Wie improvisiere ich über folgende Stücke / Akkordfolgen?

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sco0ter
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Hi,

ich wollte mal fragen, mit welcher Skala / Tonleiter ich am besten über folgende Stücke / Akkordfolgen improvisieren kann:

Sweet Home Alabama: D C G
Von den Akkorden her würde ich nach meinem Verständnis sagen, das ist G-Dur, da C die 4te Stufe und D die 5te Stufe ist.
Allerdings fängt der Song ja auf D-Dur an. Ist es also dann so was wie D-myxolydisch (Töne von G ionisch allerdings mit D als Grundton)?

Hey Joe: C G D A E (alles Dur)
Hier bin ich total verwirrt.
Was ist das für eine Tonart?

Fly Away: A C G D
Auch hier würde D G A auf D-Dur deuten, fängt aber mit A an. Auch das C passt ja eigentlich nicht.

An Skalen kenn ich eigentlich nur die Pentatonik. Reicht die dafür? Muss ich während des Stückes umdenken und auf eine andere Tonart wechseln?
 
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hey sco0ter,

sweet home alabama hast du ja die lange schon ganz richtig erfasst : )
wenn du nur pentatonik kannst, dann würde ich dir in dem fall zur G-Dur Pentatonik raten, oder parallel eben E-Moll Pentatonik.
genauso kannst du aber auch die D-Dur bzw H-Moll Pentatonik ausprobieren, vor allem wenn dir der sound der #11 in C gefällt (F# in D-Dur Pentatonik)

hey joe ist schon ein bisschen verzwickter. für mich hört es sich gerade nach einer sequenz aus die das ganze harmonisch plausibel macht (die melodie mal außer acht gelassen).
C G D = D A E
S D T (S D T)

mit D dur als X der modulation.
also könntest du zum beispiel C und G D-Dur/H-Moll Pentatonik spielen und ab dem D-Dur E-Dur/C#m-Pentatonik spielen. gerade diesen übergang von D-Dur Penta zu C#m Penta stell ich mir ganz reizvoll vor.

wenn dir das beim D zu abgefahren klingt, kannst du auch über C und G C-Dur Pentatonik spielen und über D A dann D-Dur/H-Moll Penta und über E dann irgendeinen mixolydischen lick braten.

fly away kannst du auch (wenn dich das reizt) komplett über D-Dur/H-Moll Penta bedienen. das dürfte eine einfache aber auch sehr spannende option sein.

viel erfolg damit!
Robert
 
Vergiß´ die Skalen und konzentrier´ Dich 5 Jahre lang einmal auf die Dreiklänge, deren Töne, und die in der jeweiligen Akkordfolge enthaltenen GTLs.
Sollten Dir Töne zur Verbindung fehlen, fügst Du die nach Gehör dazu. Meiner Meinung führt dieser Skalenfetisch in einer zu frühen Phase der persönlichen musikalischen Entwicklung zu nichts ...

LG, Thomas
 
Hey :)

Deine Verwirrung ist durchaus nachvollziehbar, weil du noch denkst, dass jedes lied eine bestimmte Tonart hat. Bei Sweet Home Alabama handelt es sich um eine V-IV-I Verbindung in G dur, wie du bereits erkannt hast. Theoretisch betrachtet würdest du für die Dominante die mixolydische, für die Subdominante die lydische und für die Tonika die ionische Skala verwenden. Du würdest dementsprechend die Akkorde D C und G zu D7 Cmaj7 und Gmaj7 modulieren. Ich nehme an, dass du mir soweit folgen kannst. Wenn nicht, dann informier dich nochmal.

Jetzt wunderst du dich aber, wie in einem Song 5 Durakkorde vorkommen können. Um dir das auf dem Griffbrett besser sichtbar zu machen, empfehle ich dir mal die Progression nicht mit offenen Akkorden zu spielen. Spiel die doch mal so:
C=x35553 ; G=355433 ; D=x5777x ; A=577655 ; E=x79997
Diese Progression kann man tatsächlich auf verschiedene Weisen betrachten.

Man könnte die Akkorde z.B. alle zu maj7 Akkorden modulieren:
Cmaj7=x3545x ; Gmaj7=3x443x ; Dmaj7=x5767x ; Amaj7=5x665x ; Emaj7=x7989x

In diesem Falle würde man die Progression am ehesten so analysieren:
Cmaj7=IV ; Gmaj7=I ; Dmaj7=IV ; Amaj7=I ; Emaj7=I und würde dementsprechend die Skalen C lydisch, G ionisch, D lydisch, A ionisch und E ionisch verwenden.
Vielleicht sollte dir jetzt auffallen, dass die Akkorde Cmaj7 und Gmaj7 in einer Tonart sind und Dmaj7 und Amaj7 nochmal die gleiche Geschichte ein Ganzton höher ist. Den Emaj7 Akkord betrachte ich ebenfalls als Tonika, weil das eine stärke Schlusswirkung hat.

Man könnte die Akkorde aber auch anders modulieren:
Cmaj7=x3545x ; G7=3x343x ; Dmaj7=x5767x ; A7=5x565x ; Emaj7=x7989x

Jetzt würde die Analyse wie folgt aussehen: Cmaj7=I (ionisch) ; G7=V (mixolydisch) ; Dmaj7=I (ionisch) ; A7=V (mixolydisch) ; Emaj7=I (ionisch)

Man könnte aber auch jeden dieser Akkorde Als Dominante betrachten, dann würde die Progression so aussehen:
C7=x3535x ; G7=3x343x ; D7=x5757x ; A7=5x565x ; E7=x7979x

und die Analyse würde so aussehen:
C7=V (mixo) ; G7=V (mixo) ; D7=V (mixo) ; A7=V (mixo) ; E7=V (mixo)

Ich hoffe ich konnte dein musikalisches Verständnis erweitern :)

Der Hendrix spielt über die ganze Progression aber tatsächlich nur die Em Pentatonik!
Den letzten Akkord sieht er auch mit Sicherheit als E7 Akkord, spielt aber trotzdem die Em Pentatonik. Die kleine Terz über eine Dominante macht einen sehr bluesigen Sound!
Kleine Zusatzinfo=E7+kleine Terz=E7#9 (oft auch als "Hendrix Chord" bezeichnet)



Edit:
Was der turko sagt stimmt. Es ist sehr nützlich die Theorie mit Skalen zu verstehen. Dein Verständnis macht deine Improvisationen aber nicht umbedingt besser. Mit 3 Klängen, 4 Klängen und Pentatoniken bist du besser bedient.
 
Puh, danke schon mal für eure Antworten.

Das muss ich erstmal auf mich wirken lassen. So ganz fit bin ich in Musiktheorie nicht.
Ich bin froh, dass ich die Kirchentonarten so halbwegs in ihrer Grundlage verstanden habe.

Das mit der Modulation ist mir neu. Somit kann ich das, was Adrian mit den ganzen maj7 chords meint noch nicht ganz fassen, trotzdem danke.

Und wieso heißt der E7 mit kleiner Terz E7#9? Das #9 klingt für mich eher wie "große Sekunde". Wieso nimmt man da nicht b3 oder b10 oder so was?

turko, was meinst du mit GTL? Grundtonleiter? Ich würde es bei mir auch nicht als frühe Phase meiner musikalischen Entwicklung nennen. Ich habe vor 15 Jahren die Pentatonik kennengelernt, aber seitdem eigentlich auch nicht wirklich mehr.
Vielleicht kannst du noch mal erläutern, was genau du meintest, worauf man sich konzentrieren sollte.
 
GTL = Guide Tone Line = Leitton-Linien ...
 
#9 ist eine übermäßige Sekunde bzw. None. Es ist der identische Ton wie die b3 (kleine Terz). Weil man bei einem Durakkord eine kleine Terz eben schlecht aussieht, nennt man es #9. Was der Turko meint erfordert viel Disziplin aber es bringt dich musikalisch weiter
 
Hm, GTL, noch nie gehört, nach erster Recherche hat es aber mit Jazz zu tun?
 
manche leute spielen ihr leben lang pentatonik und sind damit glücklich - und die zuhörer auch.
wenn pentatonik dein ding ist - zieh's durch. wenn du aber auf der suche bist - klar, dann kann man mit drei und mehr-klängen, bitonalen lines, skalen etc viel entdecken.
was die sache mit den dreiklängen angeht - das ist recht stilspezifisch, damit kommt man schnell in eine jazzige ecke, was nicht jedermanns sache ist. melos funktioniert in sehr vielen anderen stilen stufenweise und nicht über dreiklänge.
am besten schaust du einfach was dein ding ist - und wenn's "nur" pentatonik ist. funktioniert sowieso fast immer.
 
Die Idee hinter dem was Turko meint ist, dass man eindeutig hören kann, über welche Akkorde man spielt. Wenn man nur mit Skalen soliert, ist es halt einfach Gedudel. Das Gedudel kann durchaus für eine kurze Zeit interessant klingen. Du haust paar deiner Lieblingslicks raus, aber dann wars das auch schon. Jazzmusiker sind die Elite und wissen mit GTL umzugehen, aber GTL bedeutet nicht Jazz spielen.
 
"Hey Joe" ist E äolisch bzw. G Ionisch, den Rest kannst du dir ja denken...

Für einen Südstaatenslang in "Sweet Home Alabama" ist auch E äolisch zu empfehelen (H lydisch, wenn mich nicht alles täuscht...) Aber du kannst ja variieren. Wie sagt man so schön? "Alles ist Musik, wenn es denn gut klingt..."

Ansonsten, probiers doch einfach aus, du hast deine 5 Fingersätze für 7 Tonleitern, da wirst du ja irgendwo Anschluss finden ;)


Grüße
Michi
 
So ist es (Post nr. 10) .... zuvor wollte ich aber noch anmerken:

Im Jazz-Kontext ist von den GTLs öfters die Rede, weil diese erstens zu einem tieferen Verständnis führen, was bei den sich immer wiederholenden Akkordfolgen harmonisch so passiert, und weil zweitens die GTLs ein kreatives Sprungbrett darstellen, von dem man gut in der Konzeption seiner Soli wegspringen kann, bzw. lassen sich die GTLs immer wieder schon in Soli einbauen, bzw. es lassen sich Soli "drumherum" bauen ...

Aber GRUNDSÄTZLICH sind Leittonbeziehungen etwas, das in jeder Art von Musik vorkommt ... je mehr Septakkorde, desto mehr ... wann immer und wo immer eine II-V-Verbindung vorkommt (und die kommt wohl OFT vor ...), steckt auch schon eine GTL drinnen.

LG, Thomas
 
Alles bis her gesagte macht Sinn und ist natürlich auch richtig. Sich damit auseinanderzusetzen macht Spaß, ist Arbeit und eröffnet einem neue Horizonte beim Improvisieren.
Ergänzend füge ich noch ein paar Bleib-bei-Pentatonik-Tipps hinzu, die gerne von "faulen" Bluesern benutzt werden, so bekommst du auch einen gewissen "Schmutz" in die Soli:

Über Sweet Home Alabama kannst du neben G-Dur auch die D-Moll-Pentatonik spielen. Dadurch ergibt sich ein eben recht bluesiger Klang. Der Wechsel ziwschen der "theoretisch richtigen" Skala und der bluesigen hat auch ihren Reiz. Wenn du mit Bluestonleiterlicks vertraut bist solltest du schnell zu guten Ergebnissen kommen.
Im Prinzip betrachtest du beim Improvisiere den D-Dur Akkord als Moll Akkord, dann kommst du rechnerisch bei D-Dorisch heraus. (C und G passen da auch, und gegen D-Dur spielst du die Mollterz, eben die oben erwähnte #9)

Bei Fly Away das gleiche Spiel:
A-Moll-Pentatonik bzw. A-Moll-Bluestonleiter. Hier ist der Ausreißer-Akkord der A-Dur am Anfang. Dagegen spielst du dann die Mollterz (#9 s. oben)

Bei Hey Joe kannst du, wie Adrian P oben geschrieben hat, auch Knallhart Em-Pentatonik spielen.
 
Danke für eure Antworten. Es ging mir hierbei auch eher um die Theorie. Ich finde es schon verblüffend, dass man Dur Akkorde einfach als Moll Akkorde annehmen kann, und es dann trotzdem gut klingt, obwohl mit der kleinen Terz über einen Dur Akkord spielt.
 
Du hast recht: Für uns Harmonielehre-fixierten Europäer ist das merkwürdig ... andererseits aber auch wieder nicht. Denn das, was Du als kleine Terz beschreibst, ist ja in Wirklichkeit eine Blue-Note, also NICHT genau eine kleine Terz, sondern irgendwas zwischen der kl. und großen Terz ... und das ist ein MELODISCHES Element, das nichts mit den gespielten AKKORDEN zu tun hat. Die bleiben "normale" Dur-Akkorde (im Blues), bzw. Dur7-Akkorde ... es ist das Spannungsfeld zwischen dieser Melodik und unserer "gewohnten" Harmonik, das eben so aufregend klingt ...

Thomas
 

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