Wie singt man richtig laut?

Hallo,

vielleicht darf ich mal den Bogen zur Ausgangsfrage mit einer ganz bösen Quergrätsche wieder zu schlagen versuchen: Meines Erachtens ist ja auch nicht schiere Lautstärke die Kunst, sondern vor allem auch in der Klassik das ausdrucksfähige und tragfähige Piano... so, und jetzt schlagt mich :D

Nein, im Ernst, ich finde es durchaus genauso fordernd (anstrengend ist wohl nicht der rechte Begriff...), ein richtig schönes, sauberes, ausdrucks- und tragfähiges Piano hinzubekommen. Im Klassikbereich würde mir da so aus dem Handgelenk Montserrat Caballé zu ihren stimmlich besten Zeiten einfallen. Aber da gibt's sicherlich noch mehr... bei den Herren, ganz im Gegensatz zu seinem Namen, Peter Schreier, der in seinem Fach m. E. durchaus Musikgeschichte geschrieben hat. Eine wunderschön runde Stimme, nie "laut", aber enorm ausdrucksvoll - insbesondere seine Evangelistenpartien und seine Schubert- und Schumann-Lieder.

Viele Grüße
Klaus
 
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Hallo,

vielleicht darf ich mal den Bogen zur Ausgangsfrage mit einer ganz bösen Quergrätsche wieder zu schlagen versuchen: Meines Erachtens ist ja auch nicht schiere Lautstärke die Kunst, sondern vor allem auch in der Klassik das ausdrucksfähige und tragfähige Piano... so, und jetzt schlagt mich :D

Nein, im Ernst, ich finde es durchaus genauso fordernd (anstrengend ist wohl nicht der rechte Begriff...), ein richtig schönes, sauberes, ausdrucks- und tragfähiges Piano hinzubekommen. Im Klassikbereich würde mir da so aus dem Handgelenk Montserrat Caballé zu ihren stimmlich besten Zeiten einfallen. Aber da gibt's sicherlich noch mehr... bei den Herren, ganz im Gegensatz zu seinem Namen, Peter Schreier, der in seinem Fach m. E. durchaus Musikgeschichte geschrieben hat. Eine wunderschön runde Stimme, nie "laut", aber enorm ausdrucksvoll - insbesondere seine Evangelistenpartien und seine Schubert- und Schumann-Lieder.

Viele Grüße
Klaus
Ich finde ein richtig gutes Piano ehrlich gesagt sogar schwieriger als ein forte, vor allem wenn es tragfähig sein soll. Persönlich gefallen mir Stimmen am besten, die insgesamt viel Dynamik besitzen. Im Pop-Bereich finde ich gibt es diesbezüglich viel zu viel Einheitsbrei, was auch noch durch die starke Komprimierung bei Aufnahmen gefördert wird.

Aber die Frage war ja nach lautem Gesang ;)
 
Hallo, broeschies,

Ich finde ein richtig gutes Piano ehrlich gesagt sogar schwieriger als ein forte, vor allem wenn es tragfähig sein soll.

o-ha, da sind wir uns sogar mal einig :great: Und im Pop-Bereich - klar, der "loudness war". Da bleibt zwangsläufig die Dynamik - gewollt - auf der Strecke.
Natürlich ging Tims Frage auf "lauten" Gesang, aber ich fand es wichtig, auch mal das Piano als Teil der ganzen Darbietung "auf die Bühne zu werfen" ;)

Viele Grüße
Klaus
 
Hallo, broeschies,



o-ha, da sind wir uns sogar mal einig :great: Und im Pop-Bereich - klar, der "loudness war". Da bleibt zwangsläufig die Dynamik - gewollt - auf der Strecke.
Natürlich ging Tims Frage auf "lauten" Gesang, aber ich fand es wichtig, auch mal das Piano als Teil der ganzen Darbietung "auf die Bühne zu werfen" ;)

Viele Grüße
Klaus
Ja, ich finde auch, dass man das zuerst können sollte. Wenn man die Tragfähigkeit schonmal hat, braucht man nicht mehr so viel Druck bis zum forte. Deshalb hatte ich auch im ersten Post geschrieben, dass ich denke eine "Mischstimme" zu finden ist erstmal wichtiger (also piano bis mezzoforte von der Dynamik), bevor man sich über die Lautstärke Gedanken macht.
 
Meines Erachtens ist ja auch nicht schiere Lautstärke die Kunst, sondern vor allem auch in der Klassik das ausdrucksfähige und tragfähige Piano... so, und jetzt schlagt mich :D
Wieso soll ich Dich schlagen, wenn Du Recht hast? :eek:
 
Kleines Update bzgl. meiner Lautstärken-Experimente. Mein klassisches Fortissimo ist etwa so laut wie ein "Full-Belt", beides jeweils etwa 93 dB in 1m. Ich denke, um mehr zu erreichen bräuchte ich wahrscheinlich eine höhere Tonhöhe, was ich im klassischen Klang nicht hinbekomme.

Im Fake-Belt nahe meiner Tongrenze von A5 liege ich bei 110 dB in 1m Abstand.

Kurzum: Im Contemporary-Gesang bin ich zwar leiser auf gleicher Tonhöhe, da ich dort aber viel höher singen kann, sind auch die Spitzenlautstärken viel höher.

Ist natürlich alles nur Schall (!) und Rauch, aber mal interessant zu wissen, wo sich die verschiedenen Koordinationen so lautstärkemäßig einordnen.
 
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Das ist doch Unsinn. Die Klassiker stellen sich da ganz gerne auf ein Podest bezüglich der Technik, aber die Kochen auch nur mit Wasser.

Naja, aber die guten Klassiker können halt ohne Mikrofonierung mit ihrer Stimme eine große Oper füllen und das nicht nur im Fortissimo, denn auch leise Passagen müssen auf den letzten Plätzen noch gut ankommen!
Ansonsten ist im Pop-Bereich auch noch vieles erlaubt, was in der Klassik verpönt ist.

Meine Aussagen bezog sich aber nicht nur auf die technischen Unterschiede und Qualitäten, der Hauptgrund dafür waren meine Hörgewohnheiten. Anfangs habe ich begeistert stundenlang am Tag Country, Swing und Pop gehört, nun fast nur noch Klassik. Am schnellsten von allen Musikrichtungen hatte ich mir Pop übergehört, gerade die Sachen, die mir anfangs am besten gefielen, wollte ich recht schnell nicht mehr hören.
Meine Pavarotti-CDs z.B. kann ich jeden Tag über Monate durchhören und finde sie immer wieder toll.
 
Naja, aber die guten Klassiker können halt ohne Mikrofonierung mit ihrer Stimme eine große Oper füllen und das nicht nur im Fortissimo, denn auch leise Passagen müssen auf den letzten Plätzen noch gut ankommen!
Naja ich würde es so formulieren: Klassiker müssen ohne Mikrofonierung mit ihrer Stimme eine große Oper füllen. Wieso sollte sich ein Contemporary-Sänger, der ein Mikro in der Hand hat diese Lautstärke antun? Aber natürlich können Contemporary-Sänger auch richtig laut singen, es gibt nur in den allermeisten Fällen keinen Grund dazu.


Ansonsten ist im Pop-Bereich auch noch vieles erlaubt, was in der Klassik verpönt ist.

Meine Aussagen bezog sich aber nicht nur auf die technischen Unterschiede und Qualitäten, der Hauptgrund dafür waren meine Hörgewohnheiten. Anfangs habe ich begeistert stundenlang am Tag Country, Swing und Pop gehört, nun fast nur noch Klassik. Am schnellsten von allen Musikrichtungen hatte ich mir Pop übergehört, gerade die Sachen, die mir anfangs am besten gefielen, wollte ich recht schnell nicht mehr hören.
Meine Pavarotti-CDs z.B. kann ich jeden Tag über Monate durchhören und finde sie immer wieder toll.
Naja, es hatte sich halt so angehört, als ob es um Technik geht. Sagen wir mal so: Contemporary-Gesang ist ungefähr genauso gut, um klassische Technik zu lernen wie klassischer Gesang gut ist, um Contemporary-Technik zu lernen, ist doch klar. Contemporary-Technik ist eben vielschichtiger, weil mehr verschiedene Klänge "erlaubt" sind, aber grundsätzlich ist nicht eine Technik "besser" als die andere.
 
Aber natürlich können Contemporary-Sänger auch richtig laut singen, es gibt nur in den allermeisten Fällen keinen Grund dazu.

Da bin ich aber mal äußerst skeptisch... ;)
Und selbst wenn einige Contemporary-Sänger ähnlich laut singen können wie Klassik-Sänger, ist noch die Frage wie es dann klingt!
Gute Klassik-Sänger können bei tollem Klang in allen Lautstärken singen und das noch gegen ein großes Orchester an.

Contemporary-Technik ist eben vielschichtiger, weil mehr verschiedene Klänge "erlaubt" sind, aber grundsätzlich ist nicht eine Technik "besser" als die andere.

Es ist aber eben auch Geschreie/Gekreische, Gequieke , Geröhre usw. erlaubt, was man in der Klassik wohl (zum Glück!!!) nicht finden wird.
In der Klassik muß die Stimme an sich überzeugen, ohne Verstärkung, ohne Kompressor, ohne Intonationsgerät und ohne EQ-Nachbearbeitung, daher finde ich die Leistungen in der Klassik schon ganz anders zu bewerten.
Auch wenn es Geschmackssache ist und die meisten Menschen vermutlich lieber Pop als Klassik hören.
In meiner Umgebung wurde eben immer viel Klassik gehört und gespielt und ich selbst hab als Kind ja auch klassischen Klavierunterricht gehabt und auch damals viel Klassik gehört, das prägt natürlich und kommt nun anscheinend wieder bei mir durch.

Das mit dem sich überhören von Musik finde ich aber ein interessantes Phänomen und wüßte gerne ob das anderen ebenso geht wie mir?
Nochmal kurz zusammengefaßt, Pop-Musik gefällt mir oft durchaus beim ersten hören sehr gut, aber nach diversen malen Anhören geht es mir auf den Keks und ich wills mir nicht mehr antun, dann schon lieber meine Ruhe haben.
Bei Klassik ist es fast umgekehrt, beim ersten Hören finde ich es manchmal sogar langweilig oder höre die Melodien gar nicht so genau raus, aber desto öfter ich es höre, desto besser gefällt es mir oft.
 
Da bin ich aber mal äußerst skeptisch... ;)
Und selbst wenn einige Contemporary-Sänger ähnlich laut singen können wie Klassik-Sänger, ist noch die Frage wie es dann klingt!
Gute Klassik-Sänger können bei tollem Klang in allen Lautstärken singen und das noch gegen ein großes Orchester an.

Es ist aber eben auch Geschreie/Gekreische, Gequieke , Geröhre usw. erlaubt, was man in der Klassik wohl (zum Glück!!!) nicht finden wird.
In der Klassik muß die Stimme an sich überzeugen, ohne Verstärkung, ohne Kompressor, ohne Intonationsgerät und ohne EQ-Nachbearbeitung, daher finde ich die Leistungen in der Klassik schon ganz anders zu bewerten.
Auch wenn es Geschmackssache ist und die meisten Menschen vermutlich lieber Pop als Klassik hören.
In meiner Umgebung wurde eben immer viel Klassik gehört und gespielt und ich selbst hab als Kind ja auch klassischen Klavierunterricht gehabt und auch damals viel Klassik gehört, das prägt natürlich und kommt nun anscheinend wieder bei mir durch.

Das mit dem sich überhören von Musik finde ich aber ein interessantes Phänomen und wüßte gerne ob das anderen ebenso geht wie mir?
Nochmal kurz zusammengefaßt, Pop-Musik gefällt mir oft durchaus beim ersten hören sehr gut, aber nach diversen malen Anhören geht es mir auf den Keks und ich wills mir nicht mehr antun, dann schon lieber meine Ruhe haben.
Bei Klassik ist es fast umgekehrt, beim ersten Hören finde ich es manchmal sogar langweilig oder höre die Melodien gar nicht so genau raus, aber desto öfter ich es höre, desto besser gefällt es mir oft.
Letztlich alles Geschmackssache, auch stimmliche Effekte müssen gelernt sein. Was die Lautstärke angeht: Wie schon gesagt: Ich singe mit Contemporary-Technik in der Spitze lauter, einfach nur, weil ich dort höher singen kann. Ein lauter Contempoary-Ton klingt genauso wie ein lauter Klassik-Ton, nur eben mit höherem Kehlkopf und hellerer Klangfarbe :D Die Standard-Technik in der Klassik ist auf höhere Grundlautstärke ausgelegt. Das ist aber keine große Kunst, denn die Differenz kommt dann nur durch höheren Atemdruck zu stande, den Sängerformanten haben (gute) Contemporary-Sänger ja auch.

Wie schon gesagt ist eben auch eher das Piano die "hohe Kunst" in der Klassik und nicht das forte bzw. das Spiel mit der Dynamik, ohne dabei die Tragfähigkeit zu verlieren. Das gleiche hat man im Contemporary aber auch, gerade bei lauterer Rock-Musik. Auch da kann man es sich meist nicht leisten den Sängerformanten zu verlieren, weil mann dann, trotz Micro, nicht mehr tragfähig ist.

Und Contemporary ist ja nicht gleich Pop.
 
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Meines Erachtens ist ja auch nicht schiere Lautstärke die Kunst, sondern vor allem auch in der Klassik das ausdrucksfähige und tragfähige Piano

Schiere Lautstärke soll es ohnehin nie sein, sondern eben an erster Stelle Volumen und Tragfähigkeit, welche dann dazu führen dass die Stimme in dem Sinne laut tönt, dass sie unverstärkt bis in die hinterste Reihe des Theaters problemlos gehört wird.

Und klar, ein rundes gestütztes und deshalb tragfähiges Piano zu singen, das ist die Krone des technisch guten Gesanges, ich glaube da wird dir niemand widersprechen :)

Ich bin aber der Meinung das Piano muss sich ganz klar aus dem Forte heraus entwickeln und nicht umgekehrt. Die chronologische Abfolge beim Stimmaufbau wäre meiner Ansicht nach:

1. Stimme aufbauen: mit den zunehmend richtigen technischen Einstellungen kommt automatisch mehr Lautstärke (im obigen Sinne); in dieser "Stimmbau-Phase" aber nie Lautstärke erzwingen wollen, die die Stimme noch nicht bereit ist, von selber zu geben
2. Stimmentwicklung ist soweit, dass Volumen, Tragfähigkeit, Lautstärke sich entfaltet haben; der Sänger, resp. dessen Körper, weiss was er zu tun hat, wie es sich anfühlt
3. die körperlichen Einstellungen für "laut" beibehalten(!) aber mit der Lautstärke zurückgehen: et voilà: man hat das tragfähige Piano

Wenn man hingegen zu früh in der Ausbildung versucht künstlich leise zu singen/die Stimme absichtlich zurückzunehmen, ist das kein Piano sondern einfach nur schwacher laienhafter Gesang! :rolleyes:

Finde es deshalb auch ganz verheerend, wenn Gesangslehrer ihre Schüler künstlich klein zu halten versuchen, bevor der Körper kapiert hat, was Öffnung wirklich bedeutet; eine Bekannte von mir war über nahezu 10 Jahre bei so einer GL: sie ist nie über das Stadium "nettes Ensemblestimmchen" herausgekommen, konnte nie solistische Resonanzen entwickeln, und das obwohl sie ansonsten bezüglich Musikalität und Körpergefühl sicher keine schlechten Voraussetzungen gehabt hätte. Am Schluss hat sie dann die ganze Singerei frustriert an den Nagel gehängt.


denn die Differenz kommt dann nur durch höheren Atemdruck zu stande

Nicht nur durch höheren Atemdruck, sondern an erster Stelle eben durch das Lernen "alle Räume" maximal zu öffnen und so solistische Resonanzen zu entwickeln (wobei, du wirst mir jetzt dann sicher gleich physiologie-technisch auseinander bröseln, dass das eh auf eins rauskommt ;))
 
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Schiere Lautstärke soll es ohnehin nie sein, sondern eben an erster Stelle Volumen und Tragfähigkeit, welche dann dazu führen dass die Stimme in dem Sinne laut tönt, dass sie unverstärkt bis in die hinterste Reihe des Theaters problemlos gehört wird.
Was, liebe @Tonja, verstehst Du dann bitte unter Volumen und Tragfähigkeit?
Ich verstehe darunter eben genau die Lautstärke und das Frequenzspektrum, welches beim Zuhörer ankommt. Und damit es ankommt, muß es entsprechend laut sein bzw. sich um sehr gut wahrnehmbare Frequenzen handeln. So ein Opernhaus sollte natürlich dahingehend optimiert sein, dass die entsprechenden Schallwellen entsprechend reflektiert bzw. unerwünschte Schallwellen absorbiert werden. Dadurch wird es dann möglich, dass auch leisere Töne noch von einem stillen Publikum gehört werden.
Wenn jetzt alle wild durcheinanderquatschen würden, wäre ich mir nicht mehr so sicher, ob dann auch die leisen Töne gut durchkommen könnten.

Wenn man hingegen zu früh in der Ausbildung versucht künstlich leise zu singen/die Stimme absichtlich zurückzunehmen, ist das kein Piano sondern einfach nur schwacher laienhafter Gesang! :rolleyes:
Klar ist es laienhaft, wenn man in der Ausbildung noch nicht so weit ist, aber da ist doch nichts gegen einzuwenden?

Nicht nur durch höheren Atemdruck, sondern an erster Stelle eben durch das Lernen "alle Räume" maximal zu öffnen und so solistische Resonanzen zu entwickeln
Ich vermute mal, die Räume, die man da öffnen kann, sind ziemlich beschränkt? Ich finde das immer seltsam, mit den zu öffnenden "Räumen".
Klar werden im Gesangsunterricht Kiefer-/Zungen-/Mundstellungen trainiert und verschoben, so wie das dem Geschmacksideal eben am nächsten kommt. Und eben die zugehörigen Muskeln, auch die der Stimmlippen, werden entsprechend trainiert, damit sie dem notwendigen Druck standhalten. Und dann muß noch der richtige Atemdruck erzeugt werden.
Diese "solistischen Resonanzen", da würde ich gerne mal sehen, wo die für Frauenstimmen genau liegen, ob da wirklich die mitklingende Oktave lauter klingt als der Grundton, wie bei den Männerstimmen, davon bin ich noch nicht überzeugt. Wenn man Frequenzen aus Stücken analysiert, bekommt man ja auch immer die Begleitung mit dazu, da schwingt also noch vieles andere mit.
 
Diese ganze Geschichte mit "Resonanzräumen" usw. wird immer schnell verwirrend, weil viel davon einfach bildlich gemeint ist. Die geschickte Ausnutzung der Resonanzen, die "echt physologisch" möglich sind im Vokaltrakt ist sehr verschieden unter den Sängern und kaum eine Resonanz kann in gleicher Weise über die gesamte Range genutzt werden. Die einzige Ausnahme ist der Sängerformant, der dadurch auch das entscheidende Element für Tragfähigkeit ist. Die Tragfähigkeit der Stimme ergibt sich v.a. aus Atemdruck + Sängerformant + variable Resonanzen, wobei es bei letzteren wie schon gesagt viele verschiedene Strategien gibt und teilweise werden sie auch gar nicht (kontrolliert) genutzt.

Wenn von "Resonanzräume öffnen" gesprochen wird, ist damit meistens ein Vergrößern des Vokaltraktes gemeint, was einen stärkeren Atemstrom erlaubt und damit eine höhere Lautstärke. Das wird dann als mehr Resonanz wahrgenommen, weil natürlich alles im Körper stärker mitschwingt bei einem lauteren Ton, aber es ist keine Resonanz im eigentlichen Sinne. Meine Erfahrung damit ist, dass bei Contemporary-Gesang eher der vordere Raum geöffnet wird, zwischen Zungenrücken und Schneidezähnen und im klassischen Gesang eher der hintere Raum, zwischen hinterer Rachenwand, Zungenrücken und einschl. des Gaumensegels. Das variiert aber quasi stufenlos, je nach Klangformung.

Der Pferdefuß an der Geschichte ist aber, dass der Sängerformant und auch der Stimmlippenschluss umgekehrt v.a. durch ein Verengen des Vokaltraktes erzeugt wird, von daher kann man beim reinen Öffnen des Vokaltraktes sehr leicht den Sängerformanten/Stimmlippenschluss verlieren.

Hier gibt es eine schöne Animation, wie sich der Sängerformant anhört, losgelöst von der klassischen Klangformung. Man sieht schön wie sich die Frequenzen im subjektiv gut hörbaren Bereich um 3kHz anheben und man hört, wie die Stimme stärker "klingelt". Die Animation oben illustriert die Verengung der Epiglottis.
http://www.ncvs.org/ncvs/tutorials/voiceprod/movies/ringfrm.mov

Für euch Frauen ist die schlechte Nachricht aber, dass der klassische Klang die Verwendung des Sängerformanten bei Frauen stark limitiert, d.h. die Lautstärke kommt zum allergrößten Teil einfach nur durch Atemdruck zu Stande. Trotzdem ist eine gewisse Verengung der Epiglottis wichtig, weil sie eben auch den Stimmlippenschluss beeinflusst. Männliche Klassiker haben hingegen einen sehr ausgeprägten Sängerformanten. Musical-Sänger übrigens auch.

@Silvieann : Bezgüglich der Harmonien sieht es so aus, dass bei weiblichen Sängern in der Höhe (!) der Grundton dominant ist, aber die Harmonien sind trotzdem noch sehr stark, so dass der Grundton nicht nahezu "alleine" dasteht. Im Bereich der Mittelstimme ist aber auch bei Frauen tendenziell die 2. Harmonische dominant. Bei Männern ist in der hohen Lage die 3. Harmonische dominant und erst im Falsett der Grundton.

Kurzum: "Solistische Resonanz" ist dann schlicht und einfach "laut und kraftvoll" und das passiert v.a. durch Atemführung und Stimmlippenschluss. Es gibt da keinen "geheimen" Resonanzraum im Vokaltrakt, den man öffnen muss/kann, um diesen Effekt zu erzielen. Man muss "nur" einen ordentlichen Stimmlippenschluss und eine gute Stütze haben, und dann den Vokaltrakt genug weiten, um eine hohe Lautstärke zuzulassen.

"Öffnen von Resonanzräumen" ist v.a. bildlich gemeint. Wenn deine Stütze und dein Stimmlippenschluss nicht stimmen, kannst du öffnen was und wo du willst, da wird nichts resonieren.
 
Warum willst du wissen, wie Tenöre so laut singen können, wenn du doch ein Bariton bist? ;)

Wenn du Opernsänger werden möchtest, muss das deine Lebensaufgabe sein. Da reicht ein Mal Unterricht pro Woche nicht aus. Da solltest du schon richtig Geld blechen und dir privat wenigstens alle zwei Tage eine Stunde gönnen. Ist die 39 dein Alter? Ich hatte für eine Woche letztes Jahr die perfide Idee, mich zur Opernsängerin ausbilden zu lassen, "ist ja so schön einfach". Selbst wenn du viel Geld und Zeit investierst, musst du so viele Kompromisse eingehen, sodass ich mir kaum vorstellen kann, dass das mit so großer musikalischer Wankelmütigkeit, wie du sie zu pflegen scheinst, so einfach ist. Ich habe bereits nach einer Woche aufgegeben - zu viele musikalische Kompromisse, die ich nicht eingehen wollte (die fehlende Improvisation z.B., denn wieso soll ich ein und dasselbe Lied immer mit den gleichen Noten singen?!) oder konnte (nach Noten singen und piano, forte und wie das alles heißt, einordnen und umsetzen und überhaupt richtig intonieren). Wenn man da wirklich ernst genommen werden will, muss man das Geforderte einfach können und können wollen, ohne Schwächen unter den Teppich zu kehren. Wenn dir die harte, jahrelange Arbeit nichts ausmacht, dann mach es. Da reicht das Lautsingen aber nicht aus.
Bitte nicht falsch verstehen. Aus mir spricht lediglich die Erfahrung, die wiederum auf Dämpfer der Selbstüberschätzung beruht xD


Das mit dem sich überhören von Musik finde ich aber ein interessantes Phänomen und wüßte gerne ob das anderen ebenso geht wie mir?
Nochmal kurz zusammengefaßt, Pop-Musik gefällt mir oft durchaus beim ersten hören sehr gut, aber nach diversen malen Anhören geht es mir auf den Keks und ich wills mir nicht mehr antun, dann schon lieber meine Ruhe haben.

Mir geht das nicht so. Vielleicht findest du Klassik da interessanter, da man die Musik tendenziell schwerer und anstrengender ist, dafür mehr Aufmerksamkeit einfordert. Pop und Konsorten kann man ja nebenbei am Laufen haben und wird auch ständig damit beschallt. Du kannst dich ja mal in den Musikrichtungen aus anderen Ländern umsehen - da verstecken sich richtige Perlen! Ich könnte nicht ohne diverse Musikrichtungen aus Südamerika, Japan oder auch dem arabischen Raum leben. Da gibts immer wieder viel zu entdecken und das wird auch nicht langweilig.
 
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Ehrlich gesagt sind mir die ganzen physiologisch-anatomischen Hintergründe und Abläufe beim Singen komplett egal. Ich habe versucht deinen, sicher nett gemeinten, obigen Post zu lesen @broeschies, aber leider (wieder mal) bereits nach dem ersten Abschnitt aufgegeben, weil es für mich einfach keine "Singrelevanz" hat, sorry ;)

Nur soviel: sicher ist beim singen lernen ganz vieles/das meiste rein bildlich gemeint, aber genau solche Bilder und sonstigen Hilfsmittel führen eben bei den allermeisten Singenlernenden zum Erfolg und nicht die physiologisch exakten Erklärungen was im Körper abläuft, solches finde ich (und glaub viele andere auch) als eher gesangsverhindernd! Aber wer lieber auf die "physiologische Art" singen lernt: selbstverständlich! das ist ja jedem selbst überlassen!

Die "Räume" die ich weite bevor ich den Ton ansetze sind Brustkorb/Flanken/Rücken, dann Hals/Rachen und spezifisch für die Höhe den oberen Schädelbereich. Die Anführungszeichen deshalb, weil natürlich nur ein Teil des Aufgezählten tatsächliche Räume sind und auch davon nicht alle tatsächlich erweiterbar (wäre ja nicht wirklich vorteilhaft, wenn man beim singen eines jeden hohen Tons einen Schädel kriegt wie die Männchen aus Mars Attacks :D) , aber ich empfinde eben auch das andere als Raum den ich weiten kann. Und nur auf die zuverlässig und wiederholt abrufbare Empfindung kommt es letztlich drauf an!

So auch das mit dem Volumen: guter Gesang empfinde ich als dreidimensional und die Lautstärke kommt dabei von selber ohne das man sich speziell um sie bemüht. Unausgebildete oder schlecht ausgebildete Stimmen hingegen wirken auf mich eindimensional. Steht man unmittelbar neben ihnen können sie (unangenehm) laut tönen, entfernt man sich aber etwas davon, merkt man wie wenig sie tragen, sie kommen oft nicht mal mehr gegen ein Klavier an, geschweige denn gegen ein ganzes Orchester.
 
Ehrlich gesagt sind mir die ganzen physiologisch-anatomischen Hintergründe und Abläufe beim Singen komplett egal. Ich habe versucht deinen, sicher nett gemeinten, obigen Post zu lesen @broeschies, aber leider (wieder mal) bereits nach dem ersten Abschnitt aufgegeben, weil es für mich einfach keine "Singrelevanz" hat, sorry ;)

Nur soviel: sicher ist beim singen lernen ganz vieles/das meiste rein bildlich gemeint, aber genau solche Bilder und sonstigen Hilfsmittel führen eben bei den allermeisten Singenlernenden zum Erfolg und nicht die physiologisch exakten Erklärungen was im Körper abläuft, solches finde ich (und glaub viele andere auch) als eher gesangsverhindernd! Aber wer lieber auf die "physiologische Art" singen lernt: selbstverständlich! das ist ja jedem selbst überlassen!

Die "Räume" die ich weite bevor ich den Ton ansetze sind Brustkorb/Flanken/Rücken, dann Hals/Rachen und spezifisch für die Höhe den oberen Schädelbereich. Die Anführungszeichen deshalb, weil natürlich nur ein Teil des Aufgezählten tatsächliche Räume sind und auch davon nicht alle tatsächlich erweiterbar (wäre ja nicht wirklich vorteilhaft, wenn man beim singen eines jeden hohen Tons einen Schädel kriegt wie die Männchen aus Mars Attacks :D) , aber ich empfinde eben auch das andere als Raum den ich weiten kann. Und nur auf die zuverlässig und wiederholt abrufbare Empfindung kommt es letztlich drauf an!

So auch das mit dem Volumen: guter Gesang empfinde ich als dreidimensional und die Lautstärke kommt dabei von selber ohne das man sich speziell um sie bemüht. Unausgebildete oder schlecht ausgebildete Stimmen hingegen wirken auf mich eindimensional. Steht man unmittelbar neben ihnen können sie (unangenehm) laut tönen, entfernt man sich aber etwas davon, merkt man wie wenig sie tragen, sie kommen oft nicht mal mehr gegen ein Klavier an, geschweige denn gegen ein ganzes Orchester.
Ja, das Problem mit diesen ganzen Bildern ist, dass es Leute gibt, die tatsächlich die Dinge wörtlich nehmen und eben nichts mit solchen Vorstellungen anfangen können. Und dann kommen sie wie silvieann und fragen: "Was und wo soll ich denn da genau öffnen?". Wenn man dann vom "Öffnen des oberen Schädelbereichs" z.B. spricht, dann versteht man genauso viel Bahnhof wie du aus meinen Posts :D

Ich kann glücklicherweise mit so einigen Vorstellungen etwas anfangen, aber ich habe durchaus schon so einige Leute erlebt, die da anders gepolt sind und die kriegen das dann nicht hin diese imaginären Räume zu "öffnen".

Ich bin absolut deiner Meinung, dass es darauf ankommt, was "funktioniert", aber das kann wirklich hochgradig individuell sein. Ich habe auch schon so einige Leute erlebt, die wirklich monatelang die gleichen Dinge von ihrem GL zu hören bekommen haben und die es einfach nicht geschnallt haben, weil sie schlicht und einfach nicht "kompatibel" waren zu der jeweiligen Begriffswelt des Lehrers. So ein bisschen habe ich auch inzwischen den Eindruck, das das bei silvieann auf die Aussage mit dem "Öffnen" zutrifft ;)

Ein ganz populärer Kandidat für diese Missverständnisse ist z.B. auch das "in den Bauch atmen". In solchen Fällen kann es oft hilfreich sein darauf hinzuweisen, dass das nur eine bildliche Vorstellung ist und in Wirklichkeit gar nicht geht. Dass sich der Bauch nur audehnt, weil die Lunge sich nach unten erweitert. Manche Menschen haben auch von Natur aus so viel Platz im Brustkorb, dass sich ihr Bauch bei normaler Tiefenatmung gar nicht wölbt.

Gerade beim Fragen klären übers Forum sind meistens Zusammenhänge einfacher, die man auch "selbst zu Hause" überprüfen kann. Wenn ich mich vor den Spiegel stelle, fällt es mir schwer zu sehen, ob mein Schädel gerade "offen" oder "zu" ist. Beim Mund ist das eine andere Geschichte :tongue: Andere Dinge kann man zumindest klanglich nachvollziehen. Ob der Sängerformant da ist, kann man zur Not in der Spektralanalyse beim Aufnehmen sehen. Am schwierigsten ist es immer Dinge zu erklären, die mit Atmung/Stütze zu tun haben, weil man da nie so ganz genau erklären kann was wo wann rein und raus geht und das auch noch anatomisch individuell sein kann.

Auf der anderen Seite wird es auch schnell unübersichtlich, wenn es so sehr ins physiologische Detail geht, dass man bei Strukturen ankommt, die man weder sehen noch fühlen, noch direkt willentlich kontrollieren kann (Asche auf mein Haupt :evil:).
 
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Ja, das Problem mit diesen ganzen Bildern ist, dass es Leute gibt, die tatsächlich die Dinge wörtlich nehmen und eben nichts mit solchen Vorstellungen anfangen können. Und dann kommen sie wie silvieann und fragen: "Was und wo soll ich denn da genau öffnen?". Wenn man dann vom "Öffnen des oberen Schädelbereichs" z.B. spricht, dann versteht man genauso viel Bahnhof wie du aus meinen Posts :D

Gut, dass du's noch rechtzeitig klargestellt hast! XD




Übrigens stelle ich mir beim Lautsingen das Kamehameha aus Dragon Ball vor. Zumindest fühle ich mich bei der Lautstärke so, als würde sich die Stimme entladen und mich der Rückstoß gegen die Wand zurückdrücken. Oder wenn man mit einer Pistole schießt. Da muss man den Rückstoß auch beachten.
Ich weiß aber nicht, ob das für die Klassik förderlich ist. Mit der Methode erreiche ich zwar auf Vokale extreme Lautstärken, kann dabei aber keine Worte formen. Zur Abschreckung von Einbrechern, neugierigen Nachbarn oder aggressiven Hunden aber bestens geeignet.
 
Gut, dass du's noch rechtzeitig klargestellt hast! XD
Du meinst rechtzeitig bevor die unausweichliche Folgefrage kommt: "Geht auch was aus dem Werkzeugkasten oder muss man einen Schädelbohrer haben?"? :D
 
Mit der Methode erreiche ich zwar auf Vokale extreme Lautstärken, kann dabei aber keine Worte formen. Zur Abschreckung von Einbrechern, neugierigen Nachbarn oder aggressiven Hunden aber bestens geeignet.
:D :great:
 

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