Tonartwechsel beim Solieren, wie vorgehen?

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krypton
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Hallo liebe Freunde der 6 Saiten, ich beschäftige mich grad ein bisschen mit Jazz, wo ja Tonartnwechsel während dem Stück ja keine Seltenheit sind. Jetzt frage ich mich wie man sowas am besten angeht. Wie übe ich sowas? Soll ich die Dur-Tonleitern von allen 12 Tonarten lernen die passende drüber spielen? Oder sollte ich einfach die Intervalle lernen um so flexibler auf dem Griffbrett zu sein? Wie habt ihr das denn gelernt?
Ich bin mir unsicher welche Vorgehensweise ich wählen soll, denn bei den Skalen hab ich ja eine gewisse Sicherheit, was sich ja insbesondere bei schnellen Läufen auszahlt, jedoch mit einem größeren Arbeitsaufwand verbunden ist. Bei den Intervallen bin ich ja wie schon gesagt wesentlich flexibler, habe allerdings keinen so guten Überblick über das Griffbrett.

Ich hoffe ihr könnt mir da weiterhelfen

Gruß krypton
 
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Ich schätze da ist jeder so ein wenig für sich, ich orientiere mich an den Pentatoniken, denn diese kann ich im Kopf schneller verschieben als die Kompletten Tonleitern, wenn ich die Pentas geshifted habe ergebensich die Scales wiederganz von selbst
 
jou so hab ich das eigentlich bisher auch immer "versucht" aber ich hab vergessen dabeizuschreiben dass ich die Tonarten wechseln will ohne die Lage zu wechseln, so, dass es es einfach "fließend" ineinander übergeht
 
Hallo krypton,
meinst Du wirklich Tonartenwechsel oder Akkordwechsel ? Letztendlich läuft es allerdings auf das gleiche hinaus, wenn Du von der Pentatonik wegkommen willst und die gesamte Bandbreite der Gitarre nutzen möchtest. Im Jazz folgt der Solist normalerweise den Akkorden, d.h. auf D spielst Du D-Dur und auf A A-Dur. Hierbei ist es besonders auch interessant die Lagen zu wechseln, um mehr Abwechslung in das Spiel zu bringen. Für den Anfang würde es reichen, dass Du Dir darüber bewusst wirst, wo sich die Dur- und Moll-Tonleitern befinden. Alternativ kannst Dich aber auch mit Jazz-Licks vertraut machen und Dir merken, auf welchen Akkord sie passen. Mit der Zeit hast Du dann einen ganzen Werkzeugkoffer von Licks beisammen, die Du im Spiel improvisationssicher einsetzen kannst. Und Du kannst damit beginnen, Deine eigenen Licks zu kreieren.

-LG Hubert
 
Es sind ja meistens Chord-Progressionen, die oft gleich sind. Das heißt, nicht Einzelakkorde, sondern Akkord-Folgen ... wie I-VI, II-V, V-I usw.
Das muß Du einmal OHNE Gitarre üben, indem Du singst, und die Leittonverbindungen und sonstigen melodischen Standardlinien, die sich dafür anbieten, finden lernst. Danach überträgst Du die auf die Gitarre, indem Du die als "Haupttöne" zu verwenden lernst ...
 
countrytele und turko haben es ja schon erwähnt: Oftmals findet man im Jazz gar nicht wirklich "echte" Tonartwechsel sondern lediglich Variationen von Akkorden innerhalb einer Tonart. Diese Variationen gehen aber eben oft soweit, dass die Töne der eigentlichen Tonart nicht mehr dazu passen.
Ich finde das persönlich viel schwieriger als echte Tonartwechsel, zumal diese Variationen oft in relativ schnellem Tempo daherkommen.

Als kleines Beispiel: Eine *der* typischsten Akkordfolgen im Jazz ist eine sog. "1625", oder eben auch "I-VI-II-V". Bleiben wir mal im altbekannten C-Dur, dann sieht diese Folge, wenn wir nur "echte" Akkorde aus C-Dur benutzen, so aus:
C, Am, Dm, G.
Um die Septimen erweitert (im Jazz ja quasi schon Pflicht) dann so:
Cmaj7, Am7, Dm7, G7.
Will man dann noch sog. "Optionstöne" verwenden, ergeben sich die folgenden Möglichkeiten:
Cmaj7/9/13, Am7/9/11, Dm7/9/11, G7/9/13.
Weiterhin kann man bspw. das C noch als C6 spielen, oder das G7 als G7sus4. Ich will jetzt nicht weiter erläutern, warum und wie es zu diesen Erweiterungen kommt, das würde im Moment den Rahmen sprengen.
Fest steht: Zu all diesen Akkorden kann man ganz wunderbar ausschließlich in C-Dur solieren.

Aber leider bleibt es eben sehr oft nicht dabei. Gerade bei den Dominantakkorden (in unserem Fall also dem G7) wird gerne allerhand "Schabernack" betrieben.
Es ist ja vielleicht bekannt, dass bei der Bewegung von Dominante zur Tonika zwei Töne hauptverantwortlich für eine "Strebe/Zug-Wirkung" sind:
- Die Terz der Dominante (in unserem Fall das H) löst sich chromatisch (um einen Halbton) nach oben zum Grundton der Tonika (dem C) auf.
- Die Septime der Dominante (in unserem Fall das F) löst sich chromatisch nach unten zur Terz der Tonika (dem E) auf.
Im Jazz fügt man jetzt bei Dominanten häufig allerlei weitere Töne hinzu, die eine Strebewirkung entfalten. Diese sind dann aber eben oft nicht mehr diatonisch (also innerhalb der eigentlichen Tonart) zu "bespielen".
Beispiel G7: Hier könnte man z.B. eine b13 als Optionston verwenden. Zwingende Gründe gibt es dafür nicht, nur eben, dass sich weitere Strebewirkungen ergeben. Die b13 für's G7 ist das Eb. Das kann sich, wenn's nach Cmaj geht, entweder einen Halbton nach oben (zum E, der Terz des C-Akkordes) oder einen Halbton nach unten (zum D, der None des C-Akkordes auflösen). Und das klingt auch sehr authentisch (ich kann gerne ein Klangbeispiel liefern).

Fazit bis jetzt: Obwohl wir an sich keinen wirklichen Tonartwechseln vorliegen haben, kommt dennoch ein Akkord vor, bei dem die C-Dur Skala nicht mehr greift.

Das wäre vielleicht noch nicht so dramatisch, wenn sich denn der G7/b13 Akkord auf einer anderen Dur-Skala aufbauen würde (die Dur-Skalen sind einem ja vielleicht die vertrautesten). Aber der Lump denkt gar nicht an sowas - auf den Stufen einer Durskala finden wir keinen Dominantseptakkord mit b13 als Optionston. Wir finden den Akkord aber auf den Stufen anderer Tonleitern, als Beispiele die beiden vermutlich wichtigsten:
- V. Stufe von harmonisch Moll (in unserem Fall also C-harm.Moll)
- als "alterierter" Akkord (der oft und gerne, aber dennoch fälschlicherweise (zumindest in der Theorie) als VII. Stufe von melodisch Moll beschrieben wird).

Zusätzlich könnte man auch noch die Halbtonskala herbeiziehen. Oder die V. Stufe von melodisch Moll. Oder einige wildere Konstrukte.

So, das war jetzt lediglich das, was bei *einem* Akkord passieren kann. Aber im Jazz sind, selbst bei einer so schlichten Akkordfolge, noch deutlich mehr Geschichten drin. So werden etwa häufig Akkorde "dominantisiert", erneut um mehr Strebewirkungen zu erhalten. In unserer Beispielakkordfolge wäre das typischerweise das Am7, welches zu einem A7 wird. Erneut passt C-Dur nicht mehr, erneut können wir mehr als eine andere Skala zum "bespielen" herbeiziehen. Und selbst das Dm7 könnte zu einem D7 werden. Im Extremfall gibt es dann die sog. "Tritonussubstitution". Ich will das jetzt aus Zeitgründen nicht näher erklären, nur soviel: Entsprechend mit Optionstönen versehen, kann der Grundton einer Dominante um einen Tritonus verschoben werden. Aus einem G7 kann also ein Db7 werden. Aus einem A7 ein Eb7.
Unsere Akkordfolge könnte also auch so aussehen:
Cmaj7, Eb7, Dm7, Db7. Das ist übrigens, durch die chromatische Basslinie, ganz nett anzuhören.
Eine andere Alternative wäre:
Cmaj7, A7, Ab7 (Tritonusersatz für ein D7), G7. Wieder eine chromatische Basslinie. Klingt auch gut.

Ok, ich muss jetzt gleich enden, deshalb für jetzt: Ich glaube, man kann so schon sehen, wohin das Ganze im Extremfall führt. Durskalen und auch die dazugehörigen Pentatoniken helfen einem leider in den seltensten Fällen weiter. Fingersätze einfach zu verschieben wird auch in den meisten Fällen nicht "plausibel" klingen.

Meiner Meinung nach gibt es zwei Möglichkeiten, sich an die Materie zumindest heranzutasten:

1) Spielen von sog. "Guide Lines". Das sind im wesentlichen die "Leittonverbindungen", die turko schon erwähnte (kann man aber massiv ausbauen). und auch wenn ich das ansonsten für super halte, würde ich hier nicht unbedingt per Gesang anfangen, sondern tatsächlich auf dem Instrument.

2) Kleine "modale" Übungen, in denen bspw. ein nicht funktioneller Akkordwechsel von einem statischen Akkord zu einem anderen stattfindet. Diese beiden Akkorde können gerne den Durtonleitern entlehnt sein, es geht hierbei darum, sich damit vertraut zu machen, bei einem Tonartwechseln NICHT die Lage zu wechseln, oder zumindest eben nicht genau um den "Wechselwert" zu springen.
Bsp.: Unsere beiden Akkorde könnten Am7 und Cm7 sein. Gehen wir mal davon aus, dass man die, wenn es ein wenig jazzig sein soll, gerne dorisch "behandelt". Das wären dann jeweils die Akkorde auf der zweiten Stufe einer Durtonleiter (Am7 = II. Stufe von G-Dur, Cm7 = II. Stufe von Bb-Dur). Jetzt sucht man sich für's Am7 eine komfortable Lage (meinetwegen die VII., da geht das ganz gut), und wenn es dann zum Cm7 weitergeht, springt man NICHT drei Bünde hoch. Denn das wird genau so klingen. Dabei werden üblicherweise sämtliche Melodiebögen zerrissen. Besser ist es, sich entweder die nächste komfortable Lage für Bb-Dur (also Cm-dorisch) zu suchen (vielleicht V.) oder nur die Töne, welche man gerade spielt, an den veränderten Akkord anzupassen. Bsp. für Letzteres: Über einem Am7 passt ein E prima. Über einem Cm7 nicht mehr. Da muss es dann ein Eb werden (u.U. geht auch ein F). Das ist eigentlich etwas, was man bei Jazzimprovisationen sehr oft macht - es werden Töne permanent "angepasst". Zumindest erreicht man damit ein hohes Maß an Plausibilität.

Soweit erstmal.

- Der Sack
 
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Dankeschön für eure Antworten!

Dummer Sack: Du hast es genau auf den Punkt getroffen mit den modalen Übungen, mir gehts ja darum wie ich das praktisch bewerkstellige, soll ich wirklich alle (!) 12 Major Scales + ihre Modi auf dem Griffbrett auswendig lernen und je nach bedarf spielen oder gibts da auch einen anderen Weg wie z.B. die intervalle zu lernen. Weil alle 12 Dur Tonleiter + Modi erscheint mir doch etwas viel, da muss es doch auch einen leichteren Weg geben
 
soll ich wirklich alle (!) 12 Major Scales + ihre Modi auf dem Griffbrett auswendig lernen und je nach bedarf spielen oder gibts da auch einen anderen Weg wie z.B. die intervalle zu lernen. Weil alle 12 Dur Tonleiter + Modi erscheint mir doch etwas viel, da muss es doch auch einen leichteren Weg geben

Im Prinzip lautet die Antwort: Ja, sollst du.
Allerdings: Ich halte es nicht für erforderlich, wirklich alle Modi zu lernen. Denn letztendlich ist ein Modus ein Abkömmling einer Durtonleiter. Da muss man sich nur irgendwann ransetzen und versuchen, die klanglichen Unterschiede a) zu verinnerlichen, b) ausdrücken zu können. Dafür gibt es aber durchaus brauchbare Übungen.
Und was alle 12 Tonleitern angeht, so ist das auf der Gitarre, aufgrund der Verschiebbarkeit, ja nicht halbwegs so schwer wie bspw. auf einem Klavier.

- Der Sack
 
Jo also die Modis solltest du meiner Meinung nach schon alle drauf haben zusätzlich noch ein paar dom7 Varianten wie Phrygian Dominant (das ist die V. Stufe von Harmonisch Moll die der Sack bereits erwähnte) und Alteriert. Wichtig ist dabei aber eher zu wissen welche Akkorde dazugehören und welche zusätzlichen optionen oder Klänge sich ergeben, es geht also weniger darum das Griffpattern zu lernen (das schon auch) als vielmehr den harmonischen Zusammenhang des jeweiligen Modus zu verstehen. Beispiel Dorisch klingt so wie es klingt weil anstelle der üblichen kleinen Sexte eine große Sexte über einen Moll dreiklang gespielt wird ... usw. (ich weis nicht wie weit du bereits bist, deshalb; ist nicht Oberlehrerhaft gemeint)

Mit den Pentas ist es dennoch so dass sie die Denkarbeit beim Tonartenwechsel etwas vereinfachen können. Du kannst ja auch alle 5 Patterns in einer Lage spielen must dir dann nur verdeutlichen in welcher Grundtonart du dich gerade befindest. Evtl. gewünschte extensions (oder Optionstöne wie der Sack sie nennt) kannst du dann ergänzen, das ist häufig einfacher als das gesamte Skalengerüst im Kopf um x Halbtonschritte noch oben oder unten zu verschieben.

Denke daran, du kannst beispielsweise die Mollpenta als Grundgerüst für natürliches Moll, Dorisch, und Phrygisch hernehmen. Wenn du also A-Moll Penta spielst, kannst du mit ein und dem selben Pattern sowohl A-MOll als auch D-MOll als auch E-MOll abdecken, dabei musst du nur (um den Eindruck zu verstärken) einen zusätzlichen Ton einfügen, für D-Moll die kleine Sekunde (Vom Grundton A des Patterns aus betrachtet), für E-Moll die große Sexte, für A-Moll die kleine Sexte.

Eleganter klingt es wenn du beim wechsel von A nach E vom 1. Pattern der Moll Penta auf das dritte Pattern wechselst, beide von A aus gespielt. Beim Wechsel von A- auf D hingegen wechselst du von 1. Pattern auf das 4. Pattern. Beides kein Hexenwerk und du deckst bereits drei benachbarte Tonarten im Quintenzirkel ab.

Das weiter oben bereits erwähnte einwerfen von extensions in das Pentagerüst erweitert deine Möglichkeiten dann nochmals, Extremfälle wie sie der Sack erläutert hat, dass dir einer in zwei Takten einen bunten Sack voller Dom7 Akkorden mit den lustigsten Extensions ausschüttet bekommst du so nur bedingt in den Griff (hey einfach mal nichts spielen :)), aber Cool Jazz und Fusion Sachen klappen ganz gut

Gruß
 
Zuletzt bearbeitet:
Mit den Pentas ist es dennoch so dass sie die Denkarbeit beim Tonartenwechsel etwas vereinfachen können. Du kannst ja auch alle 5 Patterns in einer Lage spielen must dir dann nur verdeutlichen in welcher Grundtonart du dich gerade befindest. Evtl. gewünschte extensions (oder Optionstöne wie der Sack sie nennt) kannst du dann ergänzen, das ist häufig einfacher als das gesamte Skalengerüst im Kopf um x Halbtonschritte noch oben oder unten zu verschieben.

Denke daran, du kannst beispielsweise die Mollpenta als Grundgerüst für natürliches Moll, Dorisch, und Phrygisch hernehmen. Wenn du also A-Moll Penta spielst, kannst du mit ein und dem selben Pattern sowohl A-MOll als auch D-MOll als auch E-MOll abdecken, dabei musst du nur (um den Eindruck zu verstärken) einen zusätzlichen Ton einfügen, für D-Moll die kleine Sekunde (Vom Grundton A des Patterns aus betrachtet), für E-Moll die große Sexte, für A-Moll die kleine Sexte.

Eleganter klingt es wenn du beim wechsel von A nach E vom 1. Pattern der Moll Penta auf das dritte Pattern wechselst, beide von A aus gespielt. Beim Wechsel von A- auf D hingegen wechselst du von 1. Pattern auf das 4. Pattern. Beides kein Hexenwerk und du deckst bereits drei benachbarte Tonarten im Quintenzirkel ab.



Gruß

Ok vielen dank an dich und auch an den Sack!

Ich versteh was du damit meinst, die Pentatonik um die betreffenden Tönse zu erweitern, das mach ich auch jetzt schon so. Aber den 2. Teil versteh ich nicht wirklich, wieso wird aus der Am Penta durch zufügen einer kleinen Sekunde ein Dm?
 
Weil du durch die kleine Sekunde der Mollpenta den typischen Phrygischen Charakter aufpraegst, A-Phrygisch ist eine STufentonleiter von D-Moll, A-Dorisch mit der Grossen Sexte ist eine Stufentonleiter von E-Moll so ist das gemeint, sorry hab mich da nicht gut ausgedrueckt. Wie gesagt ist nicht die aller eleganteste Methode, aber es hilft beim Umdenken bei einem Harmoniewechsel.
 

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