Kirchtonleiter Kadenzen

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Leute was spielt man eigentlich für akkorde zu den Kirchtonleitern?
ICh meine z.B: zu D dorisch kann ich mir ja noch vorstellen die d moll Kadenz zu spielen, aber was soll man zu lokrisch spielen?
 
Eigenschaft
 
So weit ich weiß gibt es für Kirchentonarten "eigene Kadenzen". Also man nimmt für einen Schluss nicht den Dominante-Tonika sondern bei Phrygisch z.B. VII-Stufe I-Stufe verdurt. Konkret: e-phrygisch: Schluss wäre dm E.
(Bei dorisch afaik auch VII-I)
Schau dir einfach viele Bach-Choralsätze zu entsprechenden Liedern an.:great:
 
Für ein systematischeres Studium würde ich eher mal wieder zu der schon oft empfohlenen Harmonielehre von Persichetti raten. (Ich hab' hier IIRC zu Anfang des Jahres auch mal ein bißchen was dazu gesagt, falls es schnell gehen muß, und der Gott der SuFu gnädig ist...)
 
ich bin mir nicht sicher, aber ich wüsste nicht, warum man bei den anderen Kirchentonarten anders vorgehen sollte als bei Dur und natürlich Moll, die ich ja auch nichts anderes als Kirchentonarten sind.
wenn man sich etwa dorisch anschaut: Intervalle: 1, 2, b3, 4, 5, 6, b7
daraus lassen sich die folgenden Akkorde anschauen: 1-b3-5-b7: Moll7; 2-4-6-1 = 1-b3-5-b7: Moll7; b3-5-b7-2 = 1-3-5-maj7: Durmaj7; 4-6-1-b3 = 1-3-5-b3: Dur7; 5-b7-2-4 = 1-b3-5-b7: Moll7; 6-1-b3-5 = 1-b3-b5-b7: Moll7b5; b7-2-4-6 = 1-3-5-maj7: Durmaj7
für die anderen Kirchentonarten: lydisch (1-2-3-#4-5-6-maj7), mixolydisch (1-2-3-4-5-6-b7), phrygisch (1-b2-b3-4-5-b6-b7) und lokrisch (1-b2-b3-4-b5-b6-b7) entsprechend herleiten.
ich denke aber, dass die Frage kaum Praxisrelevanz hat, weil Stücke ja zumindest üblicherweise in Dur/ Moll stehen und die Skalen dann eher für die Improvisation über einzelne Akkorde verwendet werden.
 
Naja, die Frage war ja nicht, wann man Kirchentonleitern zu Improvisationen verwendet, sondern wie man Lieder mit Kirchentonarten harmonisiert. Zu moderner Musik hat es aber wirklich kaum Praxisrelevanz, da es wenige Stücke gibt (mir fällt grad keins ein) die in eher schwierigen Tonleitern wie phrygisch oder lokrisch stehen...;)
 
Aber wenn man einfach die Akkorde so nehmen würde wie bei dur und moll, dann würde sich die mixolydiche tonika z.B. immer aufdrängen sich zur ionischen tonika auflösen zu wollen.
 
MisterZ schrieb:
Zu moderner Musik hat es aber wirklich kaum Praxisrelevanz

Das ist eher die Frage, was man unter "moderner Musik" versteht. In Musikethnologie, der E-Musik des 20. Jh. und im Jazz/Rock hat man sicherlich auch unterschiedliche Begriffe von Modalität.

da es wenige Stücke gibt (mir fällt grad keins ein) die in eher schwierigen Tonleitern wie phrygisch oder lokrisch stehen...;)

Phrygisch hört man zumindest passagenweise doch öfters, wird leider auch oft etwas zum exotistischen Cliché ausgewalzt. Ein gutes Stück, das IIRC tatsächlich ganz in Phrygisch steht, ist Track 2 oder 3 (sorry, hab' ich gerade nicht zur Hand) auf der LP Ring von Gary Burton. Lokrisch ist schwieriger, ich glaube so vage was auf King Crimson's Red und USA in Erinnerung zu haben.
 
Was heißt jetzt IIRC?
 
Noch ein paar Worte zu Beitrag 6:

kleinershredder schrieb:
Aber wenn man einfach die Akkorde so nehmen würde wie bei dur und moll, dann würde sich die mixolydiche tonika z.B. immer aufdrängen sich zur ionischen tonika auflösen zu wollen.

Ich denke, das hängt mit unseren Hörgewohnheiten zusammen.
Es gibt auch Stücke (hauptsächlich spanische) in Phrygisch Dominant (enthält ebenfalls den Dominant-Septakkord).
Außerdem steckt der Dominant-Sept-Akkord in der Obertonreihe (5. = große Terz, 3./6. = Quinte, 7. = kleine Septe),
schwingt also mit jedem Ton mit.

Du hast mit deiner Aussage insofern recht, dass wir das so empfinden, aber daran ist wahrscheinlich unser abendländisches Gehör schuld ;)
 
Naja, kleinershredder hat schon recht. Das Problem ist glaube ich nur das Verständnis der Kirchentonleitern. Diese Modi als Tonart zu bezeichnen macht natürlich nur Sinn, wenn das ganze Stück in z.B. phrygisch steht. Wenn du nur einen Akkord hast, über den du improvisieren willst, hast du natürlich recht, aber wenn du harmonien zu einem Stück suchst, das seinen Leitton nicht auf der 7. Stufe hat, kannst du schlecht mit einem Domantseptakkord ankommen...
 
da ich mich ja sowieso gerade in Sachen Musiktheorie weiterbilde, bin ich jetzt in meinem Buch über einen Abschnitt gestoßen, in dem es um genau DAS geht; daher als Anmerkung zu meinem 1. comment: das Verfahren, wie ich es beschrieben habe, funktioniert schonmal so und es hat, wie ich jetzt weiß, durchaus auch praktische Relevanz, etwa in modalem jazz, wie dem cool jazz. Für die Herleitung der chords nimmt man einfach ab einer bestimmten Stufe der Tonleiter jeden 2. Ton und stapelt so 4 Töne einfach übereinander; nur, ganz wichtig, für lokrisch macht das praktisch wenig Sinn, weil hier die Tonika, moll7b5 zu instabil ist, um als Tonika zu fungieren, weshalb es auch nur ganz wenige rein lokrische Kompositionen gibt.
 
Wie man die akkorde macht ist schon klar, nur welcher akkord ist dann die Dominante,
wenn man davon ausgeht, das der Akkord auf dem Grundton die Tonika ist.
Es geht ja z.B. nicht das man einfach immer wie bei moll und dur die 5. Stufe nimmt.
Dann wäre z.B. in F Lydisch die Dominante C Dur, und C-dur hat ja keinen Dominanten Charakter.
 
zum Beispiel F-lydisch: die Dominante wäre formal Cmaj7, das stimmt soweit. Nur, wie du richtig gesagt hast, eignet die sich kaum für eine Kadenz, weil auch das Ohr den Wechsel Fmaj7-Cmaj7 nicht als I-V in lydisch, sondern eher als I-IV in ionisch wahrnimmt. Einen richtigen Ausweg aus dem Dilemma gibt es eigentlich nicht: lydisch wird daher als eigenständiger Modus kaum verwendet, auch weil es zu wenig geeignete Tonikafunktionen gibt.
Du hast dir also ein ziemlich ungünstiges Beispiel rausgesucht, prinzipiell wird das aber alles so gemacht wie oben beschrieben. Die einzelnen Kirchentonarten eignen sich eben unterschiedlich gut für Kadenzen...;)
 
Aber gibts da dann nicht so was wie bei Phrygisch?
Also das die Kadenz dann VII I(Dur) ist?
 
also, bei lydisch sind als Kadenzfolgen im Wesentlichen Imaj7-II-Imaj7 und Imaj7-vii7-Imaj7 gebräuchlich. Vmaj7 ist problematisch, wie oben beschrieben, II7-Vmaj7-x auch problematisch (deswegen steht in der oben erwähnten Kadenz auch II, und nicht das erwartete II7), wie das Beispiel G7-Cmaj7-x zeigt, weil das vom Ohr eher als V-I in C-ionisch interpretiert wird, die 4. Stufe #iv7b5 wird auch nicht verwendet, vermutlich weil's einfach blöd klingt, lydisch ist ja die einzige gängige Kirchentonleiter überhaupt, die eine übermäßige Quarte enthält.
iii7, vi7 und vii7 tauchen ganz normal auf, wie üblich: die ersten beiden als Tonika-, die dritte als Kadenzfunktion.
wie ich gerade sehe, war das mein 200. post: *prost*
 
Und was wäre wenn man die großen septiemen weglassen würde?
Klingt das dann immer noch oder gibts dann neue Funktionen?
 
hm, formal werden die Funktionen dadurch natürlich nicht geändert, ansonsten wüsste ich aber bei keiner der oben genannten Funktionen, dass mir das etwas bringen würde; dass die Tonika in lydisch die maj7 enhält, ist ja nicht das Problem und die Dominante behält auch ohne der maj7 ihre Wirkung als vermeintliche ionische Tonika.
 
kleinershredder schrieb:
Aber gibts da dann nicht so was wie bei Phrygisch?
Also das die Kadenz dann VII I(Dur) ist?
Ich denke das wäre eine ziehmlich gute Idee.
In Dur würde man ja auch die VII nehmen wenn die nicht vermindert wäre,
statt dessen nimmt man da den V7, wo die VII komplett drin steckt.
In Lydisch haben wir das Problem ja nicht, deshalb sehe ich keine Probleme, das so zu machen.

Alternativ könnte man auch aus Vmaj7 einen Vdom7 machen, so wie man auch die Moll-Dominante verdurt,
aber dann käme das Lydische nicht zum Vorschein (würde sich wie stinknormales Dur anhören).
Ich denke, dein Vorschlag ist optimal, da die VII
a) den Leitton zur Tonika enthält und
b) nicht vermindert ist.
 
HëllRÆZØR schrieb:
In Dur würde man ja auch die VII nehmen wenn die nicht vermindert wäre,
statt dessen nimmt man da den V7, wo die VII komplett drin steckt.
Das macht bei Phrygisch aber gar keinen Sinn wie du es schreibst, da die Dominante ihre Wirkung ja hauptsächlich durch den Leitton bekommt, der Schritt 7-8 in phrygisch ist aber keine kleine Sekunde, kann also nicht als Leitton aufgefasst werden. Der "Leitton" (wenn ich es jetzt mal so nenne) in Phrygisch ist eher der Schritt 2 zu 1 der durch die VII-I Kadenz trotzdem wieder zur Geltung kommt!
 

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