Chor-Problem: Sich selbst nicht hören

Tanita
Tanita
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
30.11.17
Registriert
01.05.06
Beiträge
406
Kekse
360
Ort
Rhein-Sieg-Kreis
Moin,

mir geht seit dem Wochenende was im Kopf rum. Wir hatten ja Chorkonzert (Brahms-Requiem, also schon ein ziemlich hartes Nüsschen). Beim ersten Konzert war die Akkustik in der Kirche total genial, sprich ein bisschen Hall, aber nicht soviel, man konnte sich selber super hören, ich habe mich total wohl gefühlt und es war einfach schööööön. :great:

Bei dem Konzert am Sonntag (andere Kirche) habe ich pausenlos die Krise geschoben. Man konnte nur nach Dirigat singen, weil der Klang von den anderen Stimmen und dem Orchester durch den starken Hall mit Verzögerung oder gar nicht. Die Dame hinter mir singt sowieso grundsätzlich einen Viertelton drunter :rolleyes: und eine verlässliche Orientierung hatte ich nur rechts. Links von mir stand dann schon der erste Bass. Ich habe mich selbst absolut Null gehört und war total verunsichert, ob ich nun über, unter oder genau auf dem Ton drauf bin oder ob überhaupt noch ein Ton aus mir rauskommt. Für mein Empfinden habe ich nur Schrott zusammengesungen, vor allem weil sich Stütze und Stimme vor lauter Unsicherheit ziemlich verabschiedet haben. :mad: Das Publikum fand den Gesamteindruck zum Glück in Ordnung.

Wie lernt man sowas? Sich immer wieder in solche Situationen begeben und hoffen, dass man cooler wird und einfach frei von der Leber weg singt (bin ja erst seit Januar dabei)? Oder gibt es Übungen für sowas?

Am Üben kann es nicht gelegen haben, in die Noten muss ich beim Singen nur noch höchst sporadisch mal reinschauen und auch die Höhen im Sopran bei diesem Stück sind eigentlich nicht das Problem.
 
Eigenschaft
 
Hallo Tanita!

Das ist ja die reinste Chor-Horrorstory! (Und das sage ich als Sänger mit 10 Jahren Chor-Erfahrung.)

Also erst mal: Singe in Umgebungen, in denen man sich nicht hört, ist immer furchtbar. Und das wird im Prinzip auch nicht besser. Man kann allerdings üben, damit klar zu kommen.

a) Stell Dich bei den Proben immer so, wie Du im Konzert auch stehen wirst. Dann hast Du eben die Leute um Dich rum (Bass oder "Falschsängerin) und gewöhnst Dich an den Klang, ehe es "ernst" wird.
Wenn ihr nicht in Choraufstellung probt, stell' Dich wenigstens direkt neben die "Falschsängerin" oder neben den Bass, daß wenigstens eines der beiden Elemente da ist.

Schwierig wäre a1: Sprich die Dame drauf an. Vielleicht ist es ihr gar nicht bewußt und sie könnte es ändern. Wir haben auch eine Sängerin im Chor, die Schwierigkeiten hat, den Einstiegston zu finden. Ich hab' mit ihr inwzischen abgemacht, daß ich ihr die ersten zwei Töne im Lied direkt zusinge, wenn ich neben ihr stehe. Das hilft.

b) kommt jetzt darauf an, wie *gut* ihr seid: Rede mit Eurem Dirigenten und bitte ihn, auch mal Proben zu machen, während die Leute durcheinanderlaufen. Da mußt Du dann Deine Stimme auch ganz alleine beherrschen und das hilft in solchen "nicht-Hör" Situationen ungemein.

c) ist eine technische Lösung, die nicht ganz ohne ist und deren Machbarkeit Du besser noch mal mit den Leuten aus dem PA/Mikro-Forum diskutieren solltest. Schaut doch, ob ihr ein oder zwei Orchestermonitore hinbekommt (Also das Orchester mit einem Stereopärchen Kondensermikros abnehmen und dann auf Monitorlautsprecher legen).
Das ist dann zwar kein Super-Klang, aber wenigstens zeitnah und von der Tonhöhe her da.

Grüße

Ice
 
Huhu,
Also erst mal: Singe in Umgebungen, in denen man sich nicht hört, ist immer furchtbar. Und das wird im Prinzip auch nicht besser. Man kann allerdings üben, damit klar zu kommen.
OK, wenn du das mit deiner Erfahrung sagst, dann bin ich doch gleich weniger frustriert. :) Und vielen lieben Dank für die guten Tipps.

a) Stell Dich bei den Proben immer so, wie Du im Konzert auch stehen wirst. Dann hast Du eben die Leute um Dich rum (Bass oder "Falschsängerin) und gewöhnst Dich an den Klang, ehe es "ernst" wird.
Wenn ihr nicht in Choraufstellung probt, stell' Dich wenigstens direkt neben die "Falschsängerin" oder neben den Bass, daß wenigstens eines der beiden Elemente da ist.
Die Aufstellung wurde nochmal geändert. Ich habe sogar den Chorleiter darauf angesprochen, dass ich und diese Dame "stimmlich nicht harmonieren" und er wusste auch gleich, wen ich meine. :D Aber anscheinend hat er das dann doch vergessen. Eine andere Stimmlage neben mir habe ich eigentlich ganz gerne - dann hört man die eigene Stimme besser raus. Nur dieser disharmonische Viertelton drunter bringt mich völlig aus dem Tritt. Ich stell mich das nächste Mal einfach woanders hin. *grummel*

Schwierig wäre a1: Sprich die Dame drauf an. Vielleicht ist es ihr gar nicht bewußt und sie könnte es ändern.
Das ist leider so eine, die alles kann und weiß und jedem erzählt, dass sie seit ihrem 10. Lebensjahr sing. Genutzt hat es aber anscheinend nicht so viel. (Pfui! Böse.... :redface:)

b) kommt jetzt darauf an, wie *gut* ihr seid: Rede mit Eurem Dirigenten und bitte ihn, auch mal Proben zu machen, während die Leute durcheinanderlaufen. Da mußt Du dann Deine Stimme auch ganz alleine beherrschen und das hilft in solchen "nicht-Hör" Situationen ungemein.
Das hört sich spannend an! Wir stellen uns schonmal in Quartetten auf (also einer von jeder Stimme), aber durcheinander wuseln ist bestimmt hilfreich (und lustig, wenn 80 Leute singenderweise durch die Gegend tigern :D). Werde ich mal anregen.

c) ist eine technische Lösung, die nicht ganz ohne ist und deren Machbarkeit Du besser noch mal mit den Leuten aus dem PA/Mikro-Forum diskutieren solltest. Schaut doch, ob ihr ein oder zwei Orchestermonitore hinbekommt (Also das Orchester mit einem Stereopärchen Kondensermikros abnehmen und dann auf Monitorlautsprecher legen).
Das ist dann zwar kein Super-Klang, aber wenigstens zeitnah und von der Tonhöhe her da.

Ich befürchte, dass das an den Finanzen scheitert, aber ich behalte es mal im Kopf.
 
Guten Morgen Tanita!

Ich dir noch einige Infos zur technischen Umsetzung geben:
die Lösung umfasst zwei oder mehr Monitorlautsprecher, ein entsprechendes Mischpult mit zwei bis vier AUX-Wegen (sofern die Kirche eine Jugendgruppe oder so etwas hat, ist das meist vorhanden) und zwei oder mehr Kondensatormikrophone. Diese werden entweder vor dem Chor aufgestellt oder (meistens) geflogen über dem Chorl. Je nach Richt- und Mikrocharakteristik wird ein bestimmter Teil des Chores oder aber alles aufgenommen. Problematisch dabei ist die meist kritische Raumakustik und der resultierende Nachhall. Wenn man keinen geübten Tonmann sein eigen nennt ^^, führen Kirchenabnahmen häufig zu katastrophalen Rückkoppelungen; das Koppelungs-Pfeifen ähnelt einer überlst verstimmten Orgel bei meist 1-4kHz, ist aber viel lauter *zwinker*

Die Monitore werden vor oder nebem dem Chor installiert. Speziell für Kirchenbeschallung eignen sich kleinere direktabstrahlende Lautsprecherboxen in 12/1er Bestückung (Nearfield-Systeme) oder noch besser/teurer *narv* sind Coaxial-Systeme (Hoch- und Tieftöner sind auf einer Axe angebracht, besseres Abstrahlverhalten)! Damit ist es möglich, einer bestimmten Personengruppe die aufgenommenen Anteile zuzuspielen, so dass man sich auf seinen eigenen Gesang konzentrieren kann.

Die Frontbeschallung für ein Publikum in einer Kirche ist da noch etwas kritisches, da der Raum häufig sehr verwinkelt ist und viel Hall resultiert. Es entsteht eine Geradwanderung von natürlicher Akustik mit den Originalstimmen und evtl. begleitenden Instrumenten/Orgel, als auch die zusätzliche Monitor- und Frontbeschallung. Die Frontbeschallung sollte raumoptimiert und evtl. zeitverzögert *delay* erfolgen (2x 6,5"/1er bzw. 2x 8"/1er Lautsprechersysteme) je nach Hauptkuppel, Seiten links/rechts u.s.w. Wichtig ist speziell ein gutes Equalizing mit Entzerrung des Bass- und Mitteltonanteiles damit ein Grundwummern (bass) und extreme Verschiebung der Stimmanteile (1-4 khz, mitten) vermieden wird...

So, ich hoffe dass ich dir etwas weiterhelfen konnte ^^ Wenn sich dir noch Fragen diesbezüglich stellen, einfach melden :)
Max Lüke/B@B-Veranstaltungstechnik GbR
(B@B-VT: Ihr Dienstleister fuer Veranstaltungstechnik) (Mobil: 0173-4732971)
 
Uff... das muss ich erstmal auf mich wirken lassen.

Danke schön! :great:
 
Ich habe bei der Band oft das Problem gehabt, dass ich mich selbst nicht hören konnte, wenn ich in die Kopfstimme übergehe. Nur etwas zeitversetzt aus den Boxen konnte ich mich hören. Meine Lösung: in ein Ohr einen Ohrenstöpsel rein. In dem Ohr hör ich dann nur mich selbst (Innenresonanzen und so, blabla) und mit dem anderen Ohr die anderen. Klappt ganz gut mit meinem falschen In-Ear Monitoring :D Vielleicht hilft es dir ja auch.
 
Huhu,

das mit dem Ohrstöpsel werde ich ganz sicher mal testen. Wäre ja eine denkbar einfache Lösung des Problems. :D

<offtopic>Ich habe hier übrigens einen ganz ungewöhnlichen Benachrichtigungsdienst über neue Beiträge zu meinen Postings in Gestalt eines Kollegen, der zwar hier fleißig mitliest, aber noch nicht registriert ist. Würde dann ja auch mal Zeit. :D:D *mitdemZaunpfahlwink* </offtopic>
 
Hi Tanita,

die technischen Komponenten von wegen Monitoren würde ich bei der Art von Chormusik mal ganz schnell vergessen. Das kommt sicherlich nur bei ganz wenigen Stücken der ernsten Literatur in Frage (z.B. Heinz Holligers "Psalm" nach dem Gedicht von Paul Celan, hier gibt es eine dementsprechende Regieanweisung).

Du hast es ja selbst schon geschrieben: es war offenbar ein Raumakustikproblem, was es einfach je nach Raum hin und wieder gibt.
Ich singe seit 22 Jahren in einem professionellen Projektchor. Wir singen ernste Musik von der Renaissance bis in die Moderne und haben auch schon diverse derartige Raum-Nüsse knacken müssen. Da hilft nur, sich im Raum ausreichend Zeit für die Stellprobe zu nehmen und in aller Ruhe verschiedene Positionierungen auszuprobieren - bis alle zufrieden sind. Natürlich ist es beim Brahms-Requiem wegen Orchester usw. besonders schwierig, der Dirigent hat hier natürlich auch den Kopf mit anderen Sachen voll, da bleibt das oft auf der Strecke.

Wir singen sowohl während der Proben als auch im Konzert mit ganz wenigen Ausnahmen durcheinander. Das fördert ungemein die Selbstständigkeit der Sänger. Auch das von Ice erwähnte Durcheinanderlaufen und natürlich Quartettsingen praktizieren wir.
Es ist ein wunderschönes Erlebnis, gemischt zu singen, da einem der Gesamtklang des Stückes sehr präsent wird. Im übrigen lernt man auch die verschiedenen Stimmen der Mitsänger kennen und schätzen.

Schade, dass Du so ein Problem mit Deiner Sangesnachbarin hast, die scheint ja sehr von sich überzeugt zu sein. Übel, wenn man dagegen ansingen muss. Leider gibt es solche Vorfälle viel zu oft - vor allem in überalterten Kirchenchören.
 
Darf ich hier noch eine kleine Korrektur anbringen: Irgendwie geht jeder davon aus, daß ich den Chor monitoren wollte. Das ist nicht so, da hat bb-vt mich falsch verstanden und alle sind dann davon ausgegangen.
Mein Vorschlag lief dahin, das Orchester abzunehmen und dem Chor zuzuspielen.
Daß der Chor sich nicht immer hört, ist etwas, das man nicht ohne weiteres ändern kann. Beim Orchester wird es eben schwierig, weil man da nicht beliebig am Platz jonglieren kann.
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben