Wie werden heutzutage moderne Rock- und Metal-Alben aufgenommen

Dazu müsste mal eine große Band etwas herausbringen, was nicht so glattgebügelt ist, dann könnte man sehen, wie das ankommt.

Haben Metallica das nicht mit "Death Magnetic" versucht? ;-)

Meine Meinung ist ja, dass die clippenden Gitarren Absicht sind, um das ganz rauer, mehr "in your face" klingen zu lassen ... Ich halte das nicht für ein geeignetes Mittel (genauso wenig wie den Snare-Sound auf St. Anger ...), aber mir kann keiner erzählen, dass da "versehentlich" die Gitarren zu hoch ausgesteuert wurden. Bei Metallica ist nichts Zufall. Genauso, wie Lars Ullrich wieder seinen Assistenten gehabt haben wird, der mit ProTools jedes Drumsignal an die richtige Stelle schiebt.

Jedenfalls wurde bei "Death Magnetic" mehr über die missratene Produktion diskutiert als über die Musik. Was ich schon als Indiz dafür werte, dass ein Sound, der - aus welchen Gründen auch immer! - nicht den "angesagten" Hörgewohnheiten entspricht, für Irritation sorgt (oder man setzt einen neuen Trend ... ;-))

Ich war z.B. lange Jahre "Rock Hard"-Abonnent und auch dort ist die Produktion der "Death Magnetic" zerlegt worden. Insofern völlig untypisch für die Zeitung, denn dass bei 90% der restlichen besprochenen Musik die Drums gefakt sind, wird nie negativ bewertet, wenn überhaupt wahrgenommen ...
 
Aber die Ironie ist für mich, dass das auch viele professionelle Bands machen, wo das nicht nötig wäre. Wie sie live ja durchaus beweisen. Und das kann ich mir eigentlich nur so erklären, dass in den letzten 12-15 Jahren ein Sound-Ideal entstanden ist, wonach "moderner" Metal möglichst maschinell perfekt klingen muss.

Ich denke, dass manche Dinge - so banal es auch klingt - ganz einfach nur gemacht werden, weil es geht und möglich ist.

Macht es Sinn, über eine Gesangsaufnahme eines hervorragenden Sängers mit Melodyne drüberzugehen?
Nein, gemacht wird es trotzdem oft - ganz einfach, weil es so leicht möglich ist.

Ich denke nicht, dass hinter solchen Dingen oft eine bewusste Entscheidung steht... das interpretieren wir glaube ich oft erst im Nachhinein so.
 
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Soweit ich das mitbekommen habe, Metallica absichtlich dreckig produziert und nicht einfach originalgetreu, natürlich produziert. Also war das eigentlich das andere Extrem und nicht das, was ich gemeint habe.
 

Ganz schlechtes Beispiel... St. Anger ist komplett totproduziert. Richtig mies, und wenn ich mich recht erinnere sogar auf digitaler Ebene im Clipping (hauptsache laut - ja, das wird heutzutage sogar absichtlich gemacht).

Also ich konnte mir das Album nicht anhören.
 
Ich hab nochmal nachgedacht und Inne gehalten. Bis zu nem Zeitpunkt wo ich 17-18 war und mich viel intensiver mit Musik und Musikproduktion auseinandergesetzt hab, war das meistens so, dass ich von Bands lieber die aktuelleren Platten gehört hab und hatte oft Probleme damit, wenn ich von ner Band zuerst "neuen" "aufgepumpteren" Kram gehört hab mich dann in ältere rohere Alben einzuhören.
Das lag zum einen daran, dass ich keine guten Abspielmedien hatte und auf schlechten Abhören offenere und leisere Masterings schon Nachteile haben und zum anderen, dass ich so einige Dinge an "alten Metalsounds" nicht so sonderlich mochte. z.B. die Drumsounds oder die Slapbackdelays auf den Vocals und solche Dinge....

Um das vll mit den Masterings auch noch kurz zu erklären:
Nimmt man audiophile Masterings die nicht so heiß sind und die Elemente luftiger mit schönen differenzierten Hall und Delay-Effekten bestückt sind und der Bassbereich viel offener und differenzierter klingt, wird es dann schwierig, wenn man irgendwelche ranzigen PC-Boxen Zuhause hat, odermit seinem walkman/discman/mp3player und günstigeren Ohrhörern hört. Die Pluspunkte an Dynamik und Detailreichtum verschwinden dabei, weil die Abspielmedien ebene jene Aspekte überhaupt nicht vernünftig wiedergeben können.

Wenn ich jetz von mir selbst ausgehe, der sogar noch halbwegs aufgeschlossen war + dass sich die Aussagen auf Alben aus Zeiten bezogen, wo längst alles noch nich so elektronisch geprägt war wie heute, dann lässt sich das sicher auch auf viele andere Musikkonsumenten übertragen. Ich hab damals z.B. auch überhaupt nicht verstanden, wieso Porcupine Tree mit den Alben "In Absentia" und "Deadwing" ziemlich druckvolle und laute "teuer kligende" Produktionen hingelegt haben und danach mit "Fear of a Blank Planet" ein Album gemacht haben, was viel leiser und roher war als die Vorgänger. Für mich war da die Frage "Wieso zur Hölle klingt ein Album von 2007 wie der Vorgänger von einem Album von 2002?"....

Ein interessantes Erlebnis war für mich auch noch folgendes:
Ich bin mit meiner Band in nen Studio von nem Bekannten gefahren, weil wir überlegt hatten von ihm unsere Songs mixen und mastern zu lassen. Auf dem Weg zum Studio haben wir im Auto ultra laut Meshuggah gepumpt (ich schätze dass war 2006 oder 2007 das Nothing Re-Release) und sind voll drauf abgegangen wie br00tal und böse das ist. Im Studio haben wir dann ein wenig gequatscht mit dem Besitzer und er hat uns ein bisschen Musik auf seinen Monitoren gezeigt die ihm gefällt und ich war geflasht davon wie geil seine Monitore in dem Raum klangen (ich weiß leider nicht mehr welche das waren und hab mich da auch nicht für interessiert). Dann haben wir ihm die Nothing in die Hand gedrückt und ihm gesagt "hier... br00taler Sound. Miesester Shit des Jahrtausends! Zerfickt dein Leben...". Er legt die CD ein und dreht auf.... betretene Stille. Wir waren total perplex. Wieso klingt denn die Aufnahme die uns vor ner dreiviertelstunde noch fast zur Explosion vor Geilheit gebracht hat plötzlich so dünn und leblos? CD-Player kaputt? Anlage kaputt? Ich habs nicht verstanden...

Im Laufe der Zeit hab ich all solche Dinge natürlich 100.000 mal reflektiert und daraus meine persönlichen Schlüsse gezogen... man darf aber vom gemeinen Hörer einfach nicht zuviel erwarten/verlangen. Ich finde es liegt dann aber letzendlich an jedem Künstler selbst seine Zuhörer mit einem gewissen Sound zu "sozialisieren". Ich war als Musiker z.b. lange Zeit daran interessiert für meine eigenen Songs den Sound so zu gestalten, dass man möglichst nicht mitbekommen, dass ich nen beschissener Musiker/Gitarrist bin. Ich hab da auch gecuttet und editiert wie blöd. Inzwischen hab ich genau die gegenteilige Intention und möchte den Sound so gestalten, dass ich wenn ich mir meine Songs anhör noch genau das gleiche empfinden kann, wie in dem Moment als der Take entstanden ist. Nun interessiert die Welt natürlich nicht im Geringsten was ich denke oder für Musik mache, aber ich verfolg natürlich auch höchst interessiert die Musikwelt. Im Stammtisch haben wir schonmal kurz über "Hozier - Take Me to Curch" gesprochen... in dem Song hört man soooo krass die Resonanzen des Springreverbs auf den Vocals. Ich hab mir dazu am Anfang nur gedacht "was zur hölle" und fand es aber trotzdem irgendwie gut.... inzwischen betrachte ich die Idee mit diesem kranken Hall als genial. Auch wenns kein Metal ist, zeigt es mir, dass man mehr machen kann als viele Leute vielleicht denken....
 
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... war das meistens so, dass ich von Bands lieber die aktuelleren Platten gehört hab und hatte oft Probleme damit, wenn ich von ner Band zuerst "neuen" "aufgepumpteren" Kram gehört hab mich dann in ältere rohere Alben einzuhören.
Witzig, ging mir früher genauso: Wenn ich bei einer mir zuvor noch unbekannten Band irgendwo in der Mitte ihrer Diskographie oder eben dem neuesten Release einstieg, fand ich oft keine Zugang zu den älteren Sachen. Teils wegen des "älteren" Sounds, teils auch wegen des "unreiferen" Songwritings. Mittlerweile habe ich das Problem glücklicherweise nicht mehr sondern finde gerade spannend, Alben auch immer im zeitlichen Kontext zu betrachten.

Nimmt man audiophile Masterings die nicht so heiß sind und die Elemente luftiger mit schönen differenzierten Hall und Delay-Effekten bestückt sind und der Bassbereich viel offener und differenzierter klingt, wird es dann schwierig, wenn man irgendwelche ranzigen PC-Boxen Zuhause hat, odermit seinem walkman/discman/mp3player und günstigeren Ohrhörern hört. Die Pluspunkte an Dynamik und Detailreichtum verschwinden dabei, weil die Abspielmedien ebene jene Aspekte überhaupt nicht vernünftig wiedergeben können.

Ja, wie ich schon zuvor meinte: Ich denke, dass ist der springende Punkt. Wer hört denn heute noch Musik über eine halbwegs brauchbare HiFi-Anlage? Entsprechend "zielgruppengerecht" erfolgt das Mastering. Ist ja irgendwo auch konsequent ...

Er legt die CD ein und dreht auf.... betretene Stille. Wir waren total perplex. Wieso klingt denn die Aufnahme die uns vor ner dreiviertelstunde noch fast zur Explosion vor Geilheit gebracht hat plötzlich so dünn und leblos? CD-Player kaputt? Anlage kaputt? Ich habs nicht verstanden...

Und das funktioniert leider in beide Richtungen: Ich habe in meiner Bandpause einiges in gutes, recht neutral klingendes HiFi-Equipment investiert, mit dem Ergebnis, dass ich damit keine "neuere" Metal-Musik hören kann. Funktioniert einfach nicht. Die letzte Slayer "World Painted Blood" klingt, wie durch ein Dosentelefon übertragen: Komprimiert bis zum Anschlag, alles durch die Mitte, null Bass, ultradünne Gitarren, Arayas Stimme ebenso, darüber ein unangenehmes "Höhen-Gebrizzel". Bei mir im Auto wiederum schiebt das ohne Ende ... Genau der von Dir am Beispiel Meshuggah beschriebene Effekt.

Gegenbeispiel: Eine (zwar mainstreamige) aber dennoch "anerkannt audiophile" Aufnahme wie Katie Meluas "Piece By Piece": Realistische Stimmwiedergabe, Naturinstrumente klingen "echt", Kontrabass reicht bis in den Keller, holographische Auflösung der Raumsituation usw. - aber nur auf meiner HiFi-Anlage. Im Auto klingt das diffus und viel zu basslastig.

Einen Tod muss man offenbar sterben und bei jüngeren Metalproduktionen ist das Ziel offensichtlich: "Druckvolle, laute Wiedergabe auf minderwertigen Wiedergabemedien".

Ich finde es liegt dann aber letzendlich an jedem Künstler selbst seine Zuhörer mit einem gewissen Sound zu "sozialisieren".
Aber vielen Musikern scheint da momentan der Kommerz näher als die Kunst. Oder man nennt es eben "Realitätssinn" bzgl. der Anforderungen des Musikkonsumenten.

Aber ist schon herrlich, oder? Da können wir Gitarrsiten hier seitenweise über die Vorzüge irgendwelcher Vorstufen-Röhrentypen, Saitenfabrikate, Speakertypen etc. diskutieren und regelrechte Glaubenskriege zwischen Röhre und Modeller austragen (Drummer in ihrem Bereich sicher analog ...) und am Ende wird's beim Mastering durch den gröbsten Fleischwolf gedreht und für MP3-Wiedergabe auch kleinen PC-Speakern optimiert ;-)
 
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Einen Tod muss man offenbar sterben und bei jüngeren Metalproduktionen ist das Ziel offensichtlich: "Druckvolle, laute Wiedergabe auf minderwertigen Wiedergabemedien".

Exactly. Das ist auch das was immer wieder bei den Mastering-Profis thematisiert wird. Heutzutage wird nicht mehr fürs dedizierte Hören über einigermaßen brauchbare Anlagen optimiert, sondern für den MP3-Schrott ausm Smartphone über Billigstöpsel im Ohr, und vielleicht noch die Krass-Anlage im Auto.

Nachtrag: wobei MP3 nicht zwingend Schrott ist, aber es ist unglaublich wie viel mieß kodiertes MP3 im Umlauf da draußen....
 
Einen Tod muss man offenbar sterben und bei jüngeren Metalproduktionen ist das Ziel offensichtlich: "Druckvolle, laute Wiedergabe auf minderwertigen Wiedergabemedien".

Aber vielen Musikern scheint da momentan der Kommerz näher als die Kunst. Oder man nennt es eben "Realitätssinn" bzgl. der Anforderungen des Musikkonsumenten.

Kumpel von mir wolte mich letztens für den "ultrafetten Sound" auf irgendeiner Peryphery Scheibe begeistern. Ich hab da mal reingehört und fand das bei mir alles andere als super. Hab ihm geschrieben, dass der Sound eher schwach sei...
er allerdings (mit Brüllwürfeln sammt Subwoofer) verstand die Welt nicht mehr...
 
Falls du Periphery meinst, welchen Song hast du da gehört? Finde, dass die einen sehr geilen Sound haben.
 

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