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HëllRÆZØR
HCA-Harmonielehre
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Nach dem Lesen des folgenden Beitrags von cvinos im Thread Zahl möglicher Kompositionen - endlich? hatte ich mir überlegt, dass man mal einen Thread zum Thema Mikrotonale Musik öffnen könnte, in dem man über unterschiedliche Bereiche diskutieren kann. Für spezielle Bereiche kann man jederzeit einen neuen Thread öffnen. Hier der Beitrag:
Ein paar Kommentare dazu:
Was ich noch suche sind ein mikrotonales Notensatzprogramm (nein, kein Notensatzprogramm das sich darauf beschränkt, das Einfügen von Vierteltönen zu ermöglichen), und einen Software-Synthesizer, den man mit beliebigen Frequenzen ansteuern kann (am besten von einem anderen Programm aus). Falls irgendwer Lust hätte so etwas zu programmieren, würde ich mich gerne an dem Projekt beteiligen.
Ansonsten bin ich noch an mikrotonalen Instrumenten, und deren Bau interessiert. Ich habe auch eine bundlose E-Gitarre bei mir rumstehen, bei der ich Bünde basierend auf der 53-Stufigen Stimmung markieren (also nur visuell) wollte, allerdings suche ich immer noch nach einem Verfahren, das relativ genau ist (dem Verwenden der theoretischen mathematischen Mensur vom Oktavpunkt aus stehe ich eher skeptisch gegenüber, außerdem hätte ich gerne schräge Bünde). Siehe auch:
http://www.novaxguitars.com/ (schräge Bünde)
http://www.truetemperament.com/site/index.php (Bünde, die auf jede Saite einzeln abgestimmt sind)
http://www.buzzfeiten.com/ (Buzz-Feiten Tuning)
http://infohost.nmt.edu/~jstarret/guitar.html ("normale" Gitarren in mikrotonale Gitarren umwandeln, Berechnung der theoretischen mathematischen Mensur)
Mit Komponisten mikrotonaler Musik habe ich mich noch nicht so viel beschäftigt. Von den von dir genannten sagt mir Iannis Xenakis etwas, ich werde mich die Tage evtl. mal etwas umhören. Insbesondere mit Harry Partch muss ich mich noch beschäftigen, der ja als Pionier der mikrotonalen Musik gilt.
Zuerst einmal: Ja, die Untertonreihe ist zunächst einmal ein Konstrukt, da mit der Grundfrequenz eines Tones keine Untertöne mitschwingen (oder nur leise, wenn man manchen Quellen glaubt). Sie als "fiktiv" zu bezeichnen, weil sie angeblich "real physikalisch nicht existiert" ist aber falsch: Sie beschreibt einen existierenden physikalisch-akustischen Zusammenhang, man muss sie nur richtig interpretieren: Es handelt sich nämlich um die Reihe der Grundfrequenzen, die den Ausgangston der Reihe (= Referenzton) als Oberton besitzen. Der n-te Unterton der Reihe ist also der Ton, dessen n-ter Oberton der Referenzton ist. Aus diesem Grund ist es auch irreführend, von dem "Grundton" der Untertonreihe zu sprechen - es ist viel mehr ein Oberton, und die Töne der Untertonreihe sind dessen Grundtöne. Allen Untertönen gemein ist, dass sie nicht nur den Referenzton als Oberton besitzen, sondern auch dessen Obertöne, wodurch sich einige Obertöne überlagern, und es zu weniger Schwebungen zwischen den Obertönen kommt. Während hinter der Obertonreihe also das Konzept steht, dass man mehrere Töne als einen Ton (den Grundton) mit Obertonvorrat hört, steht hinter der Untertonreihe ein harmonisches Prinzip, mehrere Töne zusammen klingen zu lassen, ohne dass man sie als einen Ton hört. Die Obertonreihe steht also für Einfachheit und Schlichtheit, während die Untertonreihe für Vielfallt steht, wodurch letztere zwar nicht ganz so harmonisch ist wie erstere, hinter der aber dennoch ein harmonisches Prinzip steckt.
Insbesondere der Teil
Zum Thema Reine Stimmung, Harmonischer Dualismus von Dur und Moll, und Ober-/Untertonreihe kann ich übrigens die Bücher von Martin Vogel empfehlen - insbesondere "Die Lehre von den Tonbeziehungen" und "Die Naturseptime". Auch mikrotonale Musik als Annäherung der 7-Limit Reinen Stimmung wird behandelt, insbesondere 31et (nur angeschnitten), 53et und 171et (et = equal temperament, also gleichstufige Stimmung mit Einteilung der Oktave in n gleiche Teile).
Ich würde das letzte obige Statement von Dux grob so formulieren: In der westlichen tonalen Musik und seinen 12-Tonsystemen gibt es sehr viele ähnliche Kompositionen, die sich sicherlich in ihren Varianten und Arten Kategorisieren lassen, die aber relativ gesehen nicht sonderlich viele Unterschiede untereinander aufweisen. Dies ist sicherlich auf die gemeinsamen Tonsysteme sowie die vorherrschenden und überall wiederholten und weitergegebenen Regelwerke zurückzuführen, wobei letztere mitunter viel zu einseitig verfolgt werden und teilweise als unumgänglich dargestellt werden.
Um etwas Anderes zu hören, auch anderes als zum Beispiel Jazz, sollte man sich einmal die Zeit nehmen, sich mit sogenannter "Mikrotonaler Musik" auseinander zu setzen. Das ist Musik in anderen Tonsystemen, die andere Intervalle aufweisen. Der Begriff "Mikrotonalität" rührt daher, dass man zunächst versucht hat, den Halbton, den Ganzton oder die Oktave feiner zu unterteilen. Wirklich passend ist der Begriff natürlich nur in dem Zusammenhang, im direkten Bezug auch auf das gleichmäßig temperierte 12-Tonsystem.
Für mich ist es in letzter Zeit wie ein Lichtblick: endlich finde ich Musik, die mir Neues und mehr geben kann, die wirklich mal weitere Gefühls- und Gedankenbereiche anspricht und die ungemein spannend ist.
Ich empfehle daher mal ein paar Komponisten in der zeitgenössischen Klassik, welche mikrotonale Werke komponiert haben, die auch aufgeführt und aufgenommen wurden:
Iannis Xenakis
György Ligeti
Julián Carrillo
Iwan Wyschnegradsky
Hier gibt es eine Auflistung einiger solcher Tonsysteme mit weiteren Komponisten:
http://www.ekmelic-music.org/system.htm
Ein sehr schönes Stück, um in die Materie einzusteigen, ist zum Beispiel die "Sonata for Solo Viola" von Ligeti.
Diese Musik existiert in Europa schon eine ganze Weile, nur wird sie leider nicht fair genug behandelt, als dass viele Menschen davon etwas mitbekommen würden. Dabei sind die Möglichkeiten sehr weitreichend und die Ergebnisse überzeugen schnell.
Interessanter Weise gibt es seit den 60ern und 70ern zwei unterschiedliche Richtungen in der Mikrotonalen Musik. Die einen versuchen, frei zu sein und neue Bereiche zu erforschen, während sie sich auch mit dem Bau von neuen Instrumenten beschäftigen. Die anderen versuchen, Mikrointervalle zu nutzen, um möglichst nah an die reine Intonation und ihre Verwandten heranzukommen: so wurde zum Beispiel ein Computer-gestütztes Klavier entwickelt, welches automatisch Kontext-abhängig berechnet, welche "Variante" des gerade im Sinne des 12-Tonsystems gemeinten Intervalls die optimale ist, und den entsprechenden Ton dann spielt. Mittlerweile gibt es so etwas auch als mehr oder weniger gute Computerprogramme für Jedermann. Zwischen den beiden Lagern gibt es zuweil sehr interessante Diskussionen. Ich verweise auf das Buch Musik Konzepte Sonderband: Musik der anderen Tradition - Mikrotonale Tonwelten. http://www.amazon.de/Tradition-Mikrotonale-Tonwelten-Musik-Konzepte-Sonderband/dp/3883777021
Ein paar Kommentare dazu:
Ja, so in etwa empfinde ich das auch. Was mir allerdings fehlt sind ein paar "Werkzeuge", um diese Freiheit ausleben zu können. Für den Anfang ist scala sehr brauchbar - ein Programm, mit dem man unterschiedliche Tonräume erzeugen und via MIDI abspielen kann (die mikrotonalen Abweichungen werden über pitch shifts erreicht, was sich manchmal etwas unschön anhört). Außerdem ist es möglich, die Noten eines Stücks in Textdateien zu speichern, und diese dann in eine MIDI-Sequenz umzuwandeln. Das ist allerdings recht unübersichtlich, da die Spuren nacheinander bearbeitet werden.Für mich ist es in letzter Zeit wie ein Lichtblick: endlich finde ich Musik, die mir Neues und mehr geben kann, die wirklich mal weitere Gefühls- und Gedankenbereiche anspricht und die ungemein spannend ist.
Was ich noch suche sind ein mikrotonales Notensatzprogramm (nein, kein Notensatzprogramm das sich darauf beschränkt, das Einfügen von Vierteltönen zu ermöglichen), und einen Software-Synthesizer, den man mit beliebigen Frequenzen ansteuern kann (am besten von einem anderen Programm aus). Falls irgendwer Lust hätte so etwas zu programmieren, würde ich mich gerne an dem Projekt beteiligen.
Ansonsten bin ich noch an mikrotonalen Instrumenten, und deren Bau interessiert. Ich habe auch eine bundlose E-Gitarre bei mir rumstehen, bei der ich Bünde basierend auf der 53-Stufigen Stimmung markieren (also nur visuell) wollte, allerdings suche ich immer noch nach einem Verfahren, das relativ genau ist (dem Verwenden der theoretischen mathematischen Mensur vom Oktavpunkt aus stehe ich eher skeptisch gegenüber, außerdem hätte ich gerne schräge Bünde). Siehe auch:
http://www.novaxguitars.com/ (schräge Bünde)
http://www.truetemperament.com/site/index.php (Bünde, die auf jede Saite einzeln abgestimmt sind)
http://www.buzzfeiten.com/ (Buzz-Feiten Tuning)
http://infohost.nmt.edu/~jstarret/guitar.html ("normale" Gitarren in mikrotonale Gitarren umwandeln, Berechnung der theoretischen mathematischen Mensur)
Mit Komponisten mikrotonaler Musik habe ich mich noch nicht so viel beschäftigt. Von den von dir genannten sagt mir Iannis Xenakis etwas, ich werde mich die Tage evtl. mal etwas umhören. Insbesondere mit Harry Partch muss ich mich noch beschäftigen, der ja als Pionier der mikrotonalen Musik gilt.
Da würde ich mich eher zum ersten Lager zählen; erstens möchte ich immer wissen was ich mache, und die Entscheidungen keinem Programm überlassen, und zweitens bin ich skeptisch gegenüber dem Zusammenspiel zwischen mehreren Instrumenten, auch wenn oft behauptet wird dass es gut funktioniert (skeptisch in dem Sinne, dass man Potential ungenutzt lässt, nicht dass es schlecht klingt). Diese Einstellung hängt allerdings mit meinen persönlichen Präferenzen zusammen, und für viele sind computergestützte Instrumente sicher eine tolle Errungenschaft.Interessanter Weise gibt es seit den 60ern und 70ern zwei unterschiedliche Richtungen in der Mikrotonalen Musik. Die einen versuchen, frei zu sein und neue Bereiche zu erforschen, während sie sich auch mit dem Bau von neuen Instrumenten beschäftigen. Die anderen versuchen, Mikrointervalle zu nutzen, um möglichst nah an die reine Intonation und ihre Verwandten heranzukommen: so wurde zum Beispiel ein Computer-gestütztes Klavier entwickelt, welches automatisch Kontext-abhängig berechnet, welche "Variante" des gerade im Sinne des 12-Tonsystems gemeinten Intervalls die optimale ist, und den entsprechenden Ton dann spielt. Mittlerweile gibt es so etwas auch als mehr oder weniger gute Computerprogramme für Jedermann. Zwischen den beiden Lagern gibt es zuweil sehr interessante Diskussionen. Ich verweise auf das Buch Musik Konzepte Sonderband: Musik der anderen Tradition - Mikrotonale Tonwelten. http://www.amazon.de/Tradition-Mikrotonale-Tonwelten-Musik-Konzepte-Sonderband/dp/3883777021
Wahrscheinlich hat das folgende nichts damit zu tun, warum du den Link aufgeführt hast, aber ich kann das trotzdem nicht unkommentiert lassen:Hier gibt es eine Auflistung einiger solcher Tonsysteme mit weiteren Komponisten:
http://www.ekmelic-music.org/system.htm
Ich finde es schade wie verkehrt die Untertonreihe meist dargestellt wird, da es scheinbar kaum jemanden gibt, der das Konzept dahinter verstanden hat.3. Untertonreihe
Die Untertonreihe entspricht der Umkehrung der Naturtonreihe. Die Intervallfolge ist die gleiche, sie wird jedoch von oben nach unten geführt, mit der Konsequenz, dass der Grundton oben steht und die Tonstufen nach unten immer kleiner werden.
Da wir es gewohnt sind, den Grundton von unten zu hören, sind die Intervalle der Untertonreihe mit Ausnahme der Oktaven dissonant. Selbst die Unterquinte (= Quarte) ist eine Dissonanz, wenn der untere Ton als Grundton angesehen wird. Die Untertonreihe ist fiktiv, d.h. sie existiert real physikalisch nicht, doch da ihre Intervalle die gleichen wie die der Naturtonreihe sind, sind die aus ihnen gebildeten Mehrklänge Umkehrungen der natürlichen Akkorde und können musikalisch verwendet werden. Als solche haben sie alle Moll-Charakter — Moll wird also nicht allein durch die Umkehrung der Folge große Terz - kleine Terz erzielt, sondern durch jede Umkehrung von Intervallen aus der Naturtonreihe.
Zuerst einmal: Ja, die Untertonreihe ist zunächst einmal ein Konstrukt, da mit der Grundfrequenz eines Tones keine Untertöne mitschwingen (oder nur leise, wenn man manchen Quellen glaubt). Sie als "fiktiv" zu bezeichnen, weil sie angeblich "real physikalisch nicht existiert" ist aber falsch: Sie beschreibt einen existierenden physikalisch-akustischen Zusammenhang, man muss sie nur richtig interpretieren: Es handelt sich nämlich um die Reihe der Grundfrequenzen, die den Ausgangston der Reihe (= Referenzton) als Oberton besitzen. Der n-te Unterton der Reihe ist also der Ton, dessen n-ter Oberton der Referenzton ist. Aus diesem Grund ist es auch irreführend, von dem "Grundton" der Untertonreihe zu sprechen - es ist viel mehr ein Oberton, und die Töne der Untertonreihe sind dessen Grundtöne. Allen Untertönen gemein ist, dass sie nicht nur den Referenzton als Oberton besitzen, sondern auch dessen Obertöne, wodurch sich einige Obertöne überlagern, und es zu weniger Schwebungen zwischen den Obertönen kommt. Während hinter der Obertonreihe also das Konzept steht, dass man mehrere Töne als einen Ton (den Grundton) mit Obertonvorrat hört, steht hinter der Untertonreihe ein harmonisches Prinzip, mehrere Töne zusammen klingen zu lassen, ohne dass man sie als einen Ton hört. Die Obertonreihe steht also für Einfachheit und Schlichtheit, während die Untertonreihe für Vielfallt steht, wodurch letztere zwar nicht ganz so harmonisch ist wie erstere, hinter der aber dennoch ein harmonisches Prinzip steckt.
Insbesondere der Teil
ergibt für mich recht wenig Sinn: Warum soll die Quarte C' - F' in der Untertonreihe von c = c C F' C' ... nun dissonant sein? Und warum wird ausgerechnet die Quarte betont, wo doch die essenzielle harmonische Beziehung die zu c ist (der gemeinsame Oberton), also C' - c und F' - c.Da wir es gewohnt sind, den Grundton von unten zu hören, sind die Intervalle der Untertonreihe mit Ausnahme der Oktaven dissonant. Selbst die Unterquinte (= Quarte) ist eine Dissonanz, wenn der untere Ton als Grundton angesehen wird.
Zum Thema Reine Stimmung, Harmonischer Dualismus von Dur und Moll, und Ober-/Untertonreihe kann ich übrigens die Bücher von Martin Vogel empfehlen - insbesondere "Die Lehre von den Tonbeziehungen" und "Die Naturseptime". Auch mikrotonale Musik als Annäherung der 7-Limit Reinen Stimmung wird behandelt, insbesondere 31et (nur angeschnitten), 53et und 171et (et = equal temperament, also gleichstufige Stimmung mit Einteilung der Oktave in n gleiche Teile).
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