Auflösung
Danksagung und kritische Anmerkung
Bei allen, die den Thread verstanden haben und mitgeteilt haben, ob sie einen Unterschied hören, möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Ganz egal, ob die Antwort ja oder nein lautete, beides hat Bedeutung!
Einen ganz besonderen Dank möchte ich jenen aussprechen, die darüber hinaus ihre wahrgenommenen Unterschiede beschrieben haben.
All jenen, die erklärt haben, wie unsinnig mein Vergleich ist oder die lediglich einmal mehr ihre vorgefassten Meinungen gepostet haben oder meinen Vergleich durch Gegenüberstellung von »vermeintlicher« Wissenschaftlichkeit diskreditieren wollten, empfehle ich, ihre Motive zu hinterfragen. Die Frage, um die es hier gehen soll, war eindeutig und klar formuliert: wer hört einen Unterschied? Wer nicht bereit ist, dazu Stellung zu nehmen, aber den Thread dazu missbraucht, um eine neuerliche Auflagen von ideologisch kontaminierten Welterklärungsmodellen abzuliefern, löst bei mir nach 20 Jahren Forumstätigkeit keine Begeisterung sondern Unmut aus.
All jenen die meinen, dass man Vorwürfe der Sinnlosigkeit oder Diskreditierung unkommentiert über sich ergehen zu lassen hat und aufgrund meiner ironischen Entgegnungen dann ein
Moral-Spektakel inszeniert haben, sei gesagt, dass ich solche Unfairness nicht unkommentiert lasse. Dass hier einige keine Ironie vertragen ist bedauerlich. Dass zunehmend ein
Moral-Spektakel inszeniert wird, ist eine bedauerliche Entwicklung des Bords aber durchaus symptomatisch für Onlinekommunikation. In jedem Fall ist die Inszenierung eines
Moral-Spektakels ein formidables Mittel, um Zuspruch zu generieren und meine kritischen und - darum für einige - missliebigen Ansichten aus der Diskursarena auszugrenzen.
Auflösung
A = Palisander
B = Ahorn
C = Brosimum Rubescens (Bloodwood)
Richtig oder falsch?
Für mich persönlich ist es nicht wichtig, ob Antworten richtig oder falsch ausgefallen sind. Da Bloodwood ein Exot ist, den niemand oder kaum jemand hier kannte, ist es obendrein ganz sicher für niemanden eine Schande, wenn die Zuordnung nicht korrekt war.
Fakt ist,
- dass niemand die Hälse den Samples richtig zuordnen konnte. Daraus kann man schließen, dass eine Zuordnung extrem schwierig bis unmöglich ist. Insbesondere dann, wenn man die beteiligten Komponenten nicht kennt.
- dass eine nicht zu geringe Anzahl einen Unterschied wahrnehmen konnte. Daraus kann man schließen, dass der Wechsel eines Halses einen wahrnehmbaren Einfluss auf die Klangfarbe der E-Gitarre hat.
- dass einige keinen Unterschied wahrnehmen konnten. Daraus kann man schließen, dass der Unterschied gering ist und mitunter auch unterhalb der Wahrnehmungsgrenze liegen kann.
- dass diejenigen, die einen Unterschied wahrgenommen haben und diesen auch beschrieben haben, diesen Unterschied zu einem guten Teil auch ähnlich beschrieben haben. Daraus kann man schließen, dass die Unterschiede objektiv vorhanden sind und einen relevanten Einfluss haben. (Die angedeutete Unterstellung, dass voneinander abgeschrieben wurde, lasse ich als überflüssige Polemik einmal außen vor. Mein ironischer Kommentar darauf würde ohnehin nur zur Inszenierung eines Moral-Spektakels führen.)
Hat Holz einen Einfluss auf die Klangfarbe einer E-Gitarre?
Nachdem die Bedingungen in allen Samples ident waren, und nur jeweils der Hals getauscht wurde, ist es erwiesen, dass der Wechsel des Halses einen Einfluss auf die Klangfarbe der E-Gitarre hat.
Ob es nun das Holz des Griffbretts ist, die Stärke des Halses, das Material der Tuner, der Bünde oder der Sättel, darüber kann man diskutieren. Fakt ist jedoch, dass die Hälse zum überwiegenden Teil aus Holz bestehen.
Es wurde auch spekuliert, ob die Hälse richtig montiert waren. Um nicht die Spielwiese für ein weiteres
Moral-Spektakel zu bereiten, habe ich diese angedeutete Unterstellung (wie auch einige andere) von zweifelhafter Qualität ignoriert.
Interpretation des Ergebnisses
Es steht jedem frei, das Ergebnis zu interpretieren. Hier ist meine Interpretation:
Wissenschaftlichkeit?
Ich erhebe keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit, beziehe aber sehr wohl Stellung zu in die Diskussion geworfene Bezugnahmen auf »vermeintlich wissenschaftliche« Experimente.
Für mich relevant ist die Wahrnehmung von Musikern, die bereit sind, ihre Wahrnehmungen im gemeinsamen Austausch zu besprechen und zu reflektieren. Das war für mich im Prinzip auch sehr lange das Musiker-Board.
Unterscheidbarkeit von Klangfarben
Für mich gibt es zwei markante Punkte, wenn über die Wahrnehmung von Unterschieden der
Klangfarbe diskutiert wird. Ich habe sie zur Erklärung der Interpretation des Ergebnisses ohne Wissenschaftsbezug »Wahrnehmungsschwelle« und »Signifikantsschwelle« benannt.
Wahrnehmungsschwelle
Es gibt Signale, die in ihrer
Klangfarbe so gering voneinander abweichen, dass die meisten Menschen unterhalb dieser Schwelle keine Unterschiede wahrnehmen können. Diese Wahrnehmungsschwelle ist nicht bei jedem Menschen gleich und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die Wahrnehmungsschwelle ist individuell unterschiedlich.
Wie mein Experiment gezeigt hat, liegt der klangliche Unterschied der drei Hälse bei einigen unter der Wahrnehmungsschwelle. Das heißt jedoch nicht, dass es keinen Unterschied gibt.
Jenen, die Unterschiede wahrnehmen, die Wahrnehmungsfähigkeit abzusprechen, finde ich keine gute Idee. Jene, die keine Unterschiede wahrnehmen, zu diskreditieren finde ich auch keine gute Idee.
Signifikantsschwelle
Es gibt Signale, die in ihrer
Klangfarbe so deutlich voneinander abweichen, dass die meisten Menschen überhalb dieser Schwelle deutliche Unterschiede wahrnehmen können, auch noch nach Jahren. Auch diese Signifikantsschwelle ist nicht bei jedem Menschen gleich und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Auch die Signifikantsschwelle ist individuell unterschiedlich.
Mit Verlaub: die generalisierte Aussage, die hier getätigt wurde, dass Menschen keine auditiven Unterschiede wahrnehmen können finde ich so grotesk, dass ich darauf hingewiesen habe, dass diese absurde Behauptung dem Krankheitsbild Alzheimer entspricht. In keiner Weise habe ich Menschen mit Alzheimer diskreditiert. Ich finde das peinlich, dass manche hier nicht sinnerfassend lesen können und dann ein
Moral-Spektakel inszenieren, so dass das Thema dann dermaßen entgleitet.
Wenn ein Instrumentalstück von einem Klavier, einem Saxophon oder einer Gitarre gespielt wird, können das die allermeisten Menschen deutlich unterscheiden. Auch wenn Schauspieler mit der Synchronstimme eines anderen vertrauten Schauspielers übersetzt werden, fällt dies sehr vielen Menschen auf und eine Zuordnung zum vertrauten Schauspieler ist vielen möglich.
Diese Schwelle ist im Übrigen auch eine, mit der sich viele Cover-Bands und Tribute-Bands bewusst oder unbewusst befassen, wenn es darum geht, wie nahe die Stimme oder die Klangfarbe der Instrumente am Original sein sollen. Auch das Bühnen-Outfit oder die Licht- und Bühnenshow unter dem Gesichtspunkt der Authentizität auf Unterscheidbarkeit zum Original diskutiert.
Hier sei darum auch drauf hingewiesen, dass diese Schwellen im Prinzip auf alle Sinneswahrnehmungen des Menschen übertragbar sind. Also nicht nur auf die auditive Wahrnehmung, sondern auch auf die visuelle Wahrnehmung, die sensorische Wahrnehmung oder den Geruchssinn der Nase oder den Geschmackssinn.
Zwischen Wahrnehmungsschwelle und Signifikantsschwelle
Kennzeichnend für diesen Bereich ist, dass Signale nur im direkten A-B-Vergleich unterscheidbar wahrgenommen werden können und bei längerem Zeitabstand nicht signifikant unterschieden und zugeordnet werden können.
Für mich persönlich liegen viele der Unterschiede, die mit Bezug auf E-Gitarren oder auch Bässe diskutiert werden, zwischen Wahrnehmungsschwelle und Signifikantsschwelle.
Kennzeichnend für diesen Bereich ist für mich der Umstand, dass Unterschiede häufig stark überbewertet werden. Da Unterschiede zwischen Gitarren, Amps, Speakern, PUs etc. selbst viel deutlicher wahrgenommen werden, als es die Aufnahmesituation dann wiederspiegelt.
Wie groß diese Spanne des Unterschieds der Klangfarbe und des zeitlichen Abstandes zwischen dem Hören ist, darüber kann man diskutieren. Die Spanne ist von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig.
Zum Unterschied zwischen Selbst-spielen und Recorden
Reflektierte Musiker haben kein Problem damit darauf hinzuweisen, dass der Unterschied beim Selbst-spielen deutlicher und wesentlich größer wahrgenommen wird, als er nachher beim Abhören der aufgenommenen Sampels zu hören ist.
Weniger reflektierte Menschen recorden keinen Vorher-Nachher-Vergleich und sind der Ansicht, dass das was sie selbst wahrnehmen, objektive Wahrheit ist und demnach auch das ist, was Zuhörer wahrnehmen müssten.
Ein wesentlicher Umstand liegt für mich unter anderem auch darin begründet, dass man beim Spielen den Unterschied sowohl haptisch als auch auditiv wahrnimmt. Beim Anhören fallen der sensorische Effekt und damit auch die unmittelbare Interaktion mit dem Instrument weg.
Persönliche Präferenz oder Relevanz
Unabhängig von der, jeweils im Individuum verorteten Schwellen der Wahrnehmungs- und Signifikantsgrenze gibt es eine persönliche Einstellung zu der Relevanz der Auswirkung einer Einzelkomponente auf das Gesamtsystem. Also eine persönliche Haltung dazu, was relevant ist oder nicht. Wo die einen nur mit Haptik, also der sensorischen Präferenz, argumentieren, legen andere Wert auf Tonhölzer, andere auf PUs, wiederum andere auf Lautsprecher oder Boxen, andere auf Amps und wiederum andere auf die Marke der Effekte. Sehr gerne wird manchmal auch die klangliche Auswirkung des Materials der Brücke, des Sattels, des Vibrato-Blocks, der Kabel oder Plektren usw. diskutiert.
Dem Holz keine Relevanz einzuräumen, aber auf Haptik, PUs, Amps, Speaker, Kabel oder Plektren zu schwören finde ich ebenfalls keine gute Idee. Mit welcher Berechtigung stellt man die eigenen Präferenzen über die der anderen? Wenn dann jemand erklärt was »wirklich wichtig« ist, lässt dies andere Meinungen zu Präferenzen dumm aussehen. Da eskalieren dann die Diskussionen, es entbrennt ein Streit über die Deutungshoheit und es verhärten sich die Fronten.
Fazit
Ein Wechsel des Halses hat Einfluss auf die Klangfarbe der E-Gitarre.
Dieser Einfluss bewegt sich – je nach Individuum – im Bereich unter der Wahrnehmungsgrenze oder innerhalb der Spanne zwischen Wahrnehmungsschwelle und Signifikantsschwelle.
Jegliches Experiment, das einen Beitrag zum Verständnis des Einflusses von Holz auf die Klangfarbe liefern möchte, muss diesem Umstand Rechnung tragen und auf einem direkten und unmittelbaren A-B-Vergleich basieren.
Für mich ist damit bewiesen, dass Experimente, auch wenn sie sich im »Tarnmantel einer vermeintlichen Wissenschaftlichkeit« kleiden, irrelevante Pseudo-Wissenschaften sind, wenn sie diesem Umstand nicht Rechnung tragen.
Das bedeutet, dass man so manchen, als Wissenschaft ausgewiesenen Experimenten ihre Aussagekraft und Relevanz und somit ihren Anspruch auf Wissenschaftlichkeit absprechen muss. Nämlich dann, wenn die Probanden entweder nicht exakt den gleichen Korpus mit identen PUs und Saiten bekamen oder zwischen den Vergleichen der Zeitraum des Halswechsels liegt. Dann ist es kein direkter und unmittelbarer A-B-Vergleich und kann nicht zur Beweisführung - ob Holz Einfluss auf die Klangfarbe hat - herangezogen werden.
Verbesserung des Blindtests
Für mich ergaben sich aus diesem Blindtest zwei Verbesserungen, die ich hiermit vorschlage:
- Verschiedentlich wurde darauf hingewiesen, dass die Vergleiche ohne jeglichen Effekten durchgeführt werden sollten.
- Es sollten 3 Hälse mit identischen Maßen von ein und demselben Gitarrenbauer gefertigt werden, aus demselben Ahornstück für den Hals, mit Griffbrettern aus zB Ahorn, Palisander und Ebenholz. Bünde und Sattel sollten aus derselben Chargen stammen.
Vielleicht will jemand
@murle1 diese Auftragsarbeit finanzieren?