entnommen.
Es gab eine Zeit, als man Akkorderweiterungen im Symbol sehr ausführlich bezeichnet hat, aber z.B. Jamey Aebersold hielt sich immer an eine recht knappe Schreibweise.
Die Schreibweise der Akkordsymbole zu beleuchten kann ganz interessant sein. Falls es dich in praktischer Hinsicht interessiert, wäre es ein schönes Thema für die Musiktheorie.

Gruß Claus
 
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Das ist ja auch kontextabhängig. Im Klaviertrio kann man als Klavierspieler nach Herzenslust Alterationen einwerfen. Ist eine Gitarre dabei, die auch Akkorde spielt, muss man sich entweder gegenseitig Platz lassen (zB einer spielt zur Terz und Septime und der andere ist frei), oder man muss sich die Optionstöne absprechen und notieren.

Fürs Üben in mehreren Tonarten finde ich das durchaus relevant, weil ich merke, dass ich bestimmte Tensions in bestimmten Tonarten bevorzuge, weil ich da mal ein Stück gespielt habe, in der das vorkommt. Da ist dann zB die #11 in Bb wegen Stella selbstverständlich in den Fingern, während man in einer anderen Tonart überlegen muss.

Es gab ja im Forum auch mal eine kurze Diskussion darum, ob Melodietöne, die (alterierte) Optionstöne sind, im Akkordsymbol auftauchen sollten.

Insgesamt schon ein nicht unwichtiges Thema, was von Bluesern, die nur die 7 kennen, natürlich nicht ausreichend gewürdigt wird ;) /s

Das braucht man viel viel viel viel Zeit.
Ja, das ist das Problem dabei.
Eine Alternative ist, die Songs nach Kadenzen zu spielen. Das ist nicht weniger Aufwand
Hm, ich wüsste ehrlich gesagt gar nicht, wie ich das anders machen sollte. Es geht mir dabei ja gerade darum, die funktionalen (bzw stufentheoretischen) Zusammenhänge in jeder Tonart draufzuhaben, also eine III-VI-II-V-I, die ganzen Tritonussubstitutionen usw.
 
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Du hast zwar geschrieben, dass es dir hauptsächlich um Instrumente mit Tastatur geht und ich gebe zu, dass ich mich wenig bis gar nicht mit Jazz beschäftige, allerdings möchte ich zu bedenken geben, dass es Instrumente gibt, die gar nicht alle 12 Tonarten zur Verfügung haben. Z. B. Hakenharfen oder Einfachpedalharfen. Da geht es im Quintenzirkel nur von Es bis E. Andererseits ist transponieren auf der Harfe nach meinem Empfinden sehr einfach, da ich die Tonart mit den Klappen / Pedalen einstellen kann und dann das geübte Stück einfach von einer anderen Seite aus beginne - die Fingersätze sind die gleichen. Seit ich Harfe spiele habe ich kein Problem zu transponieren. Da ich auch eine ganz kleine Harfe habe, wo ich nur 3 (6) Dur Tonarten zur Verfügung habe (+parallele Molltonarten) muss ich oft transponieren. Auf Akkordeon oder Ukulele muss ich halt mehr nachdenken, damit ich keinen Halbton vergesse. Da muss ich das dann tatsächlich üben, da ich aber nur sehr wenig Zeit habe, lasse ich das sein und mache das nur, wenn ich es brauche. Improvisieren (in verschiedenen Tonarten) funktioniert Infolgedessen bei mir auch nur wirklich gut auf der Harfe.
Ich denke also, wenn das Instrument für verschiedene Tonarten unterschiedliche Griffe benötigt und es der Person wichtig ist das zu können und die Person bereit ist, dafür zu üben, macht es Sinn, einzelnen Stücke oder Licks in allen 12 Tonarten zu üben. Zum Thema Unterricht, wäre es glaube ich am einfachsten den Schüler danach zu fragen.
 
Du hast zwar geschrieben, dass es dir hauptsächlich um Instrumente mit Tastatur geht und ich gebe zu, dass ich mich wenig bis gar nicht mit Jazz beschäftige, allerdings möchte ich zu bedenken geben, dass es Instrumente gibt, die gar nicht alle 12 Tonarten zur Verfügung haben. Z. B. Hakenharfen oder Einfachpedalharfen.
Ich denke mal, wenn man die Harfe im Jazz einsetzen will, sollte man eine Konzertharfe spielen. Wenn man ein Instrument nicht in allen Tonarten spielen kann, kommt man im Jazz nicht sehr weit.

Die wichtigste Jazzharfenistin und Wegbereiterin war Dorothy Ashby.


View: https://youtu.be/5gN9nBwco84?si=TRAddGmvywYsw7YO

Viele Grüße,
McCoy
 
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Wenn mann ein Instrument nicht in allen Tonarten spielen kann, kommt man im Jazz nicht sehr weit.
Ähm. Doch.

Summertime ist ja im Jazz nun wirklich nicht sehr weit, das ist das Anfängerstück, das jeder zuerst lernt, der mit Jazz beginnt.

Aber es ging ja auch gar nicht darum - sondern um das Transponieren bestimmter Songs oder Licks in die verschiedenen Tonarten zu Übungszwecken.
... im Jazz.

Ein typischer, sehr häufig gespielter Jazzstandard ist z.B. Stella by Starlight von Victor Young, das zweite Stück, das Dorothy Ashby im oben verlinkte Video spielt. Wenn Du von diesem Stück schon allein die Töne aller vorkommenden Akkorde zusammenaddierst, erhältst Du alle 12 in der Oktave vorkommenden Töne. Da braucht man dann auch en Instrument, das das kann.

Viele Grüße,
McCoy
 
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allerdings möchte ich zu bedenken geben, dass es Instrumente gibt, die gar nicht alle 12 Tonarten zur Verfügung haben.
Würde bei mir zb zutreffen für Gitarre, weil ich da nur Lagerfeuer-Akkorde kann, oder Okarina. Aber dann übt man auf solchen Instrumenten dann nur in den Tonarten übe, die gehen. 😜

Bei Harfe habe ich hohen Respekt. Aber in diesem Leben bin ich mit Klavier und Akkordeon ausgelastet 🙂
 
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Gut. Ich werde nicht auf die Idee kommen, mit der Hakenharfe Jazz spielen anfangen zu wollen, weil dann könnte ich ja nur Anfängerstücke spielen und keinen richtigen Jazz. Ich verrate jetzt nicht, dass es echte chromatische Harfen abseits der Doppelpedalharfen gibt. 😜 Die spielen technisch allerdings in einer ganz anderen Liga 😱
 
Gut, ist zwar völlig OT (wie hier so einiges), aber ich lerne gerade, dass jemand endlich herausgefunden hat, was „richtiger Jazz“ ist und dass es offenbar unechte bzw. „echte chromatische Harfen“ gibt. 😉
 
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Tatsächlich würde ich für Jazz keine Konzertharfe lernen, wenn ich für Jazz Harfe lernen wollen würde, würde ich mich für eine Kreuzsaitige mit 6/6 System entscheiden. Bei dieser Konstruktion sind alle Tonarten gleichwertig zu erreichen und man kann sich wiederum das Durchüben aller 12 Tonarten schenken, denn wenn man die Spieltechnik erstmal gemeistert hat, kann man jede Tonarten durch Verschieben erreichen. Man braucht keine anderen Griffe. - ich hab so eine tatsächlich Mal ausprobiert. Aber ich bekomme da Knoten ins Hirn und in die Finger 😂 ich bleibe bei diatonischen Harfen, zu welchen im übrigen auch die Konzertharfen gehören, welche durch ihre komplexe Mechanik alle chromatischen Töne erreichen kann.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Ein richtiger Llanero stimmt seine diatonische Harfe je nach Stück das er spielt.
Hier eine Stimmung in E Harmonisch Moll -->

View: https://www.youtube.com/shorts/jQcXhF22l9U?feature=share

... und es fetzt! :)

Ja, das ist auch eine übliche Methode, auch bei Historischen Instrumenten, die gar keine Umstimm-Mechanik haben.
Die Südamerikanischen Harfen und Harfenspieler sind sowieso noch ganz anders krass.
 
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Hm, ich wüsste ehrlich gesagt gar nicht, wie ich das anders machen sollte. Es geht mir dabei ja gerade darum, die funktionalen (bzw stufentheoretischen) Zusammenhänge in jeder Tonart draufzuhaben, also eine III-VI-II-V-I, die ganzen Tritonussubstitutionen usw.
Auch wenn es grundsätzlich ne gute Idee ist einen Song in allen 12 Tonarten zu üben... Auf dauer vllt etwas langweilig.
Ich denke... grundsätzlich sollte man lieber mehrere Songs spielen. Also dann so, dass man mal alle 12 irgendwann durch hat...

Nur ne Idee. Zeit braucht das auch ... ;)
 
in der Zeit würde ich lieber neue Stücke lernen.

Das Lernen und Üben von solchen und anderen eher theoretisch anmutenden Dingen hat mir für das Spielen von Stücken sehr viel gebracht. Einen nicht allzu komplizierten Standard, für den ich früher vielleicht ein paar Tage gebraucht hätte, habe ich jetzt manchmal in fünf Minuten begriffen, einfach weil man die Strukturen kennt und versteht, anstatt sie auswendig lernen zu müssen.
Insofern sollte das Leben von Stücken und Theorie immer Hand in Hand gehen.
 
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