Hi Yocker
Deine Position ist für mich sehr gut nachvollziehbar und ok.
Wenn ich die Absicht habe, mit jemandem zusammen zu musizieren, hinterfrage ich selbstverständlich seine Möglichkeiten und mache dann passende Vorschläge. Wenn jemand anderes für die Kontaktaufnahme verantwortlich ist, der Kontakt quasi erst in letzter Minute hergestellt wird, die erwarteten Möglichkeiten nicht gegeben sind und derjenige dann auch gar nicht versucht, mit mir zusammen heraus zu finden, welche Möglichkeiten uns unter den gegebenen Umständen bleiben, wird es allerdings schwierig.
Eine Wahlmöglichkeit ist immer gegeben, sobald man mehrere Zugänge zur Musik erlernt hat. Wie groß die Wahl ist, hängt halt vom Stand der individuellen pianistischen Möglichkeiten und Theoriekenntnisse ab. Du kannst Dir überlegen, was Du aus den Dir vorliegenden Noten machst. Du kannst ausprobieren, ob sie Dir zu schwer sind. Und dann Gegenvorschläge machen, die Deinem Können entsprechen. Oder Du erschließt Dir aus dem Notentext die Harmonien und schreibst Dir die Akkordsymbole über die Noten. Dann kannst Du die vorgegebene Begleitung Deinem Können anpassen. Wenn letzteres zu viel verlangt ist, braucht man mehr Vorbereitungszeit, trifft sich zu einer "Erarbeitungsprobe" und knobelt gemeinsam aus, was geht und was nicht.
Akkordsymbole sind eine stark reduzierte Form der Notation, die viel Spielraum lassen. Auch damit muss man erst einmal umgehen lernen. "Notensklaven" sind schnell überfordert, wenn sie das nie gemacht haben. Die können auch nicht improvisieren. Das ist eine andere Form der Einseitigkeit.
Wenn ich für das Notenlesenlernen plädiere, bedeutet das nicht, dass ich der Meinung bin, dass man nur nach Noten lesend spielen soll.
Je umfassender das Wissen und Können wird, um so größer werden auch die zur Wahl stehenden Möglichkeiten.
Wer glaubt, Notenlesenkönnen sei völlig überflüssig, kann das für sich selbst gerne so sehen, aber nicht verallgemeinern.
Viele Grüße
Lisa