Ich glaube, es wäre hilfreich, konkret Zahlen des Marktes zu kennen um die Entscheidungen der Hersteller völlig nachvollziehen zu können. Denn es geht ja hier nicht um "es wird weniger Hard- und mehr Software verkauft" (schon das weiß ich nicht - die Auswahl scheint heute ja sogar größer zu sein als in den 90ern), es geht um das Fallenlassen des in der Herstellung günstigsten und über die Synthszene hinaus etablierten Formats.
Um da Zahlen ins Spiel zu bringen, kann man sich die Thomann-Seite für Expander anschauen:
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Ich glaube nicht, dass die Hersteller das einfach so machen, weil sie keine Lust mehr auf 19 Zoll Systeme hatten.
Das Stichwort nach meiner Meinung ist Ergonomie. In den 90er als mein Studio noch aus einer 24-Kanal-Inline-Konsole bestand, mit Outboard im Rack und die DAW bzw. die Rechner noch nicht so leistungsfähig waren, hatte ich auch die Rackschränke mit all dem 19 Zoll Zeug: Hall-Geräte, Kompressoren, Klangerzeuger, etc.
Ich fand es immer nicht so schön, vor dem Rack-Schrank zu stehen/zu knien/zu hocken, um z.B. an Klängen zu Schrauben. Den Nord Rack 2 z.B. habe ich mehrfach in einem Rackeinbau im Schrank gehabt aber immer wieder ausgebaut und als Desktopgerät benutzt, weil ich das ergonomischer fand. Den Virus B z.B. habe ich nie mit den Rack-Einbaukit ausgestattet und immer als Desktop-Gerät benutzt. Klar hätte ich das alles auch per MIDI machen können oder per Masterkeyboard. Das hatte ich damals aber so noch nicht.
Inzwischen steht der Nord-Rack in seinem eigenen 19 Zoll Tisch-Rack:
Solange wir da nichts haben können wir wohl nur vermuten dass sich die Hersteller denken "wir wollen aber alle Parameter am Gerät bedienbar haben und wollen keine 3-Einheiten-Rackgeräte bauen-die-das-trotzdem-ermöglichen-würden", obwohl bei einer vernünftigen Midifizierung (+der am Gerät vorhandenen Knöpfe) eine externe Bedienung gar kein Problem wäre.
Bei Studio-Outboard Equipment (Kompressoren, Channel-Strips, etc.), ist das 19 Zoll Format, wenn ich das richtig überschaue, auch weiterhin das am meisten benutzte Format.
Bei den Klangerzeugern ist das anders geworden.
Was waren denn "früher" die typischen Rack-Instrumente? JD-990, JV-1080 / 2080, Yamaha TX-Serie. Auch Korg hatte immer Rack-Versionen seiner Keyboards/Synthesizer/Workstations. Die Sampler dürfen wir auch nicht vergessen. Emus, Akais, Kurzweil.
Alles typische Vertreter der Gattung: Multitimbrale Klangerzeuger also viele Klänge bei möglichst wenig Platz. Die Sound-Canavas Dinger oder auch der Kawai GMega (basiert auf K11) waren dann ja sogar nur im 9,5 Zoll Format. Alle aus einer Zeit, als die Rechner oder Rechnerhardware noch nicht die Möglichkeit hatte, dass man gute Klänge damit produzieren konnte.
Die (wieder) aufkommenden (virtuell) analogen Synthesizer setzten dann einen anderen Schwerpunkt. MB33, Doepfer MS-404, Novation Bassstation Rack, Nord Lead Rack, Waldorf Pulse, Access Virus. All diese Geräte benötigen einen direkteren Zugang zur Klangsynthese als ausschließlich über Menüs und Data-Entry-Slider. Damals hat man, dass ist korrekt, noch weitestgehend das 19 Zoll Format benutzt, aber z.B. der Virus oder auch Novations Nova waren für den Desktopbetrieb ausgelegt. Dieser Trend hat sich heute einfach durchgesetzt.
Gleichzeitig wanderten Geräte wie die Sound-Canavas oder GMega IN den Rechner in Form z.B. einer Wavetable-Karte. Yamaha DB-50 XG sei hier genannt. Das ist im Grunde die Klangerzeugung des CS-1x. Mit Aufkommen von VST und schnellerer Hardware wurden auch diese Karten irgendwann überflüssig und virtualisiert, sprich zu Plug-Ins.
Heute ist das Euro-Rackformat bei modularen Systemen etabliert und alle Geräte die in diesem Umfeld werkeln sollen, setzen auf dieses Format. Viele der Desktop-Geräte können ja in ein Eurorack-Umfeld eingebaut werden. Deswegen sind die "kleiner" als 19 Zoll.
Mit entsprechenden Rack-Kits oder Rackschubladen kann man auch die Desktop-Geräte / Eurorack-Geräte in ein 19 Zoll-Rack integrieren, wenn man das möchte.
In der Hinsicht verstehe ich die Hersteller auch einfach nicht. Ich habe einige ältere Stücke, wo ich den MB383 "live" bei der Aufnahme gespielt hatte.
Wenn ich diese Stücke möglichst passend neu produzieren will (und ich bin heute was das live spielen angeht nicht mehr so fit), dann ist das Sinnvollste, die Parameter zu programmieren. Aber selbst bei so etwas total simplen wie einem 303 Klon mit seiner Handvoll Parameter gibt es kein solches Gerät, das alle diese einfachen Parameter midifizert hätte.
Also das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Die Bassstation 2 würde ich jetzt durchaus in die Ecke TB-303 Klon stellen und da ist alles midifiziert. TB-303 Plug-Ins gibt es doch auch schon relativ viele, z.B. von Arturia oder auch von Roland. Da kann ich auch alles sehr genau programmieren. Auch der TAL Noisemaker kann wie eine TB 303 klingen und der ist kostenlos.