Rhythmisierung eines Gedichtes

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Hallo :)
Es geht um eine Aufgabe, die Teil einer Eignungsprüfung ist.
Und zwar verstehe ich die Aufgabenstellung gar nicht richtig bzw. ich weiß nicht, wie man sich dazu eine Lösung vorstellen darf.
Es wäre super, wenn mir jemand eine Beispielslösung zu dieser Aufgabe schicken könnte bzw. mir so weiterhelfen könnte, dass ich selbst damit zurecht komme.
Also es ist kein Hausaufgabe für die Schule oder so, sondern eine freiwillige Aufgabestellung, die ich aber beherrschen sollte und ich habe grob gesagt einfach keine Ahnung, was da überhaupt gefragt ist.

Aufgabe gedicht.png


Das ist die Aufgabe. Wie folge ich "dem natürlichen Sprachrhythmus"? Welche Taktart würdet ihr wählen? Woran merke ich, welche Taktart "geeignet[e]" ist?
Ich hätte jetzt spontan einen 4/4- Takt gewählt, aber irgendwie scheint weder 3/4 noch 4/4 nach meinem Empfinden wirklich zu passen.

Wäre echt dankbar um eine Musterlösung!

Liebe Grüße

moongirly
 
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Hallo moongirly,

so paradox es klingt, aber den "natürlichen Sprachrhythmus" findest Du relativ leicht heraus, wenn Du das Gedicht nach allen Regeln der Kunst "herunterleierst".

Da daaa, da daaa, da daaa - daaa... ;)

-> Es weiß und rääät doch keiiiiiiii - ner

Da gibt es betonte Silben, unbetonte Silben, lange und kurze Silben.
Meinem Empfinden nach ist z. B. "Es" relativ kurz und unbetont, das "weiß" danach länger und betont.
Analog dazu das "und" wieder kurz und unbetont, das "rät" wieder lang und betonter.

Wenn ich dazu einen Rhythmus klopfe, (immer ans "Gedicht herunterleiern" denken), ergibt sich automatisch, daß "es" und "und" jeweils halb so lang wie "weiß" und "rät" sind.

Wichtig ist vor allem, daß die erste Silbe "Es" unbetont ist. Das deutet auf einen Auftakt (!) hin und mit dem betonten "weiß" beginnt dann der erste Takt.

Das 2:1 Längenverhältnis zwischen langen und kurzen Silben, zusammen mit den Betonungen, ergibt dann einen ungeraden Takt (also keinen 4/4) - zumindest nach meinem Empfinden.

Wenn man solch ein rhythmisches Grundgerüst hat, kann man versuchen, den Rest dort einzubauen. Immer mit "Gedicht" und "Lied" im Hinterkopf, dann kann es nämlich sein, daß man nach den Betonungen und Zeilenlängen (Zeitdauer/Taktzahl) ausgerichtet einmal ein paar Silben etwas schneller sprechen/singen muß.

Wenn Du das berücksichtigst, solltest Dir schon ein erster Ansatz gelingen.

Viele Grüße
Torsten


PS: Ein bißchen schlampig gestellt ist die Aufgabe schon: denn wenn man unbedingt ein Eichendorff-Gedicht zitieren möchte, sollte man es auch richtig zitieren: Es müßte "Es weiß und rät es doch keiner..." heißen. Dafür ist später das "doch" hinzuerfunden.
Oder wollte der Aufgabensteller verhindern, daß man bei Mendelssohn Bartholdy spickt...? ;)
 
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Hallo Be- 3,

danke für die rasche Antwort. Hat mir sehr geholfen und ich habe mich auch gleich an meinen ersten Versuch gemacht.
Ich denke das größte Problem war es für mich herauszufinden, dass es einen Auftakt geben muss. Ich war irgendwie etwas verwirrt, weil es weder als 4/4-Takt noch als 3/4-Takt "richtig" geklungen hat, aber mit Auftakt macht das dann schon Sinn und passt dann auch irgendwie.
Tatsächlich ist die Aufgabe eigentlich gar nicht so schwer.
Hier ist mein erster Versuch:
Aufgabe Gedicht1.png


Ich weiß, das mit der Notation stimmt nicht ganz, aber ich wusste nicht, wie man einen Auftakt in dem Notenprogramm erstellt und meine Handschrift wollte ich dann doch niemandem antun (wäre auch umständlicher gewesen).

Wäre super, wenn mal jemand drüber schauen könnte!

Dankeschön ;-)

Ahso und das bush-video ist klasse :D, CUDO II

Liebe Grüße

moongirly
 
Ich denke das größte Problem war es für mich herauszufinden, dass es einen Auftakt geben muss. Ich war irgendwie etwas verwirrt, weil es weder als 4/4-Takt noch als 3/4-Takt "richtig" geklungen hat, aber mit Auftakt macht das dann schon Sinn und passt dann auch irgendwie.

Genau. Wenn man die Betonungen beachtet, ergibt sich das ganz von alleine.


Ich weiß, das mit der Notation stimmt nicht ganz, aber ich wusste nicht, wie man einen Auftakt in dem Notenprogramm erstellt

Darauf (Programmbedienung) kommt's im Moment ja auch nicht an, und wenn man sich eine Begleitung/ein Intro vorstellt, kann die Gesangsstimme durchaus Pausen am Anfang haben.
Das ist bei Mendelssohn auch so. ;) (siehe: hier, Seite 11, Op. 99 No. 6)


Wäre super, wenn mal jemand drüber schauen könnte!

Gut gemacht! Deine Lösung halte ich für durchaus plausibel. :great:

Es gibt ja immer mehrere Möglichkeiten.
Zum Vergleich meine Variante (ganz schlicht). Ich habe einen 6/8-Takt gewählt (da sind die Achtel immer zu je zwei Dreiergruppen zusamengefaßt, d. h. die Hauptbetonung liegt auf der ersten Achtel und eine Nebenbetonung auf der vierten Achtel). Insgesamt ergeben sich halb so lange Notenwerte wie bei Dir, aber das macht ja nichts. Dem "Ach" habe ich die gleiche Länge gegönnt wie den anderen Auftakten

Durch die Halbe bei Dir im vor-vorletzten Takt auf "Mensch" rückt die Betonung im nächsten Takt auf "sonst", bei mir liegt sie auf "wis (-sen)".
Man kann es auch wie CUDOII im 4/4-Takt schreiben, aber dann wimmelt's halt vor Triolen.


moongirly-gedicht-1.png



Ich habe die Betonungen noch mit Akzent (>) markiert.
Im wesentlichen entspricht das Deiner Variante. Wie Du schon festgestellt hast: es ist gar nicht so schwer! :)

Viele Grüße
Torsten
 
Wenn man das Eichendorffsche Original nimmt, passt auch ein langsamer 9/8 Takt.

upload_2015-5-30_1-14-39.png


Viele Grüße,
McCoy
 
... und wenn man wissen möchte, wie das Problem ein Meister gelöst hat, kann man bei Schuhmann nachsehen:

Die Stille.png

Die Lösung klingt nicht geleiert und passt sich gleichzeitig dem natürlichen Sprachrhythmus gut an. Da wo letzterer verlassen wird, z.B. bei "Keiner" und beim zweiten "Einer", passt die so erreichte Betonung der Worte.

Durch Dynamik und Agogoik, haucht Fischer-Dieskau der Komposition von Schumann noch mehr Leben ein.



Noten (Hrg.Clara Schuhmann bei Breitkopf&Härtel)

Viele Grüße
Klaus

P.S.: Wenn man etwas zitiert, sollte man die Quelle angeben. Die Aufgabe kann man hier nachlesen:
Robert Schumann Hochschule Düsseldorf: Eignungsprüfung Theorie, Level 1
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Lösung klingt nicht geleiert und passt sich gleichzeitig dem natürlichen Sprachrhythmus gut an.

Auch die von mir angeführte Mendelssohn-Lösung klingt nicht geleiert - soll sie auch nicht.
Ich hatte das Bild vom "Gedichte herunterleiern" nur deshalb angeführt, um jemandem, der keine Vorstellung hat, wie er an die Aufgabe herangehen soll, einen selbständigen Einstieg zu ermöglichen. :)


P.S.: Wenn man etwas zitiert, sollte man die Quelle angeben.

Meinst Du jetzt damit die Thread-Erstellerin oder den Autor der Aufgabe? :evil:;)
Wahrscheinlich wollte sie nur Prof. R. (?) vor der Blamage bewahren, ohne Quellenangabe und falsch zitiert zu haben. :rofl:
Und von Einfallsreichtum zeugt es nicht gerade, daß die Robert-Schumann-Hochschule ein Gedicht wählt, das einst schon ausgerechnet Robert Schumann vertont hat. ;)
Danke für den Quellenhinweis, Klaus!


Zum Vergleich mit Schumann noch die Mendelssohn-Variante:

moongirly-gedicht-2.png





Viele Grüße
Torsten
 
@Be-3 Das Bild vom "leiern" habe ich zwar von Dir übernommen, doch ohne sonstigen Bezug auf Deinen Beitrag. Den Hinweis auf Mendelsohn hatte ich übersehen. Letzterer macht das natürlich auch prima und rhythmisch fast identisch mit Schuhmann.
Mit der Quellenangabe meinte ich primär die Threaderstellerin, doch der Aufgabensteller hätte auch gerne "Eichendorff" angeben können.
Und von Einfallsreichtum zeugt es nicht gerade, daß die Robert-Schumann-Hochschule ein Gedicht wählt, das einst schon ausgerechnet Robert Schumann vertont hat.
Ich sehe es positiv: Die Hochschule bekennt sich zu Ihrem Namensgeber. :)

Viele Grüße
Klaus
 
Mit der Quellenangabe meinte ich primär die Threaderstellerin, doch der Aufgabensteller hätte auch gerne "Eichendorff" angeben können.

Das hatte ich mir gedacht, Dein Hinweis war auch sinnvoll - Fehlende Quellenangaben haben schon so manchen seinen Doktortitel gekostet und man kann es nie früh genug lernen.
Vor allem hilft es auch den eventuellen Hilfeleistenden hier, die Aufgabe bzw. die Erwartungen einzuschätzen, wenn man die Zusammenhänge kennt.

Ob die Abweichungen vom Eichendorff-Original beabsichtigt sind (eben z. B., um ein Abschreiben bei historischen Vorbildern zu verunmöglichen) oder ob sie einfach nur so-là-là aus dem Gedächtnis aufgeschrieben wurden, vermag ich nicht zu sagen. Vor allem die zwei hinzuerfundenen "dochs", die es im Original nicht gibt, deuten auf letztere Vermutung hin... :nix:

Viele Grüße
Torsten
 
Ob die Abweichungen vom Eichendorff-Original beabsichtigt sind...
Es wurde ein "doch" hinzuerfunden. Vielleicht wollte man eine Schikane einbauen für diejenigen, die das Lied kennen? :gruebel:
Das könnte auch eine Erklärung sein, warum "Eichendorff" nicht angegeben war. "Frei nach Eichendorff" wäre wiederum zu verräterisch gewesen in einer Prüfungsaufgabe.

Viele Grüße
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
"folgen Sie dem natürlichen Sprachrhythmus" klingt verdächtig nach einer "richtigen" Lösung. Peinlich, peinlich. Wie in der Schule. Ich habe das Gedicht gerade auf verschiedene Weise gesprochen. Alles möglich und gute Rezitatoren machen ihr eigenes Ding aus einem Gedicht - siehe "Erdbeermund" von Klaus Kinski. Je nach Rhythmus gibt man unterschiedlichen Worten eine größere Bedeutung - das sollte legitim sein.
 
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