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Metal-Texte und die Grenzen des Sagbaren

Grundsätzlich ist es ja so: sobald sich jemand gestört oder angegriffen fühlt, kann er auf Unterlassung klagen.
Wobei der Kläger da wohl genauer ausführen wird müssen, warum.

Wenn im aller einfachsten Fall im Text ein Protagonist mit zufällig genau seinem Vor- und Nachnamen besungen wird greift wohl schon unabhängig von seinem Empfinden der Datenschutz.
Heißt der Protagonist nur "Johnny" (oder Peter oder sonst ein halbwegs allgemein bekannter Name) wirds vermutlich schon schwierig werden, auch wenn ich selbst Johnny genannt werde - wenn es aber irgendein Verhältnis zum Urheber gibt und der Kläger argumentieren kann "Der/die hat den Song gezielt für mich (bzw. "gegen mich" wenn man so will) geschrieben" schauts wohl wieder anders aus.
Wenns wie etwa bei einigen Songs von Sabaton oder Iron Maiden um konkrete historische Ereignisse geht und der Urheber sagt "Naja, der Song schildert die Landung der Alliierten in der Normandie, da SIND nunmal massenweise Menschen verreckt" wird man vermutlich eher nicht weit kommen, egal wie anstößig man die Schilderung subjektiv wahrnimmt.
Solange es keine fassbaren Verbindung zu einer konkreten Person gibt verhält es sich wohl auch ähnlich, wenn es um die Schilderung des "Innenlebens" eines Psychopathen (o.Ä.) geht- das GIBT es nunmal real. Ob ich diesbezüglich auf Wikipedia die "Highlights" der Menschheitsgeschichte an Kannibalismus lesen kann oder Aspekte davon von einer Band verarbeitet werden macht da wohl kaum einen Unterschied.

Wobei es da gerade im Metal vermutlich recht praktisch ist, dass die meisten Songs diesbezüglich eben eher klar versuchen, das eben darzustellen, es musikalisch abzubilden, aber sozusagen keine Wertung eine Metaebene darüber stattfindet (also etwa, wenn Iron Maiden am Ende von "Run To The Hills", nachdem ein Song lang die Vertreibung und Ausrottung der indigenen Bevölkerung Amerikas aus Sicht eben dieser geschildert wurde eine Art Resümee einbauen würde, dass das doch ganz gut ist, dass das damals so passiert ist - damit wäre es dann wohl wieder klar jenseits der Grenze des Tragbaren).

LG
 
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Es bleibt am Ende dabei:
Jeder kann jeden, für was auch immer, verklagen. Ob er damit durchkommt, steht natürlich auf einem andere Blatt. Aber wenn man „grenzüberschreitend“, tabubrechend,… unterwegs ist, steigt die Chance, dass jemand so getriggert ist, dass er glaubt, dagegen rechtlich vorzugehen zu müssen.
Genauso kann einem das auch völlig latte sein, weil man ja im „Recht“ ist, bzw. gegen kein Recht verstoßen hat, aber vor Gericht und auf hoher See sind wir am Ende alle in Gottes Hand….!

Anders liegt der Fall, wenn die „künstlerische“ Tätigkeit als „strafverfolgungswürdig“ gesehen werden kann. Holocaust Leugnung und Aufruf zu Straftaten sind z.B. weder „Kunst“ noch legitime Meinungsäußerung und da klagt dann der Staatsanwalt, was eine nochmal andere Lage ist.
 
Wobei es da gerade im Metal vermutlich recht praktisch ist, dass die meisten Songs diesbezüglich eben eher klar versuchen, das eben darzustellen, es musikalisch abzubilden, aber sozusagen keine Wertung eine Metaebene darüber stattfindet
Es gibt durchaus auch explizite Gewaltaufrufe:

Cannibal Corpse schrieb:
Fire up the chainsaw
Hack all their heads off
Fire up the chainsaw
Hack their f*cking heads off

Wichtig ist in dem Fall der Kontext, dass "they" eine Horde gedankenloser Zombies sind, die man guten Gewissens zerschnetzeln kann. :) Allerdings haben Cannibal Corpse auch genug Songs, wo zu Gewalt gegen Menschen aufgerufen bzw. diese zelebriert wird - die sich jedoch vermutlich auf die Tradition des Brecht'schen Theaters berufen könnten, nur möglichst authentisch und wie du sagst "wertfrei" die Gedankenwelt eines psychopathischen Serienkillers darzustellen, ohne eine Lösung dafür anzubieten. Ähnlich wie bestimmte Splatter-Filme eben.

(also etwa, wenn Iron Maiden am Ende von "Run To The Hills", nachdem ein Song lang die Vertreibung und Ausrottung der indigenen Bevölkerung Amerikas aus Sicht eben dieser geschildert wurde eine Art Resümee einbauen würde, dass das doch ganz gut ist, dass das damals so passiert ist - damit wäre es dann wohl wieder klar jenseits der Grenze des Tragbaren).

Naja, Bryan Adams' Song "Native Son" geht inhaltlich um dasselbe Thema, er hat sich jetzt allerdings kürzlich in Irland hingestellt und den Song explizit mit Bezug auf Palästina gespielt.
 
Es gibt durchaus auch explizite Gewaltaufrufe: [....]
Wichtig ist in dem Fall der Kontext, dass "they" eine Horde gedankenloser Zombies sind, ....

Trotzdem wage ich mal die Behauptung, dass selbst wenn "they" sich auf Menschen beziehen würde es je nach Kontext noch immer i.O. wäre.
Wenns unter Fantasy/Horror (mit eben nicht Menschen als "Opfer" geht) fällt kann man ja sowieso auf eine Armada an Filmen/Büchern verweisen, wo das mindestens genauso groß inszeniert wird.

Wenns um konkrete historische Ereignisse geht ist die Darstellung davon auf jeden Fall zulässig, steht ja nüchterner formuliert sogar in Schulbüchern für Kinder und Jugendliche.
(Nebengedanke: Vermutlich wäre sogar sämtlicher Geschichtsrevisionismus, der nicht vom Verbotsgesetz gedeckt wird noch schwer angreifbar, also z.B. wenn etwa Alestorm es in einem ihrer Piratenlieder nicht so genau nimmt mit historischen Fakten werden die vermutlich nicht so schlechte Karten haben wenn sie meinen "Wir singen halt über Piratenschlachten, wir sind eine Metalband und keine Geschichtslehrer")

Wenns um fiktive Ereignisse geht ist die Darstellung wohl auch unproblematisch, solange sie nicht gewertet wird oder sonst irgendwie transportiert wird, dass dieses gezeichnete Bild real erstrebenswert wäre (da bin ich wieder bei: Wie viele Kriegsfilme, wo man da noch eine prächtige bildliche Inszenierung dazu hat gibt's noch mal?)

Wenns um die verworrenen Gedanken eines psychisch Kranken geht ist's wohl ähnlich, Schilderung/Darstellung i.O., Wertung davon ggf. problematisch (da ist man womöglich schnell in dem Bereich, wo jemand, der tatsächlich unter derlei Symptomen leidet sich eben angegriffen fühlt bzw. man eben gleich die gesamte Gruppe psychisch Erkrankter diskreditiert).

Schwierig wirds wohl etwa im Wirkbereich des Verbotsgesetzes, also etwa die Gedanken eines sadistisch veranlagten KZ-Soldaten, der genießt, was dort passiert bzw. er tut kann ich mir schon ganz gut vorstellen, dass, obwohl auch exakt das eine vielfach belegte historische Tatsache ist, dass es viele solcher Menschen in derlei Institutionen gab, einem da ein Staatsanwalt dann ggf. erklärt "Ist mir egal, ob das eine historische Gegebenheit beschreiben soll, in dem Song gehts offenbar darum, dass der Holocaust geil war!".

Sicherlich problematisch wären konkrete Aufrufe, also wenn's in Richtung "Tötet den Bundeskanzler", "Brennt die Republik nieder" oder so ginge oder aber, irgendeine spezielle Gruppe (Ethnie, psychisch Kranke, religiöse Gemeinschaft,...) gezielt denunziert wird.

LG
 
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Ich empfinde es als im Grunde heuchlerisches Verlangen, dass man mit Kriegen, Morden, Folterungen, Unmenschlichkeiten etc. leben aber nicht über sie schreiben soll. Was bitte schön, soll das? Was wird dadurch besser?

Etwas anderes ist es, aktiv zu Gewalt aufzurufen, Volksverhetzung zu betreiben, persönliche Beleidigungen auszusprechen etc. Dort gibt es ja auch dementsprechende Schutzrechte, wie immer die aktuelle Rechtsprechung sich auch immer dazu verhält. Es sind ja schon mehrfach hier die dementsprechenden Grundwerte und -rechte (die sich im Übrigen in genau dem Spannungsfeld zwischen freier Meinungsäußerung und unzulässiger Verletzung der Rechte Anderer befinden) benannt und auf Beispiele verwiesen worden. Neben den dabei durchscheinenden grundlegenden Orientierungen handelt es sich aber bei jedem Text und jeder Musik um einen Einzelfall - und ein dreißig Jahre altes Urteil gibt nicht unbedingt die derzeitige Sichtweise der Rechtsprechung wieder ...

x-Riff
 
Nehmen wir als Beispiel mal Nocturnal Rites, auf die ich ursprünglich durch meinen Gitarrenlehrer aufmerksam geworden bin, und die ich bis dahin eigentlich nicht als politische Band wahrgenommen hatte. Zu dem Zeitpunkt, als ich sie entdeckt habe, waren die bereits in ihrer letztendlich ein Jahrzehnt dauernden Pause - bis sie dann 2017 hiermit wiederkamen:


View: https://youtu.be/09e6d0Yr0e0?si=GOEVoOEYDT6cK6TR

Ein Song allein bietet vielleicht noch wenig Kontext zur Interpretation, darum ein paar andere Sachen vom selben Album:


View: https://youtu.be/kU5O4NiE9KY?si=fpy2YZYB_O-JY-X6


View: https://youtu.be/XEH3JunFrBo?si=C1TTHzWcGcsZZn_t


Ich höre da schon ein durchgehendes "Narrativ" heraus - aber könnte sich ein Gericht herausnehmen, das Gleiche "offiziell" zu tun? ;)
 

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