Warum wollen ständig Leute hier Liedvorschläge?

  • Ersteller foxytom
  • Erstellt am
schöner differenzierter Beitrag Hans_3, habe ihn mit Interesse gelesen.
Über eine Aussage von dir bin ich gestolpert:

Ich beobachte das Geschehen hier nun seit 4 Jahren. Es sind in der Tat grenzenlos Unbegabte hier, die auch in 100 Jahren, nach dem 100.000. Post und dem 100. Effekt,- Gitarren- und Ampkauf keine 3 zusammenhängenden Töne aus ihrem Instrument hervorholen werden. Aber auch solche, die sich im Laufe der Zeit erkennbar entwickelt haben. Die holen sich hier ab, was sie zur Entwicklung brauchen, kommen wieder oder nicht oder man verliert sie aus den Augen.

.

ich glaube diesen "grenzenlos Unbegabten" fehlt es vor allem an eigener Kritikfähigkeit sich selbst gegenüber, sie sind nicht fähig ihr eigenes Spiel kritisch zu reflektieren und daraus ihren Fortschritt zu beziehen. Traurig vor allem wenn man bedenkt das dies wahrscheinlich nicht nur auf ihr Gitarrenspiel zutrifft. Für eine grenzenlose Unbegabung im Sinne von unterdurchschnittlichem Talent (wenn du das so gemeint hast) halte ich das aber nicht unbedingt. Eher vielleicht für übertriebenes Selbstbewußtsein im Bezug auf die Realität... denn ich glaube nicht das auch nur eine von den Personen die du damit meinst sich für einen schlechten Spieler hält.
Das ist für mich auch eins der grundsätzlichen Probleme (um auf die Frage im Hauptthread zurückzukommen) - diese "mir gehört die Welt" Mentalität. Ich bin gut, ich kann viel, gebt Futter für meine Fähigkeiten...

Greetz Gitisfun
 
Ich denke, es ist wirklich verdammt schwierig, aus der angesprochenen Reizüberflutung und
dem Überangebot heraus seine Identität zu entwickeln. Wer mit dem heutigen MTV und dem
massigen Medienangebot klarkommen will, muss erst mal lernen was wirklich wichtig ist, eben
auch das Ganze zu filtern.
Für viele von uns wird es nicht einfach sein, einen Bezug zur klassischen Musik oder zu ursprünglichem
Jazz zu finden, ich meine so, dass man sich mit den Komponisten und Interpreten beschäftigt.
Ich meine jetzt nicht Rock mit Neo-Klassik und Barock Elementen ala Malmsteen.
So in etwa stelle ich mir das vor, wenn ein heutiger Jugendlicher versucht, seine Brührungspunkte
mit den prägenden Rockmusikern zu finden.

Für mich gab es die meisten wirklichen Idole zwischen 1950 und vielleicht 1985, weil sich da
einfach eine Ganze Menge bewegt hat, wie z.B. Rassenhass, Anti-Krieg, Revolution, kalter Krieg.
Das war der Antrieb für die Musik als Protest und somit als ehrliche Form der Kunst.

Es ist schlicht die Not und auch Verzweiflung, die wir brauchen um kreativ zu sein. Das fehlt heute
sicherlich, um die Köpfe zu fordern. Standardgejammer und leere Phrasen sind das Ergebnis.
Und wenn jemand wirklich was zu sagen hat, wird bei der Industrie sofort der Freidenker-Alarm
ausgelöst. B-Promis sollen unsere Idole sein und wir haben das zu akzeptieren. Alles schön
kontrollierbar.

Kann ja mal jemand eine Umfrage starten, warum jemand angefangen hat, Gitarre zu spielen und
wo er sich musikalisch in 10 Jahren sieht. Die meisten, die Anfangen, hören eh bald wieder auf,
v. A., wenn sich kein Erfolg einstellt.

Der Weg sollte immer das Ziel sein, wenn es einen persönlich weiterbringt.

Achso, sorry, das Thema...
Der Mangel an Identität fördert das Verlangen, immer ein Feedback zu bekommen, ob man
alles richtig macht. Man will zu den "coolen" gehören, nicht dem Mainstream entsprechen.
Das es harte Arbeit ist, etwas selbst zu können und darin gut zu sein wird oft übersehen.
Die Antwort der Fragen scheint dabei nicht so wichtig zu sein wie das überhaupt jemand
eine Antwort geschrieben hat. Leider sagt nie jemand "hast Du fein gemacht" ...
 
Der Weg sollte immer das Ziel sein, wenn es einen persönlich weiterbringt.

Achso, sorry, das Thema...
Der Mangel an Identität fördert das Verlangen, immer ein Feedback zu bekommen, ob man
alles richtig macht. Man will zu den "coolen" gehören, nicht dem Mainstream entsprechen.
Das es harte Arbeit ist, etwas selbst zu können und darin gut zu sein wird oft übersehen.
Die Antwort der Fragen scheint dabei nicht so wichtig zu sein wie das überhaupt jemand
eine Antwort geschrieben hat. Leider sagt nie jemand "hast Du fein gemacht" ...

Paradoxerweise macht man sich gerade so, dem Mainstream zugehörig :D
 
Der Weg sollte immer das Ziel sein, wenn es einen persönlich weiterbringt.

Der Weg darf nie das Ziel sein. Das Ziel ist das Ziel, der Weg ist der Weg.
"Der Weg ist das Ziel" ist kompletter Blödsinn, der uns gern als asiatische Weisheit verkauft wird. Mich nervt die Beliebigkeit, die dahinter steckt.

Wer nicht weiss, wo er hin will und einfach losrennt, darf sich nicht beschweren, wenn's ihm nicht gefälllt, wo er landet. Mal abgesehen davon, das er gar nicht weiss, ob er schon irgendwo angekommen ist....
 
So sehe ich das nicht ganz.

Wenn man ohne Weg an ein Ziel kommt, z.B. wenn man alles in den Allerwertesten geschoben
bekommt, hat das Ziel wesentlich weniger Bedeutung. Der Weg ist das Leben, das Ziel ist der Tod.

Mal auf das Gitarrenspiel bezogen, weißt Du, wann Du dabei am Ziel angekommen bist ?
 
Wenn man ohne Weg an ein Ziel kommt, z.B. wenn man alles in den Allerwertesten geschoben
bekommt, hat das Ziel wesentlich weniger Bedeutung.

Absolute Zustimmung! (wie auch zu Deinem posting davor - das kann ich, von dem einen Satz abgesehen, komplett unterschreiben). Was leicht erreichbar ist (im Überfliuss verfügbar), ist wertlos. Das ist im Leben nicht anders als in der Wirtschaft.

Ich meinte es aber andersherum: es gibt viele Situationen, in dem Leute etwas machen, ohne sich über ihre eigene Motivation klar zu sein und ohne ein (ernstgemeintes, realistisches) Ziel vor Augen zu haben. Einfach, weil "man" das macht, weil es "cool" ist, zum Zeitvertreib, etc.

Das ist mit Frustration verbunden. Man will "Spass" haben. "Spass" kann aber nie ein Ziel sein, weil das ein völlig undefinierbarer, unberechenbarer, flüchtiger Zustand ist. Das ist, wie Du schreibst, der Versuch, ein Ziel zu erreichen, ohne einen Weg zu gehen. Man "investiert" nicht eigene Arbeit oder Zeit (und wird dafür mit Können belohnt, an dem man "Freude" hat), sondern "bezahlt" mit Geld.

Das ist die derzeit übliche Lebensphilosophie. Da können die Kiddies aber nix dafür. Die Welt, die sie vorfinden, ist von "unserer" Generation so gemacht worden. Die Jüngeren müssen sich nur darin zurechtfinden. Das ist - mit nahezu grenzenlosen Freiheiten, beliebiger Verfügbarkeit von Informationen, Unterhaltung, Instrumenten, Musik, etc. - keine leichte Aufgabe.

Ich beneide die Leute nicht, die heute zwischen 15 und 25 sind.
 
Früher war alles besser, waren die Leute generell aufgeschloßener, aktiver und überhaupt?:cool:
Man liest oft "Hätte ich damals gewusst was ein XY Akkord/Pentatonik/X-beliebige Technik ist, hätte ich mir viele mühselige Stunden erspart", nun warum bitte darf sich der begeisterte 14jährige der seine Cort Einsteigergitarre auspackt dann nicht eben jenes Fachwissen schnell und unkompliziert über freies Lehrmaterial aneignen?

Ich habe als ich angefangen habe zu üben, viel nach Tabs gespielt, mir Workshops und ähnliches durchgelesen, einen richtigen E Gitarrenlehrer hatte ich nicht.
Ich habe das ganze nie stur nachgespielt, Tabs oft nur als Ausgangspunkt für Experimente genutzt und doch weiß ich nicht ob ich noch immer Gitarre spielen würde wenn es all dies nicht gegeben hätte. Mag sein dass mich das für die Fraktion der "self-made" Gitarristen, die sich auch noch das komplizierteste im Mix irgendwo ganz links angestellte Riff rausgehört haben, als "unmotiviert" und verwöhnt abstempelt, es hat mir immer Spaß gemacht.
 
Früher war alles besser, waren die Leute generell aufgeschloßener, aktiver und überhaupt?:cool:
Man liest oft "Hätte ich damals gewusst was ein XY Akkord/Pentatonik/X-beliebige Technik ist, hätte ich mir viele mühselige Stunden erspart", nun warum bitte darf sich der begeisterte 14jährige der seine Cort Einsteigergitarre auspackt dann nicht eben jenes Fachwissen schnell und unkompliziert über freies Lehrmaterial aneignen?


Ich glaube das ist nichtmal das Schlimme. Eher, dass man einfach die pure Faulheit heraushören/lesen kann wenn nach jedem Furz gefragt wird, und man als Leser einfach merkt: Der Typ will alles in den Hintern geschoben bekommen. Da hörts mMn irgendwo auf. Wozu spielt die Person denn Gitarre, wenn sie ständig versucht Entwicklungsstufen zu überspringen bzw. nichtmal "die Eier dazu hat" die Gitarre in die Hand zu nehmen und einfach zu spielen, seinen Sound zu finden, zu lernen.
Aber nein, alles muss schnell gehen, und wehe es dauert länger als 10 Minuten. Dann wird die Gitarre in die Ecke gelegt. Und das Niveau bleibt.

Und da kann ich die Älteren hier auch einfach verstehen wenn sie garnicht erst Antworten wollen. Wozu auch? Es hat ja keinen Zweck.
Das Internet, dieses Board verleitet die Anfänger ja gerade dazu sich zu entlasten. Früher gab es das nicht, da war die Selbstinitiative einfach Pflicht!

meine Meinung dazu

gruß Hamstersau

PS: klasse thread:)
 
Früher war alles besser, waren die Leute generell aufgeschloßener, aktiver und überhaupt?:cool:

The past ist a foreign country. They do things different there.

Ich zitiere ausnahmsweise mal mich selbst:

1) Als ich angefangen habe, mich mit der Musik auseinanderzusetzen, gab es kein Internet und auch nicht den Begriff "Newbie". Meine Info-Quellen waren Musikzeitschriften, Peter Bursch, Fernsehsendungen, Schallplatten, das Radio, und meine Freunde.
Ein Anfänger heute findet eine komplett andere Umwelt vor. Ist die besser oder schlechter? keine Ahnung - aber sie ist dermassen anders, dass es mir schwerfällt, für seine Situation Verständnis aufzubringen. Möglicherweise liegt das an mir. Fakt ist aber: ich hatte nur wenige, überschaubare Informationsquellen. Ich konnte gut damit leben, als Anfänger bestimmte Dinge nicht zu wissen. Und es war selbstverständlich, für gute Informationen zu bezahlen. Das ist heute ganz offensichtlich komplett anders.

- Ich füge hinzu: die Art der Rezeption von Musik ist auch eine andere. 1980 hiess "Information": MusikExpress, Fachblatt, Radio. Ende.

- "Die neue LP" von z.B. Queen oder Abba oder Boney M. oder Status Quo zu erwerben hiess: Taschengeld zusammenkratzen, mit dem Fahrrad in den Plattenladen (oder warten, bis die Eltern mal wieder einkaufen fahren) - Platte kaufen (und dabei noch eine gute Stunde stöbern und vielleicht noch 2 oder 3 andere Schätzchen entdecken), zurück nach Hause und mit zitternden Händen vooorsichtig die Plattennadel in die Rille gesetzt. Auf's Bett setzen, Teetasse/Bierchen in die Hand nehmen und lauschen (evtl zusammen mit dem Kumpel, den man angerufen hat) Nach 20 Minuten umdrehen. Auf's Bett setzen und lauschen. Nach 25 Minuten nochmal umdrehen und von vorn. Und dann lief das Ding im Idealfall die nächsten Tage rauf und runter, bis man jeden Furz, jeden Ton auswendig kannte. Natürlich wurde am nächsten Tag in der Schule ein bisschen rumgeprollt: "Ey, ich hab die neue von...." - und dann gingen die Diskussionen los. (Über die Musik - nicht über die letzte NasenOP von Britney). Guten Freunden (und NUR denen) hat man ggf. die LP auf MusicCassette überspielt - aber nur im Tausch gegen eine andere.

- Die Musiker und die Industrie wussten: eine LP hat 2x25 Minuten zur Verfügung. Da passen 10 Stücke drauf und die müssen sitzen. Es wird live eingespielt. Die Produktion ist teuer. Von dem Material, das im Studio auf 16 oder 24 Spur-Tape erstellt wird, wird 1 Mix gemacht und was nicht wirklich überzeugt, landet im Archiv. Die Komposition von Stücken fand (noch) am Klavier oder auf der Gitarre statt. Songwriting bedeutete: es gibt eine Melodie und einen Text - einen "SONG" eben, der von der Musik begleitet wurde.

- Gitarre spielen lernen? Gitarrenstunden zu nehmen bedeutete damals Volkslieder auf dem Wanderklampfe in einer Klasse von 15 Kindern zu spielen. Und : Noten lesen lernen! Es gab keinen Unterricht, der sich mit dem Thema Pop oder Rock auseinandersetzte. Lehrbücher: 1977 war Peter Bursch der ERSTE, der ein Gitarrenbuch mit Pop, Folk und Rock-Repertoire (und SCHALLFOLIE!!) angeboten hat. Und über viele Jahre war er der einzige. Musikjournalismus: Musikexpress und 2,3 andere Zeitungen. Musiker-Zeitschriften? Seit Ende der 70er gab es das "Fachblatt", Mitte der 80er kamen erst weitere Zeitschriften dazu, die Instrumentenspezifische Inhalte hatten.

War das "besser" als downloaden, Playlisten, MP3-Player, HD-Recording, ProTools-Editing GuitarPro, Looper und Internetforen?

Es ist auf jeden Fall nicht wiederholbar und für jeden, der nach ca. 1985 geboren ist vollkommen unverständlich. Es fällt mir ja sogar schwer, mich in diese Situation wieder hineinzudenken. Aber es macht den Aufwand klar, der damals betrieben werden musste, um sich mit Musik auseinanderzusetzen. Und damit bekommt Musik als solche, das Musizieren und das Hintergrundwissen für diejenigen, die diesen Aufwand damals hatten, einen viel höheren Wert.

Das heisst: wir "Oldies" waren in jungen Jahren gezwungen, Prioritäten zu setzen, Ziele zu setzen und dafür auf anderes zu verzichten. "Der Weg ist das Ziel" war eine Haltung, für die es was auf die Nuss gab. "Umsonst" gab es gar nichts - und wenn, dann wusste man das zu schätzen. Ich will hier aber nicht den Eindruck erwecken, ich hätte für die Musik gehungert - in den 70ern gab es weniger Armut als heute und mir ging's ziemlich prächtig. Die Mentalität im Umgang mit dem Wohlstand war aber anders - er war nicht selbstverständlich.

Die Kiddies haben freie Auswahl. Aber sie können damit nichts anfangen. Sie müssen sich nicht festlegen. Und sie können es oft auch nicht, weil Überfluss nicht nur Werte zerstört, sondern auch verunsichert.

Ist das "besser"?
 
Die Kiddies haben freie Auswahl. Aber sie können damit nichts anfangen. Sie müssen sich nicht festlegen. Und sie können es oft auch nicht, weil Überfluss nicht nur Werte zerstört, sondern auch verunsichert.

Der Abschnitt gefällt mir gut; das trifft auf viele zu. Aber ich kenne auch viele Gegenbeispiele aus dem Umfeld meiner Kinder (inzwischen 20++), die gelernt haben, Freiheit zu gestalten und die auch Einsatz zeigen. Aber die sind alle "von Hause aus" an (arbeitsintensive) Hobbies herangeführt oder von einem Kumpel "angesteckt" worden.

Schule, Medien und die Gesellschafft allgemein orientieren ja leider nur noch auf "den kleinsten gemeinsamen Nenner".
Meine Eltern mußten früher am Sonnabend-Kaffetisch extra für mich den "furchtbaren" Beatclub ("Ist ja eklig! Wie die schon aussehen!") über sich ergehen lassen. Dafür habe ich halt den Operettenschmalz ertragen, bis den Eltern das selbst zu öde wurde....

Wegen des Schielens auf Einschaltquoten gibt es heute seltenst mal Musiksendungen, die nur ein spezielles Publikum ansprechen. Selbst Klassik wird so ver-andree-rijö-t, daß einem übel wird. Mal eine Jazz-Sendung, oder (fachkundige) Metal-, Folk- oder sonstwas - 3/4Stunde?
Die Werbesender MTV usw. mit dazwischengeschalteten Musik-Clips zwecks CD-Promotion kann man ja nicht als richtige Sender bezeichnen.
Woher sollen die Kids denn wissen, was es sonst noch so gibt? Und, sollen die überhaupt was mitkriegen? Sie sollen doch das beworbene Zeug kaufen!

Ach, ich muß noch ein Ärgernis zum "kleinsten gemeinsamen Nenner" mal loswerden:
Da sieht man beim Stadtfest eine lokale Band mit einem sehr schön gemixten Programm und freut sich, die im kommenden Jahr wieder hören zu können. Und dann spielen die nur die deutschen Charts und Ostalgieklassiker. "Weil das so gewünscht wurde vom Veranstalter."
Es lebe die kreative Vielfalt.....:-(

Wie soll so Enthusiasmus und Experimentierfreude entstehen?

(Von den faulen Typen, denen selbst ein Blick ins Lehrbuch zuviel ist, rede ich hier gar nicht. Die fassen ihre Gitte sowieso bald nicht mehr an, weil das Lernen auf Dauer zu mühselig ist.)


Angelika
 
vielleicht für übertriebenes Selbstbewußtsein im Bezug auf die Realität... (...) diese "mir gehört die Welt" Mentalität. Ich bin gut, ich kann viel, gebt Futter für meine Fähigkeiten...

das Internet ist mitunter auch eine bunte Spielwiese für virtuelle Charaktere, die vehement mit der Realität ringen ...

Foren sind mitunter auch farbenfrohe Spielwiesen für exzentrische Selbstdarsteller, die ein deutlich wahrnehmbares Defizit an Zuhören können im Sinne von Mitlesen haben ...

Musik ist mitunter auch eine hellleuchtende Bühne, die scheinwerfersüchtige Motten auf das glitzernd funkelnde Parkett einer Scheinwirklichkeit lockt ...

Aber ... wie heißt es so schön: auch die Bretter, die mancher vor dem Kopf hat, können bisweilen die Welt bedeuten ...

Ich denke, bei dieser Mentalität „postet mal, was ich spielen könnte“, geht es aber nicht allein um solche Charaktereigenschaften alleine .... um dieses Verhalten erklären zu wollen, sollte man sich eventuell mal mit dieser Frage beschäftigen: wenn jemand (aus welchen Gründen auch immer) nicht in der Lage ist, sich selbst Lieder zu suchen, die er üben will - wird er dann in der Lage sein, sich Vorschläge zu erarbeiten?

.... die Antwort darauf hat in meinen Augen wenig mit geänderten Umweltbedingungen zu tun und ist auch kein Generationsproblem.

Übrigens: mein persönliches High-Light von Hans war ja eher dieses Statement hier:

Es gibt 10.000e, die mit Ihrem Instrument weitgehend außerhalb der Internetöffentlichkeit arbeiten und lernen und deren Problem es sicher nicht ist, nach 3 Jahren Zugehörigkeit, 4 Jahren Gitarre und 555 eigenen Beiträgen noch den Unterschied zwischen Dur und Moll zu erfragen.

Gibt’s da überhaupt einen? ;) Ich mach dass alles total nach Gefühl .... und komm ohne Skalen aus. :great: Hey Leute, kann mal wer ein paar Songs posten, die ich ohne Tonleitern spielen kann! :D

Aber im Ernst: ich hab in meinem Leben den Draht zu den heute jugendlichen Musikern zum Glück nicht ganz verloren ... und meine Beobachtungen bestätigen diese Aussage: es gibt (auch heute, trotz Internet) eine breite Masse an Musikern, die mit Ihrem Instrument intensiv arbeiten und lernen und sehr konkrete Vorstellungen habe, was sie spielen wollen und was sie lernen müssen, um Fortschritte zu machen.

Die Frage „was kann ich spielen?“ liegt denen möglicherweise genauso fern wie der alten Generation, die sich hier zu Wort gemeldet hat.

Was mich bei diesem Thread etwas belustigt ist, dass er nicht direkt die Betroffenen fragt, sondern die ältere Generation. Vielleicht deswegen, weil man von den Betroffenen keine Antwort erwarten darf? :D

Also ich muss euch zu einem großen Teil recht geben und muss sagen das auch ich mich in dem einen oder anderen Punkt wieder erkenne. Anderseits gibt es innerhalb meines Alters auch wieder zwei Parteien. Einmal die von euch sehr häufig kritisierte, aber auch die andere, die sich durchaus mit Musik der damaligen Zeit auseinandersetzt.

Diese Gruppenbildung hat es zu unserer Zeit genauso gegeben. Ich würde es sogar noch genereller formulieren: es gibt auch solche (die von Dir zweit genannte Gruppe), die sich leidenschaftlich gerne mit Musik auseinander setzen ... die unterteilen sich wieder in weitere Gruppen nach Metal, Rock, Pop, Blues, Jazz, Klassik, Volksmusik, Schlager ... oder wie man diese Genres auch immer untereilen möchte ... manche sind dem anderen Genre gegenüber tolerant ... die anderen nicht ...

Ja, auch der Begriff der MP3-Sammelgesellschaft trifft ganz gut zu. Jeder hat ne externe 250GB Festplatte voll mit Musik von A-Z, aber hören tut das keiner, bzw. auch nur eine CD davon gekauft hat auch keiner. Man wird heutzutage dumm angemacht, wenn man sich noch CD's kauft. "Du hast doch nen Geldscheißer" heißt es da oft und das kann man von mir wirklich nicht behaupten. Ich setze halt Prioritäten, (...)

Da seh ich einen grundlegenden Wertewandel. Zu unserer Zeit war es total cool, die neuesten LPs in der Tüte in die Schule mitzunehmen. Da konnte man sich einer spannenden Diskussion über sein eigenes Lieblingsthema sicher sein ... da unterstellte einem keiner (!!) Reichtum ... aber jeder hat sofort geschnallt: dem ist Musik was wert ... der verzichtet auf so manchen Rausch weil er eine andere Leidenschaft hat ... der gehört „dazu“ ... für die meisten Schultaschen waren die LPs zu groß ... warum man mit einer tollen Platte den ganzen Tag als „Musikfreak“ auf Hunderte Meter weit erkennbar war.

Und es war ein ausgewählter Kreis, dem man seine LPs geborgt hat. Wer keine LPs zum Verleihen hatte, hatte es schwer, mitreden zu können.

Wer nicht die gleiche Ernsthaftigkeit, Werthaltung und Leidenschaft hatte, konnte sich nicht hinter einem Usernamen oder einem bunten Bildchen dazuschwindeln und so tun „als ob“.

Sagen wir mal so: Fragen wie: „Was kann ich den mal spielen?“ gab es damals auch ... nur hat solche Mitschüler niemand wirklich ernst genommen!

Möglicherweise riskierte man mit solchen Fragen eher, als Mama-Bubi aufgezogen zu werden, als „uncooler Typ“, dem Mami alles nachtragen muss. Aber mein Gedächtnis lässt mich angesichts solcher pubertären Grobheiten heute etwas im Stich! :D

Taschengeld zusammenkratzen, mit dem Fahrrad in den Plattenladen (oder warten, bis die Eltern mal wieder einkaufen fahren) - Platte kaufen (und dabei noch eine gute Stunde stöbern und vielleicht noch 2 oder 3 andere Schätzchen entdecken), zurück nach Hause und mit zitternden Händen vooorsichtig die Plattennadel in die Rille gesetzt. Auf's Bett setzen, Teetasse/Bierchen in die Hand nehmen und lauschen (evtl zusammen mit dem Kumpel, den man angerufen hat) Nach 20 Minuten umdrehen. Auf's Bett setzen und lauschen. Nach 25 Minuten nochmal umdrehen und von vorn. Und dann lief das Ding im Idealfall die nächsten Tage rauf und runter, bis man jeden Furz, jeden Ton auswendig kannte. Natürlich wurde am nächsten Tag in der Schule ein bisschen rumgeprollt: "Ey, ich hab die neue von...." - und dann gingen die Diskussionen los. (Über die Musik - nicht über die letzte NasenOP von Britney). Guten Freunden (und NUR denen) hat man ggf. die LP auf MusicCassette überspielt - aber nur im Tausch gegen eine andere.

Eine schöne nostalgische Erinnerung. Ich seh’s deutlich vor mir! Unzählbare Stunden mit Freunden beim gemeinsamen Musikhören verlebt. Jeden Tag nach der Schule für ein bis zwei Stunde ab in den Plattenladen und alles anhören, was auch nur irgendwie nach Musik „riecht“ ... ständig im Goldgräberfieber und auf der Entdeckungsreise nach neuen musikalischen Diamanten und Goldschätzen.

Gegenüber der Bushaltestelle zur Schule war ein Musikhaus mit tollen Instrumenten in der Auslage ... Gesprächsstoff ohne Ende ... trotzdem haben wir’s regelmäßig in die Schule und wieder heim geschafft :D eigentlich war es uns ziemlich egal, ob nun das Musikhaus, der Plattenladen oder die Schule das Ziel war ... solange nur alles Brauchbare und Interessante am Weg verfügbar war ... :D ... und seine WIRKUNG nicht verfehlt hat.

So anders das Leben ohne Digitaltechnik (PC, Internet, Mobiltelefon, MP3 etc.) auch war ... es ist für mich nicht die Antwort darauf, „warum hier ständig Leute nach Liedvorschlägen fragen“.

Wenn ich in solche Threads nichts ernsthaftes poste, liegt es daran, weil ich mich dieser Frage nicht verbeißen kann: Wenn jemand nicht in der Lage ist, sich selbst Lieder zu suchen, die er gerne spielen will oder die ihn weiter bringen - wird er dann in der Lage sein, sich Vorschläge zu erarbeiten?

Greetz relact
 
Ich möchte mal aus der Sicht eines 14-jährigen Gitarristen zu diesem Thema mein Statement abgeben.

Nun, da ist schon was dran, dass man heutzutage immer fauler wird und sich nur mehr Tabs aus dem Netz lädt. Viele andere "Freunde" von mir laden sich nur mehr Tabs und meinen sie sind cool...

Nun, ich persönlich bevorzuge eher die alte Variante mit Musik hören -> Klampfe nehmen -> Pentatoniken rauf und runter spielen und schaun, was passt.
Wenn ich dann was ähnlich passendes gefunden hab, schau ich ins Netz und lad mir den Tab um zu schaun, ob ich irgendetwas richtig hab. Und wenn es so ist, freut man sich natürlich und versucht weiter zu machen (meine erste eigene Impro war Norwegian Wood von den Beatles.).
Wenn ich dann meiner Meinung nach fertig bin, schreib ich mir meinen eigenen Tab und lass den dann ruhen und schau, was ich sonst noch so spielen könnte.

So, gehe ich halt vor, also eine Mischung aus allem...
 
Wegen des Schielens auf Einschaltquoten gibt es heute seltenst mal Musiksendungen, die nur ein spezielles Publikum ansprechen. Selbst Klassik wird so ver-andree-rijö-t, daß einem übel wird. Mal eine Jazz-Sendung, oder (fachkundige) Metal-, Folk- oder sonstwas - 3/4Stunde?
Die Werbesender MTV usw. mit dazwischengeschalteten Musik-Clips zwecks CD-Promotion kann man ja nicht als richtige Sender bezeichnen.
Woher sollen die Kids denn wissen, was es sonst noch so gibt? Und, sollen die überhaupt was mitkriegen? Sie sollen doch das beworbene Zeug kaufen!
Angelika

Auf SF 2 gibts so ne Musiksendung, mir fällt nicht ein wie sie heisst. Da kommen manchmal ganz nette Sachen. Und einmal kamem auf SF 1 (vielleicht auch 2) Aufnahmen des Jazzfestivals Bern 2003. War aber um 12 Uhr nachts. Aber sonst hab ich auf dem Sender nie was gesehen.
Ach ja Arte ist auch ein toller Sender. Da kommen immer wieder Beiträge über Musiker.

Ich habe meine Neugier an Musikstilen, die man nicht auf MTV sieht mehr oder weniger zufällig entdeckt. In einem Forum war eine Diskusion um das Album 10'000 Days von Tool.
Tja, und als ich dann eines Tages in einem Kaufhaus stand, wollte ich selbst wissen wieso die Platte so toll sei und hab sie mir gekauft.

Erst war ich nicht so begeistert, aber ich hab gelernt, richtig hinzuhören und wirklich aktiv Musik zu hören.

So kam ich zum Progrock/Metal. Hab dann über Monate lang mein gesamtes Taschengeld für Progplatten ausgegeben.^^ Und ich bereue keine einzige (ausser einer^^).
Vom Progrock aus, hab ich dann nach und nach verschiedene Genres kennengelernt.
Ausser den Blues, den kenn ich vom Gitarrenuntericht.
 
Hi,
hab jetzt den ganzen Thread (noch) nicht gelesen...aber mir scheint, dass das, was hier zum Teil beklagt wird, nicht zuletzt mit den schier unbegrenzten Möglichkeiten zusammenhängt, sich Informationen zu beschaffen.
Man muss nicht mehr in den persönlichen Kontakt. Ich erlebe es ja selbst. Ich kann den ganzen Tag, sei es auf der Arbeit oder zu Hause, das tun, was mir reichlich Freude bereitet:
Ich kann mich mit ähnlich gepolten Leuten über meine Leidenschaft austauschen.

Keine Ahnung, ob ich jetzt, wäre ich sechzehn, in einem stinkenden Proberaum oder vor dem Rechner sitzen würde.
Vermutlich letzteres.

Ich liebe stinkende Proberäume...:D

Gruß, P.
 

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