das gewisse "Etwas"

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jmen
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eine kleine Frage an die Fachwelt - wie die Jungfrau zum Kinde kam ich zum Singen. Das liegt daran, dass ich Gitarrist bin und wir keinen Sänger finden. Da ich nicht weiß, ob sich dies irgendwann ändern wird, übernehme ich den Part. Die bislang beste Beschreibung meiner Gesangskunst lautete: "du kannst zwar singen und triffst jeden Ton, aber dir fehlt das gewisse 'Etwas'. Ein Freddy Mercury bist du nicht.". Nun, wo finde ich dieses "Etwas"? Beim Thomann-Online-Shop bin ich nicht fündig geworden, in meinem Mikro ist auch keines drin. Genauer beschreiben kann ich auch nicht, was genau fehlt, aber in der Trallalalalala-Welt würde ich mich darüber freuen. Kann man das Markante, d.h. das Wiedererkennungsmerkmal ebenso trainieren wie alles andere? Hat sich schon jemand dieser Frage gestellt???

Besten Dank für Anregungen jeder Art,
jmen
 
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Oh.... bester Stoff für eine Debatte, die die Gemüter erneut erhitzen wird ;)
Und du wirst viele Meinungen hören.....
Ich zum Beispiel denke, daß man dieses gewisse Etwas eher nicht trainieren kann. Entweder man hat es oder man hat eben nicht. Es gibt tatsächlich sehr markante sowie "Allerweltsstimmen". Natürlich kann man lernen, seine Stimme ausdrucksvoller klingen zu lassen, ihr einige neue Klangfarben zu geben. Dafür gibt es handwerkliche Tricks, die dir zum Beispiel ein Gesangsleher beibrigen kann. Auch von seinen Vorbildern kann man sich einiges abschauen bzw. abhören. Aber genauso wie es Menschen gibt, die "sexy by nature" sind, gibt es auch sexy Stimmen. Wer davon nicht soviel abbekommen hat, muss tricksen.
 
Hallo jmen,

Bevor wir hier eine Debatte starten: Schau mal in diesen Thread. Die meisten möglichen Antworten wurden dort sicher schon gegeben:

https://www.musiker-board.de/gesang...-wie-klinge-ich-interessant-kleine-hilfe.html

eine kleine Frage an die Fachwelt - wie die Jungfrau zum Kinde kam ich zum Singen. Das liegt daran, dass ich Gitarrist bin und wir keinen Sänger finden.

Das ging sehr, sehr, sehr vielen ganz genauso. Ich habe vor vielen Jahren auch nur mit dem Singen angefangen, um die Zeit zwischen den Gitarren-Soli zu überbrücken :)

Bell* hat recht. Ein Teil vom "gewissen Etwas" kommt mit dem gesanglichen Fortschritt, denn eine schon fortgeschrittene, tragende Stimme klingt sofort viel besser als eine Anfängerstimme. Anfängerstimmen sind dagegen oft noch monoton, recht leise und wenig tragfähig. Anfänger singen meist in ihrem "Sprechmodus", mit dem man zwar die richtigen Töne erzeugen, aber nicht nach Außen transportieren kann. Das kann man lernen.

Einen weiteren Teil kann man mit kleinen Akzenten setzen, bestimmten Eigenarten und Betonungen. Das kann man allerdings nicht wirklich lernen, denn es hat viel mit Interpretation, Stil und Geschmack zu tun, die erlente Basis interessant umzusetzen.

Du kennst das sicher aus der Mode: es gibt Leute, die ziehen sich einen Jute-Sack über, wickeln sich eine alte Windel um den Kopf, kombinieren das mit ein paar schicken Accessoires und sehen umwerfend gekleidet aus. Andere haben einen Styling-Berater, kaufen sich die neueste, teuerste Mode, den edelsten Schmuck und keiner guckt hin.

Beim singen ist das gar nicht so anders. Es ist eine Mischung aus Können, Gefühl, deiner angeborenen Stimmfarbe und kleinen, eigenen Accessoires. Und die beiden letzten Punkte sind am wenigsten trainierbar, aber für den Wiedererkennungswert wohl am wichtigsten.

Ansonsten könntest du auch eine Hörprobe von dir posten. Dann könnten wir dir genauer sagen, was speziell Du machen könnstest, um interessanter zu klingen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Einen weiteren Teil kann man mit kleinen Akzenten setzen, bestimmten Eigenarten und Betonungen. Das kann man allerdings nicht wirklich lernen, denn das hat viel mit Interpretation, Stil und Geschmack zu tun.


Um diese Debatte doch mal anzuheizen ;-) sage ich: Doch das kann man lernen.
Ich habe das oft im Gesangsunterricht. Da fängt z.B. eine Schülerin bei mir an, die bereits an die 50 geht, vorher noch nie gesungen hat, nun aber durch eine Anregung im Bekanntenkreis auf den Geschmack gekommen ist. Die Stimme ist an sich nichts besonderes, Töne trifft sie aber meistens. Im Laufe der Zeit kristallisiert sich ein ghewisser Geschmack heraus. Sie sucht sich Stücke aus, die ihr gefallen und probiert sie im Unterricht mit meiner Hilfe aus. Dabei stellt sich auch heraus, daß sie an bestimmten Stellen so charmante Schluchzer einbaut. Ich mache ihr das bewusst, zeige ihr, was sie da genau macht und lasse es sie bewusst zum Einsatz bringen. Mit anderen persönlichen Stilmitteln geht es ebenso. Wir nehmen oft auf, was sie im Unterricht singt und die Schülerin bekommt einen Eindruck davon, wie ihre Interpretationen klingen. Sie wird dadurch zunehmend selbstbewusster und überlegt sogar, privat mit einem Gitaristen ein eigenes Programm auf die Beine zu stellen.

Im Gesangsunterricht geht es nicht zwingend immer darum, eine besonders tolle und herausragende stimmtechnische Leistung zu erreichen. Auch Schülerinnen mit "Allerweltsstimme" und bescheidenem Talent können gute Sängerinnen werden in dem Sinne, daß sie ihre eigenen Ausdrucksmöglichkeiten kennen-, und einsetzen lernen. Da findet sich irgendwann bei fast allen etwas, was persönlich ist und Ausdruck transportieren kann. Wenn man dann noch das Repertoire findet, bei dem sich diese spezielle Stimme am besten zeigen und ausdrücken kann hat man gewonnen.
 
Shana, ich sehe da keinen Widerspruch..

Du sagst ja selbst: "kristallisiert sich ein gewisser Geschmack heraus" und "es findet sich etwas". Also passiv, automatisch und ohne Absicht.

Eingebaut hat sie es ja zunächst von allein - also ungelernt. Es war bereits "in ihr drin". Du warst die Instanz, das Publikum sozusagen, das darauf positiv reagiert und sie bekräftigt hat. Konkret trainert, an einer bestimmten Stelle charmant zu schluchzen, habt ihr vorher nicht.

Klar entwickelt sich sowas. Durch Aktion und Reaktion. Ich probiere etwas aus - ob nun bewusst oder unbewusst - und bekomme Feedback. Aber ohne dass sie es von allein getan hätte, hättest du nicht gewusst, dass es bei ihr gut klingt.

Also trotz deines Einwandes:

Kann man das Markante, d.h. das Wiedererkennungsmerkmal ebenso trainieren wie alles andere?

Eher nein. Einiges muss erstmal aus dir heraus zum Vorschein kommen. Das kann ganz zufällig passieren oder durch ausprobieren. Danach kann man dann eventuell trainieren, es kontrollierter und (selbst)bewusster einzusetzen.
 
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Ich hab übrigens auch so eine Allerweltsstimme im Sinne von: nicht markant, ganz hübsch aber belanglos. Ich habe mir von meinen gesanglichen Vorbildern einiges abgeschaut; den Rest hat das Leben besorgt.
Bei dir, antipasti, würde ich sagen: du hast diese "sexy by nature"- Stimme.
 
nicht markant, ganz hübsch aber belanglos.

Booooah ey ... ich bitte dich mal. Wenn das auf jemanden nicht zutrifft, dann auf dich ...

PS: Das habe ich übrigens geschrieben, bevor ich deinen letzten Satz gelesen habe;)

@jmen
Sei dir im Klaren darüber, dass wir hier nur ins Blaue schießen. Wir kennen weder deine Stimme oder dein gesangliches Level, noch wissen wir, was du unter "markante Stimme" verstehst. Nicht selten wird "fehlendes, gewisses Etwas" oder Wiedererkennungswert auch verwechselt mit "Anfänger, der erstmal singen lernen muss".

Geh beim Singen lernen mal etwa von solch einer Reihenfolge aus

  1. Töne treffen
  2. Stimme ausbauen, kräftigen, durch Techniken erweitern
  3. Stil, Geschmack, Ausdruck, Interpretation (das markante gewisse Etwas)

Kaum jemand kann das alles auf Anhieb.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eingebaut hat sie es ja zunächst von allein - also ungelernt. Es war bereits "in ihr drin". Du warst die Instanz, das Publikum sozusagen, das darauf positiv reagiert und sie bekräftigt hat. Konkret trainert, an einer bestimmten Stelle charmant zu schluchzen, habt ihr vorher nicht.


Das ist richtig.
Es funktioniert umgekehrt meist nicht. Ich hatte mal eine Schülerin, die daran arbeiten wollte "nicht alles plattzumachen" wie sie es nannte. Sie bat mich, ihr Stilmittel vorzusingen um diese dann gezielt durch Nachahmung zu erlernen. Oder wenn ich etwas vorsang sagte sie immer , da sei etwas und wie ich das denn jetzt gemacht habe. Der Unterricht mit ihr war sehr anstrengend für mich, denn auf diese Weise geht es einfach nicht, was sie aber nicht einsehen wollte.
Bei den meisten ist es aber so, daß schon irgendetwas in ihnen ist. Man fängt ja nicht an zu singen, wenn man nicht wenigstens den Funken eines Ausdruckswillens hat. Irgendetwas ist doch da, weshalb man singen möchte. Ich sehe mich dann als Gesangslehrerin als diejenige, die mit geschulten Ohren erkennt, was die Schülerin an Ansätzen in sich hat, um genau das zu verstärken. Das ist ein Lernprozess für die Schülerin. Sie lernt, ihren eigenen Ausdruck bewusst einzusetzen, damit aus ihrem Gesang Musik entsteht und nicht bloss "Gesinge". Daher schrieb ich: Man kann es lernen, weil es ein Lernprozess ist.
Wenn das stimmliche Potential sehr klein ist kann man trotzdem in diesem Rahmen etwas schönes und musikalisches erreichen.
Problematisch wird es, wenn z.B. eine Schülerin sehr hohe Ansprüche hat, ihr Potential aber demgegenüber zu klein ist. Solche Leute neigen dazu, sich zu schwere Songs auszusuchen und die einfacheren für sich zu verachten. Man muss also im Unterricht Kompromisse finden, die aber auch oft darauf hinauslaufen, daß die Schülerin zu schwere Songs eben leidlich zu singen lernt ohne an den eigenen Ausdruck herankommen zu können. Es gibt viele Selbstboykottmechanismen gegen den eigenen Ausdruck. Das ist dann schwierig. Viele versuchen auch, fremden Ausdruck von SängerInnen, die sie bewundern nachzuahmen. Das hat aber zunächst nichts mit dem stimmlichen Talent zu tun. Auch SängerInnen, die viel können bleiben auf diese Weise oft seltsam unberührend, wie man in allen aktuellen Shows erleben kann. Tolle Stilmittel und akrobatische Adlips zu beherrschen heisst noch lange nicht, daß man das "gewisse Etwas" auch nur ansatzweise rüberbringt. Ich hörte dazu neulich den Begriff "Sportgesang". Tja, das ist beeindruckend, muss aber noch lange nicht berühren.
Das "gewisse Etwas" ist etwas zutiefst persönliches, das was niemand anders hat, was nur DICH ausmacht. Die meisten, wenn nicht alle HABEN es in sich und als Gesangslehrerin kann man es erkennen und helfen, es zu kultivieren. Dann ist das "gewisse Etwas" erlernbar. Aber Gesangslehrerinnen sind keine Psychologinnen. Wenn also jemand seinen Selbstausdruck blockiert wir des sehr schwer für uns Gesangslehrerinnen da ranzukommen. Dann bleibt so jemand möglicherweise im handwerklichen stecken.
 
Dann ist das "gewisse Etwas" erlernbar.

Jou Shana, dann sind wir uns im Prinzip einig. Nur, das du es "lehren" nennst, ich tendiere da eher zu "beraten / bestärken/kanalisieren". Der Autodidakt braucht dazu etwas mehr Selbstbewusstsein, weil ihm diese Option fehlt und muss sich auf sich und die Reaktionen seines Umfelds verlassen. Aber am Ende läuft das auf etwas Ähnliches hinaus.

Bis auf, dass deine Schülerinnen von deinen - eventuell auch subjektiven - Stilpräferenzen beeinflusst werden .... Vielleicht war das "alles plattmachen" genau das Markante an deinem ersten Beipiel und Du hättest einfach nur sagen müssen:" Lass es so - so singst nun mal", anstatt zu versuchen, ihren Wunsch zu erfüllen.;)

Aber irgendwas ist ja immer.

OT:

Man fängt ja nicht an zu singen, wenn man nicht wenigstens den Funken eines Ausdruckswillens hat.

Ich fürchte doch .... guck in Fernseher ..gibt wieder DSDS

Irgendetwas ist doch da, weshalb man singen möchte.

Popstar werden, im Fernsehen sein, angehimmelt werden, reich und berühmt sein :)
 
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Nun, wo finde ich dieses "Etwas"? Beim Thomann-Online-Shop bin ich nicht fündig geworden, in meinem Mikro ist auch keines drin. Genauer beschreiben kann ich auch nicht, was genau fehlt, aber in der Trallalalalala-Welt würde ich mich darüber freuen.

Du findest es IN dir selbst. Da wo du unverwechselbar bist und deine eigenen, ehrlichen Gefühle zum Ausdruck bringst.
Es gibt eine Menge toller Sänger, die an sich keine großartigen Stimmen haben. George Harrison zum Beispiel, den ich sehr verehre und der mich zutiefst berührt. Er hat einen kleinen Tonumfang und seine Stimme ist auch nicht direkt "schön". Aber man hört in seinen Song immer ihn selbst, das was ihn bewegt und seine eigenen Gefühle. Bei Freddy Mercury ist es genauso. Gesanglich hat Mercury ein vielfaches an Möglichkeiten, weit mehr als George Harrison um bei dem Beispiel zu bleiben. Aber künstlerisch sind beide auf Augenhöhe, beide haben "Das gewisse Etwas".

---------- Post hinzugefügt um 13:13:42 ---------- Letzter Beitrag war um 12:30:42 ----------

Bis auf, dass deine Schülerinnen von deinen - eventuell auch subjektiven - Stilpräferenzen beeinflusst werden .... Vielleicht war das "alles plattmachen" genau das Markante an deinem ersten Beipiel und Du hättest einfach nur sagen müssen:" Lass es so - so singst nun mal", anstatt zu versuchen, ihren Wunsch zu erfüllen.

" So singst du nun mal" wär vielleicht schon etwas zynisch, oder? Sie hat oft wirklich alles plattgemacht. Und sie war auch eine der unangenehm verkopften Leute ("Aber der Kehlkopf muss doch runter, das fühl ich aber grad gar nicht") Ich habe es genau so versucht, wie ich oben schrieb, durch Bewussmachung guter eigener Ansaätze zum Ziel zu kommen. Sie war eine harte Nuss, weil sie halt auch alles, was ich ihr vorgesungen habe analysiert hat.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Um diese Debatte doch mal anzuheizen ;-) sage ich: Doch das kann man lernen.

Und ich sage: kann man nicht ;) bzw. nur, wenn man "es" schon mitbringt und der GL"es" nur noch ausgraben muß.
Bestes Beispiel ist doch unser Singemoderator, dieser lucky bastard ;) Nicht einmal Gesangsunterricht - und trotzdem, the sexiest voice on board....
 
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Es geht beides....und alles....und gar nix :weird:
Es gibt Stimmen, die ein gewisses Etwas haben. Die brauchen sich keine Gedanken zu machen, es nicht zu lernen (höchstens auszubauen) und haben eben einfach Schwein gehabt. Dann gibt es Stimmen, die es nicht haben, es aber lernen bzw. beigebracht bekommen oder auf eine andere Art und Weise singen, um dieses Defizit wettzumachen. Und dann gibt es natürlich noch Stimmen, die es weder haben noch jemals lernen - noch die Kreativität aufbringen, etwas interessantes mit ihrer Stimme anzufangen. Zumal es ja auch Musik gibt, die eine möglichst unauffällige Stimme braucht.
D.h. man muß weder Bon Scott noch Nina Simone sein, aber beschäftigen muß man sich mit seiner Stimme auf jeden Fall. Und wieder einmal kann ich den genialen Zement-Werbeslogan anbringen: "Es kommt drauf an, was man draus macht." Denn, auch eine geile Naturstimme will richtig benutzt werden.

p.s. je nachdem, wie weit man kommen will, kann eine bieder klingende Stimme trotzdem ausreichend sein. Wenn man eine brauchbare Technik und die Stimme gut im Griff hat, kann man einen soliden, guten Job machen. Dann klingt man zwar nicht wie Chris Cornell, aber trotzdem besser als die meisten Hinterhof-Coverband-Maulaffen.
 
Die meisten, wenn nicht alle HABEN es in sich

Das glaube ich auch. Haben ja alle Gefühle, oder hatten sie zumindest mal. Was den Unterschied ausmacht:
Bei den einen liegt es ziemlich oberflächlich und kann leicht aktiviert werden, bei anderen ist es momentan oder dauerhaft zugedeckt von einer Erdschicht namens "ein Star sein, reich und berühmt werden" oder auch verschüttet durch persönliche Lebensumstände oder Mentalität. Ein geschickter GL, oder vielleicht bräuchte es zT. zuerst tatsächlich einen Psychologen ;), kann diese Erdschicht vielleicht irgendwann mal abtragen. Aber dann gibt es wohl auch noch die, bei denen müsste man so tief graben, da gibt jeder vor dem Erreichen des Ziels auf!


Da wo du unverwechselbar bist und deine eigenen, ehrlichen Gefühle zum Ausdruck bringst.

Das finde ich schon noch schwierig. Ein Seelen-Striptease vor fremden oder zumindest nicht ganz nahestehenden Menschen.

In der Klassik ist das gewisse Etwas natürlich auch erwünscht, obwohl hier die Stimmen wegen mehr oder weniger einheitlicher Technik deutlich genormter sind. Aber es bringt einem Sänger viele Vorteile, wenn er es hat und dadurch unverwechselbar ist.

Bezüglich Gefühle müssen auch wir viel von uns selbst in die Arie oder ins Lied stecken, aber wir haben den Vorteil, dass der Komponist uns anhand der Musik dazu immer noch eine Vorlage gibt. Auf den ersten Blick ev. schwieriger, weil wir dadurch bezüglich Gefühle nicht so ganz frei sind. Aber es ist auch ein gewisser Selbstschutz damit verbunden, ich interpretiere trotz allem, was der Komponist sagen wollte, ich bin sozusagen nur der Schauspieler und nicht auch noch gleich der Drehbuchautor. Es sind nicht zu 100% meine ureigensten Empfindungen, die ich bloss legen muss. Man kann sozusagen in einem geschützten Rahmen emotional auf die Pauke hauen.

Wenn ihr Nicht-Klassiker aber eure eigenen Songs singt, ist das zwar einerseits sicher super, weil man genau das reinpacken konnte was man mitteilen will, kann mir aber vorstellen, dass es dadurch auch ganz schön extrem ans Lebendige gehen kann!
 
Bestes Beispiel ist doch unser Singemoderator, dieser lucky bastard ;) Nicht einmal Gesangsunterricht - und trotzdem, the sexiest voice on board....

Grazie Signora,

wobei ich natürlich zugeben muss, dass ich nicht von Anfang an bewusst, sondern durch eine Verkettung von Zufällen, Umständen und Entscheidungen zu "meinem" Stil gefunden habe.

An den Live-Videos im "schräge-Gigs"-Plauderthread sieht/hört man ja ziemlich gut, wie es in den Anfängen war. Meine Stimme war zwar schon da - aber Technik, Intonation ließen noch sehr zu Wünschen übrig und gedrückt habe ich ohne Ende. Die Songauswahl war ebenfalls suboptimal. Das klang noch nicht nach mir.

Dennoch war gerade diese Zeit wichtig.
Ich konnte mich dadurch von meinen tatsächlich überzogenen verkrampften, musikalischen Idealen lösen und viel freier Musik machen und dadurch erst zu meinem "gewissen Etwas" finden. Oder es zu mir.

Dadurch bin dann über weitere Umstände zu dem gekommen, was ich heute mache. Und meine Stilistik ensteht im Wesentlichen dadurch, dass ich mir heute beim Singen innerlich einen grinsen kann. Und obwohl man das meist nicht sieht, scheint man das rauszuhören.

Vorher war das undenkbar. Was nicht geklungen hat wie Prince, Maurice White oder Stevie Wonder war für mich einfach nicht gut.

Und das ist glaube ich auch für Gesangsschüler wichtig: nicht alles, was man gern will, passt zu einem. Daher muss man sich von einigen Vorstellungen auch mal verabschieden.
 
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Oh.... bester Stoff für eine Debatte, die die Gemüter erneut erhitzen wird ;)

Sowas, nu wollt ich schreiben "Wieso das denn?" und nu sind da schon 14 Antworten... Hätt ich doch nur heut früh noch ganz schnell getippt :D

Bell* schrieb:
Ich zum Beispiel denke, daß man dieses gewisse Etwas eher nicht trainieren kann. Entweder man hat es oder man hat eben nicht. Es gibt tatsächlich sehr markante sowie "Allerweltsstimmen". Natürlich kann man lernen, seine Stimme ausdrucksvoller klingen zu lassen, ihr einige neue Klangfarben zu geben. Dafür gibt es handwerkliche Tricks, die dir zum Beispiel ein Gesangsleher beibrigen kann. Auch von seinen Vorbildern kann man sich einiges abschauen bzw. abhören. Aber genauso wie es Menschen gibt, die "sexy by nature" sind, gibt es auch sexy Stimmen. Wer davon nicht soviel abbekommen hat, muss tricksen.

Mal abgesehen davon, dass "sexy" für mich nicht gleich bedeutend mit "dem gewissen Extra" [1] ist, sehe ich das so wie Du. Diskutieren könnte man höchstens drüber, ob nicht jeder das gewisse Extra hat und es nur finden muss (das wäre meine Meinung) oder ob es Leute gibt, die das gewisse Extra nicht haben.

Bell* schrieb:
Ich hab übrigens auch so eine Allerweltsstimme im Sinne von: nicht markant, ganz hübsch aber belanglos.

Gewiss, gewiss. Deswegen war auch Johannes so absolut unbegeistert von Deinem Hijo de la luna, dass er Dir dafür einen Punkt gegeben und noch monatelang später davon geschwärmt hat ;p Und wie war das in dem schräge-Gigs-Thread noch gleich mit der Firma, die Dich einmal quer durch Deutschland gekarrt hat, und das wiederholt? :gruebel:

Shana schrieb:
Es funktioniert umgekehrt meist nicht. Ich hatte mal eine Schülerin, die daran arbeiten wollte "nicht alles plattzumachen" wie sie es nannte. Sie bat mich, ihr Stilmittel vorzusingen um diese dann gezielt durch Nachahmung zu erlernen. Oder wenn ich etwas vorsang sagte sie immer , da sei etwas und wie ich das denn jetzt gemacht habe. Der Unterricht mit ihr war sehr anstrengend für mich, denn auf diese Weise geht es einfach nicht, was sie aber nicht einsehen wollte.
Bei den meisten ist es aber so, daß schon irgendetwas in ihnen ist. Man fängt ja nicht an zu singen, wenn man nicht wenigstens den Funken eines Ausdruckswillens hat. Irgendetwas ist doch da, weshalb man singen möchte.

Weia, diese Schülerin hätte mich fertig gemacht.

Das "irgend etwas" sind manchmal vielleicht wirklich diese DSDS-Äußerlichkeiten. Man kann kopieren wie man will, wenn es nicht zu einem passt, wird das nichts. Die Schülerin wollte scheint es sich selber nicht kennenlernen - schad drum. Ohne dem geht es aber finde ich gar nicht.


[1] Edith Piaf z.B. hatte mit Sicherheit keine "sexy" Stimme, aber garantiert das "gewisse Extra", sonst wäre sie nie so berühmt geworden.
 
Dennoch war gerade diese Zeit wichtig.
Ich konnte mich dadurch von meinen tatsächlich überzogenen verkrampften, musikalischen Idealen lösen und viel freier Musik machen und dadurch erst zu meinem "gewissen Etwas" finden. Oder es zu mir.

Schön ausgedrückt, antipasti. Denn tatsächlich muss man eben auch selber offen sein für das "gewisse Etwas", da es sonst vielleicht nicht zu einem findet.



Und das ist glaube ich auch für Gesangsschüler wichtig: nicht alles, was man gern will, passt zu einem. Daher muss man sich von einigen Vorstellungen auch mal verabschieden.


Auch das ist ein wichtiger Aspektu bestimmt haben wir alle diese Erfahrung auch schon gemacht. Ich habe früher Songs von den Cranberries und Sinead O' Connor gecovert, aber ich konnte die Jodler nicht. Die Songs wurden erst gut, als ich mir erlaubt habe, sie auf meine eigene Weise zu singen (zu fühlen).
 
Diskutieren könnte man höchstens drüber, ob nicht jeder das gewisse Extra hat und es nur finden muss (das wäre meine Meinung) oder ob es Leute gibt, die das gewisse Extra nicht haben.

Ich würde es anders formulieren.

Jeder hat das gewisse Etwas. Aber es gibt eine Menge Leute, die es nicht mehr erleben.

Denn was es herauskitzelt, kann man nur begrenzt steuern: es könnte die passende GL sein, das richtige Erlebnis, vielleicht sogar ein Trauma, die passende musikalische Begegnung am richtigen Ort... etc...

Bei mir hat es relativ lange gedauert, bis das Etwas kam und sagte: ah - hier gefällt's mir, hier bleibe ich. Und zur der Zeit sind auch in anderen Lebensbereichen einschneidende Änderungen passiert. Eine Art Neugeburt sozusagen.

Aber ich war auch vorher nicht unglücklich, da ich ihm nie hinterher gerannt bin ;)....

Ich bin sicher, es war immer da. Auf vielen uralten, geheimen Homerecordings aus den 80ern kann man es sogar schon hören. Man sollte es aber erkennen und vor allem dazu stehen. Und das ist die viel schwierigere Aufgabe.
 
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Gewiss, gewiss. Deswegen war auch Johannes so absolut unbegeistert von Deinem Hijo de la luna, dass er Dir dafür einen Punkt gegeben und noch monatelang später davon geschwärmt hat ;p

Nun lassen wir aber die Kirche im Dorf. Ein gutes Studio, ein fähiger Tontechniker, ein schöner Song (noch dazu in meiner Muttersprache), eine versierte Sängerin - dann ist so etwas megaschnell im Kasten. Deshalb kann ich meine Stimme trotzdem alles in allem recht unspektakulär finden. Aber das ist doch nix Schlimmes ! Ich kann damit leben und sogar davon !

Und wie war das in dem schräge-Gigs-Thread noch gleich mit der Firma, die Dich einmal quer durch Deutschland gekarrt hat, und das wiederholt? :gruebel:

Nee, Moment mal - ich glaube, du hast nicht viel Ahnung vom Eventbusiness (ist nicht böse gemeint !!). Das hatte nun wirklich nichts mit meinen Gesangskünsten zu tun, zumal uns ja kein Schwein zugehört hat. Den Herrschaften hat einfach nur gefallen, daß mit uns alles reibungslos ablief, und die nächste Veranstaltung sollte ebenso reibungslos ablaufen, deshalb haben die uns nochmal gebucht. Im Prinzip waren wir völlig austasuschbar.

Ich möchte aber meine Sangeskünste um Himmels willen nicht zur Diskussion stellen und bitte hiermit, das Thema zu beenden. Back to topic.... das gewisse Etwas ist für mich eher was Seltenes, es macht mir eine Gänsehaut oder treibt mir Tränen in die Augen oder ich finde es eben .... sehr sexy. Das passiert natürlich nicht alles auf einmal ;) und eben nicht sehr oft.
Vielleicht bin ich jetzt aber auch zu anspruchsvoll ?
 
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das gewisse Etwas ist für mich eher was Seltenes, es macht mir eine Gänsehaut oder treibt mir Tränen in die Augen oder ich finde es eben .... sehr sexy. Das passiert natürlich nicht alles auf einmal ;) und eben nicht sehr oft.
Vielleicht bin ich jetzt aber auch zu anspruchsvoll ?

Ich sehe es ähnlich.
Allerdings denke ich trotzdem, es geht auch ein paar Eckchen kleiner mit dem "gewissen Etwas".

"Satellite-Lena" hatte für mich auch das "gewisse Etwas", obwohl sie keine großartige Sängerin und noch nicht mal eine "Künstlerin" für mich ist. (Nur ein Beispiel). Oder Kurt Cobain, obwohl er schlecht singt und unerträglich depressiv ist (äh...war). von jemandem wie Bob Dylan mal ganz zu schweigen, der überhaupt nicht singen kann, es nie konnte und trotzdem mit der Musik, die er macht und machte viele berührt und sogar beeinflusst hat.

Ich höre persönlich lieber Björk, weil sie eine großartige, unübertroffene Künstlerin ist, ich ihre Stimme fantastisch finde und ihre Songs großartig, ergreifend und Tränen-in-die-Augen-treibend.
Aber das kann eben nur die äußerste Spitze des "Gewissen Etwas" sein, denn sonst können alle anderen, einschließlich mir, ja gleich einpacken. Ich sage aber in aller Bescheidenheit und im Wissen um meine Defizite: Auch ich habe das "gewisse Etwas", wenn ich singe, zumal, wenn ich meine eigenen Songs singe ;-)
 

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