Wenn 4 Leute mit mässigem Talent sich den Wolf üben und das fünfte, wesentlich talentiertere Bandmitglied erscheint nur zu jeder dritten Probe, weil er meint, das reicht ihm, dann ist das in meinen Augen unsozial und unfair..
Das Problem liegt weniger in der Fairness und in der sozialen Frage. Wenn das talentiertere Bandmitglied nur alle 3 mal zum Proben erscheint, wird nicht so viel bei rauskommen. D.h. das talentiertere Mitglied ist für den Entstehungsprozess der Musik leider immer unverzichtbar.
Meine Band besteht aus einem Haufen sehr unterschiedlicher Musiker unterschiedlicher Herkunft mit unterschiedlicher Erfahrung. Der kreative Prozess - die eigene Note - entsteht oft aus der Not, aus Defiziten, aus Unwissen und Spielerei. Die eine Hälfte der Band, der hauptsächlich aus Autodidakten/Halbautodidakten mit unterschiedlichen Vorlieben und musikalsichen Wurzeln besteht, studieren die Songs zu fünft ein - jeder, wie er kann - solange, bis wir sie mögen. Kurz vor den Auftritten kommen die "fleißigen" Hochschulabsolventen hinzu: Bläser und Backing-Sänger. Sie brauchen nicht öfter kommen. Zwei Proben mit ihnen reichen. Die Sachen werden vorher "halb verbindlich" notiert und bei den Proben ausgearrbeitet. Nicht weil sie talentierter sind - das sind sie nicht. Sondern weil sie beim kreativen Prozess verzichtbar sind oder sogar stören würden (die Zeit hätten sie auch nicht. Das nebenbei).
Am Ende kommt da meist eine gesunde Mischung aus anarchischer Kreativität und solidem, auf Professionaltät basierendem Handwerk bei raus. Fleiß, Kreativität, Spontaneität, Basiswissen und Talent stecken sich an, ergänzen sich.
Wobei ich - um mich deutlicher auf die These zu beziehen - ergänzen muss:
Wir gehen hier bei der Diskussion von einer anderen Faulheit aus, als ich sie verstehe. Das kommt hier so rüber: ist nie vorbeitet, den ganzen Tag kiffen und saufen, viel zu spät oder gar nicht zu den Proben usw..
Eine Faulheit dieser Art habe ich persönlich noch nicht erlebt und die ist natürlich tötlich. Ich glaube auch, dass man mit ihr nicht sehr weit kommt.
Bei einem faulen Talent gehe ich eher von einem Typus aus, der weiß, dass er etwas bestimmtes besonders gut kann. Auf sehr eigene Art und Weise, die kaum jemand genauso so nachmachen kann. Er gibt sich mit diesem besonderen Talent zufrieden, er kann ZB auf unverkennbare Weise, ,mit einem einzigartigen Sound Blues spielen und verzichtet einfach darauf, zusätzlich noch Bepop oder Brazil zu lernen. Das ist für mich ein faules Talent. Und ein faules Talent dieser Art muss nicht zwingend vom fleißigen überflügelt werden. Ein BB King darf sein ganzes Leben auf die gleiche Art seine Lucille bearbeiten, muss sich nicht weiter entwickeln, soll gar nicht anders klingen.
Unter Faulheit verstehe ich weniger mangelnde Teamfähigkeit oder chaotische Terminplanung (ein fauler Mensch würde gar nicht erst in drei verschiedenen Bands spielen), sondern eher ein "sich mit seiner Einzigartigkeit zufrieden geben".