(Kein) Öl ins Feuer? Digital vs. Analog

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Öl ins Feuer? Digital vs. Analog

Nachdem ich im Jahr 2009 sowohl als Musiker wie auch als Tech ein paar eher traumatische Erlebnisse mit dem Yamaha 01v96 hatte und auch anderweitig mitbekam, war das Thema Digitalpulte für mich eigentlich fürs erste abgehakt: "Bucht mich, wenn Ihr einen Analogtisch da stehen habt," sagte ich meinen Auftraggebern in der Folgezeit immer. Da kenne ich mich aus, weiss, was ich hab, und selbst, wenn ich ein Pult nicht kenne, finde ich mich mehr oder weniger sofort darauf zurecht. Eine sichere Sache also.

Anfang Mai war ich für den Gig einer Cover- und Showband gebucht, für eine hessische Variante des Münchner Oktoberfestes. Bei der Band bin ich fester Ersatzmann des Stamm-Tontechnikers, der sich immer um die Organisation bzw. Abstimmung von Technik und Technical Rider kümmert und mich nach Bedarf bucht. Jedenfalls war eine lange Anreise (von München bis hinter Frankfurt, quasi in die alte Heimat von Eurem M4M), sechs Stunden Fahrzeit mit dem Bus, der für die Band gechartert wurde, Abfahrt gegen 3:30 Uhr früh, Aufbau und Soundcheck für uns von 10:00 bis 12:00 Uhr, dann Auftritt einer anderen Band, dann "meine" Truppe. Analogtisch war vereinbart, alles klar, kein Problem, auch nicht bei einem engen Zeitplan. Auf der Fahrt klingelt mich plötzlich gegen halb 8 das Handy aus dem Schlaf: Mein Auftraggeber verkündet mir, dass jetzt doch ein Digitalpult da steht, das Yamaha M7CL. Na großartig, und was jetzt?, will ich von ihm wissen. Es wäre ein Systech da, der das Pult für mich einrichtet und den ich alles fragen kann, alles kein Problem (wo nimmt der Mann morgens um halb 8 nur diesen Optimismus her? Ob das ein Problem wird oder nicht, sehen wir dann vor Ort!). Ausserdem sollen wir damit nur den Saalmix machen, es gebe ein eigenes Monitorpult.

Wir kommen also einigermassen verschlafen am Orte des Geschehens an - so ein Bus ist nicht direkt ein rollendes Himmelbett. Zelt, Bühne, PA - alles da. Okay, zuerst die gute oder die schlechte Nachricht? Die gute ist die, dass der Systech vor Ort ausgeschlafen, nett und fähig ist. Die schlechte? Kein Monitorpult weit und breit zu sehen, was nur bedeuten kann, dass ich mich nebenbei mit sechs oder sieben Monitormixes befassen darf. Der Hammer allerdings: Die zwei Stunden Zeit für Aufbau und Soundcheck gelten für beide Bands zusammen - was die genausowenig wussten wie wir. Zwei Bands, ein Haufen Techniker, alle mit einigermassen betretenen Gesichtern - und kein Organisator vor Ort, den man mal fragen kann, wie das eigentlich nach Zeitplan gehen soll. Nun denn, wir fangen einfach mal mit dem Aufbau der Backline an. Die andere Band ist zum Glück ebenfalls sehr nett, es gibt keine Streitigkeiten oder Rivalitäten. Unser Zeug wird hinten aufgebaut, deren Sachen vorne, passt schon bei der großen Bühne (bestimmt 12 mal 8 Meter). Ach ja, und ein Hoch auf rollbare Drumriser!

Die anderen fangen also an, nur eine halbe Stunde verspätet, ziehen ihr Programm knapp 2 Stunden recht lässig durch, so dass wir mit lediglich 20 Minuten Verspätung anfangen können. Es gibt zum Schluss der Veranstaltung ein hartes Ende, daher ist es ganz gut, dass sie einen Teil der Verzögerung aufgefangen haben. Nach dem Aufbau hat es nur für einen Linecheck gereicht, daher jetzt ein schneller Soundcheck mit Feinabstimmung bei den ersten paar Songs. Liebend gern würde ich ja behaupten, dass ich den Sondcheck nach kürzester Einweisung selbst durchgezogen habe. Hab ich aber nicht. Hier geht es um Geschwindigkeit, und daher macht das der Systech, der sich auf dem Pult bestens auskennt und ausserdem ein fähiger Tontechniker ist, zusätzlich richtet er noch ein paar Effekte ein, routet die Subgruppen nach meinen Wünschen und macht auch noch einen Teil der Feinabstimmung während des ersten Songs.

Dann erst übernehme ich. Vielleicht schlecht für mein Ego, aber echt besser für den Ablauf der Show. Der Systech gleich nebendran, ich kann ihn alles fragen. Aber eigentlich ist es easy - Kanal auswählen, dann habe ich eine Batterie von Knöpfen für den EQ (vier Bänder, vollparametrisch, yay!), Ansteuerung der Effekte und Monitorwege, und für Gate und Kompressor zumindest die Threshold-Regler, welche ja bei laufender Show die wichtigsten Regler sind. Will ich in die Parameter der Dynamics, drücke ich auf den jeweiligen Threshold-Knopf und bekomme ein Menü, in dem ich alle Parameter im Direktzugriff habe. Sehr geil! Dann zurück, und ich bin wieder in der Übersicht, kann die EQ-Settings auf den Song abstimmen, oder, oder, oder. Wenn man auf den richtigen Knopf drückt, kann man sich sein virtuelles Siderack ansehen - 31-Band-EQs in allen Ausspielwegen, diverse Reverbs, ein Delay, und ein Modul, das ich mir für Special Effects reserviere und nach Lust und Laune verändern kann. Nach zehn Minuten ist alles so intuitiv, dass ich hinterher ganz schnell wieder vergessen habe, wie es eigentlich geht - so wie auf einem neuen, mir unbekannten Analogtisch: ich seh es mir an, finde, was ich brauche, benutze es und könnte hinterher nicht mehr sagen, ob z.B. die Taster für die Mutegruppen unterhalb der Subgruppenschalter lagen oder daneben. Es war halt da, ich habs benutzt, als ich es brauchte, und fertig.

Jetzt fangen wir mal ein paar Rechenspielchen an. Ich habe an dem Pult 28 Kanäle anliegen. In JEDEM davon habe ich einen Kompressor am Start, dazu ein knappes Dutzend Gates bei den Drums und den Gitarren, am Bass und den Keyboards (die alle ein klein wenig rauschen und so wenigstens bei den Ansagen unhörbar sind). Dazu vier HE an Effekten und fünf Stereo-EQs à 3 HE. Macht summa summarum knapp 40 HE, die es in den Sideracks gebraucht hätte, einigermassen gut bedienbare Geräte vorausgesetzt. Wenn man sich mit Pinzettenbedienung abfindet, käme man vielleicht auch unter 30 HE, aber dann braucht es immer noch ein paar HE für Rackleuchten, etc. Irgendwie lande ich immer bei rund 40 HE. Macht drei riesige Racks, die man hätte schleppen und verkabeln müssen. Stattdessen stehen hier nur 4 HE für einen Doppel-CD-Player mit Bedienfeld rum ... Okay, es wäre ganz cool gewesen, mal einen Hall von Lexicon oder TC nutzen zu können, statt der eingebauten, immer leicht synthetisch klingenden Yamaha-Effekte. Aber zur Not bringe ich halt das nächste Mal meine liebsten Effekte in einem 2 HE-Rack mit ...

Jedenfalls fange ich an, mir Gedanken über ersparte Schlepperei und die doch nicht so üble Bedienbarkeit von Digitalpulten zu machen.


Ein paar Wochen später: Selber Auftraggeber, respektive Vermittler, anderer Job, andere Konsole. Es geht um Soundcheck und Beschallung der Probe einer Kirchenmusikgruppe. Da dies die erste von zwei Proben ist, ist der Soundcheck noch nicht gemacht. Auf- und Abbau entfällt, alles steht schon da und bleibt auch bis zur endgültigen Produktion - einem Gottestdienst mit Anwesenheit eines Bischofs - stehen. Für zweite Probe und Messe ist bereits ein Tech verpflichtet, ich mache quasi nur den Anfang, aber im allgemeinen mag ich diese Springerjobs. Ein Systech ist dabei, daher sage ich zu. Das Pult ist ein Digidesign Venue SC48, ein ziemliches Schlachtschiff im Gegenwert eines besseren Kleinwagens. Alsdann, lobet und preiset, ich sorge für den himmlischen Sound. Nicht ganz einfach in einer Kirche, aber es wurden für die Beschallung - alles Teil der Produktion - ein paar herunterfahrbare Akustikvorhänge installiert, mit der man den Hall in der Kirche von rund 7 Sekunden auf weniger als die Hälfte gebracht hat. Damit lässt sich doch beinahe arbeiten.

Zu dem Job kann man nur sagen: So muss das sein! Die Beschreibung und das, was ich vor Ort an Tatsachen antreffe, stimmen zu 100% überein. Dazu ein fähiger, netter Systech, das Pult ist eingerichtet, alle benötigten Mikros von Shure, AKG und Sennheiser sind verkabelt und ein paar weitere liegen bei Bedarf nebendran bereit. Eine Stunde Einarbeitungszeit, dann soll die Band kommen. Vorher erfahre ich noch, dass die Band noch nie mit Technik aufgetreten ist - okay, ziehen wir als erstes einen kleinen Bandworkshop durch unter dem Motto "Wie behandle und benutze ich ein Mikro, so dass es auch tut, was es soll?". Die fünf Damen sind es zufrieden, dann kann die Probe losgehen. Während sie spielen, pegele ich die Instrumente ein, EQue sie, bearbeite sie eins nacheinander mit herzhaften Einstellungen am Kompressor, da es immer noch ziemliche Pegelsprünge auszugleichen gibt.

Ach ja, die Besetzung: Querflöte (zum Auftritt werden es zwei sein, das zweite Mikro, jede der Flöten hat ein Sennheiser MD 521, wird einfach immer genauso eingestellt wie das erste), dazu viermal Gesang (das good ole SM 58, einer halligen Kirche vielleicht gar nicht so verkehrt), zwei Westerngitarren über AKG 491 Kondensator-Kleinmembraner, und eine der Ladies wechselt neben ihrem Gesang immer zwischen Klavier und Klassikgitarre, welche einfach nur mit einem SM 57 aus einiger Entfernung abgenommen wird - nicht überragend, aber nach ein paar schmalbandigen Absenkungen im Mittenbereich durchaus akzeptabel.

Dann werden bei ein oder zwei Songs zwei afrikanische Trommeln gespielt, recht große Teile, die viel zu laut sind und selbst unverstärkt einfach nur alles übertönen ... Erste Versuche, einfach einen Pulli o.ä. in das Instrument zu stecken, werden als unschön klingend abgelehnt. Logisch: Schallöffnung auf - zu laut. Schallöffnung ganz zu - zu dünn. Irgendwo dazwischen liegt das erzielbare Optimum. Also klebe ich mit Gaffa bei der größeren der beiden Trommeln den unteren Schallauslass zu rund zwei Dritteln zu, das klingt echt gut und ist auch nicht mehr zu laut. Bei der kleineren der beiden Trommeln ist es nur die Hälfte der Öffnung, die abgeklebt wird. Jetzt kann es wirklich losgehen. Auf ans Pult!

Nett beim Digidesign: Es gibt für jede Funktionsgruppe (EQ, Kompressor, Gate) eine Reihe abgespeicherter Vorlagen: Voc mal, Voc female, E-Guit, Acc-Guit, Bass, Piano, BD, SN, Toms sind nur einige davon. Bei den EQs ignoriere ich die Presets, weil die Damen eh alle anders klingen, also werden sie auch unterschiedlich EQt. Beim Kompressor probiere ich mal die Templates für Vocals Female und Acc.-Guitar aus. Sind beides sehr dezente Einstellungen, die ich nur noch in bezug auf den Threshold anpassen muss, und gut. Dann noch ein wenig Finetuning beim Attack der Akustikgitarren, und dann tönt das ganze sehr kontrolliert und ebenmäßig über die Anlage, ein kleines Line Array von d&b. Mit den Gates spiele ich noch ein wenig herum, um das Übersprechen in nicht genutzte Mikros zu verringern, aber das ist mir dann doch zu heiss, denn die Damen sind keine abgebrühten Routiniers, die ihre Dynamik jederzeit voll unter Kontrolle haben. Die Gefahr des "Verschluckens" von eigentlich gewünschten Passagen war hier zu groß, also liess ich es sein.

Das Digidesign ist für den Einsatzzweck hier natürlich komplett over the top - das Damenkränzchen braucht gerade mal zehn Kanäle, dann noch zwei oder drei für die Sprecher beim Gottesdienst. Gut, von den Dynamics habe ich mal wieder ausgiebig Gebrauch gemacht, aber die eingebauten Effekte haben wir bis auf einen 31-bändigen Stereo-EQ nicht angerührt.


Sagen wir's mal so - das Yamaha hat meiner Abneigung gegen Digitalpulte schon einen ernsthaften Dämpfer versetzt, denn es klingt okay und kommt auf knappem Raum mit nützlichen Features daher, für die man in der analogen Welt drei gigantische Sideracks mit sich rumschleppen muss. Vom Kaufen, einbauen und jedesmal verkabeln ganz zu schweigen. Kritikpunkte am Yamaha (aus meiner vollkommen subjektiven und sehr kurz ausgefallenen Sicht) sind höchstens noch die typischen Yamaha-Effekte mit ihrer doch leichten Künstlichkeit.

Den Rest gegeben hat mir allerdings das Digidesign - ein Hammerpult! Es klingt total offen und durchsichtig wie ein richtig gutes Analogpult der viele-viele-tausend-Euro-Klasse, verfügt über feinste Dynamikprozessoren, die eingebauten Effekte sind, wenn ich mich recht erinnere, von Lexicon und damit über jeden Zweifel erhaben. Die Presets (oder Vorlagen oder Templates) sind eine äußerst nette Dreingabe, da man sofort eine brauchbare Arbeitsgrundlage für eine Vielzahl von Anwendungsfällen bekommt bzw. zum Üben mal seine eigenen Kreationen und Einstellungen mit denen der Digidesign-Entwickler vergleichen kann.

Beide Pulte verfügen über 16 AUX-Wege, so dass fast jede beliebige Menge von Monitorwegen und Effekten realisiert werden kann, selbst in stereo für InEar-Monitoring, dazu die passende Anzahl an EQs. Was will man mehr? Nachgesehen habe ich nicht, aber sicher hat man bei beiden Pulten die Möglichkeit, seine Lieblinkseffekte über AUX-Wege einzuschleifen.

Insbesondere wenn man wie ich gerne mit viel Dynamics in den Eingangskanälen arbeitet, liegen die Vorteile der Digitalen auf der Hand - ich muss mich nicht beschränken, weil ich z.B. nur vier Kompressorkanäle habe, sondern kann jedem Kanal einen Kompressor / Limiter und bei Bedarf zusätzlich noch einen Expander / Gate zuweisen. Oder Kompressor und Deesser. Oder, oder, oder. Herz, was willst Du mehr? Und die digitalen Selbstverständlichkeiten wie freie Kanalzuweisung und Kopplung von Nachbarkanälen bzw. Save and Recall, also das Abspeichern von kompletten Settings habe ich hierbei noch nichtmal erwähnt!


Da ich jetzt also Digitalpulte mit ordentlicher Benutzerführung kennengelernt habe, weiss ich, dass das Yamaha 01v nix anderes als ein Ausrutscher ist - entickelt von Ingenieuren für Ingenieure, also nix für kreativ oder intuitiv denkende Menschen. Man kann es benutzen oder ignorieren, und ich jedenfalls werde es so gut wie möglich ignorieren. Andere Digipulte dagegen sind m.E. echt eine Überlegung wert.


Vielleicht ist das für den einen oder anderen ein Denkanstoss oder eine Inspiration.

Viele Grüße
Jo
 
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Da ich jetzt also Digitalpulte mit ordentlicher Benutzerführung kennengelernt habe, weiss ich, dass das Yamaha 01v nix anderes als ein Ausrutscher ist - entickelt von Ingenieuren für Ingenieure, also nix für kreativ oder intuitiv denkende Menschen. Man kann es benutzen oder ignorieren, und ich jedenfalls werde es so gut wie möglich ignorieren. Andere Digipulte dagegen sind m.E. echt eine Überlegung wert.
Das 01V ist in Bedienfragen doch Luxus, verglichen mit einem LS9 ;)
Das M7 ist aber echt nen brauchbares Pult. Ich saß da schon 2 mal dran, ohne Systech nebendran aber mit fertigem Setup und hab nur nen bissl zum "Spaß" dran rumgeschraubt, während nebenbei Programm lief. Die Bedienung ist erheblich besser als bei den günstigeren Yammi-Pulten, Funktionalität ist super usw.
Nur, für weniger Geld gibts ne iLive, die gerade durch die neue Software ein noch besseres Pult geworden ist, und die Hälfte des M7 kostet, und schon Digitalcore dabei hat.


Ansonsten, Super Review, wie immer ;)
 
Hi Johannes,

was mich interessieren würde: Kennst du andere Digi-Pulte, falls ja, welche? Wo würdest du eine Grenze ziehen? Und wie setzt du das ins Verhältnis von Pult und Anwendung?

Ein paar (längere) Worte zur Erläuterung der letzten Frage:
Als ich mein 01v gebraucht gekauft habe, wäre die Alternative ein MG 206 + TC M 350 gewesen. Beim 01v habe ich oft nur nur EQs und Kompressoren eingesetzt; die paar Aux-Wege sind auch easy zu handlen und solche Dinge wie Delay ganz nett-nützlich. An Effekten... naja, ein bisschen Hall, wenn nötig - aber nicht zu viel davon, wir reden vom alten 01v. Für die 12 XLR Inputs Klasse eigentlich schon ziemlich luxuriös und ein echter Gewinn im Vergleich zu analogem Equipment; imho auch noch gut übersichtlich.

Das 01v96 dagegen... SOOO viel mehr an Möglichkeiten auf dutzenden Ebenen. Halt alles, was die Digitaltechnik in der Zwischenzeit so möglich gemacht hat, und das war damals eine ganze Menge.
Mit annähernd den gleichen Bedien-Elementen wie das 01v. Und man sollte NICHT hergehen wenn man ein 01v kennt und mit eine 01v96 mischen wollen; man braucht ja nur die Dinge zu benutzen die man kennt und von den andern lässt man eh die Finger... glaubt mir, macht das nicht, never ever! :D
Kurz gesagt: Wenn man die Funktionen eines 01v96 richtig nutzen will, braucht man daneben noch irgendwas Computer-mäßiges mit Studio-Manager und 30"-Monitor (und guter Workflow sieht anders aus!). Oder man lässt gewisse Funktionalitäten ungenutzt, weil unpraktikabel. Beides kann nicht Sinn der Sache sein - ich zahle nicht für etwas, was ich entweder besser nicht benutze oder nur mit enormem Mehraufwand.

Für Live-Anwendungen sehe ich das 01v96 eher ungeeignet - es sei denn man kann damit leben, einen Teil seinen Geldes ungenutzt ruhen zu lassen. (Es hat durchaus auch live seine Daseinsberechtigung, das will ich gar nicht absprechen. Jemand, der das Pult tip-top kennt (auch wenn er damit bei bestimmten Aktionen immer etwas langsamer sein wird) oder Bands die sich von der Bühne mischen, Speicherbarkeit für IEM,...)

Kurzer Zwischensatz: Das LS9 kenne ich so grob, habe aber nie damit gearbeitet.

Tja, was nun? Das eine Pult empfehlenswert und der Nachfolger dann doch nicht, weil er mehr / zu viele Funktionen hat?

In diese Richtung etwa, Johannes, geht meine letzte Frage. Wie würdest du Pult und VA ins Verhältnis setzen? Ein 01v96 könnte man theoretisch ja durchaus als 32-Kanal-Pult benutzen. Von was für VA-Größen und was für Digi-Pulten redest du?


MfG, livebox
 
rumbaclave
  • Gelöscht von Wil_Riker
  • Grund: Als Link unerwünscht - warum kopierst Du nicht einfach den Text hierhin?
Praktische Erfahrung, im Sinne von Veranstaltungen damit gefahren, habe ich mit dem Yamaha 01v96, dem M7CL und dem Digidesign Venue 48. Die letzteren beiden kamen mit 48 Kanälen daher, genutzt habe ich am M7CL rund 30 Kanäle, beim Digidesign nur 10 (ich sagte ja, total oversized). Die Veranstaltungsgrößen waren mit dem 01v96 ein Musical mit rund 250 Zuschauern (man hätte den Saal allerdings auch für 450 bestuhlen können), beim M7CL ein Festzelt für rund 2000 bis 3000 Personen und beim Digidesign eine kleine Kirche, in die vollbesetzt vielleicht 400 Leute passen (nochmal zur Erinnerung: oversized!).

Nach dem Job mit dem M7CL habe ich mir mal auf dem Papier das LS9 angesehen, scheint eine vergleichbare Logik zu haben, aber mit weniger Bedienelementen, also muss man sich wieder durch ein paar Menüs mehr arbeiten. Aber wenn man mal das M7CL hatte, kommt man m.E. auch mit dem LS9 einigermassen klar.

Auf dem Papier (bzw. im Netz) habe ich mir auch das Presonus Live 16.4.2 angesehen und das iLive-System. Die beiden Pulte sind ja (zwar nicht von der Größenordnung, aber) vom Konzept vergleichbar mit ihrem "Fat Channel", das ist schon der Burner! Und der Preis beider Komplettsystems ist, in Relation zum Gebotenen, sehr günstig. Analog läge man mindestens um den Faktor zwei bis drei drüber.

Auch wenn ich da bestimmt nicht der Experte bin, ein Kollege von mir, der die Ton- und Veranstaltungstechnik vollzeit beruflich ausübt, bezeichnet das 01v96 immer als Konferenzpult. Sehe ich inzwischen auch so, live ... nee, eher nicht. Zum Vergleich von 01v und 01v96 muss ich aber leider passen.

Die Presonus 16.4.2. und 24.4.2 könnten noch zwei mehr Effekte vertragen, und die insgesamt 6 AUX könnte man für meinen Geschmack gerne bis 10 aufstocken (4 FX, 6 Mon), aber so (mit 2 FX und 4 Mon.) sind sie auf kleine bis mittelgroße Bands mit ebensolchen VAs beschränkt. Aber das kann ja durchaus gewollt sein.

Darüber sehe ich das LS-9, nochmal darüber das M7CL, wenn nicht gerade audiophile Ansprüche gestellt werden. Mit den 16 AUX des M7CL jedenfalls geht was! Darüber dann das Digidesign - klingt göttlich, hat alles, was das Herz begehrt. Angeblich in derselben Klasse bewegt sich das Yamaha PM5D, das kenne ich aber nun gar nicht.

Viele Grüße
Jo
 
Also Presonus klingt nicht schlechter als die Yammis, da hat Presonus tolle Preamps entwickelt.

Das schlimme am LS9 ist die Menustruktur, tausende versteckte Eisntellungen die total unübersichtlich sortiert und versteckt sind. Dieses Pult ist einfach ein Krampf.
Und zudem ist das LS9-16 das schlimmste Konzept überhaupt. Um das auf eine sinnvolle Kanalkonfiguration zu bringen, muss man Digicore (16 Kanal) und Analogcore (16 Kanal)

Währenddessen kenn ich Leute, die das 01V96 in Vollkonfiguration live für Bands verwenden ;)
 
Ein 01v96 könnte man theoretisch ja durchaus als 32-Kanal-Pult benutzen.

Genau das habe ich vor ein paar Tagen gesehen:

FoH1.png


Mit einem Yamaha 01v96 kann man durchaus den FOH-Platz einer Band bestücken - so macht es die Schwoba-Rock-Band PommFritz: Mit zwei Achtfach-Mikrofonvorverstärkern mit Digitalausgang stehen am Ende 32 Kanäle zur Verfügung, die auch fast komplett belegt sind. Damit hat man eine ziemlich platzsparende Lösung, wenn man die durchaus kontrovers diskutierte Usability des Pultes akzeptieren kann. Mit dem Pult wird nicht nur der Frontsound gemischt, sondern auch das komplette In-Ear-Monitoring.

mfg
 
Interessanter Bericht. Danke dafür.
Was ich mich aber Frage, wie hast du es so lange als Digital-Muffel geschafft dich in diesem Job zu halten? Ich glaube einfach, dass man sich digital nicht mehr verweigern kann, schon seit ein paar Jahren.
Ok man kann sich sicher über ein 01v96 streiten wenn man 24Kanäle und Monitoring macht, schön ist anders. Aber im Amateur und im Semi-Prof bereich kommt man doch da kaum noch drum rum. Und ab einem Ls9 aufwärts kann man damit inzwischena uch ganz gut arbeiten. Wobei man schon sagen muss, dass das Ls9 ein relative altes Pult ist und vom Konzept her einfach einer iLive etwas hinterher hinkt. Und inzwischen gibt es ja immer mehr Pulte in diesem Sektor Digico SD8/SD9, Soundcraft Vi4/2 usw
 
@ Jo: Danke :)

Das 24er Studiolive scheint 10 Auxe zu haben. Ja, etwas schade, dass die nicht erweiterbar sind. Das 24er noch mal um 8 oder 16 Kanäle mehr wäre die ultimative Rundum-Lösung! Aber ich kenne das Konzept der Studiolive-Pulte nur vom Angucken (10-15min auf das Bild eines Pultes starren ist ne gute Möglichkeit, den Kopf mal vom lernen ausrauchen zu lassen ;) ) - möglicherweise passt eine Erweiterung da nicht so gut ins Bedien-Konzept; aber das müssen die beurteilen, die das Pult selbst kennen.

MfG, livebox


€: @Boerx: Ich habe erst vor wenigen Monaten einen Toni kennengelernt, der nebenberuflich ein eigenes VA-Tech-Unternehmen hat. Der ist (bisher und für sich selbst) entschiedener Gegner von Digitalpulten. Er behauptet er hört recht schnell, wenn auf einer VA mit einen Digi-Pult gearbeitet wird - weil der Techniker immer einen Tick langsamer reagiert. Naja, diese Aussage lasse ich mal unkommentiert stehen. Wer sein Equipment hat und bereit ist, immer alles durch die Gegend zu schleppen... :nix:
Es gibt ja auch durchaus "gebrannte Kinder" - wie Johannes im Eingangspost schön beschreibt. Vorteil für kleine Bands etc ist ja auch: Wenn andere auf Digital umsteigen, fällt durchaus eine GL oder GB und Outboard-Equip günstig ab... Und wenn das von der Funktionalität reicht, bekommt man dabei durchaus bessere Qualität als mit digitalem Equipment im vergleichbaren Preissegment.
 
Also Presonus klingt nicht schlechter als die Yammis, da hat Presonus tolle Preamps entwickelt.

Ich würde so weit gehen und das PreSonus klanglich drei Klassen über 01V, M7CL und LS9 stellen wollen - vom Bedienkonzept mal ganz abgesehen.

Das 24.4.2 hat übrigens 10 Auxe - wer damit nicht hinkommt, macht irgendwas grundlegendes falsch (in der 24er Klasse beu Rock'n'Roll). Aktuell fahre ich Jobs, die früher mit GL2200/24 gelaufen sind, auf einem StudioLive 16.4.2 mit zusätlichem 2-Kanal Preamp. D.h. ich habe 18 Kanäle, 4 Monitor- und 4 Effektwege (oder 6 Monitore, 2 Effekte) zur Verfügung.
Die Konfiguration ist an manchen Ecken sicher nicht optimal, man kann damit aber sehr intuitiv und sinnvoll arbeiten.
Das 24er steht auf dem Wunschzettel, alternativ ein zweites 16er, wobei das die Auxe nicht vermehrt...
 
Das 24er Studiolive scheint 10 Auxe zu haben. Ja, etwas schade, dass die nicht erweiterbar sind. Das 24er noch mal um 8 oder 16 Kanäle mehr wäre die ultimative Rundum-Lösung!

Wenn ich das Konzept des StudioLive richtig verstehe ist eine Erweiterung z.B. via ADAT nicht sinnvoll realisierbar - z.B. auch, weil keine Motorfader vorhanden sind. Dafür kann man allerdings zwei Pulte kaskadieren.

Ich frage mich gerade, ob in Digitalpulten wirklich die Zukunft liegt oder ob es nicht gleich in Richtung S.A.C. geht.

mfg
 
Wenn ich das Konzept des StudioLive richtig verstehe ist eine Erweiterung z.B. via ADAT nicht sinnvoll realisierbar - z.B. auch, weil keine Motorfader vorhanden sind. Dafür kann man allerdings zwei Pulte kaskadieren.

ADAT kann das Pult einfach nicht. Braucht es auch nicht. Das Konzept ist ganz klar: Eine möglichst analog bedienbare Digitalkonsole für relativ schmale Kohle und mit guter Ausstattung. Entweder passt das Pult oder eben nicht. Ich habe noch keine Anwendung gefunden, die mir Probleme damit machen würde.
Wie Du schon sagtest: Wenns zu klein ist, stellt man ein zweites daneben, steckt ein FireWire-Kabel hinten rein und gut.
 
Interessanter Bericht. Danke dafür.
Was ich mich aber Frage, wie hast du es so lange als Digital-Muffel geschafft dich in diesem Job zu halten? Ich glaube einfach, dass man sich digital nicht mehr verweigern kann, schon seit ein paar Jahren. ...

Ich mach das Mischen und die Seminare ja nur nebenberuflich - ob mir da jetzt pro Jahr ein paar Jobs durch die Lappen gegangen sind oder nicht, kann ich verschmerzen. Die meisten meiner Auftraggeber (Bands) benutzen einfach weiter ihre analogen Sachen, das Zeug ist vorhanden und funktioniert. Nach den gemachten Erfahrungen werde ich mich aber mal mit ein paar weiteren Digipulten beschäftigen. Für das, was ich mit eigenem Equipment öfters mache, wäre ein Presonus Studiolive 24.4.2 ziemlich gut passend - dass das große Presonus 10 AUX hat, habe ich erst später gesehen. Dann würde ich halt noch ein Lexicon Hallgerät und ein Yamaha oder TC electronic mitnehmen und hätte immer noch 6 Monitorwege zur Verfügung. Ausserdem abgespeicherte Grundkonfigurationen für meine fünf am häufigsten abgemischten Bands.

Wahrscheinlich werde ich diese Woche mal den Telefonhörer in die Hand nehmen und einen meiner anderen hin-und-wieder-Auftraggeber, einen großen Münchner Verleih, für den ich ab und zu mische, mal fragen, welche Digitalpulte er am Lager hat, um mich darauf einzuarbeiten.

Viele Grüße
Jo
 

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