Moinsen,
klar denkt man sich: warum teure Studiomonitore für einen Batzen Geld kaufen, wenn die besseren Kopfhörer doch fast absolut frequenzneutral gebaut sind.
Doch fakt ist: Kopfhörer ersetzen keine Studioabhöre, sie ergänzen diese nur. Ich verwende meine Kopfhörer während der Aufnahme, und um Spuren zu schneiden und stellenweise genauer in dem Mix hineinzuhören, sprich hab hab ich Knackser durch fehlende (Cross-)fades oder Übersteuerungen. Oder wenn ich auf Grund bestimmter Uhrzeiten und gereizter Nachbarn meine Anlage nicht anschmeißen kann.
Warum Kopfhörer KEINEN Monitorersatz für Mix und Soundbeurteilung darstellen:
allein die Tonübertragung ist eine ganz andere: bei Lautsprechern versetzt die Membran die Luft in Schwingung, der Schall trifft nicht nur direkt meine Ohren, sondern streift auch das gesamte Gesicht, die Ohrmuschel frontal usw, aber wir hören auch das Signal von der linken Box im rechen Ohr, nur eben anders weil der schall wieder um den Kopf herum muss (was wieder den Sound beeinflusst) abgesehen von den natürlichen Raumreflexionen. Auch unser Körper wird zu Schwingungen angeregt (das merkst du am besten wenn du dich bei einem Konzert vor die Bassbox stellst: du spürst die Musik nicht nur im Magen und flatternden Hosenbeinen, deine Haare fangen auch an zu vibrieren) ...das trägt alles zu einem natürlichen Hörvermögen bei, der dem Realistischen entspricht.
Anders beim Kopfhörer: hier hat die Kopfform und die räumlichen Einflüsse keine Wirkung auf den Sound. Was rechts ist hörst du nur auf dem rechten Ohr. Ganz wichtig ist auch der fehlende Körperschall. Und Frequenzen >80Hz hörst du auch kaum noch, du spürst diese. Doch das fällt weg: du wirst so weder Bass Drum noch Bass, als auch die "normalen" Instrumente effektiv EQen und beurteilen können.
(Abhilfe schafft an dieser Stelle sog "Bass Shaker", das sind Lautsprecherchassis ohne Membran, erzeugen also keinen hörbaren Schall, sondern nur Körperschall, der durch Montage am Stuhl übertragen wird. Ich komme so wesentlich besser zurecht, das Gelbe vom Ei ist es aber immer noch nicht.)
Versuch mit deiner Hifi-Anlage und guten Kopfhörern zu mischen! Doch musst du auf jeden Fall deine Mixe auf anderen Anlagen gegenhören.
Ich habe auch auf diese Art ca 2 Jahre gearbeitet, weil ich auf gute Monitore sparen wollte und keinen billigen Ramsch kaufen. Zufrieden war ich mit meiner Arbeitsweise nicht. Bässe gingen wie gesagt gar nicht auf Kopfhörern zu beurteilen, und auch "zu viel/zu wenig Höhen und Bässe??" ging nur mit Gegenhören auf anderen Anlagen halbwegs in den Griff zu bekommen. Der Zusätzliche Aufwand war aber kontraproduktiv.
Wenn du dir Kopfhörer kaufen willst: ein guter Kopfhörer ist wie ein guter Studiomonitor/gute HIFI-Anlage eine Investition fürs Leben, daher kann man da auch etwas tiefer in die Tasche greifen, anstatt sich erst Mist und dann was gutes zu kaufen.
Doch empfinde ich 300 in einen Kopfhörer für einen Einsteiger etwas oversized. Studiokopfhörer für 120-180 haben schon eine hervorragende gute Qualität und sich solide genug gebaut, dass sie 10 Jahre halten müssten. Der qualitative Unterschied zwischen 150 KH und 300 KH ist kaum den Aufpreis wert, da tut sich nicht mehr viel.
Offene und halboffene kann ich dir nur bedingt empfehlen. Denn wann verwendest du normal Kopfhörer? Um aufzunehmen mit möglichst wenig Übersprechung und um in Ruhe Musik zu hören und keine Anderen zu stören, sowie nicht gestört zu werden. Das erreichst du nur mit geschlossenen KHs.
Beyerdynamic DT770 ist eine gute Wahl.
Gruß
Patrick
