Verhuntzte Technik geradebiegen

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wolfbiker
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Hallo zusammen,

nach längerer Abstinenz melde ich mich mal wieder hier.
Und zwar folgendes: Ich wollte bis 2013 immer relativ schnell spielen können und habe dafür viel Übungen mit Metronom gemacht. Im Großen und Ganzen hat das auch gut funktioniert, allerdings hab ich das Tempo auch hin und wieder mal etwas gepusht und schneller gespielt, als ich grundsätzlich bereit bin. Wie auch immer, wenn ich mir die Aufnahmen heute anhöre, denke ich mir, ganz passabel.

Die letzten 4 Jahre habe ich dann sehr wenig Gitarre gespielt, was diverse gesundheitliche Ursachen hatte. Schmerzzustände, Depression, etc. Seit einem halben Jahr bin ich aber wieder soweit fit und spiele auch wieder regelmäßig, zuerst ganz viel Akustik mit Gesang und mittlerweile auch wieder E-Gitarre. Der Wunsch nach schnellem Geratter ist immer noch da. Ich hab mich da wieder langsam rangetastet und auch erstmal viel zu Backing Tracks geübt.
Allerdings schaffe ich es nicht mehr, das damalige Niveau zu erreichen - wenns etwas komplizierter oder schneller wird krampfen die Hände einfach und am liebsten würde ich die Gitarre dann wegschleudern. Egal wie langsam ich mich rantaste, ab einem gewissen Punkt stellt sich alles auf AutoPilot.

Macht eine Depression auch die Gitarrennerven kaputt?! (rhetorische Frage)
Gibt es irgendeine Möglichkeit, alte Bewegungsmuster im Gehirn zu löschen, sodass die Technik wieder etwas kontrollierter wird, ohne dass sofort wieder alte, unsaubere Muster abgespielt werden? Ich dachte ja eigentlich daran die Sachen einfach so lange langsam zu üben, bis sie von selbst schöner werden... aber irgendwas blockiert mich enorm. Mir kommt meine Frage etwas dumm vor, aber ich war wieder mal so frustriert, dass ich die Axt gerade wieder am liebsten an die Wand hängen würde.

Viele Grüße!
 
Eigenschaft
 
Ich dachte ja eigentlich daran die Sachen einfach so lange langsam zu üben, bis sie von selbst schöner werden... aber irgendwas blockiert mich enorm.
langsam üben wär mein vorschlag gewesen.
was ist das problem daran?
 
Hoi
Die Antwort versteckt sich in deinem Eingangspost
...Die letzten 4 Jahre habe ich dann sehr wenig Gitarre gespielt....

...Seit einem halben Jahr bin ich aber wieder soweit fit und spiele auch wieder regelmäßig..

Good News: Bewegungsmuster fallen nicht weg nach 4 Jahren Pause, das hast du schnelle wieder drin.
Bad News: Geschwindigkeit/Präzision leidet als erstes, wenn das Ueben eingestellt wird. Geschwindigkeit/Präzision/Sicherheit ist nämlich die Folge von Drill, von immer wiederkehrenden gleichen Bewegungsabläufen. Das braucht halt leider seine Zeit, bis das wieder auf dem alten Niveau ist. Das heisst nichts anderes, als: Dranbleiben, regelmässig Ueben. Lieber jeden Tag 30 Minuten als am Wochenende 4 Stunden.
 
Macht eine Depression auch die Gitarrennerven kaputt?
Nein, denn sonst könnte ich schon lange keine Gitarre mehr angreifen.
Du bist aus der Übung - und offenbar stehst du dir da irgendwo selbst im Weg. Bist vielleicht zu verkrampft. Und das sind dann Muster die sich dein Hirn merkt - bis hierher kann ich und nicht weiter. Selbst wenn du es schon mal konntest.
Da spielt dir dein Unterbewußtsein wohl einen Streich - falls du wegen der Depression noch in Therapie gehst, sprich das dort an, damit es gelöst werden kann. Ansonsten gilt: viel üben, dabei locker bleiben und möglichst nicht (im Kopf) verkrampfen.
 
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Kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen ...
Wichtig aus meiner Sicht - nicht sich selber im Weg stehen.
Dran bleiben, aber nichts erzwingen wollen ... sich über das jeweils wieder Erreichte freuen, und es sich in Ruhe entwickeln lassen ...
 
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Und im übrigen seh ich das mit dem Gitarre spielen ähnlich wie mit dem Radfahren: man verlernt es nicht, auch wenn man eine längere Pause macht. Aber man ist zunächst etwas wackeliger unterwegs als vorher. Das legt sich aber in der Regel mit der Zeit.
Ich habe einige Jahre Pause gemacht und es hat danach schon einige Zeit gedauert, bis ich wieder voll drin war und mir auch neues aneignen konnte.
 
Ich glaub du wilst zu schnell zu viel von dir.

Wenn du langsam übst, dann muss es wirklich so langsam sein, dass du nicht gestresst bist oder du irgendwie dich nur annäherend verkampfen möchtest. Die lockere Spieltechnik willst du dann auf Geschwindigkeit bringen. Wenn du jetzt schon am Limit übst und die saubere Basis 50 bpm zurück liegt, dann übst du nur dich noch mehr zu verkrampfen. Das macht so einfach keinen Sinn.

Ja du darfst auch mal schneller spielen als du kannst, um das Hirn zu überlisten, damit überkommt man mentale Barrieren. Auch Austesten wieviel geht macht Sinn, aber am Ende musst du immer wieder zu einem gescheiten Übungsniveau zurück kehren. Auf diesem Niveau wilst du unbedingt gemütlich und fehlerfrei spielen.

Ohne dich angreifen zu wollen, ist denke ich auch deine alte Technik das falsche Ziel. Du willst zwar das Tempo was auch gut ist, aber gleichzeitig wäre es sinnvoll das ganz locker auf dem Tempo zu spielen. Ich sage immer was ich auf 100% aufnehmen will, muss ich auf 120% geübt haben und können. Dann wirds für mich gut, weil ich entspannt bin.

Ich empfehle dir das Buch Speed Mechanics von Troy Stetina und sehr viel Zeit und Geduld einzuplanen :)

Als Anfänger hat man auch nicht nach 1 Jahr super schnell gespielt. Als Wiedereinsteiger ist das zwar wahrscheinlicher, aber alte und vorallem schlechte Angewohnheiten, die sich über Jahre gefestigt haben, gehen einfach nicht so schnell weg.
 
Guten Abend,

erst einmal Danke an alle für die rege Beteiligung und die Unterstützung. Grundsätzlich mal ist es beruhigend zu hören, dass es einfach Teil des Prozesses ist und der Weg, auf dem man sich befindet, nicht grundsätzlich falsch ist. (Natürlich wäre es mir lieber gewesen zu hören, es gäbe ein Zaubertrick! :) )

Wenn ich mir eure Beiträge durchlese und mich selbst bisschen beobachte merke ich schon, dass ich dem ganzen nicht die Geduld gebe, die es vielleicht benötigt. Dadurch entwickelt sich dann im Kopf eine Art Erwartungshaltung, wie es auszusehen hat und von Arm bis Rücken alles irgendwann verspannt ist... und man nach einer Zeit bemerkt, dass man sogar unwillkürlich die Luft anhielt. Tatsächlich schon vorgekommen. Jetzt wundert wohl niemanden mehr was. Also ist es tatsächlich so, dass sich das Gehirn auch den Krampf anlernt?
Wo kommt denn diese Ungeduld, möglichst viel möglichst schnell können zu wollen, überhaupt her?!?

Werde jetzt die nächste Zeit erstmal bisschen Akustik spielen und dazu singen... aktuell bin ich viel zu angespannt um locker an die Sache ranzugehen.
 
Die Verkrampfung übst du quasi mit ein, aber an sich lernst du nicht zu krampfen. Du hast halt eine bestimmte Haltung die dein motorisches Gehirn sich merkt und wenn du diese oft genug wiederholst wird das abgespeichert. Anfangs krampft da auch erstmal nichts bis du halt paar Wiederholungen bei sammen hast, da du unnötig irgendwelche Muskeln zusätzlich anspannst und dich in eine eher unangenehme Haltung drückst.
 
Wo kommt denn diese Ungeduld, möglichst viel möglichst schnell können zu wollen, überhaupt her?!?
Das hat ganz viele verschiedene Gründe. Einer meiner "Lieblingsgründe" ist der Zugang zu Youtube und damit den Extremen, welchen man da begegnet. Du schaust dir ja nicht Otto Normalgitarrist an...nein, du schaust dir das Wunderkind an, welches es in dieser Form nur einmal in einer Million gibt.

Das vergleichst du am Besten damit: In der Zeitung steht nichts über deinen Nachbarn, der mit seinem Vertreterjob grad so die Familie ernähren kann. Laaaangweilig. Nein, auf Seite 1 steht der Bericht über den Lottogewinner, der grad mal eben den Schein richtig ausgefüllt hat, obwohl man ja eher zweimal nacheinander vom Blitz getroffen wird.
Und trotzdem du tausende und abertausende Nachbarn um dich hast, welche sich auch zweimal überlegen müssen, ob sie dieses Jahr etwas weiter weg in Urlaub fahren werden, so spukt in deinem Hirn einzig und allein der Lottogewinner herum.
 
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Und warum vergleichst du dich überhaupt mit jemand? Und spielst nicht einfach DEINE Musik, so gut (oder schlecht ;)) wie es grad deinem Stand entspricht, und hast Freude daran? Um dann in Ruhe den nächsten Schritt zu gehen ... und den nächsten ... und den nächsten ...
Lass es sich entwickeln ... es ist kein Leistungssport ...
Und vor Allem: Hab Freude dabei!
 
Ich hab jetzt nicht wirklich rausgelesen, dass sich der TE mit jemandem vergleichen will sondern nur
Wo kommt denn diese Ungeduld, möglichst viel möglichst schnell können zu wollen, überhaupt her?!?
alles schnell lernen will. Ich glaub, diese Ungeduld kommt daher, dass man natürlich das Instrument beherrschen will. Weil man gern geile Musik macht, weil man ein Vorbild hat oder warum auch immer. Weil das mehr Spass macht, als reines Üben.
Also ist es tatsächlich so, dass sich das Gehirn auch den Krampf anlernt?
Zum einen ist da das motorische Gedächtnis. Zum anderen der berühmte Pawlowsche Reflex, der ja nicht nur bei Hunden und Futterglocke funktioniert. Du übst etwas ein und es klappt nicht. Du wirst unruhig, weil es auch beim zweiten und dritten Versuch nicht klappt. Und schon assoziiert dein Gehirn mit dieser Passage die Unruhe und dass du es nicht schaffst. Das musst du eben wieder rauskriegen, wahrscheinlich am besten, indem du das besagte Stück mal ad acta legst und ein anderes hernimmst, bei dem du noch keine negativen Erfahrungen hast.
 
Jetzt wundert wohl niemanden mehr was. Also ist es tatsächlich so, dass sich das Gehirn auch den Krampf anlernt?

Dummerweise ja. Woher soll denn Dein Bewegungszentrum wissen, dass es richtig oder falsch ist, eine Bewegung mit übermäßiger Kraft aufzuführen? Du solltest den Motorkortex schon mit möglichst gut ausbalancierten Bewegungen füttern, und gerade nicht mit Wiederholungen von falschen Ausführungen.

Wo kommt denn diese Ungeduld, möglichst viel möglichst schnell können zu wollen, überhaupt her?!?
Das ist individuell immer schwer zu sagen.

Aber meiner Meinung und Erfahrung nach liegt die Ungeduld darin begründet, dass man mit dem aktuellen Zustand nicht zufrieden ist und diesen nicht als gegeben für sich selbst annehmen möchte. Insofern stimme ich Startom zu. Es ist unerheblich, ob die Unzufriedenheit mit einem konkretem Vorbild eines Youtube-Schlafzimmerhelden, eines bekannten Bühnenhelden wie Guthrie Govan, Bumblefoot, VaiMalmsteenSatch oder einem -noch- nicht konkretem Zustand Deines Spiels in der Deiner eigenen Zukunft zustande kommt. Wichtig ist, dass Du zunächst einmal ohne Wenn und Aber akzeptierst, dass Du so spielst, wie Du spielst und über die Fertigkeiten verfügst, über die Du gerade verfügst. Und nichts anderes. Wenn Du nicht in der Lage bist, ein Lick oder eine schwierige Stelle fehlerfrei zu spielen, dann ist das so. Punkt. Wenn Du irgendwann mal im Lernfluss stehst, dann wirst Du solche Momente sogar schätzen lernen, weil sie Dir eine Handlungsvorgabe geben und Du damit weißt, welchen Stein Du als nächstes ausräumen musst.

Desweiteren musst Du Dich von den "absoluten" Fähigkeiten Deiner konkreten und nicht konkreten Vorbilder verabschieden und lernen, in relativen Kategorien zu denken und stattdessen die kleinen Fortschritte, zu denen Du fähig bist, wahrzunehmen, für Dich selbst messbar zu machen und dann schätzen lernen. Erst, wenn Du das geschafft hast, kannst Du meinetwegen wieder anfangen, Deine Vorbilder anzubeten und sie als Stichwortgeber für Deine fernen Lernziele zu gebrauchen.

Mir ist bewusst, dass das leichter klingt, als es ist. Speziell, da Du ja eine depressive Phase durch hast, ist das Thema Selbstakzeptanz für Dich vielleicht ein ganz besonders schwieriges. Aber glaub mir, ohne diese landest Du immer in der gleichen Falle.

Werde jetzt die nächste Zeit erstmal bisschen Akustik spielen und dazu singen... aktuell bin ich viel zu angespannt um locker an die Sache ranzugehen.
Ja. Es gibt nichts besseres, als Singen und sich selbst zu begleiten. Dieser ganze Shredkram ist zwar nett, aber den Kern der Musik erwischst Du nur, wenn Du singst. Insofern: tue das, unbedingt!

Grüße Thomas
 

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