Sustain allein kann man nicht mit Klangqualität gleichsetzen - dieses schnelle Fehlurteil ist immer wieder zu lesen.
Zumal ja erstmal geklärt werden muss, wer was unter Sustain versteht. Da git es nämlich 2 Möglichkeiten (was wird wann sustained):
1. Sustain= wie LANGE schwingt die Saite nach dem Anschlag hörbar. Tonlänge ist aber kein Kriterium für Tonqualität. Selbst wenn die Saite1/2 Stunde lang schwingt, muss dabei kein brauchbarer Ton rauskommen. Denn: Viel wichtiger für eine "guten Ton" (was immer man darunter versteht) ist
# das
Tonverhalten beim Anschlag und
# der
ersten Tonentfaltungsphase kurz nach dem Anschlag. Also sozusagen die "Early Reflections", um mal einen Begriff aus aus der Welt der Hallgeräte zu verwenden.
2. Sustain = Tonentfaltung. Wie laut - und durch des Gitarristen Hände formbar - bleibt der Ton nach dem Anschlag? Blüht er noch auf? Stellt er noch ein "Arbeitsbereich" zur Verfügung oder fängt er im Moment der Geburt schon an zu sterben?
3. Jetzt wird's noch knibbliger: Welche Frequenzen werden sustained? Sterben satte Mitten schnell weg und bleiben nur noch ein paar dünne Höhen über? Oder verpieseln sich Hochmitten und Höhen in Windeseile und hinterlassen einen Matsch an Tiefmitten und Bässen, die locker von Bass und Drums zugemacht werden. (typische Reaktion: Mein Amp steht auf Anschlag und und ich hör mich trotzdem nicht richtig

) Wie gesagt: Ich rede hier nicht von 10 Sekunden-Tönen sondern vom Bereich 1 bis 2 Sekunden. Denn da trennt sich die Spreu vom Weizen - und nicht, ob eine Saite 15 Sekunden rumschwingt - das tut sie fast auf jeder Gitarre, nur eben mit sehr unterschiedlichen Inhalt

. Eine Portion Pommes schmeckt nicht deshalb besser, weil die Tüte größer und bunter ist.
Bei der Tonansprache/Verhalten im Moment des Anschlags scheiden sich die Geister.
# Manche stehen auf den ultraschnellen Knack einer Telecaster. Die soll eben superschnell und prägnant auf den Punkt kommen, kurz und kräftig blühen und darf deshalb auch schneller sterben.
# Extremes Gegenbeispiel ist die Les-Paul-Art. Hier kommt der Ton eher gemächlich zustande, entwickelt aber dann (gute Hölzer vorausgesetzt) eine relativ ausgedehnte Arbeitsphase (sofern diese nicht bei schlechten Kopien mit tiefmittenbetonten PUs placebomäßig vorgegaukelt wird).