Kammertonbestimmung früher

Also, mein Vater hat dazu folgendes gesagt (ich zitiere nicht wörtlich sondern gebe nur den Sinn entsprechend wieder):

Beim Stimmen hat der Dirigent das letzte Wort und wenn auf 446 Hz gestimmt werden soll, dann wird auf 446 Hz gestimmt.
Wie früher gestimmt wurde, konnte er auch nur mutmaßen, aber klaus111 hat ja dazu schon einiges geschrieben.

Viele Geiger haben ein sogenanntes absolutes Gehör, d.h. sie können die Frequenz eines Tones EXAKT bestimmen. Kein Hz mehr oder weniger.
So viel zum Thema das Gehör versauen...
 
Ich denke aber auch noch an ein paar andere Effekte:

Wenn man eine Saite in Schwingung versetzt, so wird sie
zu Beginn erst in einer größeren Spannung stehen.
Somit ist sie etwas höher in der Stimmung.
Das kann man bei der Gitarre sehr gut hören.

Ein weiterer Effekt ist die Biegung der Saite über Sattel
und Steg. Das verändert auch die Obertöne.
Optimal sind Saiten, die nicht ganz bis an die
Aufhängungen gewickelt sind, so wie beim Klavier.

Bei Blasinstrumenten gibt es ähnliche Probleme.
Durch das Verkürzen mittels des Mundstückes
wird ja nur der obere Abstand zwischen Mundstück
und erstem Loch verkürzt. Richtige wäre eine
Verkürzung des ganzen Instrumentes.

Auch Trompeten haben durch die Ventil-Umwege
gewisse Ungenauigkeiten.

usw.

Alles ist nur ein Kompromiss der unmöglich in eine reine Stimmung eines ganzen
Orchesters münden kann.

Jetzt aber nochmal zurück zur Eingangsfrage:
Wir wissen heute zwar, (wenn das mit dem Stimmungsvergleich von historischen Instrumenten
wirklich klappen sollte) dass man früher in versch. Stimmungen gespielt hat.
Aber wussten die Leute das damals eigentlich?
Klar, wenn ein Musiker auf Reisen ging.
Aber wussten sie überhaupt, die absolute Abweichung in Hertz?

Wenn ein neuer Oboist ins Orchester kam, dessen Instrument woanders
gestimmt wurde, wurde dann aus Tradition dennoch diesem Oboisten
das Angeben seines Tones zugestanden?
Vielleicht auch aus Unwissenheit der tatsächlichen Unterschiede?
 
Es geht ja auch nicht :) Aber man hat einen Spielraum und den legt der Dirigent fest. Nimm einen simplen Dreiklang bestehend aus C, E und G. Die erste Stimme spielt das C und die dritte dazu rein das G. Nun hat die zweite Stimme die Qual der Wahl. Sie kann nicht zu den beiden anderen Stimmen gleichzeitig rein spieeln. Das geht nicht.

Doch. Man kann selbstverständlich zu C und G das E rein spielen. nehmen wir folgende drei Töne an: c', e' und g'. Würde nicht temperiert gespielt, müsste die Quinte etwas höher, als die temperierte Quinte gespielt werden. Generell müssen c', e' und g' genauso hoch/tief gespielt werden wie der 4., 5. und 6. Teilton vom großen C.
Das Frequentverhältnis vom e' zum c' wäre demnach 5:4, das con g' zu e' 6:5.
Und ich ging ja von typischen Orchesterinstrumenten aus. Wenn Klavier dazukommt muss man natürlich Kompromissbereit sein, da das Klavier mit seiner temperierten Stimmung ja schließlich auch ein Kompromiss ist.

Auch sind wir, nicht an die Temperierte Stimmung gewöhnt. Jedenfalls merke ich das immer wieder, wenn ich die 6 Saiten meiner Gitarre versuche nach den Intervallen zwischen den Saiten zu stimmen, was richig scheiße bei Akkorden klingt obwohl das Intervall jeder Saite zur Nachbarsaite richtig klingt.

- - - Aktualisiert - - -

Beim Stimmen hat der Dirigent das letzte Wort und wenn auf 446 Hz gestimmt werden soll, dann wird auf 446 Hz gestimmt.
Wie früher gestimmt wurde, konnte er auch nur mutmaßen, aber klaus111 hat ja dazu schon einiges geschrieben.
Ich hab meine "Quelle" (Bläser in einem deutschen a-Orchester) befragt. Diese meinte, es wäre bei ihm im Orchester so, dass der Oboist auf einen Kammerton von immer 443Hz beharrt. Auf meine Frage, ob der Dirigent zu sagen hätte, wie viel Herz der Kammerton zu betragen hätte, wurde geantwortet: Keine Ahnung. Der Dirigent macht das nicht. und wenn er es täte, würde das auch Diskussionen auslösen.
Aber mal ehrlich: Was hat es für einen Sinn, wenn der Dirigent auf 445Hz beharren würde? Es würde alles ein paar Cent höher klingen, das wäre es auch schon. Und zusätzlich wird sich das nicht wirklich förderlich auf die Intonation der Spieler, die dies nicht gewöhnt sind auswirken.
Viele Geiger haben ein sogenanntes absolutes Gehör, d.h. sie können die Frequenz eines Tones EXAKT bestimmen. Kein Hz mehr oder weniger.
So viel zum Thema das Gehör versauen...

Das kann ich mir nicht vorstellen. Das ein Absoluthörer allerdings merkt, dass ein a von den 443Hz, die er gewohnt ist, abweicht, und sich aus der resultierenden Schwebung die Frequenz des 'falschen' as berechnen kann, kann sein. Ich halte es für unmöglich, dass man einem " normalen" Absoluthörer einen Ton vorspielen kann und er sofort sagen kann, was für ne Frequenz er hat.
 
Das kann ich mir nicht vorstellen. Das ein Absoluthörer allerdings merkt, dass ein a von den 443Hz, die er gewohnt ist, abweicht, und sich aus der resultierenden Schwebung die Frequenz des 'falschen' as berechnen kann, kann sein. Ich halte es für unmöglich, dass man einem " normalen" Absoluthörer einen Ton vorspielen kann und er sofort sagen kann, was für ne Frequenz er hat.

Du sprichst von "normalem Absoluthörer". Für mich schließt sich diser Begriff in sich aus. Ganz einfach deshalb, weil ein Gehör entweder absolut oder nicht absolut sein kann. Nur im Letzteren gibt es Abstufungen.
Aber wenn ein Gehör absolut ist, dann kann derjenige auch die Frequenz bestimmen. Wenn er oder sie das nicht kann, hat er kein absolutes Gehör. Guck dir nochmal die bedeutung von "absolut" an

Zum Rest kann ich herzlich wenig sagen, da das die Erfahrung meines Vaters ist.

Grüße
Mattenschalk
 
Absoluthörer wissen was für ein Ton das ist, wenn er erklingt, ohne einen gegebenen Ton zum Vergleich zu haben. Das war's, mehr ist es nicht.

Oder wie Wikipedia sagt:
"Als absolutes Gehör oder Tonhöhengedächtnis bezeichnet man die meist angeborene, aber auch erlernbare Fähigkeit eines Menschen, die Höhe eines beliebigen gehörten Tons zu bestimmen, d. h. ihn innerhalb eines Tonsystems exakt einzuordnen, ohne dabei einen Bezugston zu hören. "

Folglich ist jemand, der eine Sinuswelle von 594Hz hört und dies einem d''' zuordnet, ebenso ein Absoluthörer, wie jemand, der zusätzlich noch erkennt, dass es sich um eine Schwingungen mit der Frequenz von 594 1/s handelt, wobei ich persönlich noch nie von Menschen gehört habe, die letzteres können (Womit ich nicht sage, dass es die nicht gibt, aber diese sind sicherlich die Minderheit der Absoluthörer)
 
Folglich ist jemand, der eine Sinuswelle von 594Hz hört und dies einem d''' zuordnet, ebenso ein Absoluthörer, wie jemand, der zusätzlich noch erkennt, dass es sich um eine Schwingungen mit der Frequenz von 594 1/s handelt, wobei ich persönlich noch nie von Menschen gehört habe, die letzteres können (Womit ich nicht sage, dass es die nicht gibt, aber diese sind sicherlich die Minderheit der Absoluthörer)

Dass jemand die Frequenz erkennt, ist schon deswegen unlogisch, weil man ja Töne mit ihren Namen kennen lernt (und kann sie als Absoluthörer dann so zuordnen) und weiß nicht ihre Frequenzen auswendig (kann sie folglich auch nicht durch absoluthören benennen). Ich kenne von Absoluthörern aber sowas wie "das ist ein zu tiefes g", das spricht dafür, dass sie an eine bestimmte Stimmung gewöhnt sind und Abweichung bemerken und unter Umständen als störend empfinden.
 
Dass jemand die Frequenz erkennt, ist schon deswegen unlogisch, weil man ja Töne mit ihren Namen kennen lernt (und kann sie als Absoluthörer dann so zuordnen) und weiß nicht ihre Frequenzen auswendig (kann sie folglich auch nicht durch absoluthören benennen). Ich kenne von Absoluthörern aber sowas wie "das ist ein zu tiefes g", das spricht dafür, dass sie an eine bestimmte Stimmung gewöhnt sind und Abweichung bemerken und unter Umständen als störend empfinden.
Jo, richtig.
 
Ich kenne von Absoluthörern aber sowas wie "das ist ein zu tiefes g", das spricht dafür, dass sie an eine bestimmte Stimmung gewöhnt sind und Abweichung bemerken und unter Umständen als störend empfinden.

Genau das heißt aber auch, dass genau diese Personen auch die Frequenz angeben könnten, wenn sie denn sollten/wollten. Die Zuordnung zu einem Notennamen ist hierbei allerdings die im Alltag gebräuchliche Variante, da in der Praxis nicht mit Frequenzen hantiert wird.
 
Genau das heißt aber auch, dass genau diese Personen auch die Frequenz angeben könnten, wenn sie denn sollten/wollten. Die Zuordnung zu einem Notennamen ist hierbei allerdings die im Alltag gebräuchliche Variante, da in der Praxis nicht mit Frequenzen hantiert wird.
Das ist doch Quatsch. Absoluthörer erkennen den Ton, aus ihrem Gedächnis, wieder. Sie hören einen Ton, denken sich, der hört sich an wie ein G und nicht "oh, das sind genau 396Hz, das ist ein G"
 
Doch. Man kann selbstverständlich zu C und G das E rein spielen...
Nein. Selbst Dein Beispiel funktioniert nicht. Das Intervall c1 g1 wäre, wie Du schon schon richtig bemerkt hast dann größer. Also nicht mehr rein.
Auch sind wir, nicht an die Temperierte Stimmung gewöhnt. Jedenfalls merke ich das immer wieder, wenn ich die 6 Saiten meiner Gitarre versuche nach den Intervallen zwischen den Saiten zu stimmen, was richig scheiße bei Akkorden klingt obwohl das Intervall jeder Saite zur Nachbarsaite richtig klingt.
Ich weiß nicht genau, was Du da versuchst. Aber auch die Gitarre wird normalerweise temperiert gestimmt, so dass man reine Oktaven, fast reine Quinten und Quarten und natürlich die schwebenden Terzen hat, die sich leider dann besonders bemerkbar machen, wenn man sie verzerrt spielt.
Ich hab meine "Quelle" (Bläser in einem deutschen a-Orchester) befragt. Diese meinte, es wäre bei ihm im Orchester so, dass der Oboist auf einen Kammerton von immer 443Hz beharrt. Auf meine Frage, ob der Dirigent zu sagen hätte, wie viel Herz der Kammerton zu betragen hätte, wurde geantwortet: Keine Ahnung. Der Dirigent macht das nicht. und wenn er es täte, würde das auch Diskussionen auslösen.
Es mag sein, dass das in diesem Orchester so ist. Ich habe diesbezüglich mit den Orchestern hier in NRW andere Erfahrungen gemacht. Diskutiert wird da nicht. Da wird das gemacht, was der Dirigent vorgibt und sagt.
Aber mal ehrlich: Was hat es für einen Sinn, wenn der Dirigent auf 445Hz beharren würde? Es würde alles ein paar Cent höher klingen, das wäre es auch schon. Und zusätzlich wird sich das nicht wirklich förderlich auf die Intonation der Spieler, die dies nicht gewöhnt sind auswirken.
Ganz ehrlich? Diese Spieler würden in einem solchen Orchester nicht durch das erste Probevorspiel kommen. Alle Probevorspiele werden hier auf 443Hz abgehalten. Wer damit schon Schwierigkeiten hat, kann am besten sofort zu Hause bleiben.
Und ja. Es macht einen Unterschied. Wenn Du Deine Gitarre nur etwas tiefer stimmst, wird sie schon anders klingen. Einfach aus dem Grunde, weil sich alle Abstände zwischen den Intervallen verschieben. Man kann aber darüber diskutieren, ob man das eine oder andere schöner findet. Ich habe ja oben schon mal geschrieben, dass man das deswegen macht, damit das Orchester brillanter klingt. Karajan war ein Verfechter dieses Klangideals. Und man kann getrost davon ausgehen, das er da nicht mit sich diskutieren ließ ;)

Das kann ich mir nicht vorstellen. Das ein Absoluthörer allerdings merkt, dass ein a von den 443Hz, die er gewohnt ist, abweicht, und sich aus der resultierenden Schwebung die Frequenz des 'falschen' as berechnen kann, kann sein. Ich halte es für unmöglich, dass man einem " normalen" Absoluthörer einen Ton vorspielen kann und er sofort sagen kann, was für ne Frequenz er hat.
Auch das ist möglich. Per Definition gibt es das absolute Gehör ja auch. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass niemand zu jedem Zeitpunkt immer von sich behaupten kann, dass er richtig liegt. Dafür habe ich schon zuviele Absoluthörer daneben "tippen" hören.
 
Nein. Selbst Dein Beispiel funktioniert nicht. Das Intervall c1 g1 wäre, wie Du schon schon richtig bemerkt hast dann größer. Also nicht mehr rein.
Das Intervall wäre größer als ein Quinte der Temperierten Werckmeister Stimmung, die hierzulande üblich ist, UND DADURCH REIN. Es geht darum, dass die Quinten beim Wohltemperierten Klavier etwas zu klein sind, sozusagen ein Kompromiss. Ein Dur Akkord lässt sich wie beschrieben ganz einfach in reiner Stimmung spielen.

Ich weiß nicht genau, was Du da versuchst. Aber auch die Gitarre wird normalerweise temperiert gestimmt, so dass man reine Oktaven, fast reine Quinten und Quarten und natürlich die schwebenden Terzen hat, die sich leider dann besonders bemerkbar machen, wenn man sie verzerrt spielt.

Was ich meine ist, dass wenn ich die Saiten nach Gehör stimme, ich die Intervalle zwischen den Saiten nicht temperiert sondern rein stimme. Das resultat klingt grässlich, da durch feste Bunstäbe in der Gitarre, diese temperiert gestimmt werden muss.

Ganz ehrlich? Diese Spieler würden in einem solchen Orchester nicht durch das erste Probevorspiel kommen. Alle Probevorspiele werden hier auf 443Hz abgehalten. Wer damit schon Schwierigkeiten hat, kann am besten sofort zu Hause bleiben.
Und ja. Es macht einen Unterschied. Wenn Du Deine Gitarre nur etwas tiefer stimmst, wird sie schon anders klingen. Einfach aus dem Grunde, weil sich alle Abstände zwischen den Intervallen verschieben. Man kann aber darüber diskutieren, ob man das eine oder andere schöner findet. Ich habe ja oben schon mal geschrieben, dass man das deswegen macht, damit das Orchester brillanter klingt. Karajan war ein Verfechter dieses Klangideals. Und man kann getrost davon ausgehen, das er da nicht mit sich diskutieren ließ ;)
Wenn, sagen wir mal ein Klarinettist, 443Hz gewöhnt ist, und auf einmal 440Hz als Kammerton hätte, brächte ihm das Probleme. Gehen wir von dem seltenen Fall aus, dass der Klarinettist, eine in sich perfekt Stimmende Klarinette hat (sehr vereinfacht ausgedrückt), deren h (klingend a) genau bei 443Hz liegt. Würde diesem Spieler nun 440Hz als Kammerton gegeben, müsste er sein Mundstück etwas ausziehen, damit sein h damit übereinstimmt. Das Problem ist, dass beim Ausziehen, die kurze Lage (Töne mit kurzem Luftweg) verhältnismäßig zu langen Tönen viel Tiefer werden. Die Klarinette stimmt also nun nicht mehr in sich. Dieses muss der Klarinettist nun durch seinen Ansatz ausgleichen, was sicherlich nicht zu einer nicht so guten Leistung führen, weil er sich ganz anders verhalten muss. Das kann man sich vielleicht nicht so ganz vorstellen, wenn man nicht selber so ein Instrument spielt.

Bei Karajan ist das natürlich ganz was anderes, wenn der was sagt würde ich es auch machen. Wobei man nie genau weiß, warum er das so gemacht hat (oder auch ob... Viele Seriöse Quellen gibt es ja nicht gerade)
Außerdem ist es ein Unterschied ob es der Chefdirigent sagt, oder jemand anders. Wo würden wir den hinkommen, wenn jeder der fast wöchentlich wechselnden Gast-Dirigenten dem Orchester eine andere Kammertonhöhe vorgäbe. Der Kammerton ist von Orchester zu Orchester unterschiedlich, aber nicht von Konzert zu Konzert.


Auch das ist möglich. Per Definition gibt es das absolute Gehör ja auch. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass niemand zu jedem Zeitpunkt immer von sich behaupten kann, dass er richtig liegt. Dafür habe ich schon zuviele Absoluthörer daneben "tippen" hören.

Naja, ich wage zu bezweifeln, dass das wirklich Absoluthörer waren.;) Ich selber hatte mal nen Lehrer zu meinen Schulzeiten, bei dem hieß es mal "Spiel soviele Töne auf dem Klavier, wie du willst gleichzeitig" und er hat jedesmal alle richtig benennen können.
 
wie wurde denn damals eine absolute Frequenzmessung
gemacht ?

... war ja die ursprüngliche Frage dieses Fadens und wurde immer noch nicht beantwortet.

Wie war das denn in der Gregorianik? Da gab es ja zunächst nur eine Grundskala (A B C D E F G). Später erst wurde mit Hilfe des Bemolle (bb) nach F transponiert.
Hatten die Mönche damals für den täglichen Gesang immer dieselbe Tonhöhe? War das von Kloster zu Kloster verschieden? Wurden die Gesänge für Frauenstimmen in anderen "Tonarten" "transponiert"?
 
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Ich spekuliere jetzt einfach mal und behaupte:

Da die Mönche ohne Instrumente gesungen haben, war es Sache des Anstimmers
den richtigen Ton zu treffen. Der musste halt dafür sorgen, dass der Stimmumfang
seiner Leute in den zu singenden Bereich passte.

(Was den Leuten heute, die meinen sie müssten die Stimmung anheben, wohl
eher egal wäre. Heute kommt es drauf an, dass das Orchester brillanter klingt :bang: )

mho:
Dieses Anheben der Stimmung wird ja wohl eine Modeerscheinung sein.
In 200 Jahren wird man den Kammerton wieder absenken, damit das
Orchester weicher klingt und man die scharfen Klänge aus der
Vergangenheit endlich los ist.
Statt einen historisch korrekten Kontext der Stücke zu erzielen verändert
man die von den Komponisten vorgegebene Stimmung.

Wie gesagt, das ist meine ganz persönliche Meinung und hat auch nichts
mit dem Thema zu tun.

Vielleicht ist das ganze Getue wegen des Kammertons eben auch nur ein
Effekt unseres Zeitgeistes.
Früher war es den Leuten anscheinend erst mal egal wie hoch sie spielen.
Hauptsache es passt mit den anderen Instrumenten.
Heutzutage verwendet man Atomuhren um den Kammerton zu bestimmen.
Wo früher ein Stundenzeiger gereicht hat, misst man heute schon fast
die Millisekunden. Ich bin ja auch einer von den Menschen, die immer eine
Uhr am Arm tragen (natürlich eine Funkuhr :rolleyes: ).
 
In vielen Laienblaskappellen kann man das Phönomen "der Lauteste hat Recht" auch noch heute beobachten. Sehr wahrscheinlich war das dann damals nicht anders.
 
Das Intervall wäre größer als ein Quinte der Temperierten Werckmeister Stimmung, die hierzulande üblich ist, UND DADURCH REIN. Es geht darum, dass die Quinten beim Wohltemperierten Klavier etwas zu klein sind, sozusagen ein Kompromiss. Ein Dur Akkord lässt sich wie beschrieben ganz einfach in reiner Stimmung spielen.
Ich glaube Du hast einfach eine andere Defintion davon was "rein" bedeutet.
Was ich meine ist, dass wenn ich die Saiten nach Gehör stimme, ich die Intervalle zwischen den Saiten nicht temperiert sondern rein stimme. Das resultat klingt grässlich, da durch feste Bunstäbe in der Gitarre, diese temperiert gestimmt werden muss.
Ja, das sagte ich bereits. Eine Ursache dafür, dass immer noch viele Gitarristen Schwierigkeiten haben ihre Gitarre nach Gehör zu stimmen.
Wenn, sagen wir mal ein Klarinettist, 443Hz gewöhnt ist, und auf einmal 440Hz als Kammerton hätte, brächte ihm das Probleme.
Nicht wenn er ein guter Klarinettist ist :) Nochmal. Die Leute, die mit den Tonhöhen über 440Hz Schwierigkeiten haben, werden die erste Runde der Probevorspiele nicht überstehen.
Außerdem ist es ein Unterschied ob es der Chefdirigent sagt, oder jemand anders
Ganz genau. Eben keine Sache, die z.B. im Orchester ausdiskutiert wird.
Naja, ich wage zu bezweifeln, dass das wirklich Absoluthörer waren.;)
Du kannst mir glauben, dass das alles Absoluthörer sind. Ich werde Dir eine PN schicken. Wir sind hier eigentlich schon im OT-Bereich.
 
Ich hatte heute ein sehr interessantes Gespräch mit einem "Spezialisten" alter Musik. Er sagte mir, dass z.B. zur Zeit Bachs es sowohl einen Kammerton, der weit unter 415Hz gelegen haben muss gab (schätzungsweise ca 406Hz) und teilweise 2 Chortöne. Diese waren immer ca eine Terz über dem Kammerton. Streicher wurden für den Kammerton notiert, Bläser und Gesang für den Chorton. Weiß jemand etwas genaueres darüber und warum sich das so entwickelt hat?
 
Ich hatte heute ein sehr interessantes Gespräch mit einem "Spezialisten" alter Musik. Er sagte mir, dass z.B. zur Zeit Bachs es sowohl einen Kammerton, der weit unter 415Hz gelegen haben muss gab (schätzungsweise ca 406Hz) und teilweise 2 Chortöne. Diese waren immer ca eine Terz über dem Kammerton. Streicher wurden für den Kammerton notiert, Bläser und Gesang für den Chorton.

Dazu vielleicht interessant: Die relativ junge Woehl-Orgel in der Thomaskirche hat tatsächlich einen Hebel, um zwischen Chorton (465 Hz) und Kammerton (415 Hz) umzustellen.
 
Ja, es gibt diese Orgeln und ich weiß auch um die Schwierigkeiten eines bestimmten Organisten in einer bestimmten Gemeinde einer bestimmten Stadt eine solche Orgel bauen zu lassen und die auch noch mit einer bestimmten Stimmung versehen zu lassen. Das ging richtig rund mit Gutachtern und allem drum und dran. Letztendlich wurde dann doch eine "normale" Orgel gebaut und der Organist ist jetzt woanders tätig.

Aber ich habe über dieses Thema eine interessante Abhandlung von Hartmut Schütz entdeckt. "Nothwendiger Unterricht in der musikalischen Temperatur" Ein Abriß der Stimmungsarten vom 15. bis zum 18. Jahrhundert (Herausgegeben von Eitelfriedrich Thom, Michaelstein/Blankenburg 1988) Ich hab´s jetzt erst einmal "überflogen", möchte mich damit aber noch etwas intensiver befassen. Viele Dinge, die ich von der Entwicklung und Entstehung noch gar nicht kannte. Das sind genau die Arbeiten und Veröffentlichungen von denen ich oben schon mal sprach. Sie sind selten und dabei so interessant. Vielleicht lohnt es sich auch zu diesem Thema einen neuen Thread zu eröffnen. Mal sehen :)
 
Habe grad diese alten Thread durchgelesen, sehr interessant, auch wenn die Begrifflichkeiten kreuz und quer durcheinander gehen:rock: Prinzipiell vermute ich einfach mal, dass wir heute nur aufgrund von Messungen an alten Instrumenten wissen, dass die Instrumente früher auf ein anderes a' gestimmt waren als heute üblich. Ich könnte mir auch vorstellen, dass ein Orgelbauer sich die Töne von einem anderen Orgelbauer abgehört hat (man kann z.B. eine einfache Flöte so modifizieren, dass sie genau einen bestimmten Ton trifft, und diesen Flötenton bei der nächsten Orgel als Referenz nehmen). Mit Sicherheit sind auch nicht alle Orgeln einer Epoche auf den gleichen Ton gestimmt. Beim gregorianischen Gesang war es sicherlich egal, wie intoniert wurde, eben halt nur den Stimmumfang der Anwesenden angepasst.

...dass z.B. zur Zeit Bachs es sowohl einen Kammerton, der weit unter 415Hz gelegen haben muss gab (schätzungsweise ca 406Hz) und teilweise 2 Chortöne. Diese waren immer ca eine Terz über dem Kammerton. Streicher wurden für den Kammerton notiert, Bläser und Gesang für den Chorton. Weiß jemand etwas genaueres darüber und warum sich das so entwickelt hat?
Dazu gibts bei Wikipedia eine Erklärung, Stichwort Orgelton: ...Als Grund für die höhere Stimmung der Orgeln gibt man an, dass die großen Kirchenräume eines durchdringenderen Tons bedurft hätten als Zimmer oder Konzertsäle. Diese Unterscheidung verlor sich im Laufe des frühen 19. Jahrhunderts, als die Kammertonstimmung sehr viel höher wurde.

Was mich aber eigentlich interessiert und weshalb ich mich hier jetzt dran hänge ist folgendes:

Zu den temperierten Geigern habe ich folgenden interessanten Link gefunden:

http://www.pian-e-forte.de/texte/01inton.htm

In dem Artikel wird an zwei Beispielen mit der Unmöglichkeit, diese Akkordfolgen in reiner Stimmung zu spielen, erklärt, dass das auch der Grund sei, dass A-Capella-Chöre eine Tendenz zum Absinken haben. Das ist eine verblüffende Erklärung, die ich so noch nie gehört habe. Meist heißt es nur, dem Chor fehle es an Spannung, mit ein paar Gymnastikübungen und Singen im Stehen wirds dann schon wieder. Wobei mir nie einleuchtete, warum ein Chor nicht auch mal steigt in der Stimmung, immer nur sinkt. Die Begründung in dem Artikel hört sich daher gut an. Nur: mir fehlen die Kenntnisse, die Beispiele in dem Artikel nachzuvollziehen. Ich habe keine Ahnung, wie sich die Frequenzen tatsächlich verschieben in den Akkorden. Eine temperierte oder besser: gleichstufige Quinte ist einen Tick kleiner als eine reine Quinte. Aber dann müsste doch bei der Tendenz zum reinen Ton in der Tat der Gesang eher steigen als fallen? Kann mir das jemand erklären?
 
Wenn ich nichts überlesen habe, ist eine zentrale Frage aus dem ersten Beitrag noch nicht "ausdiskutiert" worden.
Was mich nun aber interessiert, wie wurde denn damals eine absolute Frequenzmessung gemacht.
Wie hat man also früher die Frequenzen gemessen?
Über die Referenzen des Wikipedia-Beitrags zum Kammerton kommt man auf den Begründer der Akustik, Joseph Sauveur. Von ihm ist als erstem bekannt, Tonhöhen mittels "Schwebungsmethode" exakt bestimmt zu haben und er hat darüber ab 1700 veröffentlicht (Literaturhinweise unter dem Wikipedia-Artikel).
http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Sauveur
http://de.wikipedia.org/wiki/Schwebung

Zur Geschichte des Stimmtons fand ich über die Links unter den einschlägigen Wiki-Artikeln die sehr informative Homepage eines Spezialisten für alte Musik, dolmetsch.com.
Für die Neuzeit gibt es folgende schöne Tabelle, auch der Text darüber ist sehr beachtenswert:
http://www.dolmetsch.com/musictheory27.htm#chartofpitch

Noch ein Text zum Thema: A Brief History of Musical Tuning
http://www.schillerinstitute.org/music/rev_tuning_hist.html

Ein wenig spekulieren möchte ich auch: als Referenz für Stimmtöne kamen vor der Stimmgabel und Orgel wahrscheinlich schon immer Pfeifen/Flöten infrage. Sie können recht klein sein, sind relativ stimmstabil und der Ton ist arm an mitschwingenden Obertönen.
Flöten gibt es bei uns bereits seit mindestens 35.000 Jahren.
http://www.t-online.de/nachrichten/...forscher-finden-aelteste-floete-der-welt.html

Warum baut man dann nicht gleich die Instrumente so, dass sie schon bei niedrigerer Frequenz brillanter klingen?
Die steigenden Stimmtöne und der damit einhergehend "brillantere" Klang sind der größten Gruppe im Orchester geschuldet, den Geigen.

Wenn Du dich im Instrumentenbau einliest, wirst Du immer auf allerlei Kontruktionen stoßen, die die Spielbarkeit verbessern und den Klang beeinflussen sollen (z.B. bei Blechblasinstrumenten durch geänderte Kesselformen und generell die Dimensionierung von Mundstücken, konstruktive Variationen der Mundrohre und Schallstückränder, Materialversuche, Kompensationssysteme bei tiefklingenden Blechblasinstrumenten usw.).

Brillianz ist keineswegs ein durchgehendes Leitbild. So werden in deutschen und österreichischen Orchestern traditionell Drehventiltrompeten als Standardinstrument eingesetzt, die sich (in Kombination mit großvolumigen Mundstücken) vorzugsweise für einen "dunklen, tragenden und breiten" Klang eignen sollen.
In jüngerer Zeit weichen die Dogmen allerdings auf und man kann weithin eine "Internationalisierung" des Klanges und der Instrumente beobachten. Ein bekannter Fels in der Brandung ist dagegen noch immer der Wiener Klangstil.
http://de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Klangstil

 
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