Pentatonik skala über einzelne Akkorde

Das es für diesen Kontext mal dasteht:

Eine Tonart ändert man nicht, indem man einfach nur "aus ihr rausgeht". Sobald man das macht, merkt man es - kann sich zwischen allem von spannend, überraschend, seltsam bis furchtbar anhören. Und dann will unsere Hörerwartung Klarheit. Wenn man dann wieder in die Ursprungstonart geht (egal ob "schön & passend" oder der "seltsame" oder gar "falsch klingende" Part plötzlich angefangen hat und plötzlich aufhört), dann hat man die Tonart nie geändert.
Die Hörerwartung hängt während ich aus der Tonart rausgehe in der Schwebe und bezieht erst mal alles weiter auf den ursprünglichen Grundton, weswegen man bis dahin eben nie die Tonart geändert hat, auch wenn ich andere Töne spiele.
Wenn ich dann aber eine (im Optimalfall sich irgendwie passend anhörende) Kadenz einbaue, die einen neuen Grundton etabliert, dann habe ich ab dem Moment die Tonart geändert, wo die Hörerwartung beginnt, alles auf den neuen Grundton zu beziehen- was z.B. nach der ersten Spannungsauflösung Dominante-der-designierten-Tonika-in-diese-neue-Tonika eintritt. Bevor das nicht passiert, sind Skalen, die nicht in meine Ursprungstonart passen melodische Ausflüge, nicht mehr und nicht weniger - und man nimmt sie auch als solche wahr.
 
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Hallo Leute,
dieser Thread ist zwar schon etwas älter, aber ich habe mich gestern genau damit befasst und ein paar Fragen in diese Richtung gehabt...

Beispiel 1:
Akkordfolge: Dm7 G7alt Cmaj7

Ich spiele:

über Dm7 die Em-Pentatonik oder die Am-Pentatonik (oder beide im Wechsel),
über G7alt die Bbm-Pentatonik,
über Cmaj7 die Em-Pentatonik oder die (engl.) Bm-Pentatonik (oder beide im Wechsel)

Bespiel 2:
Akkord Cmaj7: Ich spiele die Fm-Pentatonik und löse sie im Verlauf der Phrase in die Em-Pentatonik auf.

Schön auch für Gitarristen.

Dm7 : Am-Penta
G7alt: Bbm- Pentatonik
Cmaj7: H-Moll Penta ( ergiebt einen C-Lydisch, maj7#11-Sound)


Em Pentatonik über den Dm7 Akkord ergibt die C Dur Tonleiter.
Am Pentatonik über den Dm7 Akkord ergibt die Töne D,E,F,G,A,C. Das wäre ja dann der Dm11 Akkord.

Kann man also die jeweiligen Pentatoniken wählen, die entweder eine passende Tonleiter mit den Akkordtönen ergeben oder passende Akkorderweiterungen (Available Tensions in dem Bild unten)? Habe ich das richtig verstanden? Gibt es da vielleicht auch weitere Möglichkeiten?

Anhang anzeigen 816205
Vielen Dank schonmal.

Gruß
Mo
 
Em Pentatonik über den Dm7 Akkord ergibt die C Dur Tonleiter.
Oder besser gesagt: Die Tonleiter D-Dorisch. Denn warum sollte man eine Tonleiter zum Beschreiben und Denken wählen, die einen anderen Grundton hat, als den des zugrundeliegenden Akkords.
Man sollte durchdenken, daß Pentatoniken zweifach genutzt werden können:
Zum einen bilden sie einen Tonleiter-AUSSCHNITT (im obigen Beispiel ist Em-Penta ein Tonleiterausschnitt von D-Dorisch) und sind so eine Art Hilfsmittel, wenn man in der jeweilgen Tonleiter nicht ganz so fit sein sollte.
Zum anderen kann man die Pentatoniken aber auch sehr bewußt als ganz eigenen Sound und als eigenen Effekt einsetzen, wenn man das will:
In der Em-Penta sind genau jene Töne NICHT enthalten, die dem Dm7-Akkord sein harmonisches Gerüst geben: F und C.

Entscheidet man sich daher als Solist in dieser Situation bewußt für Em-Penta, entscheidet man sich bewußt für einen weit offenen Sound mit weniger Leittoneigenschaften, und daher weniger melodiösen Möglichkeiten.
Dafür ist der Penta-Sound sprunghafter und offener.

Ist beides super. Aber man sollte sich bewußt machen, wie sehr man mit seiner Auswahl den Sound beeinflußt.

LG
Thomas
 
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Zum anderen kann man die Pentatoniken aber auch sehr bewußt als ganz eigenen Sound und als eigenen Effekt einsetzen, wenn man das will:
In der Em-Penta sind genau jene Töne NICHT enthalten, die dem Dm7-Akkord sein harmonisches Gerüst geben: F und C.
Ah ok, darüber habe ich gar nicht nachgedacht, aber das ergibt natürlich Sinn.
 
Em Pentatonik über den Dm7 Akkord ergibt die C Dur Tonleiter. Am Pentatonik über den Dm7 Akkord ergibt die Töne D,E,F,G,A,C. Das wäre ja dann der Dm11 Akkord.

Jein. Also du rechnest ja jetzt schon die Akkordtöne mit ein und zählst sie zu den Tönen der Pentatonik dazu. Dann ist es richtig. Wie du ja vll bereits weißt hat die C=Dur Tonleiter ja auch den gleichen Tonvorrat wie D-Dorisch. Letzteres ist wiederu "erste Wahl" für einen Dm7 Akkord. Insofern ist es also, als Tonvorrat betrachtet, richtig.


Kann man also die jeweiligen Pentatoniken wählen, die entweder eine passende Tonleiter mit den Akkordtönen ergeben oder passende Akkorderweiterungen (Available Tensions in dem Bild unten)? Habe ich das richtig verstanden? Gibt es da vielleicht auch weitere Möglichkeiten? Anhang anzeigen 816205 Vielen Dank schonmal. Gruß Mo

Ja kann man. Ich würde erstmal nicht von der Skalensicht draufsehen, sondern von dem Prinzip der Substitution.

Am Beispiel von Cmaj7: Die gängiste Wahl ist natürlich die C-Dur Tonleiter. Die C-Dur Pentatonik wiederum ist eine Teilmenge der C-Dur Tonleiter. Die 5 Töne der C-Dur-Pentatonik sind vollständig in der Durtonleiter enthalten.

Jetzt zum Subsituieren: zwei gängige Möglichkeiten sind in dem Fall ein A-Moll7 oder E-Moll7 Arpeggio, das man über einen C-Dur/Cmaj7 in der Begleitung spielt.

Wenn du die Töne all dieser Vierklänge aufschreibst bekommst du folgendes:

Am7: A C E G
Em7: E G H D
Cmaj7: C E G H

Wie du also siehst haben sowohl Am7 als auch Em7 mit Cmaj7 jeweils 3 Töne gemeinsam. Im falle von Am7 die töne C, E und G und im Falle von Em7 die töne E, G und H. Der Am7 bring als "fremden" Ton die Sexte A mit ins Spiel, der Em7 mit dem Ton D die None.

Das Prinzip kannst du dann auch abstrahieren, vom konkreten ins Allgemeine. Über einen maj7 Akkord bringt dir ein m7-Arpeggio beginnend auf dessen Terz die None und ein m7-Arpeggio beginnend auf dessen Sexte die Sexte (logisch, ne), wobei die übrigen Töne Akkordtöne sind.

Das wäre erstmal das Basis-Prinzip mit Vierklängen. Die Pentatoniken betrachte ich einfach als eine Variante dieses Prinzips. Wobei es nun eben 5 statt 4 Töne sind.

In unserem Beispiel käme zu Em7 dann noch die Quarte A ins Spiel: Unsere Substitution liefert uns dann nicht nur Akkordtöne+None, sondern eben auch noch zusätzlich die Sexte. Im Falle von Am7 hätten wir noch das D dabei und somit die None.

Em-Penta: E G A H D
Am-Penta: A C D E G

Also liefern beide nun die Optionstöne Sexte und None, wobei bei der Em-Penta die maj7 als Akkordton mit dabei ist und der Grundton C fehlt, während bei Am-Penta der Dreiklang C E G vollständig dabei ist und die Septime fehlt. Unterschiedliche Sounds eben..

Man kann natürlich auch aus der vollständigen Skala einfach Töne herauspicken. Gerade auf der Gitarre ist es aber meiner Meinung nach sinnvoll so zu denken, weil Fingersätze die man bereits im Muskelgedächtnis verankert hat einfach abrufen kann, nur der Tonale Bezugspunkt ändert sich. So kann man mit dem Handwerkszeug das man bereits zur Verfügung hat neue Sounds generieren. Außerdem geben sich durch das Substituieren mit Dreiklängen und Vierklängen, die ja ihrerweits auch wieder aus Terzschichtungen bestehen, oft Sounds die besonders überzeugend klingen und trotz der vielen vorhandenen Optionstöne einen starken inherenten Zusammenhalt aus eigener Kraft haben, sie bilden ansich schon "sinneinheiten" (mir fallen grade keine besseren Worte ein).

Wie @turko schon bemerkt hat, wird der Sound dadurch "offener". Diese Arten von überlagerungen bestehender Strukturen über andere ist daher auch besonders geeignet für modales Spiel, wo man beizeiten die charakteristischen Stimmführung sogar absichtlich vermeiden will und grade auf die charakteristischen Töne einzelner Modi viel gewicht legen will. Ansonsten ist es wichtig dass man gut gewichtet zwischen vereinzelten Substitutionen dieser Art und der gleichzeitigen Ausarbeitung von Stimmführungsklischees, sodass man den nicht den Halt verliert.

Was Pentatoniken betrifft, so sind diese wohl so ziemlich jedem Gitarristen aus fingersatz-techischer Sicht sehr geläufig, und daher besonders dankbar um mit diesem Prinzip anzufangen. Der einzige Fehler den es zu vermeiden gilt ist es, typische Blues und Rock Licks spielen zu wollen. Das klappt natürlich nicht so ohne weiteres, denn die Bendings sitzen dann an der falschen stelle und die Intervallbeziehung der einzelnen Töne entspricht natürlich nicht mehr dem was man vom Blues-Spiel gewohnt ist. Hier muss man also wirklich die Pentatonik nur als Tonvorrat und Fingersatz sehen und die tatsächlichen Intervallbeziehungen am besten hörend wahrnehmen. Ins typische Blues-Idiom zu verfallen ist da meist etwas hinderlich und lässt sich für Spieler denen das in Fleisch und Blut übergegangen ist oft schwer abstellen.

grüße B.B
 
@B.B Vielen Dank, das ist genau die Antwort die ich gesucht hatte. :)
 
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@m0m07

Danke. Freut mich wenn ich zur Klarheit beitragen konnte. :)

Frag gern weiter nach, wenn Bedarf besteht. Viel Spaß beim finden neuer Sounds...

grüße B.B
 

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