Klavierspielen lernen mit Bach und Co.

  • Ersteller Pianoteq
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Moon River RO.jpg

Alles nicht so einfach. Ist das jetzt der Anfang von Moon River nach der Oktavregel? Ich weiß es nicht.
Ich habe jetzt einige Zeit damit zugebracht, und wenn man schon eine Melodie hat, finde ich es schwerer, als wenn man nur den Bass hat. Man kann die Melodie ja nicht einfach verändern. Die soll ja so bleiben, wie sie ist.
Wenn man vom Bass ausgeht, kann man die Melodie darüber erfinden und ist da in gewisser Weise freier, weil man die Melodie dem Bass anpassen kann, nicht umgekehrt.
 
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Alles nicht so einfach. Ist das jetzt der Anfang von Moon River nach der Oktavregel?

"Moon River" in der Version "Wer erkennt die falschen Akkorde?". 3 von 7 richtig, unter 50%, durchgefallen. :)

Sollte eher:
2, Takt A.Moll, 3. und 5. Takt F-Dur, 7. Takt H-Moll mit verminderter Quart (ist die II von II-V-I in A-Moll)
2. und 4. Takt würde ich C/E spielen, d.h.mit E im Bass.

Grüße
Omega Minus
 
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Dann stimmt da in meinem Kopf doch noch was nicht.

Das hier wäre die Oktavregel:
Oktavregel.jpg


Aber da geht man eben vom Bass aus.

Nun habe ich Moon River:

MR.jpg

Wobei hier der Bass schon drin ist, aber nach moderner Auffassung, nicht nach Generalbass. Sollte ich da nun auch einfach die schon vorhandenen Basstöne nehmen? Ich bin jetzt von der Melodie ausgegangen und habe versucht, dazu den passenden Bass zu finden und den passenden Akkord zu den Melodietönen oben. Immer mit der Sopranstimme oben, also die reine Melodie, und darunter dann die entsprechenden Töne des Akkords als Alt und Tenor.

Wie man sieht, ist auch die Originalharmonisierung C-Dur, a-moll usw. Aber das hieße dann, die Oktavregel würde sich gar nicht von einer modernen Harmonisierung unterscheiden?
 
Ich denke, Du, @Pianoteq, solltest bei all Deinen Betrachtungen immer auch berücksichtigen, daß die Musik, auf die sich Partimento bezieht, immer von einer (singbaren) mehr oder weniger eigenständigen Bass-Stimme ausgeht, während in "moderner Musik" - grob vereinfacht gesagt - der Bass "nur" die Grundtöne abzudecken hat.

Das macht in der Harmonisierung durchaus einen gewaltigen Unterschied.

LG
Thomas
 
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Nimm doch erstmal ein Stück, wo du mit der Regel auch klarkommst.
Ein Stück aus dem 20. Jh mit Regeln des 18. Jh zu setzen ist keine Anfängeraufgabe.

Aber das hieße dann, die Oktavregel würde sich gar nicht von einer modernen Harmonisierung unterscheiden?
Wie kommst Du darauf? Je nachdem, was du unter einer "modernen" Harmonisierung verstehst, wird das Ergebnis vollkommen anders sein.

Ich habe den Eindruck, Dein youtube-Lernen ist eher Stückwerk. Das ist nicht negativ gemeint, aber mein Eindruck ist eben, dass da ein paar Grundlagen fehlen.
Hattest Du nicht einen online-Lehrer? Der könnte Dir eine sinnvolle Aufgabe geben und das mit dir durchsprechen.

Wobei hier der Bass schon drin ist, aber nach moderner Auffassung, nicht nach Generalbass.
Naja, "modern" ;) ... der Bass ist eher Richtung Kinderlied.

Und besonders schön finde ich den auch nicht. Versuch mal den zu singen, ob das eine schöne Linie ergibt.
Warum der Septsprung abwärts zu Takt 2 und nicht erstmal den Sekundschritt aufwärts? Warum im 3. und 5. Takt auf die Terz wechseln, die sich dann auch noch verdoppelt?
und wenn man schon eine Melodie hat, finde ich es schwerer, als wenn man nur den Bass hat. Man kann die Melodie ja nicht einfach verändern. Die soll ja so bleiben, wie sie ist.
Du musst ja auch den Bass so schreiben, dass er zur Melodie passt und nicht umgekehrt.
 
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Alles nicht so einfach. Ist das jetzt der Anfang von Moon River nach der Oktavregel? Ich weiß es nicht.
Den Wiki-Hinweis finde ich nicht verkehrt und auch turko hat es angesprochen. die Oktavregel "ist eine seit dem frühen 18. Jahrhundert überlieferte Anweisung, die ursprünglich die improvisatorische Realisierung unbezifferter Basslinien erleichtern sollte. Sie hält fest, welcher Akkord üblicherweise über einem Basston gespielt wird."
https://de.wikipedia.org/wiki/Oktavregel

Dein Vorhaben wird besser durch den vierstimmigen Satz harmonisiert.
Übrigens hat sich Professor Ulrich Kaiser ausgiebig mit Fragen wie deinen beschäftigt.
https://openmusic.academy/search?query=oktavregel
https://openmusic.academy/docs/sjTb3MtmVUPK9bYByf3q6d/kollektion-arrangieren-und-instrumentieren

Gruß Claus
 
Wie spielst Du denn die Triller?
Die sollten nicht aus den Fingern kommen, sondern durch eine unverkrampfte Dreh-/Schaukelbewegung der Hand.
Ja definitiv. Es sollte unverkrampft sein und nicht direkt aus den Fingern kommen, sonst kann man sich leicht Verletzungen zuziehen.
 
Es sollte unverkrampft sein und nicht direkt aus den Fingern kommen, sonst kann man sich leicht Verletzungen zuziehen.
Unverkrampft sollte alles sein.
Ein Triller ist ein Mix aus Fingern und Drehbewegung, die muss aus dem Unterarm kommen (die Hand alleine kann sich nicht drehen - halte mal deinen Unterarm überm Handgelenk fest und versuche zu drehen).
Schnelle Triller kann man nicht alleine aus dem Arm spielen, dafür sind die bewegten Massen zu groß. Genau wie Triller, bei denen man zB mit dem Daumen noch einen Ton festhält.

Woher die Verletzung kommen soll, müsstest Du mal erklären. Die zieht man sich erst zu, wenn man bis zur Erschöpfung und ohne ausreichende Erholung verkrampft übt. Von ein paar verkrampften Trillern passiert erstmal gar nichts, außer dass es nicht gut klingt.
 
Ich denke, Du, @Pianoteq, solltest bei all Deinen Betrachtungen immer auch berücksichtigen, daß die Musik, auf die sich Partimento bezieht, immer von einer (singbaren) mehr oder weniger eigenständigen Bass-Stimme ausgeht, während in "moderner Musik" - grob vereinfacht gesagt - der Bass "nur" die Grundtöne abzudecken hat.

Das macht in der Harmonisierung durchaus einen gewaltigen Unterschied.
Das denke ich auch, nach allem, was ich mir jetzt so angeschaut habe. Deshalb habe ich mich gewundert, dass das so ähnlich sein soll wie die heutzutage übliche Harmonisierung nach Akkorden. Gerade auf die Unterschiede kam es mir an. Bach hat nicht gedacht „Ich gehe jetzt von C-Dur zu a-moll“, er hat in Generalbass und Kontrapunkt gedacht. Deshalb kann man nicht sagen, das geht von C-Dur zu a-moll (oder ähnliches), dachte ich. Man muss das anders betrachten, von der Stimmführung aus. Wie geht der Sopran, wie geht der Alt, wie geht der Tenor? Der Bass war ja klar, das war das Schema.
 
Bach hat nicht gedacht „Ich gehe jetzt von C-Dur zu a-moll“, er hat in Generalbass und Kontrapunkt gedacht. Deshalb kann man nicht sagen, das geht von C-Dur zu a-moll (oder ähnliches), dachte ich. Man muss das anders betrachten, von der Stimmführung aus. Wie geht der Sopran, wie geht der Alt, wie geht der Tenor?
Woher willst Du wissen, was Bach gedacht hat und was nicht?

Meine Vermutung ist, dass der gar nichts mehr gedacht hat. Der hatte das "intuitiv" drauf, um mal einen anderen Thread zu zitieren. Hat das mehr oder weniger innerlich gehört und nur aufgeschrieben.
Aber mit Bach brauchen wir uns nicht zu vergleichen - wir müssen das handwerklich machen, und das geht auch.
Nur wird es schwer, wenn man den vierten Schritt vor dem ersten macht.

Der Bass war ja klar, das war das Schema.
Was für ein Schema?
Den Bass hat Bach doch selbst geschrieben.
Bei den Chorälen war die Melodie da, sonst nichts.

Das geht ziemlich hopplahopp durcheinander bei Dir, ist mein Eindruck. Ist nicht böse gemeint, aber du guckst halt mal hier mal da ein Video und stoppelst Dir Dein Wissen so zusammen.
Mach doch einfach mal der Reihe nach. Grundlegende Kadenzen, Anfänge der funktionalen Harmonielehre (Parallelen, Zwischendominanten, mehr brauchst Du erstmal nicht), dann vierstimmiger Satz von Choral oder Volkslied mit vorgegebenen Harmonien. Das hatten wir doch alles schon.

Such dir doch mal ein Lied raus. Von mir aus auch Moon River.
Dann legst du die Harmonien fest (Hilfe gibts gern). Danach die Bassstimme - erst die Hauptzählzeiten, dann ggf. Zwischentöne.
Dann machst Du die Mittelstimmen.
 
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Ein Stück aus dem 20. Jh mit Regeln des 18. Jh zu setzen ist keine Anfängeraufgabe.
Du sagtest, ein einfaches Lied, Volkslied, Kinderlied, und da habe ich ein einfaches Lied genommen. ;) Aber das ist wahrscheinlich das Problem. Wahrscheinlich muss man „Hänschen klein“ nehmen. Damit sollte es gehen. Aber die Regeln sollten trotzdem bei jeder Melodie gelten. Bzw. jemand, der das besser beherrscht als ich, sollte jedes Lied damit in barocker Manier setzen können. Robert Gjerdingen hätte vermutlich kein Problem damit. Aber der weiß natürlich zehntausendmal mehr als ich.

Wie kommst Du darauf? Je nachdem, was du unter einer "modernen" Harmonisierung verstehst, wird das Ergebnis vollkommen anders sein.
Das war doch das, was ich gesagt habe. Ich habe mich gewundert, dass da kein Unterschied sein soll. Aber anscheinend kann jeder nur sagen „Das ist ein Unterschied“ (das weiß ich mittlerweile auch nach all meinen Studien), aber niemand kann sagen, was genau der Unterschied. Bzw. theoretisch weiß ich das ja mittlerweile, aber ein praktisches Beispiel wäre gut.

Hattest Du nicht einen online-Lehrer? Der könnte Dir eine sinnvolle Aufgabe geben und das mit dir durchsprechen.
Nein, der steht erst nächstes Jahr zur Verfügung.

Naja, "modern" ;) ... der Bass ist eher Richtung Kinderlied.
Eben. Das ist ABRSM Grade 3 oder so. Was kann man da erwarten? Ich habe sogar verschiedene Harmonisierungen aus verschiedenen Büchern zu Moon River, aber zum Schluss sehen die alle genau gleich aus wie das hier (das ist die einfachste), nur mehr oder weniger „embellished“. Was dann allerdings wieder der historischen Praxis entspricht, denn auch dort ging das ja so, vom ganz einfachen zum immer mehr und mehr verzierten. Ist ja auch logisch.

Und besonders schön finde ich den auch nicht. Versuch mal den zu singen, ob das eine schöne Linie ergibt.
Das ist wahr. Da ich aber schon Stunden damit zugebracht hatte, hatte ich dann keine Lust mehr. :)

Warum der Septsprung abwärts zu Takt 2 und nicht erstmal den Sekundschritt aufwärts?
Weil ich keine Ahnung habe?

Warum im 3. und 5. Takt auf die Terz wechseln, die sich dann auch noch verdoppelt?
Das stört aber nicht. Ich habe mir das angehört, und vom Zusammenklang her klang das okay. Allerdings auch nicht mehr als okay. Gerade mal so okay.

Du musst ja auch den Bass so schreiben, dass er zur Melodie passt und nicht umgekehrt.
Richtig. Nur dass mir niemand sagt, wie man das macht. :cool: Aber jetzt ist dann auch erstmal gut. Ich muss meine Stücke für den Klavierunterricht üben und kann nicht meine ganze Zeit vertun mit solchen Sachen wie Generalbass und Co. Wenn ich meiner Klavierlehrerin im Unterricht sage, dass ich leider keine Zeit hatte, das Stück zu üben, weil ich mich mit Generalbass und barocker Harmonisierung beschäftigt habe, wird sie mir was husten. :biggrinB:
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Den Wiki-Hinweis finde ich nicht verkehrt und auch turko hat es angesprochen. die Oktavregel "ist eine seit dem frühen 18. Jahrhundert überlieferte Anweisung, die ursprünglich die improvisatorische Realisierung unbezifferter Basslinien erleichtern sollte. Sie hält fest, welcher Akkord üblicherweise über einem Basston gespielt wird."
Genau. Und jetzt mach mal ein Beispiel dazu. :) Ich kann das lesen und theoretisch verstehen, aber was nützt mir das in der Praxis? Mach doch mal schnell ein Beispiel und stell das hier ein. Dann lerne ich es bestimmt.
 
Bach hat nicht gedacht „Ich gehe jetzt von C-Dur zu a-moll“, er hat in Generalbass und Kontrapunkt gedacht.
Ich für meinen Teil gehe ganz stark davon aus, er hat sich beides gedacht, bzw. hat da gar keinen Unterschied gesehen, weil das für ihn alles eins war.
Aber mit Gewissheit werden wir das wohl nie wissen.

Thomas
 
Aber die Regeln sollten trotzdem bei jeder Melodie gelten.

Das ist ja dasProblem: Nein, das ist nicht so. Das ist so, als wollte ich versuchen Funktionsharmonik zu verstehen und greife mitMusik heraus, die nicht nach Funktionsharmonik funktioniert.

Oder ich habe mir ein Video angeschaut, wie man einen Vierfachvergaser korrekt einstellt und versuche das jetzt bei meinem Auto, welches keinen Vergaser hat, sondern eine Benzineinspritzung.

Grüße
Omega Minus
 
Wenn du willst, machen wir Moon River.
Dort stecken allerdings ein paar Harmonien drin, die nicht ganz zum barocken Stil passen. Aber man kann's ja mal probieren, warum nicht ;)
Hast Du die Melodie mit Harmonien da?

Wenn ich meiner Klavierlehrerin im Unterricht sage, dass ich leider keine Zeit hatte, das Stück zu üben, weil ich mich mit Generalbass und barocker Harmonisierung beschäftigt habe, wird sie mir was husten.
Das sollte sie aber nicht tun.
kann nicht meine ganze Zeit vertun mit solchen Sachen wie Generalbass und Co.
Vertun?? Das ist Musik! Da lernst Du auch eine Menge.
Kann man doch aber parallel machen.
An der Musikschule hatten wir früher auch Klavierunterricht und dazu jede Woche eine Stunde "Musiklehre" - und danach noch eine Stunde Chor. ;)
 
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Ich fand faszinierend, wie dieser Pianist das gemacht hat mit 'Autumn Leaves':


View: https://www.youtube.com/watch?v=SAtZawkqBG8


View: https://www.youtube.com/watch?v=UQfTkNmdv4c

Und dieses Video finde ich interessant, keine Ahnung, ob das schon aufgetaucht ist:


View: https://www.youtube.com/watch?v=3tuQrKWLCKc

Das ist aber die höhere Kunst.


Für den Einstieg würde ich erst einmal Stücke wählen, die sich in der üblichen Manier bei Tonika, Dominante und Subdominante bedienen. Und genau das tut der Mondfluss, wenn sich mal das Lied anhört, eben nicht.

Grüße
Omega Minus
 
Ich fand faszinierend, wie dieser Pianist das gemacht hat mit 'Autumn Leaves':
Das ist großartig. (allerdings ist es glaube ich eine Frau ;-) )

Schostakowitsch habe ich nicht erwartet --- hatte dann gehofft, dass noch Strawinski kommt ;)

Für den Einstieg würde ich erst einmal Stücke wählen, die sich in der üblichen Manier bei Tonika, Dominante und Subdominante bedienen. Und genau das tut der Mondfluss, wenn sich mal das Lied anhört, eben nicht.
Meine Rede ;)
aber wenn dafür keine Motivation da ist, muss es eben Moon River sein ;)
Autumn Leaves ist für sowas natürlich ein schönes Beispiel, die Quintfallsequenz stammt ja aus dem Barock. (oder ist die noch älter? )
 
(allerdings ist es glaube ich eine Frau ;-) )

Ich bin auch davon überzeugt, aber ich bin ein Vertreter des grammatischen Geschlechtes. :cool:
Ich sage ja auch "Ich habe einen Zahnarzttermin.", obwohl mein Zahnarzt weiblich ist.
Und 'die Geisel' kann auch männlich sein ... aber das wäre eine andere Diskussion.

Die anderen Videos sind übrigens auch empfehelnswert.

Grüße
Omega Minus
 
Der Vorteil des Internets ist: Man bekommt eine Menge verschiedenster Informationen in kurzer Zeit.
Der Nachteil des Internets ist: Man bekommt eine Menge verschiedenster Informationen in kurzer Zeit.

😎

Im Sortieren, Aussuchen und sich auf das Wesentliche Konzentrieren liegt das Problem. Man wird mit allem Möglichen überschüttet, kann aber nicht alles auf einmal richtig einordnen. Man muss das finden, was wirklich wichtig ist und was man wirklich braucht, was man wirklich lernen will. Der Trick liegt in der Beschränkung, obwohl man sozusagen im Schlaraffenland der Informationen lebt.

Gestern endlich habe ich nun den Kanal von Robert Gjerdingen gefunden, in dem er seine Erkenntnisse für Oxford University Press Schritt für Schritt zusammenfasst. Sinnigerweise heißt der Kanal „Child Composers“, weshalb das vermutlich nur jemand findet, der weiß, was das bedeuten soll. Es soll nämlich bedeuten, dass sich das auf die Waisenkinder aus Neapel bezieht, die im 18. Jahrhundert in den dortigen „Konservatorien“ (ich habe mich immer gefragt, warum Musikhochschulen heute so heißen, jetzt weiß ich es) zu Komponisten bzw. allgemein zu Musikern ausgebildet wurden.


View: https://youtu.be/fBbkviUkP3g?si=ExWAkbBMFirsuxMn

Eine interessante Analogie, das mit Sherlock Holmes. Ja, es ist Detektivarbeit, herauszufinden, worum es da wirklich geht. Das Problem hatten die neapolitanischen Waisenkinder damals nicht. Die wurden zehn Jahre lang Tag für Tag und Schritt für Schritt in Musik von Singen bis Komponieren unterrichtet, bis sie es konnten. Legt man eine 40-Stunden-Woche für zehn Jahre zugrunde, kommt man da auf über 20.000 Stunden Musikunterricht. Hätte ich auch gern gehabt. 😃

Nachdem ich so viel zu barocker Improvisation und Partimento auf YouTube angeschaut hatte, hat der YouTube-Algorithmus zugeschlagen und mir diesen Kanal angezeigt. Falls es jemanden interessiert, sich damit zu beschäftigen, kann ich den Kanal nur empfehlen. Robert Gjerdingen ist heutzutage einer der großen Spezialisten auf dem Gebiet.

Es ist trotzdem immer noch schwierig, die Zusammenhänge so zu sehen, wie es für Barockmusiker selbstverständlich war, weil wir heute eher von der Funktions- und der Stufentheorie gehört haben, wenn wir überhaupt etwas über harmonische Zusammenhänge gelernt haben, und die barocke Herangehensweise eine ganz andere ist, aber gerade der Unterschied – nach dem ich so ausführlich geforscht habe – ist interessant.

Allerdings hatte Robert Gjerdingen als Professor sein Leben lang Zeit, darüber zu forschen. Das trifft für uns Normalsterbliche nicht zu. Deshalb ist Beschränkung das Gebot der Stunde. Wenn Gjerdingen das erklärt, schöpft er aus einem fast unermesslichen Wissensvorrat, den er sich über Jahrzehnte angeeignet hat. Wir, die wir etwas darüber lernen wollen, kratzen verglichen damit gerade mal an der Tür zur Bibliothek.

Für mich war es jetzt sehr interessant, auf dieses Thema gestoßen zu sein, nachdem ich lange immer nur etwas von II-V-I-Verbindungen und ähnlichem gehört hatte. Da denkt man dann fast schon, es gibt nur das. Aber es gibt mehr als das, und das ist sehr erfreulich. Das alles zu verstehen ist allerdings nicht von heute auf morgen getan, und man muss sich entscheiden, was man wirklich will, was das eigene Ziel ist. Womit man seine Zeit füllen will.

Mein Ziel ist sicherlich nicht, so gut wie Robert Gjerdingen zu werden oder wie John Mortensen, mich mit allem, was Harmonisierung und vor allem barocke Improvisation angeht, auszukennen oder das zu können. Mein Ziel war immer nur, jetzt noch im Rentenalter Klavierspielen zu lernen. Eine gute Methode zu finden, die mich dabei voranbringt, ohne mich zu langweilen oder zu überfordern. Überfordern vor allen Dingen in körperlicher Hinsicht, also Schmerzen zu vermeiden.

Eine Frau, die erst mit 65 angefangen hat zu spielen und dann 7 Jahre später immer noch bei den Stücken für das erste Jahr Klavierunterricht war, weil keiner ihrer Klavierlehrer meinte, sie könnte mehr, hat mich dabei mit ihrer Geschichte schockiert. Sie war sehr frustriert – kann man sich ja vorstellen –, dass sie nicht weiterkam, und wollte dann aufgeben. Ich weiß nicht, ob sie das getan hat, aber auf jeden Fall erschienen mir damals 7 Jahre ewig lang, um Klavierspielen zu lernen, und ich wollte nicht so enden wie sie.

Nun habe ich selbst schon fast zwei Jahre Unterricht hinter mir, und die sieben Jahre erscheinen mir nicht mehr so lang. Verglichen mit meiner noch verbleibenden Lebenszeit vielleicht, aber nicht in Anbetracht dessen, wie lange man tatsächlich dafür braucht, Klavierspielen zu lernen. Nach zwei oder drei Jahren ist man da immer noch Anfänger. Im Berufsleben schließt man nach drei Jahren seine Ausbildung ab und hat das meiste von dem, was man für seinen Beruf wissen muss, gelernt. Beim Klavierspielen ist man nach drei Jahren noch lange nicht so weit.

Es ist eine Reise, die bis zum Ende des Lebens dauern kann, denke ich jetzt. Aber das ist ja auch das Spannende daran. Es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken, wie es für mich jetzt die Waisenkinder aus Neapel und deren Ausbildung war. Davon hatte ich zuvor noch nie etwas gehört. Deshalb: Danke, Robert Gjerdingen, für diese Einblicke in die Welt der Musik. Eine ganz andere Welt als die heutige Welt der Musik, die wir kennen.
 
Und 'die Geisel' kann auch männlich sein ...
Geisel ist ja auch ein anstrengender Beruf. Dann schon lieber Zahnarzt.

Nach zwei oder drei Jahren ist man da immer noch Anfänger. Im Berufsleben schließt man nach drei Jahren seine Ausbildung ab und hat das meiste von dem, was man für seinen Beruf wissen muss, gelernt. Beim Klavierspielen ist man nach drei Jahren noch lange nicht so weit.

Die Grundlagen kann man auch nach drei Jahren gut draufhaben, bloß wer übt schon drei Jahre lang täglich acht Stunden Klavier ...
Aber mal angenommen, damit kämst du auf geschätzt 8 Stunden * 5 Tage * 40 Wochen * 3 Jahre = 4800 Stunden.

Du kennst ja sicher das Statement von den 10000 Stunden bis zum Expert Level. Das passt doch ungefähr. ;)

Aber soundsoviel Stunden "Ausbildung" heißt eben auch wirklich aktiv dran arbeiten. Video gucken zählt nicht! :)

Deshalb weiß man ja nicht, was das heißt, jemand hat x Jahre "Klavier gespielt". Wieviel hat man da wirklich geübt? und wie hat man geübt?
Wie lange kann man überhaupt konzentriert üben, und machen die Finger das mit? Hat man den richtigen Unterricht? usw.
Musikalisches Talent und Auffassungsgabe spielt natürlich auch eine große Rolle.

Tut mir trotzdem sehr leid für die oben beschriebene Frau.
 
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