War die "gute alte Zeit" wirklich so viel besser oder was vermisst ihr von damals?

Ich glaube, dass der Eindruck, dass Jugendliche weniger Musik machen (als Ausgangspunkt von Thesen, warum das so ist) damit zu tun hat, dass man in die Ecke handgemachter Rockmusik guckt.
Nun, das hat m.E. nichts mit der Entwicklung der Rockmusik zu tun, sondern damit, das gute Musik immer sehr zeitaufwändig ist und viele Leute - aucvh angesichts vielfältigerer Alternativen (Computerspiele, Social Media, aber auch erschwinglichere Fernreisen) - nicht mehr bereit sind, so viel Zeit in die Musik zu investieren. Und dann lassen sie es lieber von vornherein sein.

Möglicherweise ist es auch einfach angesagter, auf TikTok viral zu gehen, seiner homebase was zu zeigen oder sich fifteen minutes fame abzuholen als ne Band zu gründen und irgendwelche Charts zu stürmen.
Charts & Co. waren doch für fast alle Musiker immer schon ein unerreichbarer Traum. Aber wenn man sich damit längst abgefunden hat, funktioniert das Thema "Bandgründung" nach meiner Erfahrung praktisch nie, denn es ist m.E. nicht möglich, Leute zu finden, denen quasi klar ist, die auch musikalisch sind; bereit sind, richtig viel Zeit und Geld zu investieren in dem Wissen, dass es "nur zum Spaß" ist. Quasi alle meine Versuche dieser Art über Jahrzehnte hinweg haben nie nachhaltig funktioniert. Selbst Bands, die von Musikschulen organisiert wurden, sind spätestens nach einigen Jahren wieder zerbrochen.

Das einzige Format, was nach meiner Erfahrung wirklich nachhaltig funktioniert, sind so genannte Open-Stage-Jamsessions, die in vielen Städten regelmäßig in Kneipen stattfinden. Weit verbreitet ist das Format im Jazz-Bereich, aber teilweise auch in anderen Genres.

Hier hat man den unschätzbaren Vorteil, dass solche Veranstaltungen - sobald einmal eine "kritische Masse" an Interessenten da ist - die Sache recht zuverlässig läuft. Bei einer privat oder auch durch eine Musikschule organisierte Band ist immer das Problem, dass eine Probe ausfällt, wenn jemand krank ist, zu einer Konferenz muss oder zu einem runden Geburtstag eingeladen ist (die Band ist ja "nur" Hobby). Gleichfalls bricht eine Band komplett auseinander, sobald ein Mitglied z. B. umzieht, einen anderen Job hat oder schlicht das Interesse an der Musik verliert. Bei den Open Stages existiert dieses Problem nicht - es sind dann einfach immer genug Leute da. Der Nachteil ist allerdings, dass man vorher nie weiß, mit wem man es zu tun hat. - die ganze Veranstaltung wird einfach "anonymer". Unterm Strich funktioniert es dort aber wenigstens.
 
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