Natürliches Moll trotz Dominante in Dur?

  • Ersteller mjchael
  • Erstellt am
Naja, kommt halt auch drauf an wie man mit ChatGPT umgeht! Es gibt zB. GPTs in der Bezahlversion, die mit Musiktheorie gefüttert ist (heißt auch passenderweise Music Theory). Da kommen schon nachvollziehbare Antworten zu stande.
Das ist interessant, wusste ich noch nicht.

Die Version nutzt MaxJoy offensichtlich nicht - und nun wird mir auch bei so mancher Behauptung klar, wo er sie herhat. Dass "Es waren zwei Königskinder" und "Ein König in Thule" dorisch sei, oder der Großteil der Volkslieder pentatonisch ... dafür kam ja trotz mehrfacher Nachfrage keine Angabe, woher das stammt. Nun vermute ich mal ganz stark, er nutzt ChatGPT und schreibt das dann unreflektiert hier rein.

Ja, ich bin auch fasziniert davon, was das Ding kann. Aber man muss halt in der Lage sein, dass zu prüfen und zu beurteilen, ob das stimmt. Bei Programmcode, den mir GPT liefert, kann ich die Tests laufen lassen und Zeile für Zeile checken. Genau das muss man aber bei allen faktischen Aussagen tun. Also ja, es kann sicher eine große Hilfe sein, aber bitte nicht als einzige Quelle und nicht ohne Hintergrund.
 
Viele Volkslieder z. B. wurden so im Laufe der Zeit immer wieder der jeweiligen Mode entsprechend (re-)harmonisiert, aber die größtenteils pentatonischen Melodien blieben über alle Zeiten hinweg unverändert.

Du verstehst diese Aussage falsch. Ich meinte damit nicht, dass ein Großteil der Lieder rein pentatonisch ist. Schaut man sich jedoch die Wahrscheinlichkeiten an, mit denen einzelne Noten in einem Stück vorkommen, stellt man fest, dass das Tonmaterial in vielen Kinderlieden, Volksliedern und auch Popsongs fast ausschließlich pentatonisch ist. Die Pentatonik bildet sozusagen das Gerüst, die 4. und die 7. Stufe kommen entweder gar nicht oder höchstens mal an einer Stelle in der Melodie vor. Typisch ist auch, dass diese Töne keine tragende Rolle spielen, sondern nur in melodischen Übergängen kurz auftauchen. Sie färben die Melodie nur ein und lassen sich leicht austauschen/alterieren oder sogar ganz weglassen. Man kann sich leicht vorstellen, dass diese Lieder ursprünglich rein pentatonisch waren und im Laufe der Zeit immer wieder leicht verändert wurden, um sie an die gerade angesagten Harmoniefolgen anzupassen.

Von Greensleeves beispielsweise gibt es viele Versionen, mal steht es in natürlich Moll und es taucht einmalig kurz ein F in der Melodie auf, dann wieder wird es dorisch interpretiert mit einem F# statt des F. Mal taucht in der Schlusswendung einmalig der Leitton G# auf (melodisch Moll), in anderen - wahrscheinlich älteren Versionen - bleibt es beim G (natürlich Moll). Trotzdem würde ich sagen, dass Greensleeves ein pentatonisches Lied ist, würde man es so interpretieren, würde wenig verloren gehen und es wäre immer noch eindeutig wiederzuerkennen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die vorgeschlagene Erweiterung des Begriffs würde unterschiedliche Anordnungen von Halbtonschritten in Tonleitern des gleichen Tonvorrats auffangen, z.B. "C-Dur. D-dorisch usw." oder bei der "Dur- / Moll-Pentatonik".
Der "Tonvorrat" an sich ist für die Beispiele bekanntlich gleich, aber weder die Erscheinungsweise (unterschiedliche Abfolgen von Tönen) noch die musikalische Verwendung.
Die Betrachtung einer Tonleiter nur auf den "Tonvorrat" eines Stückes alleine zu reduzieren, würde einen wesentlichen, vielleicht sogar den entscheidenden Aspekt ausblenden. Denn du schreibst völlig zutreffend, dass ein und derselbe "Tonvorrat" eine unterschiedliche Erscheinungsweise und damit auch eine unterschiedliche Verwendung haben kann.
Der wesentliche, eigentlich der zentrale Aspekt einer Tonleiter ist der, dass sie einen Grundton hat. Erst durch diesen Grundton ordnet sich die Binnenstruktur des Tonvorrats, indem sie durch ihr Intervallverhältnis, das die Töne nicht nur zueinander, sonders im Besonderen zu dem Grundton der Tonleiter haben, auch ihre Ausdrucksspannung bekommen. Also eine jeweilige klangliche Kraft und Wertigkeit, die damit auch die Skala selber erhält.

Beispiel:
Alle modalen Skalen (sowie natürlich auch Dur und Moll, die ja als Ionisch und Äolisch schon in den Modi vorkommen) enthalten (mindestens) eine große Sexte, kleine Sekunde, Tritonus, usw. Aber die "dorische Sexte", "phrygische Sekunde", "lydische Quarte", "mixolydische Septe" existieren in ihrer besonderen Klanglichkeit nur in Bezug auf den jeweiligen Grundton ihrer Skala. Es ist also der Grundton, der aus dem quasi amorphen "Tonhaufen" des "Tonvorrats" eine Tonleiter mit einem individuellen Ausdrucksgehalt macht.
Die Melodien, die sich aus dem Tonvorrat einer Tonleiter bedienen, nutzen also diese Spannungsverhältnisse der Intervalle aus, die die Skala mit ihrem Grundton vorgibt.
Dazu muss die Melodie weder alle Töne einer Skala benutzen, noch muss sie an irgendeiner Stelle die komplette Skala in ihrer Abfolge bringen.
Ersteres ist häufig der Fall, letzteres kommt selten bis so gut wie nie vor (bei Gesangsmelodien).

@MaxJoy
Aus der Beobachtung, dass eine Melodie nur 5 Töne enthält, als Tatsache zu folgern, sie sei "pentatonisch", ist als Verallgemeinerung falsch, bzw. viel zu kurz gegriffen.
Gerade viele Volks- und Kinderlieder (wobei ich eher von einfacher strukturierten Melodien sprechen würde) sind deutlich Dur oder Moll zuzuordnen in ihrer klanglichen Anmutung, auch wenn sie nur 5 Töne bringen (oder manchmal noch weniger).
Sie nutzen halt nur nicht alle Töne der Dur- bzw. Moll-Skala, sind aber durch ihre melodische Struktur, ihre Intervall-Spannungsverhältnisse zu ihrem Grundton (s.o.) eindeutig Dur bzw. Moll.
Wie ich weiter oben schon schrieb, fehlt sehr oft die 7. Stufe bei diesen Melodien (meist in Dur), aber in der Harmonisierung wird die 7. Stufe als Dominant-Terz regelmäßig "nachgeliefert".

Dabei ist zu beachten, dass sehr viele der "volkstümlichen" Melodien die wir heute als "Volkslieder" ansehen (im abendländischen, bzw. eher noch mitteleuropäischen Kulturraum), aus dem 19. Jahrhundert stammen und nicht aus dem "Volk", sondern von Komponisten von "Kunstmusik" stammen (z.B. Brahms, Silcher, Schubert, u.a.).
 
aber in der Harmonisierung wird die 7. Stufe als Dominant-Terz regelmäßig "nachgeliefert".

Da liegt in meinen Augen der Trugschluss. Wie solche überlieferten Melodien harmonisiert werden, ist eine reine Modeerscheinung. Typischerweise funktionieren überwiegend pentatonische Melodien auch dann noch, wenn man sie nur mit einem tiefen Bordunton unterlegt, also ganz ohne Akkordwechsel. Und sie klingen auch noch gut, wenn sie mit Powerchords ohne Terz begleitet werden. In beiden Fällen taucht die 7. Stufe gar nicht auf und es vermisst sie auch keiner.

Ein Herr Wagner oder ein Jazzer würden eine pentatonische Melodie natürlich nachträglich viel fetter harmonisieren und sozusagen in die Dur-Moll-Tonalität eingemeinden, aber das ist nur eine Mode und kein Beweis für irgendwas.
 
Da liegt in meinen Augen der Trugschluss. Wie solche überlieferten Melodien harmonisiert werden, ist eine reine Modeerscheinung.
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Ein Herr Wagner oder ein Jazzer würden eine pentatonische Melodie natürlich nachträglich viel fetter harmonisieren und sozusagen in die Dur-Moll-Tonalität eingemeinden, aber das ist nur eine Mode und kein Beweis für irgendwas.
Sicher, beweist das nicht viel. Aber was beweist es, wenn ich z.B. "Hänschen klein" oder "Schlaf, Kindchen, schlaf" ohne Dominante, sondern etwa nur mit 1. und 2. Stufe als Pendelharmonik harmonisiere und begleite. Das funktioniert und klingt gut und schön, und gibt im Kontrast zur herkömmlichen Harmonisierung schöne Farben (besonders schön, wenn die I als maj7 und die II als m7 auftreten).
Aber macht das aus diesen Melodien, die beide nicht mehr als 5 Töne haben (und alte überlieferte Volkslieder sind), pentatonische Melodien im eigentlichen Sinn? Oder originäre Jazz-Melodien? Beweist das, dass sie keine simplen Dur-Melodien sind?

Das beweist allenfalls, dass eine gewisse Flexibilität gibt in der Ausgestaltung, bzw. dass wir diese Flexibilität heute haben. Wir sind heute viel unabhängiger von der ursprünglichen Gestaltung (sofern sie überhaupt überliefert ist).
Ist denn nicht in diesem Sinne alles was "schön" oder "interessant" klingt sozusagen "richtig"?
 

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