Intervalltypen schneller erkennen

cmr
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Hallo allerseits,

ich würde gerne mein Notenlesen flüssiger machen. Wofür ich am längsten brauche, ist immer wieder die Frage, ob ein Intervall groß oder klein (oder übermäßig, vermindert, rein) ist. Wie kann man das auf einen Blick sehen?

Nehmen wir mal als Beispiel eine Sext, denn dort scheint mir das am schwierigsten zu sein. Ich kenne folgende Methoden, um den Typ einer Sext festzustellen:

1. Ich schaue nach, wie oft zwischen den beiden Tönen (zunächst ohne Berücksichtigung von Vor-/Versetzungszeichen) ein Halbtonschritt (E/F, H/C) vorkommt. Wenn nur einer vorkommt, ist es eine große Sext, wenn es zwei sind, eine kleine Sext. Anschließend müssen noch eventuelle Vorzeichen und Versetzungszeichen eingerechnet werden: Wenn beide Töne das gleiche Vor-/Versetzungszeichen haben, ändert sich nichts. Wenn nur einer der Töne ein Vor-/Versetzungszeichen hat, wird das Intervall um einen Halbton größer oder kleiner. Wenn die Töne unterschiedliche Vor-/Versetzungszeichen haben, ist die Sext in jedem Fall übermäßig oder vermindert. (Diese Methode funktioniert für alle Intervalle, nur sind es bis zur Quart nur 0 oder 1 statt 1 oder 2 Halbtonschritte.)

2. Ich nehme das nächste reine Intervall, in diesem Fall also die Quint. Für die Quint gehe ich vom unteren Ton bis zur übernächsten Line bzw. zum übernächsten Zwischenraum nach oben. Ein eventuelles Vor-/Versetzungszeichen des unteren Tons wird übernommen. Falls die Töne dann ohne Berücksichtigung der Vor-/Versetzungszeichen F und H sind, gehe ich noch einen Halbton höher. (Diese Methode für Quinten gilt auch für Quarten, nur muss man da einen Halbton runter gehen.) Von dort ab zähle ich dann die Halbtöne bis zum oberen Ton des Intervalls. Bei nur einem Halbton ist es eine kleine, bei zwei Halbtönen eine große Sext. (Am besten eignet sich diese Methode wohl für Septimen, wo man von der Oktav die Halbtöne herunterzählen kann.)

3. Wenn der obere Ton (ohne Berücksichtigung von Vor-/Versetzungszeichen) ein C, F oder G ist, ist es eine kleine, ansonsten eine große Sext. Anschließend müssen noch die Vor-/Versetzungszeichen wie bei Methode 1 eingerechnet werden. (Diese Methoden funktioniert auch für Terzen, man muss nur den unteren Ton nehmen.)

4. Ich schaue mir die Tonart des Stücks an und ordne den unteren Ton (zunächst ohne Berücksichtigung von Vor-/Versetzungszeichen) in dieser Tonart ein. Falls es sich bei Dur um Stufe III, VI oder VII oder bei Moll um Stufe I, II oder V handelt, ist es eine kleine, ansonsten eine große Sext. Die Vorzeichen der Tonart sind dabei bereits berücksichtigt, nun müssen noch eventuelle Versetzungszeichen wie bei Methode 1 eingerechnet werden. (Diese Methode funktioniert bei allen Intervallen, nur muss man sich für jedes Intervall unterschiedliche Stufen merken.)

5. Ich stelle mir die Töne auf dem Gitarrengriffbrett vor und erkenne dann anhand des Griffbildes, welches Intervall es genau ist.

Kennt ihr schnellere Methoden? Wie machen das die Profis?
 
Eigenschaft
 
Hi cmr,

klingt irgendwie wahnsinnig kompliziert. :D

Reine Quinten: Dreiklang in Grundstellung ("Schneemannakkord" :D 3 sich berührende Kugeln aufeinander), bei dem der mittlere Ton fehlt. Entweder stehen beide Töne auf der Linie oder beide im Zwischenraum.
upload_2018-1-23_23-41-50.png

Wenn der eine Ton kein Versetzungszeichen hat, hat der andere auch keins. Wenn der eine ein b oder # hat, hat der andere dasselbe. 2 Ausnahmen: Bb zu F und B zu F# (engl. Schreibweise). In allen anderen Fällen hätte man es dann mit verminderten oder übermäßigen Quinten zu tun.

Sexten: Eins mehr als Quinte Ein Ton steht auf der Linie, der andere im Zwischenraum. Dazwischen liegt immer eine freie Linie, die an keine Note anstößt.
upload_2018-1-23_23-49-41.png

Sind immer die äußeren Noten von Dreiklangsumkehrungen. (Hier: 1.UK Dm, 2.UK Am).
Ob es große oder kleine Sexten sind, habe ich auswendiggelernt. Ich habe aber gerade bemerkt, daß ich das immer unterbewußt per mentalem Klaviergriff kontrolliere. :D Ich höre das Intervall dann auch gleichzeitig mental im inneren Ohr (gelernt durchs Singen nach Noten).

Reine Quarten: Eins weniger als Quinte. Ein Ton auf der Linie, der andere im Zwischenraum. Keine freie, nicht anstoßende Linie dazwischen.

upload_2018-1-23_23-55-46.png

Das obere oder untere Intervall der Dreiklangsumkehrungen ist immer eine Quarte (Hier: 2.UK C-Dur, 1.UK Dm).
Bzgl. Versetzungszeichen gilt das Gleiche wie bei den Quinten (Komplementärintervalle).

Terzen: Eine Hälfte vom Schneemannakkord. Die Noten müssen sich immer berühren. Beide auf der Linie oder beide im Zwischenraum. Ansonsten gilt das Gleiche wie bei den Sexten (Komplementärintervalle).

usw.

Das Ganze läuft bei mir in Bruchteilen einer Sekunde ab.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Hallo McCoy,

ob ein Intervall eine Sext, Quint, Quart oder Terz ist, sehe ich auch sofort.

Ob es große oder kleine Sexten sind, habe ich auswendiggelernt.

Und was hast Du da auswendig gelernt?

Ich höre das Intervall dann auch gleichzeitig mental im inneren Ohr (gelernt durchs Singen nach Noten).

Woher nimmst Du beim Singen nach Noten dann die Töne? Hast Du das absolute Gehör? Ich nehme die Töne daher, dass ich weiß, wie die Intervalle klingen. Aber dafür muss ich ja erst das richtige Intervall gelesen haben.
 
Und was hast Du da auswendig gelernt?
Wenn ich das so genau wüßte, über die Jahrzehnte halt. Ich glaube, daß ich zu Anfang immer einen Ton erweitert habe zum Dreiklang, um dann zu sehen, ob er Dur oder Moll ist.

Also z.B.:

upload_2018-1-24_1-19-51.png

1. Akkord: 2.UK von Bb-Dur => f' - d'' ist eine große Sext.
2. Akkord: 2.UK von Bb-Moll = f' - des'' kleine Sext etc.

Woher nimmst Du beim Singen nach Noten dann die Töne? Hast Du das absolute Gehör?
Nein, kein absolutes Gehör, sondern 10 Jahre lang Chorsingen (Oratorien, Messen, Kantaten etc.) und oft alle Stimmen quer mitgelesen: Aha, ich habe in meiner Stimme die Terz der Mollsubdominante.

Viel auf dem Klavier zum Singen mitgespielt. Oder z.B. 3 Stimmige Inventionen: 2 Stimmen spielen, die dritte dazu singen. Und irgendwann geht es dann auch ohne Klavier.

Beim Trampen, Wandern, Spazierengehen, Autofahren etc. hatte ich immer eine Stimmgabel in der Tasche und habe Kadenzen, Tonleitern, Sekundärdominanten etc. rauf und runter gesungen. Für die Chorleiterprüfing mußte ich es dann sowieso können: 4-stimmiger Choral in Ab-Dur und Du mußt nur mit Hilfe der 440-Hz-Stimmgabel dem Chor die Anfangstöne vorsingen.

Das war meine Art der Solmisation ohne Solmisationssilben.

Aber ich glaube, mit dem Klavier hat man es etwas leichter als mit Bass und Gitarre. Da habe ich es erst viel später gecheckt.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Also wenn ich das richtig verstehe, hast Du die Klavier-Akkordgriffe abgespeichert, und kannst auf die dann auch beim Notenlesen zurückgreifen. Das sind dann vermutlich Dur- und Moll-Dreiklänge auf allen 12 Grundtönen und in allen Umkehrungen. Auf diese Weise das Notenlesen zu lernen geht dann eben nur über das Klavierspielen lernen.

Auf der Gitarre könnte man sich theoretisch auch die Griffe für alle diese Dreiklänge merken. Aber das macht wohl niemand, weil man beim Spielen eines Akkords auf der Gitarre nicht wissen muss, wie die Töne darin heißen. Man kann sich natürlich den Griff vorstellen und dann zu jeder Saite den gegriffenen Bund und daraus den gespielten Ton ableiten bzw. umgekehrt, aber das ist ein viel weiterer Weg als beim Klavier. Außerdem spielt man auf der Gitarre viel seltener einfache Dreiklänge in enger Lage, sondern eher Akkorde, bei denen die Töne weiter auseinander liegen oder mehrmals in verschiedenen Oktaven vorkommen.
 
Das sind dann vermutlich Dur- und Moll-Dreiklänge auf allen 12 Grundtönen und in allen Umkehrungen.
Ja, und noch viel mehr ...
Auf der Gitarre könnte man sich theoretisch auch die Griffe für alle diese Dreiklänge merken. Aber das macht wohl niemand, weil man beim Spielen eines Akkords auf der Gitarre nicht wissen muss, wie die Töne darin heißen. Man kann sich natürlich den Griff vorstellen und dann zu jeder Saite den gegriffenen Bund und daraus den gespielten Ton ableiten bzw. umgekehrt, aber das ist ein viel weiterer Weg als beim Klavier.
Das ist wohl ein grundlegendes Problem bei vielen Gitarristen. Man merkt sich Akkordgriffe, Skalen- und Arpeggiomuster und kann die dann abfeuern, wenn man weiß, wo jeweils der Grundton ist. Aber die professionellen Jazzgitarristen, mit denen ich spiele, haben das Griffbrett genauso vor sich wie ich die Klaviertastatur. D.h. sie wissen auf jeder Saite bei jedem Bund genau, wie der Ton heißt (inkl. enharmonischen Verwechslungen) und welche Funktion er in welchem Akkord und in welcher Scale einnehmen kann. Bei mir ist auf der Gitarre noch eine Lücke auf der d-, g- und h-Saite zwischen ca. 6. und 12. Bund. Ein Gitarrist sagte dazu mal: Aha, der berühmte weiße Fleck auf dem Griffbrett. :D Der Rest geht einigermaßen, aber etwas langsamer als auf dem Klavier.

Viele Grüße,
McCoy
 

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